Das Tätigkeitsmerkmal gründliche und vielseitige Fachkenntnisse ist in den Entgeltgruppen 6, 7, 8, 9a des Teils I der Entgeltordnung vorgesehen.

In der Entgeltgruppe 6 sind Beschäftigte eingruppiert, deren Tätigkeit (nur) gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert. Zusätzliche selbstständige Leistungen sind nicht erforderlich. Das Tätigkeitsmerkmal basiert auf dem inhaltlich unveränderten Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VII Fallgr. 1a mit Aufstieg nach VergGr. VIb Fallgr. 1b des Teil I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O. Auch die Definition ist gegenüber der bisherigen Rechtslage unverändert (Protokollerklärung Nr. 5 des Teils I).

Die Protokollerklärung lautet:

"Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung/des Betriebes, in der/dem der tätig ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Beschäftigten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann."

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG[1] wird bei gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine deutliche Erweiterung der Fachkenntnisse dem Umfang nach gefordert. Der Unterschied zwischen den Tätigkeitsmerkmalen "gründliche Fachkenntnisse" und "gründliche und vielseitige Fachkenntnisse" ist also ausschließlich quantitativ, d. h. der Begriff der gründlichen Fachkenntnisse ist qualitativ, der Begriff der vielseitigen Fachkenntnisse quantitativ bestimmt. Das Tätigkeitsmerkmal "gründlich" setzt danach eine Erweiterung der Fachkenntnisse der Tiefe nach, das Merkmal "vielseitig" eine Erweiterung der Breite nach voraus.[2] Vielseitige Fachkenntnisse liegen vor, wenn der Beschäftigte eine Tätigkeit ausübt, die nähere Kenntnisse mehrerer Gesetze und Verordnungen erfordert. Maßgebend ist also die Menge der zu beachtenden und anzuwendenden Normen und Bestimmungen in Bezug auf das wahrzunehmende Aufgabengebiet.[3] Der Begriff der Vielseitigkeit wird regelmäßig zu bejahen sein, wenn die Aufgaben aus verschiedenen Aufgabenbereichen wahrgenommen werden, sofern jeweils gründliche Fachkenntnisse erforderlich sind. Ist der Aufgabenkreis jedoch so geschaffen, dass nur ein schmaler Ausschnitt im Bereich der Verwaltung, z. B. den Bereich Umzugskosten, zu bearbeiten ist, könnten die erforderlichen Fachkenntnisse möglicherweise nur als gründlich, jedoch nicht als vielseitig anerkannt werden. Ein eng begrenztes Arbeitsgebiet mit etwa nur routinemäßiger Bearbeitung gleichartiger Fälle genügt nicht.[4] Desgleichen liegen im Tarifsinne keine gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse vor, wenn lediglich Angaben in Formblättern auf Vollständigkeit geprüft werden und im Bedarfsfall durch tatsächliche Angaben ergänzt werden.[5]

Die Fachkenntnisse müssen sich nicht notwendigerweise auf Rechtsvorschriften beziehen. Historische, architektonische und fremdsprachliche Kenntnisse, aber auch bautechnische Kenntnisse unterschiedlicher Regelungswerke für die Flächenberechnung, die Ermittlung der Nutzer usw. können ausreichen.[6] Desgleichen kann auch Erfahrungswissen gründliche und vielseitige Fachkenntnisse begründen.

Mit Urteil vom 23.9.2009, 4 AZR 308/08 hat das BAG seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und zusammengefasst. Danach setzen gründliche Fachkenntnisse nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen im Aufgabenkreis des Beschäftigten voraus. Dabei seien Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen. Vielseitige Fachkenntnisse erfordern demgegenüber eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies könnte sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen ergeben. Denkbar sei auch, dass sich der Wissensbereich nur auf einzelnes abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Beschäftigte eingesetzt wird.

 
Wichtig

Das Tätigkeitsmerkmal gründliche und vielseitige Fachkenntnisse gehört zu den Anforderungen nach § 12 Abs. 2 Satz 3 TVöD (Bund), deren Erfüllung i. d. R. erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden kann. Beachten Sie, dass nach der Bewertung der einzelnen Arbeitsvorgänge daher ggf. eine zusammenfassende Gesamtbetrachtung der Arbeitsvorgänge durchzuführen ist.

Beispiele für Tätigkeiten mit gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen sind:

  • Bearbeitung von Urlaubsanträgen für Beamte und Beschäftigte.
  • Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten einschließlich Festsetzung der Geldbuße.
  • Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen.
 
Praxis-Beispiel

Gründliche und vielseitige Fachkenntnisse wurden bejaht

  • bei einem Leiter der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses bei einem Bauverwaltungsamt eines Kreises, der folgende Arbeitsvorgänge zu erledigen hatte:

    • Führung einer Kaufpreissammlung,
    • Zusammenfassung und Auswertung der Kaufpreise zu Bodenrichtwerten,
    • Fertigung von Bodenrichtwertkarten,
    • Vorbereitung und Abwicklung des Gutachterausschusses.[7]
  • bei einem Wohngeld...

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