Leitsatz (amtlich)

Bei der Versetzung eines Beamten hat grundsätzlich, d.h. wenn dies vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich anders geregelt ist, auch der Personalrat der aufnehmenden Dienststelle mitzubestimmen. Eine ausdrücklich andere gesetzliche Regelung liegt weder vor, wenn der Mitbestimmungstatbestand mit „Versetzung”, noch wenn er mit „Versetzung zu einer anderen Dienststelle” bezeichnet wird (teilweise Änderung der bisherigen Rechtsprechung des Senats, Parallelsache zu BVerwG 6 P 32.92, Beschluß vom 16. September 1994).

 

Normenkette

BPersVG § 76 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Beschluss vom 14.07.1993; Aktenzeichen 18 P 93.824)

VG Ansbach (Beschluss vom 15.02.1993; Aktenzeichen 7 P 92.01510)

 

Tenor

Die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Juli 1993 und des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. Februar 1993 werden aufgehoben.

Es wird festgestellt, daß der Beteiligte bei der Versetzung des Technischen Fernmeldeamtsrats N. vom Fernmeldeamt Regensburg zur Oberpostdirektion Regensburg ohne Beteiligung des Antragstellers dessen Mitbestimmungsrecht verletzt hat.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, welche Personalvertretung bei der Versetzung eines Beamten von einem örtlichen Fernmeldeamt in dessen übergeordnete Mittelbehörde mitzubestimmen hat.

Um den im Bezirksblatt der damaligen Oberpostdirektion Regensburg Telekom – heute: Direktion Regensburg der Deutschen Bundespost Telekom – ausgeschriebenen Dienstposten eines Sachbearbeiters 211 – 2 (Besoldungsgruppe A 12) bewarben sich sieben Beamte, darunter der Technische Fernmeldeamtsrat N. Für ihn entschied sich der Leiter der Oberpostdirektion und beantragte beim dortigen Bezirkspersonalrat die Zustimmung zur Versetzung des Technischen Fernmeldeamtsrats N. vom Fernmeldeamt Regensburg zur Oberpostdirektion. Den damaligen Personalrat bei der Oberpostdirektion Regensburg Telekom beteiligte er nicht, informierte ihn aber von der Angelegenheit.

Der Personalrat bei der Oberpostdirektion Regensburg Telekom hat das Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt festzustellen, daß der Dienststellenleiter bei der Versetzung des Technischen Fernmeldeamtsrats N. vom Fernmeldeamt Regensburg zur Oberpostdirektion ohne Beteiligung des Antragstellers dessen Mitbestimmungsrecht verletzt habe.

Mit Beschluß vom 15. Februar 1993 hat die Fachkammer des Verwaltungsgerichts diesen Antrag abgelehnt.

