Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Sozialpolitik. Rahmenvereinbarung der UNICE, CEEP und EGB über Teilzeitarbeit. Umwandlung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses in ein Vollzeitarbeitsverhältnis ohne Einverständnis des Arbeitnehmers

 

Normenkette

Richtlinie 97/81/EG

 

Beteiligte

Mascellani

Teresa Mascellani

Ministero della Giustizia

 

Tenor

Die am 6. Juni 1997 geschlossene Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit, die im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit enthalten ist, insbesondere ihr Paragraf 5 Nr. 2, ist dahin auszulegen, dass sie unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Arbeitgeber ohne das Einverständnis des betroffenen Arbeitnehmers die Umwandlung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses in ein Vollzeitarbeitsverhältnis anordnen kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale ordinario di Trento (Italien) mit Entscheidung vom 11. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 25. April 2013, in dem Verfahren

Teresa Mascellani

gegen

Ministero della Giustizia

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Mascellani, vertreten durch F. Valcanover, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Russo und G. Fiengo, avvocati dello Stato,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Cattabriga und D. Martin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Mai 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), die im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9) enthalten ist.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Mascellani und dem Ministero della Giustizia (Justizministerium) über eine Verfügung, mit der die Umwandlung ihres Teilzeitarbeitsverhältnisses in ein Vollzeitarbeitsverhältnis angeordnet wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Mit der Richtlinie 97/81 soll nach ihrem Art. 1 die zwischen den europäischen Sozialpartnern – nämlich der Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas (UNICE), dem Europäischen Verband der öffentlichen Arbeitgeber und Unternehmen (CEEP) und dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) – geschlossene Rahmenvereinbarung, die im Anhang dieser Richtlinie enthalten ist, durchgeführt werden.

Rz. 4

Abs. 2 der Präambel der Rahmenvereinbarung bestimmt:

„Diese Vereinbarung legt in Anerkennung der Vielfalt der Verhältnisse in den Mitgliedstaaten und in der Erkenntnis, dass die Teilzeitarbeit ein Merkmal der Beschäftigung in bestimmten Branchen und Tätigkeiten ist, die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für die Teilzeitarbeit nieder. Sie macht den Willen der Sozialpartner deutlich, einen allgemeinen Rahmen für die Beseitigung der Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten zu schaffen und einen Beitrag zur Entwicklung der Teilzeitarbeitsmöglichkeiten auf einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Grundlage zu leisten.”

Rz. 5

Paragraf 1 der Vereinbarung bestimmt:

„Diese Rahmenvereinbarung soll:

  1. die Beseitigung von Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten sicherstellen und die Qualität der Teilzeitarbeit verbessern;
  2. die Entwicklung der Teilzeitarbeit auf freiwilliger Basis fördern und zu einer flexiblen Organisation der Arbeitszeit beitragen, die den Bedürfnissen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Rechnung trägt.”

Rz. 6

Paragraf 3 der Rahmenvereinbarung sieht vor:

„Im Sinne dieser Vereinbarung ist

2. ‚vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter’ ein Vollzeitbeschäftigter desselben Betriebs mit derselben Art von Arbeitsvertrag oder Beschäftigungsverhältnis, der in der gleichen oder einer ähnlichen Arbeit/Beschäftigung tätig ist, wobei auch die Betriebszugehörigkeitsdauer und die Qualifikationen/Fertigkeiten sowie andere Erwägungen heranzuziehen sind.

Ist in demselben Betrieb kein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter vorhanden, so erfolgt der Vergleich anhand des anwendbaren Tarifvertrages oder, in Ermangelung eines solchen, gemäß den gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen oder den nationalen Gepflogenheiten.”

Rz. 7

Paragraf 4 („Grundsatz der Nichtdiskriminierung”) die...

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