Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinnützige und zusätzliche Arbeit i. S. des § 19 BSHG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Klage eines Sozialhilfe-Empfängers, dem die Sozialbehörde mit bestandskräftigen Heranziehungsbescheiden eine „gemeinnützige und zusätzliche” Arbeit nach § 19 BSHG unter Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt und einer Mehraufwandsentschädigung zugewiesen hatte, auf Bestehen eines „Arbeitsverhältnisses” ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gegeben.

2. Das gilt auch, soweit der Hilfe-Empfänger geltend macht, es habe ein tatsächliches (faktisches) Arbeitsverhältnis bestanden, weil es sich in Wirklichkeit nicht um „zusätzliche” Arbeit i. S. des § 19 Abs. 2 BSHG gehandelt habe bzw. weil die gewährte Mehraufwnadsentschädigung unangemessen niedrig gewesen sei.

 

Normenkette

BSHG 19 Abs. 2-3; VwGO § 40

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.01.1985; Aktenzeichen 8 Ca 222/84)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Frankfurt am Main vom22.01.1985 – 8 Ca 222/84 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf 5.646,– DM neu festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen und ferner darüber, ob für eine diesbezügliche Feststellung der Rechtsueg zu den Arbeitsgerichten gegeben ist.

Wegen des hierzu erstinstanzlich vorgetragenen Streitstoffs und des gestellten Antrages uird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 74 u. 75 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage aus den im einzelnen aus Bl. 75–78 d. A. ersichtlichen Gründen, auf die verwiesen uird, abgewiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein Prozeßziel mit der Einschränkung weiter, daß festgestellt werden soll, er habe in der Zeit vom 19.9.1983 bis zum 10.7.1984 in einem Arbeitsverhältnis mit 20 Wochenstunden und entsprechender Vergütung nach Verg. Gr. Vc BAT gestanden (Bl. 118 d. A.).

Der Kläger meint, für den Rechtsueg zu den Arbeitsgerichten komme es allein auf seinen Vortrag an. Er hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 19 Abs. 2 BSHG, weil diese Vorschrift der Sozialhilfebehörde die Möglichkeit einräume, den Rechtsueg zu manipulieren. Sie sei in ihrer Ermessensausübung gebunden, ein Arbeitsverhältnis einzugehen, wenn die betreffenden Arbeiten in vergleichbaren Fällen allgemein (nur) im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geleistet würden.

Entscheidend sei, daß der Kläger keine „zusätzliche” Arbeit im Gesetzessinne geleistet habe. Sei aber das Kriterium „zusätzlicher” Arbeitsleistung nicht erfüllt, handele es sich mithin um „normale” Arbeiten in einer Behörde, werde nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen zum tatsächlichen (faktischen) Arbeitsverhältnis ein „Arbeitsverhältnis” im Rechtssinne fingiert. Auf die Bestandskraft von Heranziehungsbescheiden könne es insoweit nicht ankommen.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen.

Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, weil die Arbeitsgerichte an die Bestandskraft der vom Klager nicht im Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff VerGO) angegriffenen Heranziehungsbescheide gebunden seien. Auch wenn – den Klägervortrag insoweit als richtig unterstellt – ein rechtswidriges hoheitliches Handeln vorläge, könne dies nicht in ein privatrechtliches Rechtsverhältnis „umschlagen”, sondern allenfalls zu Schadensersatzansprüchen nach Amtshaftungsgrundsätzen führen. Ein faktisches „Arbeitsverhältnis” bestehe im übrigen auch mit Rücksicht auf § 19 Abs. 3 BSHG nicht. Verfassungsmäßige Bedenken bestünden gegen § 19 Abs. 2 BSHG nicht. Zumindest hätte der Kläger, wenn er mit der ihm angetragenen Beschäftigung als „gemeinnütziger und zusätzlicher” Arbeit nicht einverstanden gewesen sei, die Beklagte nach Treu und Glauben darauf hinweisen müssen. Ferner ergebe der Klägervortrag nichts dafür, daß vorliegend die Merkmale der Verg. Gr. Vc BAT erfüllt seien, zumal nach § 3 d BAT dieser Tarifvertrag keine Anwendung finde.

Ergänzend wird auf den sonstigen im Berufungsrechtszug entstandenen Akteninhalt und ferner auf die beigezogene und teilweise im Berufungstermin erörterte Eilverfahrensakte 8 Ga 10/84 (ArbG Frankfurt) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig aber unbegründet.

Die Berufungsrichter folgen dem Arbeitsgericht im Ergebnis und weitgehend auch in den Gründen.

Im einzelnen gilt folgendes:

1.) Mit Recht hat das Erstgericht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht für gegeben erachtet.

Deswegen ist die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen worden, nachdem der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich – ungeachtet der Hinweise in der Berufungsverhandlung – einen Verweisungsantrag gestellt hat.

2.) Die Klage war als unzulässig und nicht als unbegründet abzuweisen, ueil die gegenteilige Auffassung des Bundesarbeitsgerichts mit Bötticher jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art. abzulehnen...

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