Die hiergegen erhobene Beschwerde des nunmehrigen Personalrats der Direktion Regensburg bei der Deutschen Bundespost Telekom hat der Verwaltungsgerichtshof durch Beschluß vom 14. Juli 1993 zurückgewiesen und dies wie folgt begründet: In Angelegenheiten, in denen die bisherige Beschäftigungsdienststelle nicht zur Entscheidung befugt sei, habe nach § 82 Abs. 1 BPersVG anstelle des Personalrats der sonst regelmäßig zu beteiligenden bisherigen Beschäftigungsdienststelle des zu versetzenden Beamten die Stufenvertretung derjenigen Dienststelle mitzubestimmen, die zuständig sei, die Versetzung zu verfügen. Zuständig für die Verfügung der Versetzung sei hier der Leiter der der Beschäftigungsdienststelle vorgesetzten Dienststelle Oberpostdirektion Telekom. Somit habe auch das Mitbestimmungsrecht bei dem Bezirkspersonalrat bei der Oberpostdirektion Telekom gelegen; nach § 82 Abs. 2 BPersVG habe dieser dem Personalrat beim Fernmeldeamt Regensburg Gelegenheit zur Äußerung geben müssen. Daneben komme eine Mitbestimmung des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle nur dann in Betracht, wenn auch diese Stelle eine Mitwirkungsmaßnahme an der Versetzung treffe. Dies sei beispielsweise anzunehmen, wenn die Versetzung ein Einverständnis oder eine ähnliche Willensbekundung der aufnehmenden Dienststelle voraussetze und diese auch erklärt werden solle. Hieran fehle es im vorliegenden Fall. Die Versetzungsverfügung des Leiters der aufnehmenden Dienststelle sei ein einziger Verwaltungsakt; sie enthalte nicht zusätzlich eine weitere Mitwirkungsmaßnahme der aufnehmenden Dienststelle, die selbständig der Mitwirkung durch den örtlichen Personalrat unterliegen könne. Es sei im übrigen eine freilich nicht ausnahmslos geltende Grundregel des Personalvertretungsrechts, daß das Beteiligungsrecht gegenüber dem Dienststellenleiter stets bei einem einzigen Personalrat liege, der in bestimmten Fällen sachlicher Betroffenheit eine andere Personalvertretung personalvertretungsintern zu beteiligen habe. Dieser Grundsatz ergebe sich aus § 82 Abs. 2 BPersVG und gelte auch für den vorliegenden Fall. Außerdem seien die Zuständigkeiten der Stufenvertretung und der auf derselben Verwaltungsstufe gebildeten örtlichen Personalvertretung ausnahmslos so abgegrenzt, daß es nicht zu Überschneidungen komme. Auf derselben Verwaltungsstufe bestünden neben den örtlichen Personalvertretungen weitere Personalvertretungen lediglich zu dem Zweck, sonst entstehende beteiligungsfreie Bereiche zu vermeiden. Eine Überschneidung der Zuständigkeiten sei gewissermaßen begrifflich ausgeschlossen.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Rechtsbeschwerde trägt der Antragsteller vor: Es treffe zu, daß ein Einverständnis der aufnehmenden Dienststelle nicht erklärt worden sei. Dies komme daher, daß der Leiter der Direktion die Versetzung selbst verfügt und zu ihr naturgemäß nicht zusätzlich ausdrücklich sein Einverständnis erklärt habe. Daß die Versetzung in der Form eines einzigen Verwaltungsakts verfügt worden sei, sage nichts über die Zahl der zu beteiligenden Personalvertretungen aus. Entscheidend sei, daß der Bezirkspersonalrat gleichrangig neben dem Antragsteller stehe. Der Bezirkspersonalrat übe die Funktion eines örtlichen Personalrats nur aus, wenn der örtliche Dienststellenleiter nicht zur Entscheidung befugt sei; für den Bereich der Direktion als Dienststelle bleibe diese Funktion beim Antragsteller. Er allein vertrete die Interessen der bei der Direktion selbst Beschäftigten. Der Bezirkspersonalrat sei für ihn nicht Stufenvertretung, so daß eine Lösung des Problems über die Regelung des § 82 Abs. 1 und 2 BPersVG nicht möglich sei. Es komme demnach ausschließlich darauf an, ob die einheitliche Maßnahme des beteiligten Leiters der Direktion sowohl die Interessen einer Dienststelle seines Bezirks wie auch die Interessen seiner eigenen Dienststelle berühre. Eine solche Maßnahme sei dann nicht gegen den Willen des beteiligten Leiters möglich.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs München vom 14. Juli 1993 und des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. Februar 1993 aufzuheben und festzustellen, daß der Beteiligte bei der Versetzung des Technischen Fernmeldeamtsrats N. vom Fernmeldeamt Regensburg zur Oberpostdirektion (jetzt Direktion) ohne Beteiligung des Antragstellers dessen Mitbestimmungsrecht verletzt habe.

Der Beteiligte beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und ist der Auffassung, daß schon der Wortlaut des § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG gegen eine Mitbestimmung auch des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle spreche, zumal eine dem § 123 Abs. 2 BRRG vergleichbare Regelung fehle. Es entspreche auch nicht dem Sinn des BPersVG, Zuständigkeitsüberschneidungen bei der Beteiligung verschiedener Personalräte zu ermöglichen. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 82 Abs. 2 BPersVG, dessen sinngemäße Anwendung auf den Hauspersonalrat der aufnehmenden Dienststelle sich anbiete.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Antragsteller hat Anspruch auf die begehrte Feststellung.

