Entscheidungsstichwort (Thema)

Soldatenvertreter, Versetzungsschutz für –. Versetzung, Schutz eines Soldatenvertreters vor –

 

Leitsatz (amtlich)

Soldatenvertreter genießen den Schutz des § 47 Abs. 2 BPersVG.

 

Normenkette

BPersVG § 47 Abs. 2; SoldatenG § 35a

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 26.02.1985; Aktenzeichen CB 8/83)

VG Köln (Beschluss vom 28.03.1983; Aktenzeichen PVB 37/82)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 26. Februar 1985 geändert.

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Köln – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 28. März 1983 werden zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 4 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Personalrat beim Streitkräfteamt, der Antragsteller, wendet sich dagegen, daß der ihm als Mitglied angehörende Oberleutnant D., der Beteiligte zu 3), ohne seine Zustimmung versetzt worden ist. Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Durch Organisationsbefehl vom 14. Juni 1982 wurde zum 1. Oktober 1982 das Fernmeldeamt der Bundeswehr aufgestellt und die Abteilung V des Streitkräfteamtes in das Fernmeldeamt eingegliedert. Als Folge dieser Maßnahme wurde der Beteiligte zu 3), der bis dahin beim Streitkräfteamt verwendet worden war, durch Verfügung des Bundesministers der Verteidigung, des Beteiligten zu 1), vom 12. August 1982 zum Fernmeldeamt versetzt. Hiergegen legte der Beteiligte zu 3) Widerspruch ein. Auch der Antragsteller wandte sich gegen die Versetzung des Beteiligten zu 3). Ob diese Maßnahme von der Zustimmung des Antragstellers abhängig war, blieb unter den Beteiligten streitig. Deswegen hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren mit dem Ziel der Feststellung eingeleitet, daß die Versetzung des Beteiligten zu 3) seiner Zustimmung bedurfte.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) und des Leiters des Streitkräfteamtes, des Beteiligten zu 2), hat das Beschwerdegericht den Antrag abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

Die Versetzung des Beteiligten zu 3) habe nicht der Zustimmung des Antragstellers bedurft, weil § 47 Abs. 2 BPersVG, nach dem Mitglieder des Personalrats gegen ihren Willen nur versetzt oder abgeordnet werden dürfen, wenn dies auch unter Berücksichtigung ihrer Mitgliedschaft im Personalrat aus wichtigen dienstlichen Gründen unvermeidbar ist, auf Berufs- und Zeitsoldaten keine Anwendung finde. Die Streitkräfte gehörten nicht zu den Verwaltungen, in denen nach § 1 BPersVG Personalvertretungen zu bilden seien. Dementsprechend erwähne § 4 BPersVG die Soldaten nicht unter den Beschäftigten im öffentlichen Dienst, auf die das Gesetz Anwendung finde. Auch das Soldatengesetz beziehe die Soldaten im Regelfall nicht in den Anwendungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes ein. Eine Ausnahme gelte nach § 35 a SG nur für Soldaten, die in anderen als den in § 35 Abs. 1, 2 SG genannten Dienststellen und Einrichtungen der Bundeswehr tätig seien. Sie hätten zwar das Wahlrecht nach den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes, und die von ihnen gewählten Vertreter bildeten innerhalb der Personalvertretung eine weitere Gruppe im Sinne des § 5 BPersVG. Gleichwohl könne der vom 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts geäußerten Auffassung, hinsichtlich der persönlichen Rechtsstellung der in den Personalrat gewählten Soldatenvertreter beständen keine Ausnahmen, sie seien vielmehr weitgehend in die Personalvertretung integriert, nicht in vollem Umfang gefolgt werden. Die Vorschrift des § 35 a SG sei eine Ausnahmeregelung. Das werde schon daran deutlich, daß für den Großteil der Streitkräfte die Regelung des § 35 SG gelte, nach der die Soldaten Vertrauensmänner zu wählen hätten. § 35 a SG finde nur auf diejenigen Soldaten Anwendung, welche in anderen als den in § 35 Abs. 1, 2 SG genannten Dienststellen und Einrichtungen der Bundeswehr Verwendung fänden, und auch dort nur dann, wenn die Beamten, Angestellten und Arbeiter in ihrer Verwendungsdienststelle einen Personalrat bildeten. Auf diese Soldaten sei – anders als auf die bei militärischen Dienststellen und Einrichtungen der Bundeswehr beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter – das Bundespersonalvertretungsgesetz nicht generell anwendbar, sondern nur einige wenige seiner Regelungen. Eine weitergehende Anwendbarkeit des Bundespersonalvertretungsgesetzes auf diese Soldaten ergebe sich insbesondere nicht aus § 35 a Abs. 3 SG. Diese Regelung betreffe allein die Stellung der Soldatenvertreter innerhalb des Personalrats und beschränke sich damit auf die Geschäftsführung des Personalrats.

