Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretungsrecht. Unterrichtungsanspruch der Personalvertretung bei Schwangerschaft von Dienstkräften. Gegenstand und Grenzen des Unterrichtungsanspruchs der Personalvertretung insbesondere bei Schwangerschaft von Dienstkräften

 

Leitsatz (amtlich)

Der Personalrat kann von der Dienststelle nicht verlangen, über die Schwangerschaft von Mitarbeiterinnen unterrichtet zu werden, die hierzu nicht ihre Einwilligung erteilt haben.

 

Normenkette

BPersVG § 68 Abs. 2 S. 1; Rh-Pf. LPersVG § 68 Abs. 1 S. 1 Buchst. b, Abs. 2 S. 1, § 78 Abs. 1; RsprEinhG § 2

 

Verfahrensgang

OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 06.10.1987; Aktenzeichen 5 A 18/87)

VG Mainz (Beschluss vom 28.04.1987; Aktenzeichen 5 K 36/85)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 6. Oktober 1987 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Personalrat des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Antragsteller, bat im Juli 1985 den Verwaltungsdirektor des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität, den Beteiligten zu 2), ihm eine Liste mit den Namen aller zu diesem Zeitpunkt schwangeren Mitarbeiterinnen zu übermitteln und diese monatlich fortzuschreiben, um die Einhaltung der Vorschriften des Mutterschutzgesetzes überwachen zu können. Dies lehnte der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Beteiligte zu 1), unter Hinweis auf Persönlichkeits- und Datenschutzgründe ab.

Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,

festzustellen, daß der Beteiligte zu 1) verpflichtet ist, ihm die im Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz beschäftigten schwangeren Mitarbeiterinnen nach Kenntnisnahme ihrer Schwangerschaft namentlich und unter Angabe ihres Arbeitsplatzes mitzuteilen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag dahingehend ausgelegt, daß die Feststellung nur hinsichtlich der schwangeren Mitarbeiterinnen zu treffen sei, die ihre Einwilligung zur Unterrichtung des Antragstellers nicht erteilt haben, und hat den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers gegen diesen Beschluß blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Beschwerdegericht im wesentlichen ausgeführt: Der Beteiligte zu 1) sei nicht verpflichtet, dem Antragsteller die Schwangerschaft von Mitarbeiterinnen des Klinikums mitzuteilen, wenn diese nicht damit einverstanden seien. Der Vertreter des Beteiligten zu 1) habe ausdrücklich die Bereitschaft der Dienststelle erklärt, dem Antragsteller bei Einwilligung der Mitarbeiterinnen von deren Schwangerschaft Mitteilung zu machen. Dem Personalrat stehe aufgrund der Bestimmungen des § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 Landespersonalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz – LPersVG – kein allumfassendes Informationsrecht zu, um dadurch eine allgemeine Kontrolle der Dienststelle vorzunehmen. Die Vorlage von Unterlagen müsse ebenso wie die Information in untrennbarer Beziehung zu den Aufgaben des Personalrates und ihrer Wahrnehmung stehen, d.h. zur Erledigung einer bestimmten und konkreten Aufgabe erforderlich sein. Die Aufgaben, auf die sich der Antragsteller hier berufe, seien allgemeiner Natur, nämlich gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LPersVG darüber zu wachen, daß u.a. die zugunsten der Mitarbeiter geltenden Gesetze, zu denen auch das Mutterschutzgesetz als Arbeitsschutzgesetz für werdende und stillende Mütter zu zählen sei, durchgeführt würden. Auch in diesem Bereich bedürfe es jedoch eines sachlich berechtigten Anlasses zur Begründung eines entsprechenden Informationsanspruches, für den der bloße Hinweis auf die allgemeinen Überwachungsaufgaben nicht ausreiche. Die Erforderlichkeit als Voraussetzung des in Rede stehenden Informationsrechts der Personalvertretung gewinne überdies eine besondere Bedeutung, wenn es um persönliche Daten von Mitarbeitern, insbesondere aus der sogenannten Intimsphäre, gehe. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete es, in diesem Fall an die Erforderlichkeit der Unterrichtung, d.h. den sachlich berechtigten Anlaß für das Informationsbegehren, strenge Anforderungen zu stellen, um die Zulässigkeit eines solchen Eingriffs in das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren auf besonders gelagerte Fälle beschränken zu können. Nach alledem könne der Personalrat eine laufende Unterrichtung über alle Schwangerschaften in der Dienststelle grundsätzlich nicht fordern. Sein Wunsch, überprüfen zu können, ob bei den unter das Mutterschutzgesetz fallenden Mitarbeiterinnen den Vorschriften entsprechend verfahren werde, reiche nicht aus, um einen sachlich berechtigten Anlaß zur Begründung des Informationsbegehrens darzutun.