1. Der Antrag und die Beschwerde des Antragstellers sind vom Verwaltungsgerichtshof zu Recht als zulässig behandelt worden. Rechtsschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse an der begehrten Feststellung sind weder vor Einleitung des Beschlußverfahrens noch später entfallen. Zwar ist die Versetzung vollzogen. Aber allein mit dem Vollzug der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme läßt sich ein Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses oder des Feststellungsinteresses nicht begründen. Denn es bleibt möglich, sie abzuändern oder rückgängig zu machen. Insbesondere geht durch einen etwaigen gesetzeswidrigen Vollzug der Maßnahme das Beteiligungsrecht nicht gleichsam automatisch unter; es wird bei fortwirkenden, abänderbaren oder rückgängig zu machenden Maßnahmen nicht etwa durch eine Mißachtung gegenstandslos. Wird in einem solchen Falle die Verletzung oder das Fortbestehen eines Mitbestimmungsrechts rechtskräftig festgestellt, so hat daher der Dienststellenleiter entweder die mitbestimmungspflichtige Maßnahme, wenn sie von ihm ohne das gebotene Beteiligungsverfahren getroffen worden ist, kraft einer jedenfalls objektiv-rechtlich bestehenden Verpflichtung wieder rückgängig zu machen oder aber das nachzuholende Mitbestimmungsverfahren unverzüglich einzuleiten. Die nachträgliche Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens kann die Personalvertretung notfalls auch in einem Beschlußverfahren durchsetzen (vgl. Beschluß vom 20. Januar 1993 – BVerwG 6 P 18.90 – PersR 1993, 307 = ZTR 1993, 385; Beschluß vom 18. Mai 1994 – BVerwG 6 P 27.92 –). Als Grundlage dafür kann die begehrte Feststellung dienen. An einem darauf abzielenden Antrag besteht daher weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis und ein Feststellungsinteresse.

Die genannten Voraussetzungen liegen hier vor. Weder die vollzogene Versetzung (vgl. dazu Urteil vom 13. November 1986 – BVerwG 2 C 20.84 – BVerwGE 75, 138) noch die vollzogene Übertragung des Dienstpostens eines Sachbearbeiters sind Maßnahmen, die im Fall einer rechtswidrig unterbliebenen Mitbestimmung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten.

2. Das Feststellungsbegehren des Antragstellers ist auch in vollem Umfang begründet. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht die Rechtsfrage verneint, ob der Dienststellenleiter einer vorgesetzten Behörde ein Mitbestimmungsrecht des auf seiner Ebene gebildeten örtlichen Personalrats verletzt, wenn er bei der Versetzung eines Beamten von einer nachgeordneten Behörde zu seiner Behörde neben dem Bezirkspersonalrat nicht auch diesen Personalrat beteiligt.

a) Nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG bestimmt der Personalrat in Personalangelegenheiten der Beamten mit bei der „Versetzung zu einer anderen Dienststelle”. Dem Wortlaut „zu einer anderen Dienststelle” ist nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber im Sinne einer einseitigen Zuordnung oder vorrangigen Gewichtung damit das (alleinige) Mitbestimmungsrecht des Personalrats der abgebenden Dienststelle habe regeln wollen. Anderes hat auch der Senat in seinem Beschluß vom 6. November 1987 – BVerwG 6 P 2.85 – BVerwGE 78, 257, 259 nicht gesagt, wenn er aus dem Wortlaut des § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG („Versetzung eines Beamten zu einer anderen Dienststelle”) herleitet, daß die Versetzungsverfügung „zunächst einmal” der Mitbestimmung des Personalrats der abgebenden Dienststelle bedürfe. Wenn der Gesetzgeber entgegen dem von ihm ins Auge gefaßten Schutzzweck (vgl. dazu nachfolgend b)) und entgegen der personalvertretungsrechtlichen Doppelnatur der Maßnahme (vgl. dazu nachfolgend c)) derartiges bewirken will, so muß er dies im Gesetz ausdrücklich regeln. Für den als „Versetzung zu einer anderen Dienststelle” bezeichneten Mitbestimmungstatbestand ist dies entgegen einer ersten oberflächlichen Betrachtung, die an das Wort „zu” anknüpft, nicht zutreffend. Es geht insofern allein um die Bezeichnung einer Maßnahme, die einen Dienststellenwechsel bewirkt. Diese Bezeichnung entstammt dem Personalvertretungsgesetz des Bundes vom 5. August 1955, BGBl I S. 477. Mit ihr sollte nicht etwa der Aspekt der Ausgliederung aus der abgebenden Dienststelle, der nur ein Teilaspekt der Versetzung ist, einseitig hervorgehoben werden. Vielmehr ging es dem Gesetzgeber allein um eine Klarstellung des im Dienstrecht seinerzeit umstrittenen Begriffsverständnisses; für das Personalvertretungsrecht sollte klargestellt werden, daß für die Annahme einer Versetzung ein Wechsel der Dienststelle im Sinne von § 70 BPersVG maßgeblich sei (vgl. Molitor, Bundespersonalvertretungsgesetz, 2. Aufl., § 70 Anm. 6; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 76 Rdnr. 34).