Da Ausnahmevorschriften eng auszulegen seien, könne aus der Anwendbarkeit einzelner Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes auf die von § 35 a SG erfaßten Soldaten nicht auf eine generelle Gleichstellung der Soldatenvertreter mit den Personalratsmitgliedern geschlossen werden. Es hätte deswegen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft, wenn auch § 47 Abs. 2 BPersVG auf Soldatenvertreter Anwendung finden sollte. Sie wäre um so mehr geboten gewesen, als die Befugnisse der Soldatenvertreter innerhalb des Personalrats nach § 35 a SG auf diejenigen eines Vertrauensmannes der Soldaten beschränkt seien. Da für die Vertrauensmänner keine dem § 47 Abs. 2 BPersVG vergleichbare Regelung gelte, lasse sich kein sachlich einleuchtender Grund dafür finden, den nach § 35 a SG gewählten Soldatenvertretern einen dieser Vorschrift entsprechenden Schutz zu gewähren. Ein solcher Grund sei insbesondere nicht darin zu erblicken, daß die Soldatenvertreter in gemeinsamen Angelegenheiten die Befugnisse eines Personalratsmitgliedes nach Maßgabe des Bundespersonalvertretungsgesetzes hätten, weil dieser Tätigkeitsbereich für die Funktion der Soldatenvertreter gemessen an ihrer eigentlichen Aufgabe nicht von prägender Bedeutung sei. Aus alledem folge, daß Soldatenvertreter im Sinne von § 35 a SG – wie der Kläger, der Berufssoldat sei – nicht den Schutz des § 47 Abs. 2 BPersVG genössen.

Aber auch wenn die Vorschrift auf den vorliegenden Fall anwendbar wäre, könne das Begehren des Antragstellers keinen Erfolg haben. Der durch diese Vorschrift begründete Versetzungsschutz solle Beeinträchtigungen in der Zusammensetzung und der Funktionsfähigkeit des Personalrats abwehren und jede nur mögliche Erschwerung der Ausübung des Personalratsamts ausschließen. Ihren Gegenstand bildeten dementsprechend individuelle personelle Maßnahmen, weil von ihnen am ehesten die Gefahr einer möglichen Einflußnahme auf den Personalrat ausgehen könne. Hingegen erfasse sie von ihrem Regelungszweck her nicht auch Vorgänge, in denen es vorrangig um die Auflösung von Dienststellen, die Verlegung von Dienststellenteilen oder die Umgliederung von Dienststellenteilen gehe. Denn dabei handele es sich um organisatorische Maßnahmen, an denen die Personalvertretung lediglich mitzuwirken habe. In Fällen dieser Art müsse daher geprüft werden, ob die zur Verwirklichung des Organisationsaktes erforderlichen personellen Einzelmaßnahmen die Tatbestandsmerkmale einer Versetzung erfüllten. Das sei im vorliegenden Fall ausgehend von dem im Beamtenrecht wie im Soldatenrecht und im Personalvertretungsrecht geltenden Versetzungsbegriff zu verneinen. Die von der Verlagerung der Abteilung V des Streitkräfteamts in das Fernmeldeamt der Bundeswehr Betroffenen hätten nicht nur ihr abstraktes Amt im funktionellen Sinne, sondern auch ihr konkretes Amt im funktionellen Sinne, d.h. ihren bisherigen Dienstposten, beibehalten. Da die Eingliederung eines kompletten Dienststellenteils in eine neu errichtete Dienststelle zwangsläufig mit der Verlagerung der Dienstposten und Planstellen dieses Dienststellenteils von der bisherigen in die neue Dienststelle einhergehe, fehle es in bezug auf sie an dem für eine Versetzung erforderlichen Merkmal der Übertragung eines anderen Amtes.

