Entscheidungsstichwort (Thema)

Beamtenrecht. Absenkung der Eingangsbesoldung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Ausnahmetatbestände des § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG und des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG 1984 von der Absenkung der Eingangsbesoldung sind nicht in der Weise kombinierbar, daß anstelle einer Ernennung zum Beamten bis zum 30. Juni 1985 die Begründung eines hauptberuflichen Angestelltenverhältnisses genügt.

 

Normenkette

HBegleitG Art. 30 Nr. 4 Abs. 1; BBesG § 19a Abs. 2 S. 1; HBegleitG 1984 Art. 30 Nr. 4 Abs. 1; BATBBesG § 19a Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Entscheidung vom 09.01.1989; Aktenzeichen 3 B 88.00759)

VG Regensburg (Entscheidung vom 27.01.1988; Aktenzeichen RN 1 K 87.00791)

 

Tatbestand

Der Kläger leistete im Anschluß an den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife in der Zeit vom 1. Juli 1975 bis 30. September 1976 seinen Grundwehrdienst. Im Wintersemester 1976/77 nahm er das Studium für das Lehramt an Realschulen auf, studierte im Sommersemester 1977 und Wintersemester 1977/78 Betriebswirtschaftslehre und ab Sommersemester 1978 Wirtschaftspädagogik und Politische Wissenschaft (Zweitstudium). Im Wintersemester 1981/ 1982 bestand er die Diplomprüfung für Handelslehrer und legte am 14. Februar 1982 die Anstellungsprüfung für das höhere Lehramt an Kaufmännischen Schulen ab. Nach Ableistung des Vorbereitungsdienstes vom 10. Februar 1982 bis 14. Februar 1984 war er vom 15. Februar 1984 bis 31. Juli 1984 als Aushilfsangestellter des Freistaates Bayern an der Kaufmännischen Berufsschule in Passau und ab 17. September 1984 bis 31. Oktober 1985 aufgrund schriftlicher Arbeitsverträge als Diplom-Handelslehrer an der Städtischen Wirtschaftsschule E. im Angestelltenverhältnis tätig. Mit Wirkung ab 1. November 1985 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat z.A. ernannt. Ab November 1985 erhielt der Kläger zunächst Dienstbezüge nach Besoldungsgruppe A 13; ab März 1986 zahlte die Beklagte gemäß § 19 a BBesG nur noch ein abgesenktes Grundgehalt und forderte gleichzeitig die sich für die Monate Januar und Februar 1986 ergebenden Minderungsbeträge zurück.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gab das Verwaltungsgericht der Klage insoweit statt, als es unter entsprechender Aufhebung des Widerspruchsbescheids die Beklagte verurteilte, DM 688,61 brutto, die von den Dienstbezügen für März 1986 einbehalten worden waren, an den Kläger zu zahlen. Zur Begründung erklärte es die Rückforderung der Dienstbezüge für die Monate Januar und Februar 1986 in der vorgenannten Höhe im Hinblick auf § 12 Abs. 2 BBesG in Verbindung mit § 818 Abs. 3 BGB für rechtswidrig. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wurde im wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Nach § 19 a Abs. 1 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) in der Fassung des Art. 30 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 (HBegleitG 1984) unterliege der Kläger der sog. Besoldungsabsenkung für vier Jahre, weil er am 1. November 1985 zum Beamten des höheren Dienstes ernannt worden sei und mithin erst ab diesem Zeitpunkt einen entsprechenden Besoldungsanspruch erworben habe.

Ein Ausnahmetatbestand sei weder nach § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG in der ab 1. Januar 1984 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Dezember 1984 noch nach Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG 1984 erfüllt. § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG finde auf den Kläger keine Anwendung, weil er jedenfalls erst nach Abschluß des Vorbereitungsdienstes (14. Februar 1984), d.h. nicht vor dem 1. Januar 1984, in einem Angestelltenverhältnis hauptberuflich beschäftigt gewesen sei. Auf die Übergangsvorschrift des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG 1984 könne sich der Kläger deshalb nicht berufen, weil er nicht bis 30. Juni 1985 zum Beamten ernannt worden sei.

