9.1 Funktion und Bedeutung der Eingruppierung

Die Eingruppierung ist von zentraler Bedeutung für das Entgelt des Beschäftigten. Grundlage des Entgelts ist das Tabellenentgelt, das sich ihrerseits nach der Entgeltgruppe bestimmt. Die Entgeltgruppe ihrerseits wird gem. § 12 Abs. 1 TVöD (Bund) nach der Regelung des TV EntgO Bund nicht etwa frei vereinbart oder einseitig vom Arbeitgeber festgelegt, sondern bestimmt sich nach der Wertigkeit der auszuübenden Tätigkeit (§ 12 Abs. 2 Sätze 1 TVöD (Bund). Zur Feststellung dieser Wertigkeit sieht § 12 Abs. 2 Satz 2–6 ein eigenes Bewertungsverfahren vor. Am Ende des Verfahrens steht die Zuordnung einer Tätigkeit zu einer Entgeltgruppe im Gesamtsystem der Entgeltordnung. Dieser Vorgang ist die Eingruppierung.

Die Grundsätze für die Eingruppierung sind in den §§ 12, 13 TVöD (Bund) geregelt, wobei § 12 TVöD (Bund) als Kernvorschrift für die Eingruppierung dient. Danach richtet sich die Eingruppierung nach dem TV EntgO Bund und somit nach den Tätigkeits-(Eingruppierungs-)Merkmalen der Entgeltordnung (Anlage 1 zu TV EntgO Bund). Die Eingruppierung (= Einreihung) des Beschäftigten ergibt sich aus der unmittelbaren Wirkung der Tarifnorm selbst als deren zwingende rechtliche Folge (Tarifautomatik).

Aus der Eingruppierung (= Einreihung in das System der Entgeltordnung) ergeben sich tarifliche Folgen wie:

  • durch Feststellung der Entgeltgruppe die Höhe des Entgelts,
  • durch Feststellung der Entgeltgruppe/Fallgruppe evtl. eine Entgeltgruppenzulage oder eine Funktionszulage.

9.2 Geltungsbereich der Eingruppierung

Die Eingruppierungsregelungen der §§ 12, 13 TVöD (Bund) gelten nur für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich des TVöD (Bund) fallen.

Soweit die Tätigkeit von Beschäftigten nicht von der Entgeltordnung erfasst wird, etwa bei Lehrkräften, richtet sich die Eingruppierung nicht nach § 12 TVöD (Bund), sondern nach Richtlinien und Erlassen[1] bzw. ist bei den unter § 1 Abs. 2 TVöD fallenden Beschäftigten einzelvertraglich zu vereinbaren.

Unter § 1 Abs. 2 TVöD fallen z. B.

  • leitende Angestellte entsprechend § 5 Abs. 3 BetrVG, wenn ihre Arbeitsbedingungen einzelvertraglich besonders vereinbart sind, sowie Chefärztinnen/Chefärzte,
  • Beschäftigte, die ein über die Entgeltgruppe 15 hinausgehendes Entgelt erhalten,
  • bei deutschen Dienststellen im Ausland eingestellte Ortskräfte.

9.3 Auslegung von Eingruppierungsnormen

Die Entgeltordnung enthält unterschiedliche, in ihrer Wertigkeit abgestufte unbestimmte Tätigkeitsmerkmale, die im Einzelfall auszufüllen sind. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe sind solche, deren Inhalt nicht durch einen feststehenden Sachverhalt bestimmt wird, sondern bei deren Anwendung auf den Einzelfall eine Fixierung erforderlich ist, die entweder im Bereich des Tatsächlichen (z. B. bei dem Begriff "Dunkelheit") oder im Bereich des Rechtlichen liegen kann (z. B. bei den Begriffen wie "gute Sitten", "Treu und Glauben" usw.).

Unter die letzte Kategorie fallen auch die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe der Entgeltordnung. Unbestimmte Rechtsbegriffe in den normativen Teilen von Tarifverträgen erfordern einen Beurteilungsspielraum zum Zwecke der Subsumtion des Einzelfalls unter den jeweiligen unbestimmten Rechtsbegriff.[1] Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat.

Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, die im Bereich des Arbeitgebers praktische Tarifübung, die Anschauung der beteiligten Berufskreise auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, die Einschätzung im Wirtschaftsleben heranziehen.[2] Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.[3] Allerdings verbleibt es auch hierbei beim Grundsatz der objektiven Auslegung: Die Tarifunterworfenen müssen unmittelbar aus dem Tarifvertrag erkennen können, welchen Regelungsgehalt die Tarifnormen haben.[4]

Bei verschiedenen Tätigkeitsmerkmalen mit unbestimmten Rechtsbegriffen werden durch die Tarifvertragsparteien durch Klammerzusätze oder durch Protokollerklärungen Tätigkeitsbeispiele aufgenommen. Damit haben die Tarifvertragsparteien die Subsumtion von bestimmten Tätigkeiten unter die unbestimmten Rechtsbegriffe vorgenommen. Werden beispielhaf...

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