Mit seiner vom Beschwerdegericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Antragsteller im wesentlichen gegen die Auffassung des Beschwerdegerichts, daß er aufgrund der ihm mitgeteilten Namen der schwangeren Mitarbeiterinnen beabsichtige, eine allgemeine Kontrolle der Dienststelle vorzunehmen, und daß dies nicht zur Erledigung einer bestimmten und konkreten Aufgabe erforderlich sei. Er wolle keinen allgemeinen Informationsanspruch geltend machen; sein Anliegen sei es, aufgrund der ihm gegebenen Information die einzelne Mitarbeiterin unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse an ihrem Arbeitsplatz auf ihre Rechte hinzuweisen und zu gewährleisten, daß sowohl sie als auch die Dienststelle gegebenenfalls auf eine eventuelle Verletzung mutterschutzrechtlicher Bestimmungen aufmerksam würden. Der Informationsanspruch dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, daß zuvor die Besorgnis einer Rechtsverletzung dargelegt werde, da die Information die Personalvertretung überhaupt erst in den Stand setzen solle, ein Überwachungsrecht wahrzunehmen. Daß die Mitteilung der Schwangerschaft nicht der Einwilligung der betroffenen Mitarbeiterin bedürfe, folge auch aus der Natur der für Schwangere geltenden Schutzvorschriften und aus der Vorschrift des § 78 Abs. 1 letzter Halbsatz LPersVG, wonach der Personalrat sich für die Durchführung der Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung einzusetzen habe; diese Aufgabe könne er aber nicht hinsichtlich der für Schwangere geltenden Arbeitsschutzvorschriften wahrnehmen, solange er von der Schwangerschaft keine Kenntnis habe. Auch soweit die Vorentscheidungen eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Schwangeren bei Mitteilung der Schwangerschaft an den Personalrat annähmen, überzeuge das nicht. Er könne seine Pflicht, die Einhaltung der zugunsten der schwangeren Mitarbeiterinnen geltenden Gesetze und Verordnungen zu überwachen, auch nicht in allgemeiner Form wahrnehmen, z.B. durch die Veröffentlichung der einschlägigen Bestimmungen am Schwarzen Brett oder in Informationsschriften, denn die oft in niedrigen Lohngruppen tätigen weiblichen Arbeitnehmerinnen seien nicht in der Lage, rechtliche Regelungen auf ihre eigene konkrete Situation zu übertragen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 6. Oktober 1987 sowie des Verwaltungsgerichts Mainz – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 28. April 1987 zu ändern und festzustellen, daß der Beteiligte zu 1) verpflichtet ist, ihm die im Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz beschäftigten schwangeren Mitarbeiterinnen nach Kenntnisnahme ihrer Schwangerschaft namentlich und unter Angabe ihres Arbeitsplatzes mitzuteilen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den angefochtenen Beschluß und treten den Ausführungen der Rechtsbeschwerde entgegen.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er tritt dem angefochtenen Beschluß im Ergebnis und weitgehend auch in den Gründen bei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig. Dabei ist sein Antrag aufgrund seines Vorbringens gemäß § 114 Abs. 2 Personalvertretungsgesetz für Rheinland-Pfalz vom 5. Juli 1977 (GVBl. S. 213) – LPersVG – in Verbindung mit § 81 Arbeitsgerichtsgesetz i.d.F. vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853) – ArbGG – dahingehend auszulegen (vgl. Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 81 Rdnr. 5 m.w.N.), daß er die Feststellung nur hinsichtlich der schwangeren Mitarbeiterinnen begehrt, die ihre Einwilligung zur Mitteilung ihrer Schwangerschaft an den Personalrat nicht erteilt haben. Nur diese Frage ist im Streit, wie schon das Beschwerdegericht zutreffend festgestellt hat. Die Rechtsbeschwerde hat dem nicht widersprochen.

Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluß zu Recht zurückgewiesen. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine laufende Unterrichtung über die beim Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität beschäftigten schwangeren Mitarbeiterinnen, die ihre Einwilligung zu seiner Unterrichtung nicht erteilt haben.

Der rechtlichen Prüfung des Antragsbegehrens ist § 68 Abs. 2 Satz 1 LPersVG zugrunde zu legen; nach dieser Vorschrift ist der Personalrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Das Beschwerdegericht hat zu Recht entschieden, daß es für die Begründung eines Informationsanspruches des Personalrats gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 LPersVG im Zusammenhang mit seiner allgemeinen Aufgabe, gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LPersVG darüber zu wachen, daß u.a. die zugunsten der Mitarbeiter geltenden Gesetze, zu denen auch das Mutterschutzgesetz gehört, durchgeführt werden, der Darlegung eines sachlich berechtigten Anlasses bedarf und daß der Antragsteller einen solchen Anlaß nicht dargelegt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG, der dem § 68 Abs. 2 Satz 1 LPersVG inhaltlich entspricht, steht der Personalvertretung kein allumfassendes Informationsrecht zu, um dadurch eine allgemeine Kontrolle der Tätigkeit der Dienststelle vorzunehmen; denn die Personalvertretung ist kein Kontrollorgan, dem es obliegt, die Aufgabenerfüllung und den inneren Betrieb der Dienststelle allgemein zu überwachen (vgl. Beschluß vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – ≪Buchholz 238.3 A § 67 BPersVG Nr. 5 = PersR 1985, 124≫ und Beschluß vom 21. September 1984 – BVerwG 6 P 24.83 – ≪Buchholz 238.3 A § 68 BPersVG Nr. 5 = ZBR 1985, 58≫). Ein Informationsanspruch der Personalvertretung besteht nur insoweit, als sie Auskünfte von seiten der Dienststelle benötigt, um die ihr obliegenden allgemeinen Aufgaben erfüllen und ihre Beteiligungsrechte uneingeschränkt wahrnehmen zu können. Das in § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG geregelte Unterrichtungsrecht setzt also voraus, daß die Personalvertretung eine Aufgabe zu erfüllen hat, die es erfordert, sie über einen bestimmten Sachverhalt zu unterrichten (vgl. Beschluß vom 21. Februar 1980 – BVerwG 6 P 77.78 – ≪Buchholz 238.3 A § 68 BPersVG Nr. 2 = PersV 1980, 278≫). Die Information nach Satz 1 muß ebenso wie die Vorlage von Unterlagen in untrennbarer Beziehung zu den Aufgaben der Personalvertretung und ihrer Wahrnehmung stehen, d.h. zur Erledigung einer bestimmten und konkreten Aufgabe erforderlich sein (vgl. Beschluß vom 11. Februar 1981 – BVerwG 6 P 44.79 – ≪BVerwGE 61, 325 = PersV 1981, 320≫). Dies gilt grundsätzlich auch im Bereich der allgemeinen Überwachungsaufgaben gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LPersVG. Auch hier muß dem Verlangen nach Information ein konkreter Bezug zu einer vom Personalrat zu erfüllenden bestimmten Aufgabe zugrunde liegen; deshalb reicht allein der Hinweis auf allgemeine Überwachungsaufgaben zur Begründung eines Informationsanspruches nicht aus. Ein genereller abstrakter Informationsanspruch unabhängig von einem bestimmten Anlaß und ohne Bezug zu einer konkreten Aufgabe würde dem Personalrat allgemeine Aufsichtsbefugnisse hinsichtlich der Durchführung der in § 68 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b genannten Regelungen geben und ihn in die Nähe eines allgemeinen Kontrollorgans der Dienststelle rücken. Ein solches allgemeines Kontrollrecht rechtfertigt sich aber weder aus der Stellung der Personalvertretung noch aus ihrem Auftrag (vgl. Beschluß vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – ≪a.a.O.≫). Vielmehr muß auch aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, der gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Offenheit verlangt, gefolgert werden, daß die Personalvertretung auch in diesem Bereich einen Informationsanspruch nur bei Vorliegen eines bestimmten, sachlich gerechtfertigten Anlasses hat und sie den Dienststellenleiter über diesen Anlaß unterrichten muß.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird auch in dem Beschluß des Senats vom 27. Februar 1985 – BVerwG 6 P 9.84 – (a.a.O.) der Personalvertretung ein genereller, abstrakter Informationsanspruch oder ein Recht, Daten für ein künftiges Tätigwerden zu sammeln und vorzuhalten, nicht zugestanden. In diesem Beschluß hat der Senat entschieden, daß der Personalvertretung im Hinblick auf ihre konkrete Aufgabe, auf die Einhaltung einheitlicher Maßstäbe bei der Entlohnung bzw. Vergütung der Beschäftigten zu achten, um sachlich nicht gerechtfertigte Unterschiede in der Gestaltung des Arbeitsverdienstes zu vermeiden, die Bruttolohn- und Gehaltslisten vorzulegen seien, ohne daß zuvor die Besorgnis einer Rechtsverletzung darzulegen sei. Die Vorlage dieser Listen wurde in diesem Fall für erforderlich gehalten, um die Personalvertretung überhaupt in den Stand zu setzen, ihr diesbezügliches Überwachungsrecht wahrzunehmen. Die hierfür gegebene Begründung, die Personalvertretung benötige über “Einzelinformationen hinaus den Überblick über alle die beschriebenen Belange” – nämlich die gemeinsamen rechtlichen und sozialen Belange aller Beschäftigten sowie der Gruppen und letztlich auch der einzelnen Beschäftigten untereinander – “berührenden Fakten und Vorhaben, um Rechtsverstößen und Unbilligkeiten nach Möglichkeit bereits im Vorfeld entgegenwirken zu können”, bezieht sich – wie sich aus dem Zusammenhang der Gründe des Beschlusses ergibt – ebenfalls auf eine zu erfüllende konkrete Aufgabe der Personalvertretung. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Personalvertretung nur in Einzelfällen tätig werden darf.