Die Richtigkeit dieser Auffassung werde dadurch bestätigt, daß die Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG nur mitwirkungspflichtig sei, Veränderungen der Behördenorganisation also auch dann nicht der Mitbestimmung, sondern nur der Mitwirkung des Personalrats unterlägen, wenn sie für die davon betroffenen Bediensteten einen Wechsel des Dienstorts oder der Dienststelle zur Folge hätten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde auch in diesem Fall das stärkere Beteiligungsrecht durch das schwächere verdrängt.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er sich gegen die dem angefochtenen Beschluß zugrundeliegende Auslegung der § 35 a SG, § 47 Abs. 2 BPersVG wendet. Er ist der Auffassung, Soldaten, die auf der Grundlage des § 35 a SG in Personalvertretungen gewählt worden seien, genössen den vollen Schutz eines Personalratsmitgliedes. Eine Einschränkung dieses Schutzes lasse sich weder aus dem Verteidigungsauftrag noch daraus herleiten, daß die wenigen in Personalvertretungen gewählten Soldatenvertreter damit bessergestellt seien als die Mehrzahl der von den Soldaten zu wählenden Vertrauensleute. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit der Einbeziehung von Soldaten in das Bundespersonalvertretungsgesetz bewußt in Kauf genommen, daß damit eine Einbuße an Einsatzfähigkeit der gewählten Soldatenvertreter verbunden sei. Hätte er die personalvertretungsrechtliche Stellung dieser Soldaten einschränken wollen, so hätte das im Gesetz geschehen müssen.

Der Antragsteller nehme im vorliegenden Fall auch zu Recht den Schutz des § 47 Abs. 2 BPersVG für den Beteiligten zu 3) in Anspruch. Für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift sei es ohne Bedeutung, daß die Versetzung des Beteiligten zu 3) Teil einer organisatorischen Maßnahme gewesen sei. Die Vorschrift könne ihre Schutzfunktion nicht in vollem Umfang entfalten, wenn es möglich sei, organisatorische Umstellungen zu nutzen, um sich eines Personalratsmitgliedes zu entledigen. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 47 Abs. 2 BPersVG sei deswegen allein, daß sich die Maßnahme für das betroffene Personalratsmitglied als Versetzung darstelle.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 26. Februar 1985 zu ändern und die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Köln – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 28. März 1983 zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) treten der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigen den angefochtenen Beschluß.

Der Beteiligte zu 3) hat sich zu der Rechtsbeschwerde nicht geäußert.

Der Oberbundesanwalt hält es im Hinblick darauf, daß die Soldatenvertreter innerhalb eines Personalrats neben den Vertretern der Gruppen der zivilen Beschäftigten eine gleichberechtigte weitere Gruppe bilden, für folgerichtig, sie auch hinsichtlich ihrer persönlichen Rechtsstellung den zivilen Personalvertretungsmitgliedern gleichzustellen. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, daß auch die Vertrauensmänner im Bundesgrenzschutz den Versetzungs- und Abordnungsschutz des § 47 Abs. 2 BPersVG genießen, obwohl sie ebenfalls nur mindere Beteiligungsrechte haben als Personalvertretungen. Im Ergebnis hält der Oberbundesanwalt den angefochtenen Beschluß jedoch für zutreffend, weil er die gegenüber dein Beteiligten zu 3) getroffene Maßnahme in Übereinstimmung mit dem Beschwerdegericht nicht als Versetzung im Sinne des § 47 Abs. 2 BPersVG ansieht.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Beschwerdegericht hat die Zustimmungsbedürftigkeit der umstrittenen Maßnahme zu Unrecht verneint.

