Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalratswahl. Zahl der Personalratsmitglieder. Beschäftigteneigenschaft. geringfügig Beschäftigte. Eingliederung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Zuerkennung der Beschäftigteneigenschaft im personalvertretungsrechtlichen Sinn reicht es aus, daß die Tätigkeit in der Dienststelle nicht bloß vorübergehend und geringfügig ist, d.h. über mehr als zwei Monate ausgeübt werden soll.

2. Der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit und die Höhe des Entgelts für diese Tätigkeit sind für die Zuerkennung der Beschäftigteneigenschaft grundsätzlich ohne Belang.

 

Normenkette

BaWüPersVG §§ 4, 11 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 14 Abs. 3; SGB IV § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 18

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 07.09.1993; Aktenzeichen PL 15 S 1493/93)

VG Sigmaringen (Entscheidung vom 01.03.1993; Aktenzeichen P 22 K 6/92)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 7. September 1993 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der antragstellende Verwaltungsleiter des Behindertenheims R. ficht die am 26. November 1992 durchgeführte Personalratswahl des Behindertenheims an.

Beim Behindertenheim R. fand am 26. November 1992 die Wahl des Personalrats statt. Nach der Auflage des Wählerverzeichnisses erhob der Antragsteller Einspruch gegen die Aufnahme von 16 namentlich benannten Personen in das Wählerverzeichnis. Es handelte sich hierbei um drei Arbeiterinnen, die regelmäßig montags bis freitags jeweils abends für 1,5 Stunden in der Küche des Behindertenheims arbeiteten, und 13 Angestellte, die als Aushilfskräfte im Pflegebereich tätig waren. Letztere hatten keine regelmäßigen Dienststunden. Ihr Einsatz erfolgte jeweils nach monatlicher Absprache mit der Pflegedienstleiterin. Das Ergebnis der Absprache wurde monatlich im voraus im Dienstplan festgehalten. Die Art ihrer Tätigkeit entsprach derjenigen der Vollzeitkräfte.

Der Antragsteller begründete seinen Einspruch damit, diese Personen übten innerhalb der Dienststelle keine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aus. Sie seien außerdem keine „in der Regel” Beschäftigte. Sie zählten folglich nicht zum Kreis der wahlberechtigten Beschäftigten. Der Wahlvorstand lehnte den Einspruch ab.

Der Antragsteller hat die am 26. November 1992 durchgeführte Wahl angefochten und beantragt, die Wahl für ungültig zu erklären. Zur Begründung hat er angeführt, in den Personalrat seien fälschlich neun statt sieben Personalratsmitglieder gewählt worden, weil die 16 geringfügig beschäftigten Arbeitnehmerinnen bei der Ermittlung der Zahl der Wahlberechtigten nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die dagegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers mit im wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen:

Der Wahlvorstand habe bei der nach § 14 Abs. 3 BaWüPersVG vorzunehmenden Berechnung der Zahl der In-der-Regel-Beschäftigten zutreffend die 16 Arbeitskräfte einbezogen. Sie seien Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinne, weil sie in die Dienststelle eingegliedert seien. Alle 16 Arbeitskräfte hätten im Behindertenheim auf Dauer angelegte Beschäftigungsverhältnisse, die zeitlich nicht begrenzt seien. Die Lage der Arbeitszeit der drei als Arbeiterinnen tätigen Küchenkräfte sei im voraus verbindlich festgesetzt, da sie montags bis freitags abends für 1,5 Stunden in der Küche des Behindertenheims eingesetzt würden. Auch die dreizehn als Angestellte im Pflegebereich Tätigen würden fortlaufend als Pflegekräfte eingesetzt. Ihre Tätigkeit werde allenfalls durch Urlaub oder Krankheit (mit Lohnfortzahlung) unterbrochen. Sie seien üblicherweise in der Woche jeweils für einen Halbtag als Pflegekräfte für Tätigkeiten eingesetzt, wie sie auch von Vollzeitkräften wahrgenommen würden. Sie würden in den monatlich im voraus erstellten Dienstplan aufgenommen, so daß sie stets in Bindung an die Dienststelle arbeiteten. Zwar werde die Sozialversicherungsgrenze des § 8 SGB IV unterschritten, doch sei dies nicht der typische Fall der Wahrnehmung nebenberuflicher Tätigkeiten neben einem Hauptberuf, bei denen die Beschäftigteneigenschaft zu verneinen sei, weil ihnen das Merkmal der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit fehle. Vorliegend sei deshalb die Beschäftigteneigenschaft zu bejahen, denn die in Rede stehenden Tätigkeiten der 16 Arbeitnehmerinnen würden nicht nebenberuflich wahrgenommen, sondern sie würden neben einer Hausfrauentätigkeit ausgeübt.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

