Da die Tarifentgelte im niedrigsten Qualifikationssegment häufig nicht konkurrenzfähig sind und entsprechende Tätigkeiten in der Folge verstärkt outgesourct, d. h., auf private Anbieter außerhalb des Geltungsbereichs der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verlagert wurden, bestand Bedarf, Instrumente zur Gegensteuerung zu schaffen. Mit der neuen Entgeltgruppe 1 und der Tariföffnungsklausel des § 15 Abs. 3 TVöD sollte gewährleistet werden, dass auch weniger qualifizierte Tätigkeiten wirtschaftlich vernünftig von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erbracht werden.

2.4.1 Entgeltgruppe 1

Mit der EG 1 ist im TVöD eine echte Niedriglohngruppe eingeführt worden. Seit dem 1.4.2021 beträgt das Einstiegsentgelt 1.979,88 EUR im Monat (ab 1.4.2022: 2.015,52 EUR). Im Bereich des Bundes waren die Tätigkeitsmerkmale für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 1 bis zum 31.12.2013 in der Anlage 4 TVÜ-Bund geregelt. Seit dem 1.1.2014 finden sich diese Tätigkeitsmerkmale im TV EntgO Bund, Anlage 1, Teil I und II.

Im Bereich der VKA waren die Tätigkeitsmerkmale zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 1 bis zum 31.12.2016 in der Anlage 3 zum TVÜ-VKA unmittelbar geregelt. Seit dem 1.1.2017 finden sich die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 1 in Teil A, Abschn. I, Ziffer 1 der Entgeltordnung VKA.

Bei der Aufzählung der Tätigkeitsmerkmale handelt es sich um eine beispielhafte, d. h. nicht abschließende Regelung. Dies hat das BAG mit Beschluss vom 28.1.2009[1] bestätigt. Danach können neben den im Beispielkatalog aufgeführten Tätigkeiten noch weitere der EG 1 zugeordnet werden (siehe nachfolgendes Beispiel). Die Vorschrift, wonach Ergänzungen durch einen landesbezirklichen Tarifvertrag vorgenommen werden können, betrifft daher vorrangig nicht die Ergänzung um weitere Beispiele gleicher Wertigkeit, da dies schließlich die Auflistung von Beispielen zu einer Enumeration umkehren würde. Die Öffnung für landesbezirkliche Ergänzungen kann vielmehr nur die Zuordnung von Beispielstätigkeiten mit an sich anderer Wertigkeit (sog. "Ferner"-Merkmale) betreffen.

Die Auflistung von Richtbeispielen bedeutet, dass ab dem 1.10.2005 auch Beschäftigte mit vergleichbaren Tätigkeiten der Entgeltgruppe 1 direkt (ohne ergänzenden Tarifvertrag) zugeordnet werden können.

 

Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 1:

Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten, zum Beispiel

  • Essens- und Getränkeausgeber/innen
  • Garderobenpersonal
  • Spülen und Gemüseputzen und sonstige Tätigkeiten im Haus- und Küchenbereich
  • Reiniger/innen in Außenbereichen wie Höfe, Wege, Grünanlagen, Parks
  • Wärter/innen von Bedürfnisanstalten
  • Servierer/innen
  • Hausarbeiter/innen
  • Hausgehilfe/Hausgehilfin
  • Bote/Botin (ohne Aufsichtsfunktion)

Ergänzungen können durch landesbezirklichen Tarifvertrag geregelt werden.

Hinweis: Diese Zuordnung gilt unabhängig von bisherigen tariflichen Zuordnungen zu Vergütungs-/Lohngruppen.
 
Praxis-Beispiel

Nach den Richtbeispielen zur Entgeltgruppe 1 sind Reiniger/innen in Außenbereichen der EG 1 zugeordnet. Bei Reinigungstätigkeiten in Gebäuden ist eine generelle Zuordnung zur Entgeltgruppe 1 nicht möglich. Maßgebend sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalles, so dass auch eine Reinigungskraft für einfachste Reinigungsarbeiten im Innenbereich der EG 1 zugeordnet werden kann. Anders wäre die Rechtslage nur zu beurteilen, wenn es sich um Reinigungsarbeiten mit gesteigerten Anforderungen (z. B. mit Spezialgerät oder in Opera­tionssälen von Krankenhäusern) handeln würde (bestätigt durch Beschluss des BAG v. 28.1.2009, 4 ABR 92/07).

Weiterführende Hinweise finden sich unter dem Stichwort Eingruppierung, Punkt 1.1 "Die neue EG 1 – Geltungsbereich".

Auch bei der Gestaltung der Entgeltstufen sind für die Entgeltgruppe 1 besondere Regelungen getroffen worden (siehe Stichwort Stufen der Entgeltgruppe 1 Ziff. 3.2).

2.4.2 Tariföffnungsklausel

§ 15 Abs. 3 TVöD enthält eine Tariföffnungsklausel hinsichtlich der Entgeltgruppen 1 bis 4 (un- und angelernte Tätigkeiten). Danach kann in diesen Entgeltgruppen von den Vorgaben der Entgelttabelle abgewichen werden.

Das Abweichen von der Entgelttabelle erfolgt im Bereich der VKA durch landesbezirkliche, tarifvertragliche Regelungen beim Bund durch bundesweite tarifvertragliche Regelungen. Landesbezirkliche tarifvertragliche Regelungen sind solche, die zwischen dem einzelnen auf Länderebene organisierten Arbeitgeberverband und der Gewerkschaftsorganisation auf Länderebene vereinbart werden.

Gegenstand einer solchen tarifvertraglichen Regelung kann ein Abweichen von den Tabellenwerten der Entgeltgruppen 1 bis 4 in jeder Hinsicht sein. Das heißt, es kann sowohl unter Beibehaltung der Tabellenstruktur (Entgeltgruppen und Stufen) von den einzelnen Entgeltwerten abgewichen werden als auch die Tabellenstruktur für die Entgelt­gruppen 1 bis 4 geändert oder aufgelöst werden. Beispielsweise könnten die Entgeltgruppen 1 bis 4 durch weniger oder nur eine Entgeltgruppe ersetzt werden oder die Zahl der Stufen reduziert bzw. ganz von einer Stufung abgesehen werden. Di...

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