Vereinbart ein Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern im Rahmen eines sog. Bündnisses für Arbeit[1] von tariflichen Vereinbarungen abzuweichen, etwa durch Verlängerung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich oder Kürzung bzw. Streichung von Sonderzahlungen, kann eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft hiergegen beim Arbeitsgericht Unterlassungsklage erheben. Hierfür ist es aber notwendig, dass die Gewerkschaft die Gewerkschaftsmitglieder namentlich nennt, ansonsten wäre der Klagantrag nicht hinreichend bestimmt, denn der Unterlassungsanspruch betrifft nur die bei der Beklagten beschäftigten Mitglieder der klagenden Gewerkschaft. Der Arbeitgeber hat ohne eine solche Liste keine Möglichkeit, die Namen der Gewerkschaftsmitglieder zu ermitteln, da die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit nach herrschender Meinung grundsätzlich unzulässig ist.[2] Ohne eine solche Liste wäre es dem Arbeitgeber nicht möglich, differenziert auf das Unterlassungsbegehren der Gewerkschaft zu reagieren, ihm also nur hinsichtlich der von ihr benannten Gewerkschaftsmitglieder nachzukommen und im Übrigen die mit den Arbeitnehmern vereinbarten Änderungen durchzusetzen. Will eine Gewerkschaft den gewerkschaftlichen Unterlassungsanspruch durchsetzen, darf sie ihre Mitglieder im Unterlassungsantrag bzw. zu dessen Konkretisierung und Begründung nur mit deren ausdrücklicher Einwilligung benennen, weil die Gewerkschaftszugehörigkeit zu den besonders geschützten sensitiven Daten i. S. d. BDSG (vgl. §§ 46 f. BDSG) gehört.[3]

Damit wird es einer Gewerkschaft schwer gemacht, mit gewerkschaftlichen Unterlassungsansprüchen gegen sog. "Bündnisse für Arbeit" anzugehen, in denen ein Unternehmen auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet und im Gegenzug das bisherige Tarifniveau unterschritten wird. Derartige Vereinbarungen, die oftmals auf eine große Akzeptanz bei den Arbeitnehmern stoßen, werden regelmäßig nach Kündigung des bisherigen Tarifvertrags mit einer neuen Gewerkschaft vereinbart, wogegen sich die alte Gewerkschaft zu wehren versucht.[4]

Gegen tarifwidrige Regelungsabreden und die Umsetzung auf individualvertraglicher Ebene kann sich eine Gewerkschaft mit einem Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 9 Abs. 3 GG in Form eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG wehren, wenn die tarifliche Regelung unmittelbar und zwingend gilt.[5]

[1] Friedrich-Wilhelm Lehmann, Betriebliches Bündnis für Arbeit mit und ohne Arbeitsrecht und mit dem EuGH als gesetzlichem Richter, BB 2010 S. 2821.
[2] Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 8. Aufl., § 94 Rz. 20.
[4] Näheres hierzu: Matthis Kast/Dirk Freihube, Neue Hoffnung für betriebliche "Bündnisse für Arbeit" nach dem Urteil des BAG v. 19.3.2003, 4 AZR 271/02, BB 2003 S. 2569.

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