Er ist der Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht bei den fraglichen 16 Arbeitnehmerinnen angenommen, daß es sich um Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinne handele. Von einer gleichförmigen und dauernden regelmäßigen Tätigkeit könne nur bei den drei Kräften gesprochen werden, die abends für 1,5 Stunden pro Wochentag Küchendienst leisteten. Die im Pflegebereich tätigen 13 Arbeitnehmerinnen seien ohne schriftlichen Arbeitsvertrag nur unregelmäßig tätig. Ihr Einsatz erfolge nach Absprache mit der Pflegedienstleiterin und nur mit ihrem Einverständnis zu bestimmten Zeiten. Gegen ihren Willen könnten sie dienstplanmäßig nicht zur Arbeit zugeteilt werden. Es bleibe ihnen unbenommen, die Beziehungen zum Behindertenheim dadurch zu beenden, daß sie für eine weitere Tätigkeit nach eigenem Entschluß nicht mehr zur Verfügung stünden. Aber auch bei einem dauerhaften Einsatz könne ihnen die Beschäftigteneigenschaft nicht zuerkannt werden. Es handele sich hierbei um eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht der Mitbestimmung unterliege.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. September 1993 – Fachsenat für Personalvertretungssachen – aufzuheben, den Beschluß des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. März 1993 – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – abzuändern und festzustellen, daß die am 26. November 1992 durchgeführte Wahl zum örtlichen Personalrat des Behindertenheims Reutlingen ungültig ist.

Der Beteiligte beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß. Die Beschäftigteneigenschaft der 16 Arbeitnehmerinnen sei zu bejahen, weil sie gegenüber dem Dienststellenleiter weisungsgebunden seien und weil sie regelmäßige Arbeit leisteten. Regelmäßig sei ihre Tätigkeit deshalb, weil sie, wenn auch zu unterschiedlichen Tageszeiten und in unterschiedlichem Umfang, aber kontinuierlich durchgeführt werde. Sie verrichteten auch wirtschaftlich abhängige Arbeit und seien sozial schutzbedürftig. Sie seien arbeitsrechtlich im Hinblick auf Weisungsgebundenheit und Bezahlung während Urlaub und Krankheit in gleicher Weise wie sozialversicherungspflichtig Beschäftigte rechtlich abgesichert. Das Kündigungsschutzgesetz gelte gleichfalls für sie.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er ist wie der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß die 16 Arbeitskräfte Beschäftigte im Sinne des § 4 BaWüPersVG seien, weil von einer persönlichen und bedeutsamen sozialen Eingliederung in die Dienststelle auszugehen sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht der Anfechtung der Personalratswahl vom 26. November 1992 durch den Antragsteller nicht stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend dargelegt, daß die Wahl ordnungsgemäß durchgeführt worden ist und daß die Rüge des Antragstellers, es hätten nur sieben statt neun Personalratsmitglieder gewählt werden dürfen, nicht durchgreift.

