Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmungspflichtigkeit nicht ausdrücklich angeordneter Mehrarbeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mehrarbeit, die im Zusammenhang mit der Einarbeitung von Mitarbeitern geleistet wird, ist auch dann mitbestimmungspflichtig, wenn sie - in Kenntnis des Arbeitgebers - ohne ausdrückliche oder konkludente Anordnung geleistet, vom Arbeitgeber aber entgegengenommen bzw geduldet wird. Dies folgt sowohl aus § 87 Abs 1 Nr 3 BetrVG als auch aus § 77 Abs 1 BetrVG. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine Betriebsvereinbarung über die regelmäßige Arbeitszeit so durchzuführen, daß er sicherstellt, daß die Arbeitszeiten eingehalten werden. Es besteht nicht nur ein - möglicherweise verzichtbares - Interesse des Arbeitgebers daran, daß sich nicht unkontrolliert mehr Arbeitnehmer länger im Betrieb aufhalten und arbeiten, als betrieblich vorgesehen ist, sondern auch ein kollektives Interesse der Arbeitnehmer an der Einhaltung einer solchen Betriebsvereinbarung. Ließe man es zu, daß sich Arbeitnehmer im Hinblick auf spätere Beförderungen Vorteile durch freiwillige Mehrarbeit verschaffen, geraten alle Arbeitnehmer unter den Druck, sich ebenso zu verhalten, wenn sie im Betrieb weiterkommen wollen.

2. Es stellt einen groben Verstoß gegen die Verpflichtungen aus dem BetrVG dar, wenn der Arbeitgeber in solchen Fällen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats fortgesetzt mißachtet.

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 09.03.1988; Aktenzeichen 3 BV 2/88)

 

Fundstellen

Haufe-Index 445628

BetrR 1990, 23-23 (LT1-2)

NZA 1989, 943-943 (L1-2)

ArbuR 1990, 164 (L1-2)

Bibliothek, BAG (LT1-2)

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