Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen. Betrieb regionaler Buslinien. Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge und Tätigkeiten des öffentlichen Verkehrs mit Ausnahme des Seeverkehrs. Kein Beweis für eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit durch Einschätzung der Kosten

 

Normenkette

Richtlinie 77/187/EWG; Richtlinie 92/50/EWG

 

Beteiligte

Oy Liikenne

Oy Liikenne Ab

Pekka Liskojärvi

Pentti Juntunen

 

Verfahrensgang

KKO (Finnland)

 

Tenor

1. Übernimmt ein Unternehmen nach einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge gemäß der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge Tätigkeiten des öffentlichen Verkehrs mit Ausnahme des Seeverkehrs – wie den Betrieb regionaler Buslinien –, die bisher von einem anderen Unternehmen verrichtetwurden, so kann dies in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen fallen, wie er in deren Artikel 1 Absatz 1 beschrieben ist.

2. Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/187 ist dahin auszulegen, dass

diese Richtlinie anwendbar sein kann, wenn zwischen zwei Unternehmen, die von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts nach einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge gemäß der Richtlinie 92/50 nacheinander mit dem Betrieb eines öffentlichen Verkehrs mit Ausnahme des Seeverkehrs – wie dem Betrieb regionaler Buslinien – beauftragt worden sind, eine unmittelbare vertragliche Beziehung fehlt;

die Richtlinie 77/187 auf einen Fall wie den des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar ist, wenn keine nennenswerten materiellen Betriebsmittel zwischen den beiden genannten Unternehmen übertragen worden sind.

 

Gründe

1.

Das Korkein Oikeus (Oberster Gerichtshof) hat mit Beschluss vom 27. April 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Mai 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. L 61, S. 26) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Busunternehmen Oy Liikenne Ab (im Folgenden: Liikenne) und seinen beiden Fahrern Liskojärvi und Juntunen wegen der Weigerung des Unternehmens, ihnen die gleichen Arbeitsbedingungen wie ihr vorheriger Arbeitgeber einzuräumen.

Rechtlicher Rahmen

3.

Die Richtlinie 77/187 gilt nach ihrem Artikel 1 Absatz 1 für den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung. Nach Artikel 1 Absatz 3 gilt die Richtlinie nicht für Seeschiffe.

4.

Die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) soll laut ihrer einundzwanzigsten Begründungserwägung den Zugang für Dienstleistungserbringer bei den Vergabeverfahren verbessern, um Praktiken zu unterbinden, die zu einer Einschränkung des Wettbewerbs führen und die insbesondere der Auftragsvergabe an Angehörige anderer Mitgliedstaaten entgegenstehen.

5.

Nach Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 92/50 gelten als öffentliche Dienstleistungsaufträge die zwischen einem Dienstleistungserbringer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen schriftlichen entgeltlichen Verträge. Nach Artikel 1 Buchstabe b sind öffentliche Auftraggeber der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen.

6.

Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/50 sieht u. a. vor, dass die Auftraggeber bei der Vergabe ihrer öffentlichen Dienstleistungsaufträge Verfahren anwenden, die den Bestimmungen dieser Richtlinie angepasst sind. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift sorgen die Auftraggeber dafür, dass keine Diskriminierung von Dienstleistungserbringern stattfindet.

7.

Nach Anhang I A, auf den Artikel 8 verweist, fällt unter die Richtlinie 92/50 u. a. der Landverkehr.

Der Ausgangsrechtsstreit

8.

Der Pääkaupunkiseudun Yhteistyövaltuuskunta (Zweckverband Hauptstadtregion; im Folgenden: YTV) übertrug nach einer Ausschreibung Liikenne für drei Jahre den Betrieb von sieben regionalen Buslinien, die bis dahin an die Hakunilan Liikenne Oy (im Folgenden: Hakunilan Liikenne) vergeben waren.

9.

Hakunilan Liikenne, die diese Linien mit sechsundzwanzig Bussen bedient hatte, entließ daraufhin fünfundvierzig Fahrer, von denen dreiunddreißig, d. h. alle, die sich um eine entsprechende Stelle beworben hatten, von Liikenne übernommen wurden. Le...

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