Seine Auffassung, die Wahl der neun Personalratsmitglieder sei ordnungsgemäß erfolgt, hat der Verwaltungsgerichtshof auf § 14 Abs. 3 BaWüPersVG gestützt. Danach besteht der Personalrat bei 301 bis 600 Beschäftigten aus neun und bei 151 bis 300 Beschäftigten aus sieben Mitgliedern. Die Voraussetzungen für die Wahl von neun Personalratsmitgliedern sieht der Verwaltungsgerichtshof als gegeben an, weil am Wahltag in der Dienststelle 306 wahlberechtigte Beschäftigte gewesen seien (235 Angestellte und 71 Arbeiter). Darin sind allerdings auch die 16 Arbeitnehmerinnen enthalten, deren Wahlberechtigung der Antragsteller in Frage stellt. Würden sie nicht bei der Berechnung der Zahl der Wahlberechtigten mitberücksichtigt, so müßte die Wahlanfechtung des Antragstellers Erfolg haben. Dann würde die Zahl der Wahlberechtigten auf 290 sinken mit der Folge, daß der Personalrat des Behindertenheims gemäß § 14 Abs. 3 BaWüPersVG nur aus sieben Mitgliedern bestehen dürfte. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber zu Recht entschieden, daß die fraglichen 16 Personen wahlberechtigte Beschäftigte der Dienststelle waren und folglich gemäß § 14 Abs. 3 BaWüPersVG mitgezählt werden mußten.

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BaWüPersVG sind wahlberechtigt alle Beschäftigten, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, es sei denn, daß sie infolge Richterspruchs das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, nicht besitzen. Beschäftigter im Sinne des § 4 BaWüPersVG ist die Person, die aufgrund einer Einstellung in die Dienststelle eingegliedert worden ist. Die Eingliederung von Arbeitnehmern erfolgt regelmäßig durch den Abschluß eines Arbeitsvertrages und wird durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme der vorgesehenen Tätigkeit bewirkt. Sie setzt aber in rechtlicher Hinsicht nicht notwendig einen rechtwirksamen Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten voraus. Ein Arbeitsvertrag kann insbesondere deshalb fehlen, weil ein solcher zwar gewollt war, rechtlich jedoch fehlgeschlagen, mithin rechtsunwirksam war (vgl. Beschlüsse vom 20. Mai 1992 – BVerwG 6 P 4.90 – BVerwGE 90, 194 = Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 8 und vom 3. Februar 1993 – BVerwG 6 P 28.91 – BVerwGE 92, 47 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 84). Von einer tatsächlichen Eingliederung ist regelmäßig dann auszugehen, wenn Daueraufgaben der Dienststelle wahrgenommen werden, es sich insbesondere ihrer Art und Zielsetzung nach um Aufgaben handelt, die so auch den bereits in der Dienststelle tätigen Mitarbeitern obliegen, zumal dann, wenn dadurch räumliche und sachliche Berührungspunkte entstehen (Beschlüsse vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 15.90 – Buchholz § 80 RhPPersVG Nr. 6, vom 3. Februar 1993 – a.a.O. und vom 15. März 1994 – BVerwG 6 P 24.92 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 89). Dies sind jedoch nur Anhaltspunkte für die Entscheidung, ob tatsächlich eine Eingliederung erfolgt ist. Zu einer Eingliederung kommt es – auch wenn Daueraufgaben wahrgenommen werden – dann nicht, wenn Aushilfstätigkeiten ausgeübt werden, die ersichtlich zu keiner betrieblichen und sozialen Bindung an die Dienststelle führen, weil sie nur geringfügig und nur vorübergehender Natur sind.

