BAG, Urteil v. 7.2.2019, 6 AZR 44/18

Die Anrechnungsregelung in § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW gilt auch für Höhergruppierungen aufgrund der Überleitung in die zum 1.7.2015 in Kraft getretene Entgeltordnung.

Sachverhalt

Der Kläger ist bei der Beklagten, welche öffentlichen Nahverkehr betreibt, seit dem Jahre 1995 als Busfahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich zunächst nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) und seit dem 1.1.2006 aufgrund einer Anwendungsvereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Bezirkstarifvertrag für die kommunalen Nahverkehrsbetriebe Baden-Württemberg (BzTV-N BW) vom 13.11.2001. Der Kläger war ursprünglich nach Lohngruppe F 1a BMT-G II vergütet. Mit Wirkung zum 1.1.2006 wurde der Kläger gem. § 24 BzTV-N BW in die Entgeltgruppe F BzTV-N BW übergeleitet und erhielt eine persönliche monatliche Zulage nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 BzTV-N BW.

Seit dem 1.5.2014 ist der Kläger als Verkehrsmeister tätig. Aufgrund dessen erfolgte seine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 6 BzTV-N BW. Er erhielt sein Entgelt nach EG 6 Stufe 6, daneben eine Schichtzulage sowie weiterhin eine persönliche Zulage nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 BzTV-N BW, welche allerdings gem. § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW um ein Drittel des Steigerungsbetrags vermindert wurde.

Zum 1.7.2015 trat auf Basis des 8. Änderungstarifvertrags zum BzTV-N BW eine neue Entgeltordnung in Anlage 1 in Kraft. Hiernach war nun der Kläger bei unveränderter Tätigkeit als Verkehrsmeister in die EG 7 BzTV-N BW eingruppiert, sodass sich seine Vergütung um 132,45 EUR brutto erhöhte. Ausgehend von diesem Höhergruppierungsgewinn hatte die Beklagte auf Grundlage des § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW die zuletzt in Höhe von 389,97 EUR brutto geleistete persönliche Zulage seit dem 1.7.2015 um ein Drittel des Höhergruppierungsgewinns, d. h. um 44,15 EUR brutto, monatlich gekürzt.

Dagegen hatte der Kläger Klage erhoben. Er begründete dies damit, dass eine durch die Einführung der neuen Entgeltordnung bewirkte Höhergruppierung keine Höhergruppierung i. S. d. § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW darstelle; denn diese setze eine Veränderung der Tätigkeit voraus, was bei einer bloßen Änderung der Einordnung im neuen Entgeltgruppensystem nicht der Fall sei. Zudem schließe auch die Vorbemerkung 1 der Anlage 1 BzTV-N BW die Anrechnung nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW aus.

Die Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Beklagte hat zu Recht gem. § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW die streitgegenständliche Kürzung der persönlichen Zulage des Klägers ab dem 1.7.2015 vorgenommen.

Das Gericht führte zunächst aus, dass die Drittelanrechnung nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW grundsätzlich auch solche Höhergruppierungen erfasse, die nicht auf eine Änderung der Tätigkeit, sondern allein auf eine Änderung der Eingruppierungsregelungen zurückzuführen seien. Entscheidend sei nicht der Anlass für die Höhergruppierung, sondern die damit verbundene Entgeltsteigerung.

Des Weiteren enthalte der 3. Absatz der Vorbemerkung kein "apodiktisches Verbot" der Anrechnung u. a. der persönlichen Zulage nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 BzTV-N BW. Stattdessen gelte die Anrechnungsregelung in § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW auch für Höhergruppierungen aufgrund der Überleitung in die zum 1.7.2015 in Kraft getretene Entgeltordnung. Dies ergebe die Auslegung der tariflichen Norm.

Das BAG führte hierzu aus, dass die Vorbemerkung ausweislich ihrer Überschrift im Ganzen eine "Anrechnungsklausel" enthalte, wobei im 1. Absatz klargestellt werde, dass sie "bei Höhergruppierungen aufgrund dieser Entgeltordnung" gelten soll. Der 3. Absatz solle dagegen nur klarstellen, welche Leistungen nicht unter die nach den ersten beiden Absätzen anzurechnenden Leistungen fallen sollen. Zwar lasse der Wortlaut für sich betrachtet darauf schließen, dass die Anrechnungsregelung des § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW bei Höhergruppierungen nach der neuen Entgeltordnung nicht zur Anwendung kommen solle. Ein solches Tarifverständnis würde jedoch dem tariflichen Gesamtzusammenhang nicht gerecht. Insbesondere schließe die Vorschrift nicht aus, dass eine Anrechnung nach anderen Rechtsgrundlagen erfolgen könne. Und der tarifliche Gesamtzusammenhang bzw. Zweck der Norm ergebe, dass § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW auch bei Höhergruppierungen aufgrund der neuen Entgeltordnung gelten solle; denn die anlässlich der Überleitung in den BzTV-N BW vorgenommene Einkommenssicherung verliere ihre Berechtigung mit jeder zu einer Entgeltsteigerung führenden Höhergruppierung. Denn nach Auffassung des BAG würde die unverminderte Weiterzahlung der persönlichen Zulage trotz einer entgeltsteigernden Höhergruppierung aufgrund der neuen Entgeltordnung ihre in § 24 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 BzTV-N BW zum Ausdruck kommende Zielsetzung gleichsam konterkarieren. Und eine solche Aufgabe des Regelungsziels der persönlichen Zulage könne dem 3. Absatz der Vorbemerkung nicht entnommen werden. Eine ...

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