Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflichtmitgliedschaft in einem Betriebsrentenfonds. Vereinbarkeit mit den Wettbewerbsregeln. Qualifizierung eines Betriebsrentenfonds als Unternehmen

 

Beteiligte

Albany International

Albany International BV

Stichting Bedrijfspensioenfonds Textielindustrie

 

Tenor

1. Die Artikel 3 Buchstabe g EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g EG), 5 und 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG und 81 EG) stehen der Entscheidung des Staates nicht entgegen, auf Antrag der Organisationen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer eines bestimmten Wirtschaftszweigs vertreten, die Mitgliedschaft in einem Betriebsrentenfonds verbindlich vorzuschreiben.

3. Ein Rentenfonds, der mit der Verwaltung eines Zusatzrentensystems betraut ist, das durch einen Tarifvertrag zwischen den Organisationen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer eines bestimmten Wirtschaftszweigs vertreten, geschaffen worden ist und bei dem die Mitgliedschaft für alle Arbeitnehmer dieses Wirtschaftszweigs durch den Staat verbindlich vorgeschrieben worden ist, ist ein Unternehmen im Sinne der Artikel 85 ff. des Vertrages.

4. Die Artikel 86 und 90 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG und 86 EG) verwehren dem Staat nicht, einem Rentenfonds das ausschließliche Recht zur Verwaltung eines Zusatzrentensystems in einem bestimmten Wirtschaftszweig einzuräumen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-67/96

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Kantongerecht Arnheim (Niederlande) in den bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Albany International BV

gegen

Stichting Bedrijfspensioenfonds Textielindustrie

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 85, 86 und 90 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG, 82 EG und 86 EG)

erläßt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, G. Hirsch und P. Jann sowie der Richter J. C. Moitinho de Almeida (Berichterstatter), C. Gulmann, J. L. Murray, D. A. O. Edward, H. Ragnemalm, L. Sevón und M. Wathelet,

Generalanwalt: F. G. Jacobs

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • der Albany International BV, vertreten durch die Rechtsanwälte T. R. Ottervanger, Rotterdam, und H. van Coeverden, Den Haag,
  • der Stichting Bedrijfspensioenfonds Textielindustrie, vertreten duch die Rechtsanwälte E. Lutjens, Amsterdam, und O. Meulenbelt, Utrecht,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch A. Bos, Rechtsberater im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat E. Röder und Regierungsdirektor C.-D. Quassowski, beide Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Leiterin der Abteilung für internationales Wirtschaftsrecht und Gemeinschaftsrecht in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, und C. Chavance, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Albany International BV, vertreten durch Rechtsanwalt T. R. Ottervanger, der Stichting Bedrijfspensioenfonds Textielindustrie, vertreten durch die Rechtsanwälte E. Lutjens und O. Meulenbelt, der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. Fierstra, Leiter der Abteilung Europäisches Recht im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, der französischen Regierung, vertreten durch C. Chavance, der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse, DepartementsrÊad im Juristischen Sekretariat (EU) des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, und der Kommission, vertreten durch W. Wils, in der Sitzung vom 17. November 1998,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Januar 1999,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1.

Das Kantongerecht Arnheim hat mit Urteil vom 4. März 1996 gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 85, 86 und 90 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG, 82 EG und 86 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Albany International BV (im folgenden: Firma Albany) und der Stichting Bedrijfspensioenfonds Textielindustrie (Stiftung Betriebsrentenfonds für die Textilindustrie; im folgenden: Fonds) über die Weigerung der Firma Albany, an den Fonds die Beiträge für das Jahr 1989 zu zahlen, und zwar mit der Begründung, daß die Pflichtmitgliedschaft im Fonds, aufgrund deren diese Beiträge von ihr gefordert würden, gegen Artikel 3 Buchstabe g EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g EG) sowie die Artikel 85, 86 und 90 des Vertrages verstoße.

Die nationalen Rechtsvorschriften

3.

Das niederländische Rentensys...

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