1. Der im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 29. April 1981 – BVerwG 6 P 37.79 –) stehenden Auffassung des Beschwerdegerichts, § 47 Abs. 2 BPersVG finde auf Soldaten, die als Soldatenvertreter einer Personalvertretung angehören, keine Anwendung, folgt der Senat nicht. Sie beruht auf einem Fehlverständnis des § 35 a SG. Das findet seinen Ausdruck in der Ansicht des Beschwerdegerichts, diese Vorschrift sei eine Ausnahmeregelung; als solche und aus der weiteren Überlegung, daß kein sachlich einleuchtender Grund für eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsstellung der Vertrauensmänner der Soldaten und der Soldatenvertreter in Personalvertretungen zu erkennen sei, müsse diese Vorschrift so ausgelegt werden, daß nur die ausdrücklich in ihr erwähnten Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes auf die Soldatenvertreter Anwendung fänden. Tatsächlich stehen die beiden Interessenvertretungen der Soldaten, die das Soldatengesetz in seinen §§ 35 und 35 a vorsieht, nämlich die Vertrauensmänner und die Soldatenvertreter in den nach § 70 Abs. 1 SG zu bildenden Personalvertretungen, nicht im rechtlichen Verhältnis von Regel und Ausnahme zueinander, obwohl die Soldatenvertreter in Personalvertretungen und die zu ihrer Wahl berechtigten Soldaten im Vergleich zu den Vertrauensmännern und den Soldaten, die sie wählen, gering an Zahl sind. Beides sind vielmehr zwar gleichrangige, aber strukturverschiedene Interessenvertretungen. Ihr Nebeneinander erklärt sich aus der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, die Interessenvertretung der Soldaten über die Aufgaben und Befugnisse des Vertrauensmanns hinausgehen zu lassen, soweit die militärische Aufgabenstellung und die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte das zulassen. Dieses Ziel ist dergestalt verwirklicht worden, daß die Soldaten, welche in anderen als den in § 35 Abs. 1, 2 SG genannten Dienststellen und Einrichtungen der Bundeswehr, d.h. außerhalb der Einheiten und militärischen Einrichtungen verwendet werden, die im eigentlichen Sinn die „Streitkräfte” ausmachen, den ebenfalls dort tätigen zivilen Beschäftigten in ihrer Interessenvertretung insoweit gleichgestellt worden sind, als auch sie Vertreter nach den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes wählen (§ 35 a Abs. 1 SG).

Die Aufgaben und Befugnisse der aus diesen Wahlen hervorgehenden Soldatenvertreter entsprechen denjenigen der zivilen Personalratsmitglieder allerdings nicht in vollem Umfang. In Angelegenheiten, die allein die in der Dienststelle oder Einrichtung verwendeten Soldaten betreffen, in denen also der Status der Soldaten oder ihre Zugehörigkeit zur Bundeswehr im Vordergrund steht, haben die Soldatenvertreter nur die – im Verhältnis zu den Beteiligungsrechten des Personalrats in persönlichen und sozialen Angelegenheiten ziviler Beschäftigter – minderen Befugnisse des Vertrauensmannes (§ 35 a Abs. 3 Satz 3 SG). In Beteiligungsangelegenheiten, die auch andere Gruppen im Sinne des § 5 BPersVG betreffen, haben sie hingegen die gleichen Befugnisse wie die zivilen Personalratsmitglieder.

Es trifft also nicht zu, daß die Soldaten grundsätzlich von der Anwendbarkeit des Bundespersonalvertretungsgesetzes ausgenommen sind, wie das Beschwerdegericht meint und woraus es folgert, daß auf die gemäß § 35 a SG gleichwohl nach den Vorschriften dieses Gesetzes gewählten Soldatenvertreter nur diejenigen Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes anzuwenden seien, die das Soldatengesetz ausdrücklich in Bezug nehme, während die Rechtsstellung der Soldatenvertreter derjenigen der Vertrauensmänner entspreche oder ihr anzunähern sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat den genannten gesetzlichen Regelungen vielmehr eine weitgehende Integration der Soldatenvertreter in die Personalvertretung entnommen, aus der sich für den Dienstherrn Verpflichtungen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz ergeben (BVerwGE 73, 162), und hat festgestellt, daß hinsichtlich der persönlichen Rechtsstellung der Soldatenvertreter keine Ausnahmen im Vergleich zu den zivilen Personalratsmitgliedern bestehen (BVerwGE 53, 364; Beschluß vom 12. Dezember 1977 – 1 WB 123.77 –). Davon ist auch der erkennende Senat in den Beschlüssen vom 29. April 1981 – BVerwG 6 P 37.79 – (a.a.O.) und vom 21. Dezember 1984 – BVerwG 6 P 35.82 – (Buchholz 238.3 A § 75 Nr. 35 = DVBl. 1985, 741) ausgegangen, und daran ist auch im Blick auf § 47 Abs. 2 BPersVG festzuhalten.