Entgegen der vom Vertreter des öffentlichen Interesses mitgeteilten Verwaltungspraxis im Bereich des Freistaats Bayern ließen sich beide Ausnahmetatbestände auch nicht in der Weise kombinieren, daß im Sinn des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG 1984 anstelle einer Ernennung zum Beamten bis 30. Juni 1985 die Begründung eines hauptberuflichen Angestelltenverhältnisses genüge, wenn nur die Kausalität des Grundwehrdienstes für die Nichtaufnahme einer Angestelltentätigkeit bis 31. Dezember 1983 gegeben sei.

Der Kläger hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt und beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom

9. Januar 1989 sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom

27. Januar 1988 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids der

Beklagten vom 26. März 1987 die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Januar

1986 das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 zu zahlen.

Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt im wesentlichen das angefochtene Urteil.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Revisionsverfahren. Sie ist der Auffassung, daß im vorliegenden Fall die strengen Voraussetzungen für eine analoge Anwendung besoldungsrechtlicher Regelungen erfüllt seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß der mit Wirkung vom 1. November 1985 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat z.A. ernannte Kläger unter die Regelung des - zum 1. Januar 1990 außer Kraft getretenen - § 19 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) in der Fassung des Art. 30 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 (HBegleitG) vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I S. 1532) fällt. Denn nach dieser Vorschrift erhielten Beamte, für die - wie beim Kläger - nach dem 31. Dezember 1983 Anspruch auf Dienstbezüge bei einem Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 13 entstand, für die Dauer von vier Jahren nach Entstehung des Anspruchs die Grundgehaltssätze der nächstniedrigeren Besoldungsgruppe (A 12).

Da der Kläger erst mit Wirkung vom 1. November 1985 in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat z.A. ernannt worden ist, erfüllt er nicht die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG 1984. Hiernach fand die Bestimmung des § 19 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG "keine Anwendung für die bis zum 30. Juni 1985 ernannten Beamten, ..., die Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet haben, sofern die Ernennung wegen des Grundwehrdienstes oder Zivildienstes nicht bis zum 31. Dezember 1983 erfolgten konnte".

Ferner war der Ausnahmetatbestand des § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG in der ab 1. Januar 1984 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1710) nicht erfüllt; denn nach dieser Vorschrift entfiel die Absenkung der Eingangsbesoldung für Beamte, "die bis zur Entstehung des Anspruchs auf Dienstbezüge in einem vor dem 1. Januar 1984 begründeten hauptberuflichen Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst gestanden haben". Der Kläger war jedenfalls erst nach dem Abschluß seines Vorbereitungsdienstes (14. Februar 1984), also nicht v o r dem 1. Januar 1984 in einem Angestelltenverhältnis hauptberuflich tätig.

Entgegen der Auffassung der Revision (der sich auch der Vertreter des öffentlichen Interesses anschließt) lassen sich die beiden Ausnahmetatbestände des § 19 a Abs. 2 BBesG und des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG 1984 nicht in der Weise kombinieren, daß im Sinne des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG 1984 anstelle einer Ernennung zum Beamten bis 30. Juni 1985 die Begründung eines hauptberuflichen Angestelltenverhältnisses genügt, wenn nur die Kausalität des Grundwehrdienstes für die Nichtaufnahme einer Angestelltentätigkeit bis 31. Dezember 1983 gegeben ist. Die Auffassung der Revision entspräche im Ergebnis einer analogen Anwendung des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG 1984 im Rahmen des § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG. Diese Auslegung bedeutete im Ergebnis, daß der in Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG festgelegte Stichtag (Ernennung bis zum 30. Juni 1985) insoweit außer Kraft gesetzt würde.

Diese Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG durch entsprechende Anwendung im Rahmen des § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG widerspricht der Natur des geltenden Besoldungsrechts, die jedenfalls einer ausdehnenden Auslegung enge Grenzen zieht. Es regelt grundsätzlich die Höhe der einzelnen Bezüge, ihre Errechnung und Festsetzung in einer materiell aufs äußerste differenzierten und verfeinerten Weise durch formelle und zwingende Vorschriften stark kasuistischen Inhalts. Eine Regelung dieser Art ist nach dem darin erkennbaren Willen des Gesetzgebers einer ausdehnenden Auslegung und Ergänzung der ausdrücklichen Regeln durch allgemeine Grundsätze nicht zugänglich (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 10. Februar 1983 - BVerwG 2 C 43.81 - ≪Buchholz 235 § 42 Nr. 4 *= ZBR 1983, 232≫ sowie vom 15. März 1984 - BVerwG 2 C 44 und 45.81 - ≪Buchholz 235 § 18 Nr. 23 und ZBR 1984, 304≫, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das gilt gerade auch für die hier streitige zeitweilige Absenkung der Eingangsbesoldung nebst Übergangs- und Ausnahmeregelungen.

