In der Regel ist nicht das Kind selbst anspruchsberechtigt, sondern Vater oder Mutter oder eine andere Person, die für den Lebensunterhalt des Kindes aufkommt (vgl. § 6 SGB I). Nur in Ausnahmefällen (z. B. sonstige Anspruchsberechtigte sind nicht vorhanden) hat ein Kind Anspruch auf Kindergeld für sich selbst. Weiter kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind selbst ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt (§ 74 Abs. 1 EStG).

Nach § 62 EStG hat Anspruch auf Kindergeld nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften, wer:

  1. in der Bundesrepublik Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
  2. im Ausland seinen Wohnsitz hat, aber in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.

3.3.2.1 Wohnsitz/gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland

Grundsätzlich ist nicht die Staatsangehörigkeit, sondern der Aufenthalt des Berechtigten entscheidend für den Anspruch auf Kindergeld (sog. Territorialitäts-, Wohnlandprinzip).

§ 8 und § 9 Abgabenordnung (AO) enthalten eine Legaldefinition der genannten Begriffe:

  • "Einen Wohnsitz begründet jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird."
  • Die Wohnung muss entsprechend den Familienverhältnissen ausgestattet sein, insbesondere zum dauerhaften Wohnen ausreichend ausgestattete Räumlichkeiten aufweisen. Die Anmeldung bei der Ordnungsbehörde ist ein Indiz für das Vorhandensein eines Wohnsitzes am entsprechenden Ort. Letztlich entscheidend sind jedoch allein die tatsächlichen Verhältnisse.[1]
  • "Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt."

Hat der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, kommt es auf die unbeschränkte Steuerpflicht nicht an.

3.3.2.2 Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen

Nach § 1 Abs. 2 EStG sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig insbesondere

  • im Ausland wohnhafte deutsche Staatsangehörige, die
  • als Beamte, Richter, Soldaten oder Arbeitnehmer bei einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts beschäftigt sind und
  • dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse oder öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft beziehen.

Als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gelten auf Antrag z. B. Personen,

  • die in der Bundesrepublik Deutschland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben,
  • deren Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

Wird dieser Prozentsatz unterschritten, gilt der Arbeitnehmer gleichwohl als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag (2022: 9.984 EUR; 2021: 9.744 EUR; 2020: 9.408 EUR; bei Zusammenveranlagung verdoppelt sich der genannte Grundfreibetrag) nicht übersteigen.

 
Praxis-Beispiel

Zu dem genannten Personenkreis gehören Grenzpendler aus den Nachbarstaaten Deutschlands, mit denen sog. Doppelbesteuerungsabkommen bestehen. Arbeitnehmer aus Belgien, Frankreich, Österreich und der Schweiz müssen jedoch den in Deutschland erzielten Arbeitslohn in der Regel in ihrem Wohnsitzland versteuern, sodass hier eine unbeschränkte Steuerpflicht regelmäßig fehlt.

Stellt ein im Ausland wohnender Arbeitnehmer einen Antrag auf Kindergeld, so muss er das Vorliegen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht für jedes Kalenderjahr durch eine vom zuständigen Betriebsstättenfinanzamt nach § 39c Abs. 3 EStG für Zwecke des Lohnsteuerabzugs erstellte Bescheinigung nachweisen.

3.3.2.3 Der Kindergeldanspruch von Ausländern

Wegen des Territorialprinzips steht grundsätzlich auch Ausländern, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Kindergeld zu.

Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums sowie Staatsangehörigen der Schweiz, die zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in die Bundesrepublik einreisen, und ihre Familienangehörigen haben nach Art. 2 und 3 VO (EWG) 1408/71 wie Deutsche Anspruch auf Kindergeld. Eine Niederlassungserlaubnis oder Aufenthaltserlaubnis ist nicht erforderlich.

Zwischenstaatliche Abkommen regeln die Kindergeldansprüche beispielsweise der Berechtigten aus Bosnien und Herzegowina bzw. der Türkei, wenn diese in Deutschland als Arbeitnehmer arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt sind oder z. B. Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld beziehen.

Anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte können ebenfalls Kindergeld erhalten.

Im Übrigen hat der Gesetzgeber die Kindergeldansprüche von Ausländern jedoch wesentlich eingeschränkt.

 
Praxis-Tipp

Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

  • eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
  • eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt bzw. berechtigt hat (ausgenommen sind Aufentha...

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