Die Auffassung des Beschwerdegerichts, es gebe keine sachlich einleuchtenden Gründe dafür, den Soldatenvertretern einen stärkeren Schutz gegen „Entfernungsmaßnahmen” zuzubilligen als Vertrauensmännern, läßt außer Betracht, daß die Soldatenvertreter keineswegs nur formal in eine Personalvertretung eingegliederte Vertrauensmänner sind, wie das Beschwerdegericht letztlich anzunehmen scheint, sondern daß sie – im Zusammenwirken mit den Vertretern der anderen Gruppen – weit darüber hinausgehende Aufgaben und Befugnisse haben, deren Wahrnehmung durch sie für die Gesamtheit der Beschäftigten der Dienststelle bedeutsam sein kann, die sie aber durchaus auch in Konflikt mit der Dienststelle oder mit dem Dienstherrn bringen kann. Das unterscheidet die Soldatenvertreter deutlich von den Vertrauensmännern, die lediglich die Aufgabe haben, zur verantwortungsvollen Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Untergebenen sowie zur Erhaltung des kameradschaftlichen Vertrauens beizutragen, und denen auf dieser Grundlage bestimmte Anhörungs- und Vorschlagsrechte eingeräumt sind (§ 35 Abs. 4 SG). Mit Ausnahme ihrer eingeschränkten Befugnis in Gruppenangelegenheiten der Soldaten entspricht der Auftrag der Soldatenvertreter demjenigen der zivilen Personalratsmitglieder. Sie bedürfen deswegen auch grundsätzlich des gleichen Schutzes vor Personalmaßnahmen, die die Wahrnehmung ihres Amtes oder ihre innere Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten, wie diese. Das schließt es nicht aus, die sich aus dem militärischen Auftrag der Bundeswehr ergebenden besonderen Erfordernisse im personellen Bereich auch ihnen gegenüber durchzusetzen. Sie können als „wichtige dienstliche Gründe” für eine Versetzung oder Abordnung im Sinne des § 47 Abs. 2 BPersVG Berücksichtigung finden und mögen als solche auch besonderes Gewicht haben.

Der Beteiligte zu 3) genießt nach alledem als Soldatenvertreter im Sinne von § 35 a SG den Schutz des § 47 Abs. 2 BPersVG.

2. Der Senat folgt dem Beschwerdegericht auch nicht in der – aus seiner rechtlichen Sicht gleichsam hilfsweise geäußerten und vom Oberbundesanwalt geteilten – Auffassung, § 47 Abs. 2 BPersVG finde im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil der Wechsel des Beteiligten zu 3) vom Streitkräfteamt zum Fernmeldeamt der Bundeswehr keine Einzelmaßnahme, sondern eine unselbständige Folgeerscheinung der Schaffung des Fernmeldeamts der Bundeswehr gewesen sei und zudem nicht zur Übertragung eines anderen Amtes an den Beteiligten zu 3) geführt habe.

