Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung der zeitlichen Lage der im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigten Leiharbeitnehmer.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 2; AÜG Art. 1 § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Aktenzeichen 5 BV 6/91)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 15.12.1992; Aktenzeichen 1 ABR 38/92)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Darmstadt – AZ: 5 BV 6/91 – teilweise abgeändert:

Auf den Hilfsantrag des Betriebsrats wird festgestellt, daß der antragstellende Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit der bei dem Arbeitgeber arbeitenden Leiharbeitnehmer nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz hat.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beteiligte zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im wesentlichen darum, ob der antragstellende Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 2 bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der bei dem Arbeitgeber arbeitenden Leiharbeitnehmer hat und ob Betriebsvereinbarungen, die die Arbeitszeit betreffen, auf diese Arbeitnehmer anzuwenden sind.

Die Beteiligten haben die Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit und Überstundenregelung” vom 27. Oktober 1980 (Bl. 17 bis 18 d. A.), die Betriebsvereinbarung „gleitende Arbeitszeit” vom 27. Oktober 1980 (Bl. 19 bis 26 d. A.) sowie eine „Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitverkürzung ab 01.04.1989 bzw. 01.04.1990” (Bl. 27, 28 d. A.) abgeschlossen.

Der Betriebsrat hat vorgetragen,

er sei in der Vergangenheit stets davon ausgegangen, daß die bei – eingegliederten Leiharbeitnehmer nach dem AÜG Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit ebenso gestalten könnten wie die eigenen Mitarbeiter. Er habe daher keinerlei Anlaß gehabt, diese Personengruppe in neu abgeschlossenen Betriebs Vereinbarungen zu erwähnen oder getrennte Betriebsvereinbarungen für sie abzuschließen. Erst im Monatsgespräch vom 08. März 1991 habe er von der abweichenden Auffassung der Geschäftsleitung erfahren, daß keine der erwähnten Betriebsvereinbarungen auf Leiharbeitnehmer nach dem AÜG Anwendung finde.

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, Fragen der Arbeitszeit von Leiharbeitnehmern unterlägen gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 BetrVG seiner Mitbestimmung.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1) der Antragsgegnerin aufzugeben, die Betriebsvereinbarungen

  1. „Arbeitszeit und Überstundenregelung” vom 27.10.1980
  2. „Gleitende Arbeitszeit” vom 27.10.1980 und
  3. „Arbeitszeitverkürzung ab 01.04.1989 bzw. 01.04.1990” vom 27.04.1989

auch bezüglich des Beginns und Ende der täglichen Arbeitszeit der bei der Antragsgegnerin arbeitenden Leiharbeitnehmer nach AÜG durchzuführen;

2) der Antragsgegnerin anzudrohen, sie bei jeder Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung zu einem Ordnungsgeld in Höhe von DM 500,– zu verurteilen:

hilfsweise

festzustellen, daß sich bis zum Abschluß einer anderslautenden Regelung Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der bei der Antragsgegnerin arbeitenden Leiharbeitnehmer nach AÜG nach den Vorschriften der Betriebsvereinbarungen

  1. „Arbeitszeit und Überstundenregelungen” vom 27.10.1980
  2. „Gleitende Arbeitszeit” vom 27.10.1980 und
  3. „Arbeitszeitverkürzung ab 01.04.1989 bzw. 01.04.1990” vom 27.04.1989

richten;

hilfsweise

festzustellen, daß der Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht im Sinne des § 87 Abs. 1 Ziffer 2 BetrVG bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der bei der Antragsgegnerin arbeitenden Leiharbeitnehmer nach AÜG hat.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber hat unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 1 § 14 AÜG, der ausschließlich die §§ 81, 82, 84 bis 86 sowie 99 BetrVG auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb anwendbar erkläre, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verneint. Er hat vorgetragen, die Benutzung der Zeiterfassungsgeräte durch Leiharbeitnehmer erfolge nicht wegen deren Teilnahme an der Gleitzeit, sondern sei Grundlage für das an die Verleiherfirma zu entrichtende Entgelt.

Das Arbeitsgericht hat mit seinem am 07.08.1991 dem Betriebsrat zugestellten Beschluß die Anträge zurückgewiesen. Es hat die zitierten Betriebsvereinbarungen nicht auf Leiharbeitnehmer für anwendbar gehalten, weil diese nicht „Mitarbeiter der …” seien. Ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Arbeitszeit für Leiharbeitnehmer bestehe nicht, daher seien auch die Hilfsanträge unbegründet. Die Aufzählung der anzuwendenden Vorschriften des BetrVG in Art. 1 § 14 AÜG sei abschließend. Anderweitigen Ansichten sei nicht zu folgen, da diese dem Wortlaut des AÜG widersprächen. Für ein Mitbestimmungsrecht bestehe auch kein Bedürfnis, dessen Annahme würde auch auf praktische Schwierigkeiten stossen, da die Arbeitszeit der Leiharbeitnehmer auf unterschiedlichen tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Grundlagen beruhten, als die des beteiligten Arbeitgebers. Die Betriebsp...

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