Die Grundregelung ist: Jeder Arbeitnehmer, der am Stichtag 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht, hat Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung. Es handelt sich dabei insgesamt um zusatzversorgungspflichtiges Entgelt im Sinne des ATV-K bzw. ATV, obwohl das Urlaubsgeld nach früherem Tarifrecht nicht zusatzversorgungspflichtig war (§ 1 Abs. 3 des Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für Angestellte bzw. Arbeiter vom 16. März 1977).

Eine ununterbrochene Beschäftigung ab einem bestimmten früheren Zeitpunkt wird nicht vorausgesetzt. Scheidet ein Arbeitnehmer vor dem 1. Dezember aus, besteht kein Anspruch auf eine – auch nicht anteilige – Sonderzahlung, selbst wenn er innerhalb des öffentlichen Dienstes wechselt oder in Rente geht.

Auch nach § 20 Abs. 1 TVöD haben Beschäftigte nur dann Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, wenn sie am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen. Diese Regelung benachteiligt Beschäftigte, die vor diesem Stichtag wegen Erreichens des gesetzlichen Rentenalters aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, nicht unzulässig wegen ihres Alters[1]. Der Kläger des vom BAG entschiedenen Rechtsstreits ist zum 31. Oktober 2009 aufgrund Erreichens des gesetzlichen Rentenalters aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Eine Sonderzahlung hat er für das Jahr 2009 nicht erhalten. Der Kläger vertritt die Auffassung, ihm stehe die Sonderzahlung trotz seines Ausscheidens vor dem 1. Dezember zu. Die tarifliche Regelung diskriminiere ihn wegen seines Alters.

Diese Regelung in § 20 TVöD, die § 16 Abs. 1 Satz 1 TV-V entspricht, ist nach der Entscheidung des BAG rechtswirksam. Insbesondere werden dadurch ältere Arbeitnehmer nicht entgegen den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wegen ihres Alters in unzulässiger Weise benachteiligt. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nicht vor, da der Anspruch auf die Sonderzahlung nicht vom Alter des Beschäftigten abhängt. Es sind auch keine Anhaltspunkte erkennbar, dass ältere Arbeitnehmer überproportional von der Regelung betroffen sind (mittelbare Diskriminierung). Auch andere Beschäftigte, die beispielsweise wegen des Ablaufs eines befristeten Arbeitsvertrages, wegen einer Eigenkündigung oder einer arbeitgeberseitigen Kündigung vor dem 1. Dezember ausscheiden, haben unabhängig von ihrem Alter keinen Anspruch auf die Sonderzahlung.

 

Praxis-Beispiele

Beispiel 1: Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1. November. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf 2/12 der Sonderzahlung.

Beispiel 2: Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1. Dezember. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf 1/12 der Sonderzahlung.

Beispiel 3: Das Arbeitsverhältnis besteht seit dem 1. Januar ununterbrochen. Der Arbeitnehmer kündigt zum 30. September. Er hat keinen Anspruch auf eine Sonderzahlung.

Beispiel 4: Das Arbeitsverhältnis besteht seit dem 1. Januar ununterbrochen. Der Arbeitnehmer kündigt zum 31. Dezember. Er hat einen Anspruch auf die volle Sonderzahlung. Einen Rückzahlungsanspruch hat der Arbeitgeber nicht.

Beispiel 5: Das Arbeitsverhältnis besteht seit dem 1. Januar ununterbrochen. Der Arbeitnehmer bezieht ab 1. August Altersrente nach Altersteilzeit. Er hat keinen Anspruch auf eine Sonderzahlung (insofern abweichend von § 20 Abs. 6 TVöD).

Umgekehrt kann der Arbeitgeber keine vertragliche Rückzahlungsverpflichtung für den Fall begründen, dass der Arbeitnehmer nach dem 1. Dezember vor einem bestimmten Stichtag (z. B. 31. März des Folgejahres) aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Eine derartige Regelung ist – anders als nach den zuvor maßgebenden Tarifverträgen über eine Zuwendung – tarifvertraglich nicht vorgesehen. Demzufolge würde ein Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) vorliegen, wenn der Arbeitgeber zuungunsten des Arbeitnehmers vom TV-V abweichen würde.

Über die Höhe der Sonderzahlung hat der Arbeitgeber jährlich neu zu entscheiden. Diese Regelung will verdeutlichen, dass sich der Arbeitgeber in jedem Jahr erneut mit der Frage befassen soll, ob er die im Vorjahr gezahlte Sonderzahlung beibehalten, über die Mindestregelung hinausgehen oder eine Aufstockung über 100 % hinaus vermindern oder völlig beseitigen will. Die jährliche Überprüfung trägt auch dem Umstand Rechnung, dass eine etwaige Aufstockung der Sonderzahlung vor dem Hintergrund des jeweiligen Betriebsergebnisses erfolgt sein kann, das sich von Jahr zu Jahr ändert.

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