Der Anspruch auf Kindergeld wird grundsätzlich von der Bundesagentur für Arbeit, dort den "Familienkassen" bei den Agenturen für Arbeit geprüft. Die Agentur für Arbeit setzt die Höhe des Kindergelds fest und zahlt dieses aus.

 
Praxis-Tipp

Für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wird das Kindergeld dagegen grundsätzlich vom Dienstherrn bzw. öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber festgesetzt und ausgezahlt (§ 72 Abs. 1 EStG).

Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind insoweit Familienkassen. Ihnen obliegt nicht nur die Auszahlung, sondern auch die Prüfung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen.

Zur Möglichkeit des Verzichts auf die Zuständigkeit für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds siehe nachfolgend Ziffer 2.2.

Die grundsätzliche Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers für die Auszahlung des Kindergelds ist zurückzuführen auf § 44 des Haushaltsstrukturgesetzes 1975:

Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes wurden erst mit Wirkung vom 1.1.1975 in den Geltungsbereich des BKGG, das bis zum 31.12.1995 das Kindergeldrecht für alle Anspruchsberechtigten regelte, aufgenommen. Zunächst sollte der Arbeitgeber nur für eine Übergangsphase von 2 Jahren die Kindergeldzahlungen übernehmen. Mit § 44 Haushaltsstrukturgesetz wurde die Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers für die Auszahlung des Kindergelds dauerhaft festgeschrieben.

"Angehörige des öffentlichen Dienstes"

Steht Personen, die

  1. in einem öffentlich-rechtlichen Dienst-, Amts- oder Ausbildungsverhältnis stehen, mit Ausnahme der Ehrenbeamten,
  2. Versorgungsbezüge nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten oder
  3. Arbeitnehmer einer Körperschaft, einer Anstalt oder einer Stiftung des öffentlichen Rechts sind, einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten,

Kindergeld nach Maßgabe des EStG zu, wird es von den Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts als Familienkassen festgesetzt und ausgezahlt (§ 72 Abs. 1 S. 1 EStG[1]). Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt den Familienkassen ein Merkmal zu ihrer Identifizierung (Familienkassenschlüssel).

Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind z. B.

  • der Bund,
  • die Länder,
  • Gemeinden, Gemeindeverbände, Zweckverbände oder
  • Sparkassen, Universitätskliniken, Landesärztekammern.

Auch der Deutsche Post AG, der Deutsche Postbank AG und der Deutsche Telekom AG obliegt die Kindergeldfestsetzung und -zahlung hinsichtlich der dort beschäftigten Beamten und Versorgungsempfänger (§ 72 Abs. 2 EStG).

Ausgenommen von der besonderen Zuständigkeitsregelung sind nach § 72 Abs. 3 EStG

  • die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und
  • die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege,

    die unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Mitgliedsverbände und die einem solchen Verband angeschlossenen Einrichtungen oder Anstalten.

Die Prüfung der Ansprüche und Auszahlung des Kindergelds an die Beschäftigten kirchlicher Einrichtungen, wie z. B. kirchlicher Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, obliegt ohnehin der Familienkasse der Agentur für Arbeit.

Gleiches gilt für die Beschäftigten der Arbeiterwohlfahrt, des Diakonischen Werks, des Deutschen Caritas-Verbands, des Deutschen Roten Kreuzes etc.

 
Praxis-Tipp

Auch hinsichtlich der bei privatrechtlich organisierten TVöD-Anwendern (GmbH, AG, e. V., Stiftungen des privaten Rechts usw.) Beschäftigten obliegt die Auszahlung des Kindergelds den Familienkassen der Agenturen für Arbeit. Dies gilt selbst dann, wenn die Einrichtung öffentliche Aufgaben wahrnimmt oder dem kommunalen Arbeitgeberverband beigetreten ist.

Ist der Mitarbeiter bei einem in § 72 Abs. 1 EStG aufgeführten Arbeitgeber tätig, so kommt es auf den Umfang der Beschäftigung nicht an. Kindergeld ist z. B. auch an geringfügig Beschäftigte auszuzahlen, wenn der Mitarbeiter bei seinem Arbeitgeber einen entsprechenden Antrag gestellt hat.

Entscheidend ist der rechtliche Bestand des Arbeits- bzw. Beamtenverhältnisses, weshalb Kindergeld – bei Erfüllung der Voraussetzungen – auch für Zeiträume zu zahlen ist, in denen der Mitarbeiter keine Vergütung erhält.

 
Praxis-Beispiel

Auch eine in Elternzeit befindliche Mitarbeiterin hat Anspruch auf Auszahlung des Kindergelds durch ihren öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber.

Gleiches gilt bei Gewährung von Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge.

Tritt ein Berechtigter im Laufe eines Monats in den öffentlichen Dienst ein, so wird das Kindergeld für den laufenden Monat grundsätzlich noch von der bisher zuständigen Familienkasse der Agentur für Arbeit ausgezahlt.

Scheidet der Mitarbeiter im Laufe eines Monats aus dem öffentlichen Dienst aus, so ist das Kindergeld für den gesamten Monat noch vom Dienstherrn/öffentlichen Arbeitgeber auszuzahlen (§ 72 Abs. 6 EStG).

 
Praxis-Beispiel

Der Mitarbeiter wird befristet für die Zeit vom 15.6.2018 bis 14.6.2019 eingestellt.

Der Arbeitgeber muss bei Antragstellung Kindergeld auszahlen, frühestens ab dem 1.7.2018 bis einschließlich 30.6.2019...

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