Der erst durch Art. 3 Nr. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1710) in § 19 a neu eingefügte Absatz 2 regelt lediglich, daß die Absenkung der Eingangsbesoldung für Beamte entfällt, "die bis zur Entstehung des Anspruchs auf Dienstbezüge in einem vor dem 1. Januar 1984 begründeten hauptberuflichen Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst ... gestanden haben". Da der Gesetzgeber bei der nachträglichen Einfügung des § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG die Regelung des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG kannte, hätte er, wenn er die wehrdienstbedingte Verzögerung auch in § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG hätte aufnehmen wollen und eine Erstreckung dieser Übergangsvorschrift auch auf die bis zum 30. Juni 1985 eingestellten hauptberuflich tätigen Angestellten im öffentlichen Dienst hätte ausdehnen wollen, dies im Gesetzestext ausdrücklich regeln müssen. Jedenfalls kann darin im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG keine Regelungslücke gesehen werden, die eine analoge Anwendung des Art. 30 Nr. 4 Abs. 1 HBegleitG für die Auslegung des § 19 a Abs. 2 Satz 1 BBesG rechtfertigen könnte. Der Gesetzgeber ist im Rahmen seines Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht gehindert, bei der besoldungsrechtlichen Regelung verschiedener Fallgruppen unterschiedlichen besoldungspolitischen Erwägungen zu folgen und verschiedene - sachliche - Anknüpfungsmerkmale zu wählen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 13. November 1986 - BVerwG 2 A 2.85 - ≪Buchholz 235 § 19 a Nr. 2 *= DVBl. 1987, 419 *= ZBR 1987, 156≫ mit weiteren Nachweisen). Wenn er also die generelle Regelung der Absenkung der Eingangsbesoldung nach § 19 a Abs. 1 Satz 1 BBesG für die Beamten, für die nach dem 31. Dezember 1983 Anspruch auf Dienstbezüge entstanden ist, insoweit aufgehoben hat, daß ein v o r dem 1. Januar 1984 begründetes hauptberufliches Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst so behandelt wird, als sei der Anspruch auf beamtenrechtliche Dienstbezüge schon mit Begründung des Angestelltenverhältnisses entstanden, so lag dies innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums. Der Gesetzgeber wollte und hat lediglich für den zeitlichen Beginn der Absenkungsregelung (1. Januar 1984) die Entlohnung aus Tarifrecht und die Besoldung aus Beamtenrecht gleichgestellt. Der davon unabhängige Regelungsgehalt der wehrdienstbedingten Verzögerung der Einstellung als B e a m t e r bis zum 30. Juni 1985 hat der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht in die Regelung des neugeschaffenen § 19 a Abs. 2 BBesG übernommen. Es ist nicht willkürlich, wenn er die wehrdienstbedingte Verzögerung nur bei der Einstellung als B e a m t e r und nur dann berücksichtigt hat, wenn diese bis zum 30. Juni 1985 erfolgt ist. Im Hinblick auf Art. 3 GG ist es in diesem Zusammenhang unmaßgeblich, ob der Gesetzgeber bei Einfügung des § 19 a Abs. 2 BBesG eine im Sinne der Revision erstrebte Regelung hätte treffen können. Es kommt in diesem Zusammenhang nämlich nicht darauf an, ob er im einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfGE 3, 162 ≪182≫; BVerwGE 3, 145; Beschluß vom 12. August 1982 - BVerwG 2 B 26.81 - ≪Buchholz 235 § 35 Nr. 1≫).

 

Fundstellen

Buchholz 240 § 19a BBesG, Nr 10 (LT)

NVwZ-RR 1990, 586 (L)

ZTR 1990, 356 (L)

DVBl 1990, 872-873 (LT)

PersR 1990, 500 (K)

RiA 1991, 88-89 (LT)

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