BAG, Urteil v. 16.1.2018, 7 AZR 21/16

Eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung dagegen nicht.

Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG setzt die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die befristete Beschäftigung in einem Haushaltsplan und die Vergütung des Arbeitnehmers aus diesen Haushaltsmitteln voraus. Die Haushaltsmittel müssen hierbei im Haushaltsplan mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung für eine befristete Beschäftigung ausgebracht sein. Dagegen sind zweckgebundene Fördermittel keine Haushaltsmittel.

Bei der Drittmittelfinanzierung kann es sich um einen sonstigen, in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 8 TzBfG nicht genannten Sachgrund handeln; hierzu reicht jedoch alleine die Ungewissheit über die in Zukunft zur Verfügung stehenden Mittel als Sachgrund für die Befristung nicht aus. Voraussetzung ist jeweils, dass die Mittel von vornherein lediglich für eine genau bestimmte Zeitdauer bewilligt wurden und anschließend wegfallen sollen.

Sachverhalt

Der beklagte Landkreis ist Träger von Berufsschulen. An einem seiner Schulzentren ist seit Jahren für Jugendliche, die ein Berufsausbildungsverhältnis nicht nachweisen, eine 1-jährige Vollzeitschule (Berufsvorbereitungsjahr) eingerichtet, in der sie durch Sozialpädagogen, u. a. auch durch den Kläger, betreut werden. Der Kläger war hier bei dem Beklagten seit dem 2.10.2006 auf der Grundlage von 8 jeweils für die Dauer eines Schuljahrs befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Im zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom August 2013 war u. a. vereinbart, dass vorbehaltlich der Fördermittelzusage durch die Sächsische Bildungsagentur der Kläger für das Schuljahr 2012/2013 befristet in Vollzeit bis zum 31.7.2014 eingestellt werden solle. Als Sachgrund wurde ein vorübergehender Bedarf wegen einer Aufgabe von begrenzter Dauer angegeben: "im Rahmen der Fördermaßnahme der Sächsischen Bildungsagentur D für die sozialpädagogische Betreuung im Berufsvorbereitungsjahr am BSZ Technik und Wirtschaft P, Bewilligungsbescheid für das Schuljahr 2013/2014".

Vor Abschluss dieses Arbeitsvertrags hatte der Freistaat Sachsen dem Beklagten mit Bescheid vom 23.7.2013 – wie auch in den Jahren zuvor – eine Zuwendung zur Durchführung der sozialpädagogischen Betreuung im Berufsvorbereitungsjahr bewilligt. Die Zuwendung wurde in Form der Anteilsfinanzierung i. H. v. 90 % zu den zuwendungsfähigen Personalausgaben als verlorener Zuschuss gewährt. Die Gewährung erfolgte nach Maßgabe der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Gewährung von Zuwendungen für die sozialpädagogische Betreuung im Berufsvorbereitungsjahr (Förderrichtlinie BVJ) vom 4.11.2005. Der Zuwendungsbescheid des Freistaats Sachsen enthielt nach dieser Maßgabe den Hinweis, dass vor Beginn des Bewilligungszeitraumes kein Vertrag abgeschlossen werden dürfe, da sonst die Förderfähigkeit nicht gewährleistet ist sei – VwV-SäHO zu § 44 A 1.3.1.

Der Kläger erhob Klage, mit der er geltend machte, die vereinbarte Befristung zum 31.7.2014 sei unwirksam, da sie nicht sachlich gerechtfertigt sei.

Die Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg.

Das Gericht urteilte zunächst, dass die Befristung nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt sei. Es führte hierzu aus, dass ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vorliege, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend bestehe, was sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitsgebers entstehen könne als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreiche. Voraussetzung sei, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sei, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr bestehe, worüber der Arbeitgeber eine Prognose zu erstellen habe. Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertige die Befristung dagegen nicht; denn dies gehöre zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, welches er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf den Arbeitnehmer abwälzen darf. Eine Projektbefristung erfordere, so das BAG weiter, dass es sich bei dem Projekt um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handele. Dies sei nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen ...

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