Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Unterschiedliche Leistungshöhe. Rente wegen eines Arbeitsunfalls. Zusatzleistung für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland. Pflichten der Verwaltungskommission

 

Leitsatz (amtlich)

1.

Ist in den Fällen des Art 77 Abs 2 Buchst b Ziff i und des Art 78 Abs 2 Buchst b Ziff i der EWGV 1408/71 in der durch die EWGV 2001/83 des Rates vom 2.6.1983 kodifizierten Fassung der Betrag der vom Wohnmitgliedstaat gezahlten Leistungen niedriger als der Betrag der von einem anderen Mitgliedstaat geschuldeten Leistungen, so hat der Rentner oder die Waise eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen auch dann gegenüber dem zuständigen Träger des letztgenannten Staates Anspruch auf eine Zusatzleistung in Höhe des Unterschieds zwischen beiden Beträgen, wenn die Gewährung der Leistungen nach dem Recht dieses Staates voraussetzt, daß sowohl der Berechtigte als auch das berücksichtigungsfähige Kind im Inland wohnen.

2.

Das Kindergeld nach dem BKGG ist im Hinblick auf die Erklärung, die die Bundesrepublik Deutschland nach Art 5 der EWGV 1408/71 abgegeben hat, auch dann als Leistung iS des Art 77 dieser Verordnung anzusehen, wenn es vom Empfänger einer Rente wegen eines Arbeitsunfalls beantragt wird.

3.

Der Anspruch auf eine Zusatzleistung für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern besteht auch dann, wenn der Rentner einen Rentenanspruch nach dem Recht des Mitgliedstaats, der die höheren Leistungen gewährt, erst nach seinem Wohnortwechsel in einen anderen Mitgliedstaat erwirbt, der aufgrund von Art 77 Abs 2 EWGV 1408/71 leistungspflichtig ist.

4.

Bei der Gewährung der Zusatzleistung für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern sind alle unterhaltsberechtigten Kinder des Rentners einschließlich derjenigen zu berücksichtigen, die nach dem Wohnortwechsel des Rentners in den Mitgliedstaat, der die niedrigeren Leistungen gewährt, geboren sind.

5.

Sieht das Recht des Mitgliedstaats, der zur Zahlung von durch Art 77 oder Art 78 der EWGV 1408/71 erfaßten Leistungen oder zur Zahlung einer Zusatzleistung verpflichtet ist, die Minderung dieser Leistungen gemäß dem Nettojahreseinkommen des Leistungsempfängers und seiner Familienangehörigen vor, so lassen die genannten beiden Vorschriften eine solche Minderung auch dann zu, wenn der Leistungsempfänger in einem anderen als dem leistungspflichtigen Mitgliedstaat wohnt. In diesem Fall hat der zuständige Träger des leistungspflichtigen Mitgliedstaats, gestützt auf die Auskünfte und Belege, die der Leistungsempfänger und die zuständigen Behörden des Wohnmitgliedstaats ihm auf sein Verlangen übermitteln, zur Feststellung des Nettojahreseinkommens des Leistungsempfängers und seiner Familienangehörigen und zur Berechnung des Betrags der Leistungen oder der Zusatzleistung, auf den der Leistungsempfänger Anspruch hat, die einschlägigen Rechtsvorschriften seines Staates so anzuwenden, wie wenn der Leistungsempfänger und seine im selben Mitgliedstaat wie er wohnenden Familienangehörigen im leistungspflichtigen Mitgliedstaat wohnten und dort das Einkommen beziehen würden, das sie im Wohnmitgliedstaat erzielen.

6.

Es gehört zu den Pflichten der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer aus Art 81 Buchst a EWGV 1408/71, ein Verzeichnis derjenigen Träger der Mitgliedstaaten aufzustellen, die die im Beschluß Nr 129 vom 17.10.1985 zur Anwendung des Art 77, des Art 78 und des Art 79 Abs 3 EWGV 1408/71 und des Art 10 Abs 1 Buchst b Ziff ii EWGV 574/72 genannten amtlichen Auskünfte zu erteilen haben. Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, von dem die Zahlung einer Zusatzleistung verlangt wird, hat jedoch weiterhin die Möglichkeit, sich bei der Kommission und den Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller wohnt, danach zu erkundigen, welcher Träger dieses Mitgliedstaats für die Erteilung der im Beschluß Nr 129 genannten amtlichen Auskünfte zuständig ist.

 

Normenkette

BKGG §§ 1, 10-11, 2 Abs. 5; EWGV 1408/71 Art. 77 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i, Art. 78 Abs. 2 S. 1 Buchst. b Ziff. i, Art. 81 Buchst. a, Art. 79 Abs. 3; EWGV 574/72 Art. 10 Abs. 1 Buchst. b

 

Beteiligte

Nikolaos Athanasopoulos und andere

Bundesanstalt für Arbeit

 

Verfahrensgang

SG Nürnberg (Entscheidung vom 29.06.1989; Aktenzeichen S 9 Kg 157/88)

 

Fundstellen

Haufe-Index 1151015

NJW 1991, 2207

NJW 1991, 2208

EuGHE I 1991, 2797

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