Nach allem ist auch im Zusammenhang mit der allgemeinen Aufgabe, gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LPersVG darüber zu wachen, daß u.a. die zugunsten der Mitarbeiter geltenden Gesetze durchgeführt werden, den Informationsanspruch von einem Anlaß abhängig zu machen, der ein Tätigwerden der Personalvertretung erforderlich macht (vgl. Dietz, Anm. zu BAG, Beschluß vom 27. Februar 1968 – 1 ABR 6/67 – ≪AP Nr. 1 zu § 58 BetrVG≫; Meisel/Sowka, Mutterschutz, 3. Aufl., § 5 Rdnr. 17; Bitter, BB 1969, S. 45). Allerdings wird ein Informationsanspruch hier nicht erst dann zu bejahen sein, wenn zuvor die Besorgnis einer Rechtsverletzung dargelegt wird; denn gerade im Bereich des Mutterschutzes muß der Personalrat auch dann tätig werden können, wenn die schwangere Mitarbeiterin sich unmittelbar an ihn wendet, um überprüfen zu lassen, ob die Dienststelle ihr gegenüber die mutterschutzrechtlichen Bestimmungen einhält. Aufgrund eines sachlich berechtigten Anlasses kann es auch erforderlich werden, Überwachungsaufgaben nicht nur in Einzelfällen, sondern hinsichtlich aller in der Dienststelle beschäftigten schwangeren Mitarbeiterinnen wahrzunehmen und einen entsprechenden Informationsanspruch geltend zu machen. Einen solchen sachlich berechtigten Anlaß hat der Antragsteller indessen nicht vorgebracht. In den Fällen, in denen zur Ermöglichung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung eine Unterrichtung der Personalvertretung auch ohne oder gegen den Willen der schwangeren Mitarbeiterin erforderlich wird, wird jedoch zu beachten sein, daß eine Weitergabe persönlicher Daten und Lebenssachverhalte, insbesondere aus der Intim- bzw. Privatsphäre – wie z.B. das Bestehen einer Schwangerschaft –, ohne Einwilligung der betroffenen Mitarbeiterinnen eine Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten der Betroffenen bedeutet (vgl. BAG, Beschluß vom 27. Februar 1968 – 1 ABR 6/67 – ≪a.a.O.≫). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt es hier, an den im Rahmen der Erforderlichkeit der Unterrichtung zu fordernden sachlich berechtigten Anlaß für das Informationsbegehren strenge Anforderungen zu stellen, um die Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten auf eine entsprechend gewichtige Veranlassung beschränken zu können, wie auch das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat.

