Mit der Entgeltordnung sollen wie schon zuvor mit der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O alle im Geltungsbereich des TVöD-Bund anfallenden Tätigkeiten erfasst werden, um sie tarifrechtlich zu bewerten. Das Bundesarbeitsgericht sprach bei der Vergütungsordnung daher vom "universalen" Charakter der Vergütungsordnung.[1] Dies gilt gleichermaßen für die Entgeltordnung. Der universale Charakter der Entgeltordnung zeigt sich in erster Linie in den "Allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen für den Verwaltungsdienst" in Teil I, denen für Tätigkeiten im Angestelltenbereich eine Auffangfunktion zukommt (§ 3 Abs. 4 TV EntgO Bund) sowie in den "Allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen" des Teils II, denen für den Arbeiterbereich eine Auffangfunktion zukommt (§ 3 Abs. 3 TV EntgO Bund). Fehlt nun für eine zu bewertende Tätigkeit in der Entgeltordnung ein spezielles Tätigkeitsmerkmal, müssen Sie i. d. R. die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale heranziehen. So hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 16.10.1985[2] zur Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O festgestellt, dass beispielsweise für die Aufgaben

  • Umweltschutz,
  • Überwachung des ruhenden Verkehrs,
  • Verfassungsschutz,
  • Lebensmittelkontrolle,
  • Naturschutz,
  • Sicherheitsmeister (Betriebsschutzbeauftragter),

die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst heranzuziehen sind.

Beachten Sie, dass dieser Rückgriff auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale des Teils I in den Entgeltgruppen 2 bis 12 nicht mehr in Betracht kommt in den Fällen, in denen die Tätigkeit des Beschäftigten keinen unmittelbaren Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der betreffenden Verwaltungsdienststellen, -behörden oder –institutionen hat (§ 3 Abs. 4 Satz 2 TV EntgO Bund). In derartigen Fällen besteht eine Regelungslücke. Es ist zu prüfen, ob es sich um eine unbewusste Tariflücke handelt oder ob die Tarifvertragsparteien bewusst für die Tätigkeit keine Regelung treffen wollten. Bei einer unbewussten Regelungslücke ist eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Auslegung möglich. Bei einer bewussten Regelungslücke hingegen scheidet diese aus.[3] In diesen Fällen ist die Lücke durch Individualvereinbarung zu schließen.

 
Hinweis

Beachten Sie, dass die speziellen Tätigkeitsmerkmale den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnungvorgehen.

Beachten Sie: Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale dürfen auch nicht "hilfsweise" herangezogen werden, wenn die speziellen Tätigkeitsmerkmale eine höhere Eingruppierung nicht mehr vorsehen. So gibt es z. B. spezielle Tätigkeitsmerkmale für Diätassistenten in Teil III Abschn. 21.3 bis zur Entgeltgruppe 9b. Ab Entgeltgruppe 10 sind Tätigkeitsmerkmale Diätassistenten nicht mehr vorgesehen. Es ist nun nicht möglich, eine Eingruppierung nach Teil I EG 10 vorzunehmen mit der Begründung, es handle sich um einen Beschäftigten "im sonstigen Innendienst", dessen Tätigkeit besonders verantwortungsvoll ist und sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung heraushebt.[4]

Bewusste – unbewusste Lücke im Tarifvertrag

Die Tarifvertragsparteien haben mit der Vereinbarung der Entgeltordnung wie zuvor auch schon bei der Vergütungsordnung die Absicht verfolgt, grundsätzlich alle Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes zu erfassen und erschöpfend zu regeln. Angesichts dieses Vollständigkeitsprinzips der Entgeltordnung kann das Vorliegen einer Lücke nur in Ausnahmefällen angenommen werden. Haben die Tarifvertragsparteien einen Tatbestand bedacht, von einer Regelung jedoch abgesehen und somit bewusst eine regelungsbedürftige Frage offengelassen, etwa weil sie sich darüber nicht einigen konnten, so ist im Hinblick auf die Tarifautonomie einer Lückenausfüllung grundsätzlich der Boden entzogen.[5] Die Arbeitsvertragsparteien sind gehalten, diese bewusste Regelungslücke durch individualvertragliche Vereinbarung zu schließen. Eine bewusste Tariflücke liegt z. B. vor bei den Lehrkräften (vgl. § 1 Abs. 2 Buchst. a TV EntgO Bund) oder aber auch in den Fällen, in denen für eine Beschäftigtengruppe spezielle Eingruppierungsnormen nur für bestimmte Entgeltgruppen vereinbart wurden. So endet z. B. die Vergütung für Beschäftigte in Bäderbetrieben bei der Entgeltgruppe 9a.

Liegt eine unbewusste Tariflücke vor, ist diese durch analoge Heranziehung entsprechender spezieller Eingruppierungsnormen auszufüllen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Tarifvertragsparteien die Lücke bei objektiver Betrachtung der wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge im Zeitpunkt des Tarifvertragsabschlusses voraussichtlich geregelt hätten.[6]

Eine unbewusste Tariflücke wurde für den Bereich der Vergütungsordnung z. B. bejaht bei einem Küchenleiter einer Mensa[7], einem Küchenmeister in der Truppenküche[8] oder einem Betreuer für behinderte Kinder in Schulen.[9]

Verneint wurde das Vorliegen einer Lücke z. B. für einen Psychologischen Psychotherapeuten trotz der Neuregelung dieses Berufs im Psychotherapiegesetz vom 16.6.1998, weil die Tätigkeit als solche zuvor den Tarifvertragsparteien bekannt und tariflich bewertet...

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