Wie der Senat in dem Beschluß vom 27. November 1991 (a.a.O.) klargestellt hat, spricht eine Vermutung dafür, daß Tätigkeiten in einer Dienststelle dann geringfügiger und vorübergehender Natur sind, wenn sie auf längstens zwei Monate befristet sind. Beschränken sie sich auf besonders veranlaßte Einzelfälle, kommt es in der Regel nicht zu einer sozialen Abhängigkeit des Arbeitnehmers von dem Empfänger der Dienstleistung. Auch die persönlichen und sozialen Kontakte zu den anderen Beschäftigten sind wegen der zeitlichen Begrenzung der nicht auf regelmäßige Wiederholung angelegten Aushilfsbeschäftigung notwendigerweise beschränkt. Die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit und die Höhe des Entgelts während dieser Tätigkeit sind dagegen grundsätzlich ohne Belang. Auch Beschäftigte, die täglich nur während kurzer Zeit oder sogar an manchen Tagen überhaupt nicht in der Dienststelle tätig sind, sind Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinne. Es reicht aus, daß die Arbeit in der Dienststelle nicht bloß vorübergehend und in ihrer Dauer nicht geringfügig ist, d.h., daß sie diese Tätigkeit über einen längeren Zeitraum hin ausüben. Eine geringfügige Beschäftigung im personalvertretungsrechtlichen Sinne hat somit andere engere Voraussetzungen als eine geringfügige Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB IV (s.u.). Hinsichtlich des Ergebnisses besteht auch Übereinsitmmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts insoweit, als es in seinem Beschluß vom 29. Januar 1992 (7 ABR 27/91 – PersR 1992, 466) die Berechtigung der Zusteller einer Tageszeitung für die Teilnahme an einer Betriebsratswahl mit im wesentlichen folgender Begründung bejaht hat: Zwar fehle bei Aushilfskräften, die nur hin und wieder beschäftigt würden, außerhalb ihrer Einsatzzeit die Betriebszugehörigkeit, wenn ein Arbeitsvertrag jeweils nur für die Dauer ihres Einsatzes geschlossen werde. Dies gelte aber dann nicht, wenn die Betriebszugehörigkeit auf einem fortdauernden Arbeitsvertrag, wenn auch mit einem geringen Arbeitsvolumen, beruhe.

Bloß vorübergehend und von nur geringfügiger Dauer im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind nach alledem nur die typischen Aushilfstätigkeiten, die aus besonderem Anlaß für einen kurzen, längstens zwei Monate andauernden Zeitraum anfallen, wie z.B. Vertretungen bei Häufung von Krankheitsfällen und/oder Urlaub usw. Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so ist dem Verwaltungsgerichtshof zuzustimmen, daß sowohl die drei Küchenkräfte wie die dreizehn im Pflegedienst eingesetzten Arbeitnehmerinnen Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinne sind. Die drei Küchenhilfen nehmen Aufgaben des Pflegeheims wahr. Ihre Tätigkeit ist nicht bloß vorübergehend und nicht auf weniger als zwei Monate im Jahr begrenzt. Sie arbeiten regelmäßig, wenn auch nur für 1,5 Stunden pro Tag. Ihre Arbeitszeit ist damit nicht so kurz bemessen, daß die notwendige Bindung an die Dienststelle zu verneinen wäre. Sie sind weisungsabhängig und erfüllen auch im übrigen alle Merkmale einer (normalen) arbeitsvertraglich geregelten Tätigkeit. Es ist deshalb davon auszugehen, daß aufgrund der regelmäßigen Beschäftigung eine Bindung an die Dienststelle eingetreten ist, so daß die Voraussetzungen einer tatsächlichen Eingliederung zu bejahen sind.

Auch die dreizehn Pflegekräfte, deren Beschäftigteneigenschaft der Antragsteller in Frage stellt, sind Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinne. Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs üben sie Daueraufgaben aus, nämlich Pflegetätigkeiten, die ansonsten von Vollzeitkräften wahrgenommen werden, und zwar regelmäßig. Sie werden in gewissen Zeitabständen, nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs fortlaufend, immer wieder zum Pflegedienst herangezogen, und zwar nach monatlicher Absprache mit der Pflegedienstleiterin. Ihre Tätigkeit wird allenfalls durch Urlaub oder Krankheit (mit Lohnfortzahlung) unterbrochen. Da sie üblicherweise nur für einen Halbtag in der Woche als Pflegekräfte tätig sind, ist der wöchentliche zeitliche Arbeitseinsatz zwar begrenzt. Das steht aber ihrer Beschäftigteneigenschaft nicht entgegen. Die wöchentliche Begrenzung ihrer Tätigkeit auf üblicherweise einen Halbtag ist personalvertretungsrechtlich nicht von Belang. Das baden-württembergische Personalvertretungsgesetz macht die Beschäftigteneigenschaft nicht davon abhängig, wie lange ein Arbeitnehmer in der Woche in der Dienststelle arbeitet. Beschäftigte, die wöchentlich regelmäßig weniger als 18 Stunden in einer Dienststelle arbeiten, sind zwar gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 BaWüPersVG von der Wählbarkeit ausgeschlossen, nicht jedoch von der Wahlberechtigung gemäß § 11 BaWüPersVG.