Die rechtliche Beurteilung hat vom Schutzzweck des § 47 Abs. 2 BPersVG auszugehen. Dieser besteht, wie der Senat mehrfach unter Hinweis auf die Stellung der Vorschrift im Vierten Abschnitt des Zweiten Kapitels des Bundespersonalvertretungsgesetzes, der mit „Rechtsstellung der Personalratsmitglieder” überschrieben ist, betont hat, darin, nicht nur den Verlust des Personalratsamtes als Folge dienstrechtlicher Maßnahmen zu verhindern, sondern darüber hinaus die ungestörte Ausübung des Personalratsamtes sicherzustellen und die Mitglieder des Personalrats vor dienstlichen Maßnahmen zu bewahren, welche sie dauernd oder vorübergehend an der unabhängigen Ausübung ihres Personalratsamtes hindern könnten (Beschluß vom 27. September 1984 – BVerwG 6 P 38.83 – m.w.Nachw.). Mit diesem Ziel ist auch die Umsetzung innerhalb der Dienststelle bei gleichzeitigem Wechsel des Dienstortes ausdrücklich in die Regelung einbezogen worden ist (§ 47 Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Die damit vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachte Absicht, die Mitglieder von Personalvertretungen im weitestgehenden Umfang vor einer Beeinträchtigung ihrer ungestörten und unabhängigen Amtsführung zu schützen, läßt eine einschränkende Auslegung und Anwendung des § 47 Abs. 2 BPersVG nicht zu, sondern gebietet ein Verständnis dieser Regelung, das die Betreffenden so umfassend wie nach dem Wortlaut der Vorschrift möglich vor personellen Maßnahmen bewahrt, die sich auf ihre Personalratstätigkeit auswirken können. Dementsprechend hat der Senat auch die vorübergehende Umsetzung eines Personalratsmitgliedes innerhalb der Dienststelle von der Zustimmung der Personalvertretung abhängig gemacht (Beschluß vom 29. April 1981 – BVerwG 6 P 34.79 –). Aus dieser rechtlichen Sicht drängt es sich auf, die vorliegend zu beurteilende Maßnahme ebenfalls in den Schutzbereich des § 47 Abs. 2 BPersVG einzubeziehen und ihre Durchführung damit von der Zustimmung des Antragstellers abhängig zu machen. Denn sie beeinträchtigt den Beteiligten zu 3) nicht nur in der Ausübung seines Personalratsamtes, sondern läßt dieses gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG erlöschen.

Entgegen der – von den Beteiligten zu 1) und 2) und dem Oberbundesanwalt geteilten – Auffassung des Beschwerdegerichts schloß es auch die Eigenart der vorliegend zu beurteilenden Maßnahme nicht aus, die Versetzung des Beteiligten zu 3) von der Zustimmung des Antragstellers abhängig zu machen. Diese Maßnahme ist allerdings dadurch gekennzeichnet, daß es sich nicht um einen Einzelvorgang handelt, der nur den Beteiligten zu 3) betrifft, sondern um einen Teil des Vollzugs einer Umorganisation, durch die ein offenbar in sich geschlossener Arbeitsbereich des Streitkräfteamtes in das neugebildete Fernmeldeamt der Bundeswehr übergeführt und räumlich von dem Streitkräfteamt getrennt wurde. Ohne daß dies vom Beschwerdegericht ausdrücklich festgestellt worden ist, muß also davon ausgegangen werden, daß damit eine abgeschlossene Funktionseinheit, in der der Beteiligte zu 3) tätig war, insgesamt aus dem Streitkräfteamt ausgegliedert und in eine – auch personalvertretungsrechtlich – selbständige andere Dienststelle eingegliedert worden ist. Die damit einhergehende Überführung der in dieser Funktionseinheit tätigen Beschäftigten in die neue Dienststelle stellt rechtlich keine Umsetzung dar, weil sie mit einem Dienststellenwechsel verbunden ist. Unter der vom Beschwerdegericht angenommenen Voraussetzung, daß sich die Aufgabenstellung der von dieser Maßnahme Betroffenen in der neuen Dienststelle gegenüber ihrer bisherigen Funktion nicht ändert, bleiben auch die Ämter im funktionellen Sinn, welche die Betroffenen innehaben, abgesehen von ihrer Einbindung in eine neue Organisationseinheit unverändert.