Ebenso ist die Geltendmachung des Informationsanspruchs des Personalrats gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 LPersVG im Zusammenhang mit seiner Aufgabe, sich gemäß § 78 Abs. 1 LPersVG für die Durchführung der Vorschriften über den Arbeitsschutz, zu denen auch das Mutterschutzgesetz gehört, einzusetzen, aus den oben dargelegten Gründen von einem sachlich berechtigten Anlaß abhängig zu machen; wegen des Grundsatzes, daß der Personalrat nicht zu einem allgemeinen Kontrollorgan der Dienststelle werden darf, sind hier an den sachlich berechtigten Anlaß keine geringeren Anforderungen zu stellen als an den Anlaß zur Begründung eines Informationsanspruches im Zusammenhang mit den allgemeinen Aufgaben des Personalrats gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LPersVG.

Zu Recht hat das Beschwerdegericht weiterhin entschieden, daß der Antragsteller einen Anlaß im oben dargelegten Sinn für sein Antragsbegehren nicht vorgetragen hat, so daß er eine laufende Unterrichtung über alle in der Dienststelle beschäftigten schwangeren Mitarbeiterinnen – insbesondere über die, die ihre Einwilligung zu der Unterrichtung nicht erteilt haben – nicht verlangen kann. Sein Anliegen, aufgrund der ihm gegebenen Information bei der einzelnen Mitarbeiterin die Einhaltung der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen überprüfen und gegebenenfalls sowohl die Mitarbeiterin als auch die Dienststelle auf eine Verletzung dieser Bestimmungen aufmerksam machen zu wollen, reicht nicht aus, um einen solchen Anlaß zur Begründung des Informationsanspruches darzulegen. Um festzustellen, ob im Einzelfall mutterschutzrechtliche Bestimmungen verletzt sind, müßte der Antragsteller nämlich zunächst am Arbeitsplatz jeder ihm mitgeteilten schwangeren Mitarbeiterin überprüfen, ob die entsprechenden Schutzbestimmungen eingehalten werden; dies würde ihm im Ergebnis ein allgemeines Kontrollrecht hinsichtlich der Einhaltung der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen durch die Dienststelle geben, welches ihm nicht zusteht. Im übrigen hat das Beschwerdegericht zutreffend darauf hingewiesen, daß es dem Personalrat unbenommen bleibt, in anderer Weise, z.B. durch regelmäßige Mitteilungen an die weiblichen Beschäftigten und ein entsprechendes Beratungsangebot, dafür zu sorgen, daß die Mutterschutzbestimmungen in Anspruch genommen und beachtet werden.

Mit seiner dargelegten Auffassung weicht der Senat nicht im Sinne des § 2 RsprEinhG von der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in seinem Beschluß vom 27. Februar 1968 – 1 ABR 6/67 – (a.a.O.) ab. Dort hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, daß der Arbeitgeber eine generelle Pflicht gegenüber dem Betriebsrat hat, diesem alle Schwangerschaftsfälle im Betrieb mitzuteilen. Grundlage dieser Entscheidung war neben der Vorschrift des § 54 Abs. 1 Buchst. b Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 (BGBl. I S. 681) – BetrVG 1952 –, die mit der entsprechenden Vorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b LPersVG im wesentlichen übereinstimmte, maßgeblich die Vorschrift des § 58 Abs. 1 BetrVG 1952. Diese ging aber sowohl im Wortlaut als auch im Regelungsgehalt (vgl. dazu Beschluß des Gemeinsamen Senats vom 12. März 1987 – GmS – OGB 6/86 – ≪BVerwGE 77, 370, 373≫) über die entsprechende, hier einschlägige Vorschrift des § 78 Abs. 1 LPersVG hinaus, indem sie in ihrem ersten Teilsatz zusätzlich bestimmte, daß “der Betriebsrat auf die Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren zu achten” hat.

Nach alledem muß der Rechtsbeschwerde der Erfolg versagt bleiben.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Ernst, Dr. Seibert, Albers, Dr. Vogelgesang

 

Fundstellen

Haufe-Index 893656

ZBR 1991, 58

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