Ohne Belang ist es, daß keine schriftlichen Arbeitsverträge abgeschlossen werden. Nach der oben dargestellten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der erfolgreiche Abschluß eines Arbeitsvertrages nicht unabdingbare Voraussetzung für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses. Es muß nur ein Mindestbestand an arbeitsvertraglichen oder sonstigen arbeitsrechtlichen Rechtsbeziehungen gegeben sein (vgl. auch Beschluß vom 20. Mai 1992 bezüglich der Aufnahme von Leiharbeitnehmern – BVerwG 6 P 4.90 – BVerwGE 90, 194). Dieser Mindestbestand ist vorhanden, wenn im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber diejenigen arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten bestehen oder zumindest beabsichtigt sind, die das Bild der Eingliederung prägen. Das sind insbesondere: ein Weisungsrecht der Dienststelle, verbunden mit entsprechenden Schutzpflichten, sowie eine Weisungsgebundenheit des aufzunehmenden Arbeitnehmers verbunden mit entsprechenden Schutzrechten (Beschluß vom 20. Mai 1992 – a.a.O.).

Auch diese Voraussetzungen erfüllen die dreizehn Arbeitnehmerinnen. Während der Dauer der Ausübung ihrer Pflegetätigkeit sind sie dem Weisungsrecht der Leitung des Behindertenheims unterworfen. Sie sind auch aufgrund der monatlich im voraus festgelegten Dienstpläne in die Dienststelle integriert. Im täglichen Arbeitsablauf gibt es zwischen ihnen und den übrigen Beschäftigten mit Ausnahme des Umfangs der Arbeitszeit und des Arbeitsentgelts praktisch keine Unterschiede. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Pflegedienstleiterin die Arbeitnehmerinnen nicht gegen ihren Willen zum Pflegedienst einteilen kann. Aus personalvertretungsrechtlicher Sicht kommt es für die Zuerkennung der Beschäftigteneigenschaft allein darauf an, ob die Arbeitnehmerinnen während ihrer Tätigkeit tatsächlich in die Dienststelle als weisungsgebunden eingegliedert sind, nicht darauf, in welcher rechtlichen Form die Weisungsgebundenheit ihrer Tätigkeit bei Arbeitsaufnahme begründet wird.

Gleichfalls ohne Belang ist es, daß die Arbeitnehmerinnen von sich aus ohne weiteres die arbeitsrechtlichen Beziehungen mit dem Pflegeheim abbrechen können. Ähnlich wie bei Abrufkräften (vgl. Beschluß vom 3. Februar 1993 – a.a.O.) ist es für die Beantwortung der Frage, ob eine tatsächliche Eingliederung und damit eine Bindung an die Dienststelle erfolgt ist, nicht entscheidend, in welcher Weise das Arbeitsrechtsverhältnis wieder aufgelöst werden kann. Personalvertretungsrechtlich relevant ist allein, daß die dreizehn Beschäftigten über einen regelmäßigen Zeitraum, der nicht von vornherein auf die Dauer von zwei Monaten oder weniger begrenzt war, im Pflegeheim tätig waren, und daß während der Ausübung der Pflegetätigkeiten zwischen ihnen und ihrem Arbeitgeber in bezug auf das Weisungsrecht ein Mindestbestand an arbeitsvertraglichen oder sonstigen arbeitsrechtlichen Beziehungen gegeben war. Beides war hier der Fall.

Der Annahme einer Eingliederung und der Beschäftigteneigenschaft steht schließlich nicht entgegen, daß die sechzehn Beschäftigten nach dem festgestellten Sachverhalt im Zeitpunkt der Personalratswahl am 26. November 1992 unter die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV fielen. Nach dieser Vorschrift ist dann von einer geringfügigen Beschäftigung, die von der Sozialversicherungspflicht befreit, auszugehen, wenn die Tätigkeit weniger als fünfzehn Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (§ 18) nicht übersteigt. Im Jahre 1992 lag die auf das Entgelt bezogene Geringfügigkeitsgrenze bei 500 DM. Sie wurde bei den genannten Arbeitnehmerinnen nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht überschritten.