Das schließt es aber – anders als das Beschwerdegericht angenommen hat – nicht aus, den Vorgang sowohl dienstrechtlich als auch im Sinne des § 47 Abs. 2 BPersVG-als Versetzung anzusehen. Denn das Amt im funktionellen Sinn wird nicht nur durch den ihm zugeordneten konkreten und für die Behörde spezifischen Aufgabenbereich bestimmt, sondern auch dadurch, daß es in eine bestimmte Behörde eingegliedert ist (Fürst, GKÖD I, K § 6 Rz 23). Wird ein Beamter oder Soldat gezwungen, seine Funktion in der bisherigen Behörde aufzugeben und sie künftig ohne inhaltliche Änderung in einer anderen Behörde wahrzunehmen, so stellt auch das einen Wechsel dieses Amtes, d.h. eine Versetzung, dar. Das unterliegt beim Wechsel eines Beamten oder Soldaten von einem Aufgabenbereich (Amt im funktionellen Sinne) einer Behörde zu einem identischen Aufgabenbereich bei einer anderen Behörde (beispielsweise beim Wechsel eines Beamten von einem bestimmten Aufgabenbereich in der Behörde eines Regierungspräsidenten in den gleichen Aufgabenbereich bei der Behörde eines anderen Regierungspräsidenten) keinem Zweifel. Für einen solchen Wechsel zu einer neu gebildeten Behörde, die die Aufgaben einer anderen Behörde ganz oder teilweise übernimmt, kann aber nichts anderes gelten; denn seine Auswirkungen auf den Betroffenen unterscheiden sich nicht von denjenigen im erstgenannten Fall. Deswegen war es dienstrechtlich zutreffend, daß der Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 3) vom Streitkräfteamt zum Fernmeldeamt der Bundeswehr „versetzt” hat. Aus dem gleichen Grund ist dieser Vorgang auch im Sinne des § 47 Abs. 2 BPersVG als Versetzung anzusehen.

Zu dem gleichen personalvertretungsrechtlichen Ergebnis führt auch die Überlegung, daß § 47 Abs. 2 BPersVG die Personalratsmitglieder und Soldatenvertreter damit, daß er deren Abordnung und Versetzung von der Zustimmung des Personalrats abhängig macht und die Umsetzung innerhalb der Dienststelle bei Wechsel des Dienstorts der Versetzung gleichstellt, gegen alle dem Beamten- und Soldatenrecht bekannten Formen von Veränderungen ihres dienstlichen Einsatzes schützt, welche sich nachteilig auf ihr Amt in der Personalvertretung auswirken können. Diesem Regelungsziel widerspräche es, wenn ein Personalratsmitglied oder Soldatenvertreter, der von einer Maßnahme wie der vorliegend zu beurteilenden betroffen wird, die sogar zum Verlust dieses Amtes-führt, nur deswegen von dem Schutz des § 47 Abs. 2 BPersVG ausgenommen würde, weil die Maßnahme wegen der Besonderheit der organisatorischen Veränderung, auf der sie beruht, nicht in allen Einzelheiten die herkömmlichen Elemente einer Abordnung, Versetzung oder Umsetzung aufweist.

Die Versetzung des Beteiligten zu 3) setzt nach alledem die Zustimmung des Antragstellers voraus. Dieses Beteiligungsrecht des Antragstellers besteht auch dann fort, wenn der Antragsteller bei der Verlegung der Funktionseinheit, der der Beteiligte zu 3) angehört, vom Streitkräfteamt zum Fernmeldeamt der Bundeswehr gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG mitgewirkt haben sollte, was vom Beschwerdegericht nicht festgestellt worden ist. Denn eine solche Mitwirkung hätte nicht den gleichen Gegenstand gehabt wie die verweigerte Zustimmung zur Versetzung des Beteiligten zu 3). Während § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG der Personalvertretung das Recht einräumt, an der beabsichtigten Verlegung einer Dienststelle oder eines wesentlichen Dienststellenteiles mitzuwirken, d.h. im Zusammenhang mit der noch bevorstehenden Organisationsmaßnahme Anregungen zu geben oder Bedenken geltend zu machen, hat das Zustimmungserfordernis des § 47 Abs. 2 BPersVG, welches personalvertretungsrechtlich nicht als Mitbestimmungsrecht, sondern als Beteiligungsrecht eigener Art anzusehen ist (Fürst, GKÖD V, K § 47 Rz 49), einen personellen Einzelvorgang im Rahmen der Durchführung der Organisationsmaßnahme zum Gegenstand. Dieses Beteiligungsrecht wird ebensowenig wie eine Mitbestimmungsbefugnis nach § 75 Abs. 1 Nr. 3, § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG durch die vorausgegangene Mitwirkung gegenstandslos gemacht, sondern schließt sich zeitlich und sachlich an sie an (Fürst., a.a.O., K § 78 Rz 14; Altvater u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, 2. Aufl., § 78 BPersVG Rn. 13).

Die Rechtsbeschwerde führt nach alledem zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1210590

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