Bei schwerbehinderten Menschen und ihnen Gleichgestellten treffen nach § 164 Abs. 1 SGB IX den Arbeitgeber insbesondere folgende Pflichten:

  • Prüfung, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können (§ 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX)

    Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob Bewerbungen schwerbehinderter Menschen bereits vorliegen, ob der Arbeitgeber mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt und ob er seine Pflichtquote bereits erfüllt hat oder nicht. Erfüllt der Arbeitgeber diese Pflicht nicht, steht der Personalvertretung ein Zustimmungsverweigerungsrecht hinsichtlich der Einstellung zu.

  • Kontaktaufnahme mit Agentur für Arbeit

    Der Arbeitgeber muss wegen der eventuellen Vermittlung arbeitsloser oder arbeitsuchend gemeldeter schwerbehinderter Menschen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen (§ 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Die Nichteinschaltung der Agentur für Arbeit begründet eine Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung i. S. v. § 7 Abs. 1 AGG.[1]

  • Unterrichtungspflicht

    Die Schwerbehindertenvertretung und der Personalrat bzw. Betriebsrat ist über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen unmittelbar nach Eingang der entsprechenden Unterlagen zu unterrichten. Unterlässt der Arbeitgeber diese Unterrichtung, begründet dies gleichfalls eine Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung.

     

    Beispiel[2]

    Eine Bewerberin (Grad der Behinderung [GdB] von 80) schrieb im letzten Absatz des Bewerbungsschreibens:

    Zitat

    Nicht verschweigen möchte ich, dass ich durch meine Diabetes als schwerbehindert gelte, was sich keinesfalls auf meine Arbeitsleistung und -bereitschaft auswirkt.

    Die für den öffentlichen Arbeitgeber handelnden Personen übersahen den Hinweis auf die Schwerbehinderung. Es wurde weder die Schwerbehindertenvertretung in dem Bewerbungsverfahren ordnungsgemäß beteiligt noch wurde die Bewerberin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

    Das BAG hat in der Mitteilung im Bewerbungsschreiben einen ordnungsgemäßen Hinweis auf die Schwerbehinderung gesehen. Es hat ausgeführt, dass jeder Arbeitgeber die Erledigung seiner Personalangelegenheiten so zu organisieren habe, dass er die gesetzlichen Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Bewerber erfüllen könne. Die für den Arbeitgeber handelnden Personen seien verpflichtet, das Bewerbungsschreiben vollständig zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Erlange der Arbeitgeber trotz eines Hinweises im Bewerbungsschreiben keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderung des Bewerbers, so werde eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermutet. Das Verhalten der für ihn handelnden Personen sei dem Arbeitgeber objektiv zuzurechnen.

    Der schwerbehinderten Bewerberin wurde deswegen eine Entschädigung von einem Monatsgehalt in Höhe von 2.037,92 EUR brutto nebst Prozesszinsen zugesprochen.

  • Beteiligung von Personalvertretung und Schwerbehindertenvertretung

    Bei der Prüfung, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können, ist die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 SGB IX zu beteiligen und der Personalrat bzw. Betriebsrat anzuhören (§ 164 Abs. 1 Satz 6 SGB IX). Die Nichtbeteiligung begründet eine Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung hat jedoch zu unterbleiben, wenn der schwerbehinderte Bewerber die Beteiligung ausdrücklich ablehnt.

  • Teilnahmerecht der Schwerbehindertenvertretung an Vorstellungsgesprächen

    Der Schwerbehindertenvertretung ist die Teilnahme an sämtlichen Vorstellungsgesprächen sowie Einsichtnahme in die entscheidungsrelevanten Teile aller Bewerbungsunterlagen zu ermöglichen. Diese Rechte bestehen nicht, wenn der schwerbehinderte Bewerber die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt. Ein Verstoß begründet die Vermutung einer Benachteiligung wegen Behinderung.[3]

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