Der Senat hat allerdings im Beschluß vom 11. Februar 1981 (BVerwG 6 P 14.80 – Buchholz 238.35 § 9 HePersVG Nr. 2) die Zuerkennung der Beschäftigteneigenschaft im personalvertretungsrechtlichen Sinne u.a. davon abhängig gemacht, ob die Arbeitnehmer die Tätigkeit neben- oder hauptberuflich ausüben und ob sie geringfügig ist. Diese Abgrenzung wurde damit begründet, daß bei den nebenberuflich Tätigen häufig das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit fehle. Auch die Höhe des gezahlten Entgelts sei für diese Würdigung maßgeblich, weil daraus erkennbar werde, ob die Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber wirtschaftlich abhängig seien. Liege eine in dem einen oder anderen Sinne geringfügige Beschäftigung vor, so sei dies nicht der Fall. Für die Frage, was geringfügig ist, hat der Senat in diesem Beschluß im wesentlichen auf die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV zurückgegriffen, die er weitgehend entsprechend angewandt hat.

An dieser Bewertung hält der Senat nicht mehr fest. Maßgebend sind hierfür folgende Gesichtspunkte: Würde die Anerkennung der personalvertretungsrechtlichen Beschäftigteneigenschaft davon abhängig gemacht, ob die betroffenen Personen einen monatlichen Lohn beziehen, der unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV liegt (z.Zt. 580 DM), so würden zahlreiche Teilzeitbeschäftigte nicht wahlberechtigt sein, weil sie über dieses monatliche Mindesteinkommen nicht verfügen. Derartige Beschäftigungsfälle mehren sich. Zudem ist in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Beschäftigteneigenschaft von Teilzeitbeschäftigten nicht grundsätzlich in Frage gestellt worden (vgl. zuletzt Beschluß vom 14. Juni 1990 – BVerwG 6 P 18.88 – Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 24). Auch aus dem Wortlaut des § 4 BaWüPersVG ergibt sich nicht die Notwendigkeit einer entsprechende Beschränkung. Auf der anderen Seite sind gerade die sozial schwächeren Beschäftigten der Dienststelle besonders schutzbedürftig. Zu ihnen gehören im allgemeinen die regelmäßig geringfügig Beschäftigten (z.B. alleinerziehende Mütter). Dies muß den Ausschlag geben. Daher ist es auch unerheblich, ob diese Beschäftigung im Nebenberuf und nicht hauptberuflich ausgeübt wird. Die Schutzbedürftigkeit dieses Personenkreises in der Dienststelle besteht unabhängig davon, ob der oder die Betreffende daneben – möglicherweise ebenfalls in geringfügigem Umfang – noch einen anderen Beruf bei einer anderen Stelle ausübt. Aus diesem Grunde kann es auch für die Feststellung der Beschäftigteneigenschaft nicht entscheidend sein, ob eine wirtschaftliche Abhängigkeit von der einzelnen Dienststelle eingetreten ist. Es ist zwar richtig, daß vielfach die Beschäftigten, die eine Tätigkeit nur nebenberuflich und zeitlich begrenzt ausüben, von der jeweiligen Dienststelle wirtschaftlich weniger abhängen als Beschäftigte mit einer Vollzeitbeschäftigung. Das schließt aber nicht aus, daß gerade sozial Schwächere, die die Beschäftigung nur nebenberuflich ausüben oder ausüben können, auf diesen Lohn besonders angewiesen sind, so daß auch bei ihnen eine wirtschaftliche Abhängigkeit bestehen kann. Im übrigen sagt die Tatsache, ob eine wirtschaftliche Abhängigkeit von einer bestimmten Dienststelle besteht oder nicht, für sich allein noch nichts darüber aus, ob die für die Bejahung der Eingliederung und der Beschäftigteneigenschaft notwendige Bindung an die Dienststelle eingetreten ist.

Nach alledem war die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs als unbegründet zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer

 

Fundstellen

Haufe-Index 1200536

BVerwGE, 230

DVBl. 1996, 509

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