Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung von Männern und Frauen – Am Jahresende gewährte Gratifikation – Voraussetzungen für die Gewährung

 

Beteiligte

Krüger

Andrea Krüger

Kreiskrankenhaus Ebersberg

 

Tenor

Artikel 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) ist so auszulegen, daß der tarifvertragliche Ausschluß unselbständig Erwerbstätiger, die eine Beschäftigung von regelmäßig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche ausüben, bei der das Arbeitsentgelt regelmäßig einen bestimmten Bruchteil der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt und die deshalb sozialversicherungsfrei ist, von einer in diesem Tarifvertrag vorgesehenen Jahressonderzuwendung, der zwar unabhängig vom Geschlecht der Arbeitnehmer erfolgt, jedoch im Ergebnis prozentual erheblich mehr Frauen als Männer trifft, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-281/97

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Arbeitsgericht München (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Andrea Krüger

gegen

Kreiskrankenhaus Ebersberg

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) und der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40)

erläßt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer G. Hirsch (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter J. L. Murray und H. Ragnemalm,

Generalanwalt: P. Léger

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • des Kreiskrankenhauses Ebersberg, vertreten durch Annette Dassau, Referentin beim Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e. V.,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Peter Hillenkamp und Marie Wolfcarius, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte Thomas Eilmansberger und Stefan Köck, Brüssel,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Kreiskrankenhauses Ebersberg und der Kommission in der Sitzung vom 12. November 1998,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Dezember 1998,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1. Das Arbeitsgericht München hat mit Beschluß vom 3. Juli 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 1. August 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) und der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Krüger und dem Kreiskrankenhaus Ebersberg (Beklagter) über die Zahlung einer Jahressonderzuwendung.

3. Frau Krüger war vom Beklagten zum 1. Oktober 1990 als vollzeitbeschäftigte Krankenschwester eingestellt worden. Das Arbeitsverhältnis fiel unter den Bundesangestelltentarifvertrag von 1961 (im folgenden: BAT).

4. Nachdem Frau Krüger am 24. April 1995 ein Kind geboren hatte, wurden ihr nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) Erziehungsurlaub vom 20. Juni 1995 bis 23. April 1998 sowie Erziehungsgeld gewährt.

5. Seit dem 20. September 1995 übt Frau Krüger beim Beklagten eine geringfügige Beschäftigung im Sinne von § 8 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (im folgenden: SGB) aus. Eine solche liegt vor, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig einen bestimmten Bruchteil der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt. Geringfügige Beschäftigungen sind sozialversicherungsfrei.

6. Frau Krüger verlangte von ihrem Arbeitgeber Zahlung der Jahressonderzuwendung für das Jahr 1995; dabei handelt es sich um eine zu Weihnachten gewährte Gratifikation in Höhe eines Monatsgehalts, deren Zahlung im Zuwendungs-Tarifvertrag von 1973 (im folgenden: ZTV) vorgesehen ist.

7. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens verweigerte ihr diese Zuwendung mit der Begründung, daß der ZTV nur für Personen gelte, deren Arbeitsverhältnis unter den BAT falle, und daß gemäß § 3 Buchstabe n BAT geringfügig Beschäftigte im Sinne von § 8 SGB vom Geltungsbereich des BAT ausgenommen seien.

8. Frau Krüger erhob am 14. Juni 1996 beim Arbeitsgericht Klage auf Zahlung der Jahressonderzuwendung.

9. Das vorleg...

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