EuGH, Urteil v. 9.11.2017, C-306/16

Die wöchentliche Ruhezeit für Arbeitnehmer kann an einem beliebigen Tag innerhalb jedes Siebentageszeitraums gewährt werden und muss nicht notwendigerweise an dem auf 6 aufeinanderfolgende Arbeitstage folgenden Tag gewährt werden.

Sachverhalt

Der Kläger war von 1991 bis 2014 bei der beklagten Gesellschaft beschäftigt. Diese betreibt ein Casino in Portugal, welches mit Ausnahme des 24. Dezembers täglich vom Nachmittag bis zum folgenden Morgen geöffnet ist. In den Jahren 2008 und 2009 arbeitete der Kläger manchmal an 7 aufeinanderfolgenden Tagen, ab 2010 dann aufgrund einer organisatorischen Änderung der Arbeitszeiten an nicht mehr als 6 aufeinanderfolgenden Tagen. Nachdem im März 2014 das Arbeitsverhältnis beendet war, erhob der Kläger Klage, um feststellen zu lassen, dass ihm die seiner Auffassung nach zustehenden Pflichtruhetage durch die Beklagte nicht gewährt wurden, sodass er nun einen Anspruch auf Entschädigungszahlungen entsprechend der Vergütung der gearbeiteten Überstunden habe. Er begründete dies mit der Arbeitszeitrichtlinie, wonach jeder Arbeitnehmer pro Siebentageszeitraum einen Anspruch auf eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von 11 Stunden habe.

Das portugiesische Gericht hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden, auf die ein Arbeitnehmer nach der Richtlinie Anspruch hat, spätestens an dem Tag gewährt werden muss, der auf einen Zeitraum von 6 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen folgte.

Die Entscheidung

Der EuGH entschied, dass das Unionsrecht nicht verlange, dass die wöchentliche Mindestruhezeit spätestens an dem Tag gewährt wird, der auf einen Zeitraum von 6 aufeinanderfolgenden Arbeitstagen folgt, sondern nur, dass sie innerhalb jedes Siebentageszeitraums gewährt wird.

Das Gericht führte hierzu aus, dass die Wendung "pro Siebentageszeitraum" keinerlei Verweisung auf das nationale Recht der Mitgliedstaaten enthalte, sondern einen autonomen Begriff des Unionsrechts darstelle, welcher einheitlich ausgelegt werden müsse.

Zunächst ergebe hier die Auslegung des Wortlauts der Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind zu gewährleisten, dass jedem Arbeitnehmer während eines Siebentageszeitraums eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden (zzgl. der täglichen Ruhezeit von 11 Stunden) zur Verfügung steht. Allerdings sei nicht festgelegt, zu welchem Zeitpunkt diese Mindestruhezeit zu gewähren ist. Aufgrund von systematischen Erwägungen könne dieser Zeitraum als Bezugszeitraum betrachtet werden, d. h. als ein fester Zeitraum, innerhalb dessen eine bestimmte Anzahl aufeinanderfolgender Ruhestunden zu gewähren sei, unabhängig vom Zeitpunkt, zu dem diese Ruhestunden gewährt werden.

Darüber hinaus sei es Zweck der Richtlinie, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer wirksam zu schützen, sodass jedem Arbeitnehmer angemessene Ruhezeiten zur Verfügung stehen müssen. Für die Umsetzung lasse die Richtlinie jedoch eine gewisse Flexibilität zu, da sie den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Festsetzung des Zeitpunkts, zu dem diese Mindestruhezeit zu gewähren ist, ein Ermessen einräumt. Es sei hiernach auch zulässig, am Ende eines und am Anfang des darauf folgenden Bezugszeitraums mehrere aufeinanderfolgende Ruhetage zu gewähren. Des Weiteren, so das EuGH, stelle die Richtlinie nur Mindestnormen für den Schutz des Arbeitnehmers im Rahmen der Arbeitszeitgestaltung auf, sodass die Mitgliedstaaten für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen bzw. die Anwendung von für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern fördern oder gestatten könnten.

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