0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 102 i. d. F. des SGB X v. 4.11.1982 (BGBl. I S. 1450) ist am 1.7.1983 in Kraft getreten. Im Zusammenhang mit der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) wurde die Vorschrift neu bekannt gemacht.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Nach dieser Vorschrift hat ein Leistungsträger, der aufgrund besonderer Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat, einen Erstattungsanspruch gegen den endgültig zur Leistung verpflichteten Leistungsträger. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Dieses Maß der Erstattung ist im Gegensatz zu § 103 Abs. 2, § 104 Abs. 2 und § 105 Abs. 2 angebracht, weil der Gesetzgeber den vorläufig leistenden Leistungsträger gegen dessen Willen zur Leistung verpflichtet hat. Er soll im Fall der Nichtverpflichtung alle seine erbrachten Leistungen zurückerhalten. Der Rechtsweg für Erstattungsstreitigkeiten ergibt sich aus § 114.

 

Rz. 2a

Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung verschiedener gesetzlicher Vorschriften dafür Vorsorge getroffen, dass in Fällen, in denen zwar der Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung dem Grunde nach feststeht, sich aber bei der Realisierung derselben Zuständigkeitsschwierigkeiten ergeben, diese ungeklärten Kompetenzen nicht zulasten des Leistungsberechtigten gehen.

 

Rz. 2b

Aus diesem Grunde verpflichten die gesetzlichen Vorschriften von vornherein einen Leistungsträger oder aber denjenigen Leistungsträger, bei dem der Leistungsberechtigte die Sozialleistung beantragt, ungeachtet der tatsächlichen Zuständigkeit vorläufig Leistungen zu erbringen. Sobald die Ungewissheit über die Zuständigkeit beigelegt ist, stellt der tatsächlich verpflichtete zuständige Leistungsträger die endgültige Leistung fest. Damit der in Vorlage getretene Leistungsträger nicht mit seinen Aufwendungen an den Leistungsberechtigten belastet bleibt, ordnet § 102 Abs. 1 einen finanziellen Ausgleich unter den beteiligten Sozialleistungsträgern in Form eines eigenständigen Erstattungsanspruchs zugunsten des vorleistenden Leistungsträgers an. Abs. 2 präzisiert dabei den Umfang dieses Erstattungsanspruchs.

 

Rz. 2c

Grundsätzlich beinhaltet § 102 eine abschließende Regelung, so dass Ansprüche nach §§ 812ff. BGB oder ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch ausgeschlossen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 1.2.2007, L 7 SO 1253/06).

2 Rechtspraxis

2.1 Leistungsträger

 

Rz. 3

Der Begriff der Leistungsträger ergibt sich aus § 12 SGB I. Hierzu gehören die in den §§ 18 bis 29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden. Die Rentenversicherungsträger sind nur dann als Leistungsträger i. S. dieser Vorschrift anzusehen, soweit es sich um die vorläufige Durchführung von Leistungen zur Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben handelt, wenn also ein anderer Leistungsträger (z. B. das Versorgungsamt oder die Berufsgenossenschaft) zuständig ist.

§ 102 findet nur bei Ansprüchen zwischen gleichrangig verpflichteten Sozialleistungsträgern Anwendung (BSG, Urteil v. 27.6.1985, SozR-2200 § 182b Nr. 32; Urteil v. 14.9.1994, SozR 3-2500 § 33 Nr. 11; Urteil v. 1.7.2003, B1 KR 13/02 R).

2.2 Aufgrund gesetzlicher Vorschriften

 

Rz. 4

Der erstattungsberechtigte Leistungsträger muss zur Erbringung einer vorläufigen Sozialleistung gesetzlich verpflichtet sein. Eine vorläufige Leistung ist eine Leistung, die im Hinblick auf einen Sozialleistungsanspruch, von dem nur noch nicht feststeht, gegen welchen Leistungsträger er sich richtet, ungeachtet der Zuständigkeit und unter der Voraussetzung der späteren Anrechnung vorab erbracht worden ist.

 

Rz. 5

Die Vorleistungspflicht für die Anwendung des § 102 ergibt sich z. B. aus § 43 Abs. 1 SGB I, bei Leistungen für den Unfallversicherungsträger, bei Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen für die Rentenversicherungsträger bzw. für die Bundesagentur für Arbeit, bei Eingliederungshilfe oder Tuberkulosehilfe für den Träger der Sozialhilfe.

 

Rz. 6

Die Vorschusszahlung nach § 42 SGB I stellt keine vorläufige Leistung dar, weil hier ein zur Leistung Verpflichteter selbst vor der eigentlichen ihm obliegenden Leistung, aber in Anrechnung auf sie leistet. § 102 setzt jedoch voraus, dass der Leistungsträger für einen anderen handelt.

Für den Bereich der Zahlung von Rentenleistungen ist § 102 ohne Bedeutung, da keine gesetzliche Verpflichtung besteht, wonach ein anderer als ein Rentenversicherungsträger vorläufig eine Rente zu zahlen hat.

Auch Fälle von Rentenzahlungen aufgrund ungeklärter Zuständigkeit nach § 126 SGB VI werden von dieser Vorschrift nicht erfasst.

Der erstattungsberechtigte Leistungsträger muss zur Erbringung einer vorläufigen Sozialleistung gesetzlich verpflichtet gewesen sein. Er leistet nach den Rechtsvorschriften seines Bereichs.

Die Vorleistungspflicht für die Anwendung des § 102 ergibt sich z. B. aus § 43 Abs. 1 SGB I, § 23 SGB III und § 139 Abs. 1 SGB VII.

2.3 Sozialleistungen

 

Rz. 7

§ 11 SGB I stellt klar, welche Leistungsarten unter dem Begriff "Sozialleistungen" zu verstehen sind. Danach fallen Dienst-, Sach- und Geldleistungen hierunter.

2.3.1 Zeitliche Kongruenz

 

Rz. 7a

Im Recht...

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