b) Die an Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung auszurichtende Auslegung führt dazu, daß bei der Versetzung eines Beamten grundsätzlich auch die Personalvertretung der aufnehmenden Dienststelle zu beteiligen ist. Geschützt werden sollen durch dieses Mitbestimmungsrecht nämlich nicht nur die Interessen der zu versetzenden oder der übrigen Beschäftigten der abgebenden, sondern auch diejenigen der Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle. Dies ergibt sich namentlich aus den in § 77 Abs. 2 BPersVG genannten Verweigerungsgründen, die, soweit sie an die kollektiven Interessen der Beschäftigten anknüpfen, sich vorwiegend aus denjenigen der Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle ergeben können (vgl. Beschlüsse vom 6. November 1987 – BVerwG 6 P 2.85 – BVerwGE 78, 257, 262 und vom 3. Juli 1990 – BVerwG 6 P 22.87 – Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 18). So berührt es deren Angelegenheiten, wenn zu prüfen ist, ob durch die Maßnahme etwa ein anderer Angehöriger dieser Dienststelle ungerechtfertigt benachteiligt wird oder ob die begründete Besorgnis besteht, daß der zu Versetzende durch sein Verhalten den Frieden in der Dienststelle stören werde. Es ist ferner nicht zu verkennen, daß sich die Versetzung aus der Sicht der aufnehmenden Dienststelle jedenfalls in ihren Wirkungen wie eine Einstellung ausnimmt, bei der die Personalvertretung der einstellenden Dienststelle die vorbezeichneten Belange in gleicher Weise zu schützen hat (vgl. § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG). Denn Wesensmerkmal sowohl der Einstellung als auch der Versetzung ist jeweils die Eingliederung in eine neue Dienststelle (Urteil vom 20. April 1977 – BVerwG 6 C 154.73 – Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 18); bei der Versetzung kommt lediglich die gleichzeitige Ausgliederung aus der alten Dienststelle hinzu. Demgemäß stellt das Bundesarbeitsgericht darauf ab, daß die Versetzung von einem Betrieb, in einen anderen, die gemäß § 99 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegt, sich der Sache nach als eine Einstellung darstellt, so daß auch der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs zuzustimmen hat (vgl. BAGE 35, 228, 232 f. unter Hinweis auf die ganz herrschende Meinung in der betriebsverfassungsrechtlichen Literatur; ferner Beschlüsse vom 22. Januar 1991 – 1 ABR 18/90 – AP § 99 BetrVG 1972 Nr. 86 und vom 20. September 1990 – 1 ABR 37/90 – a.a.O. Nr. 84 Bl. 389 ff., 393). Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat insoweit an, als er für die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung bei der Versetzung grundsätzlich – d.h. soweit vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich anders geregelt – die Zuständigkeit auch des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle für gegeben hält.

c) Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle muß nicht etwa von vornherein dann entfallen, wenn eine eigenständige, von der aufnehmenden Dienststelle zu treffende „Maßnahme” im Zusammenhang mit der Versetzung nicht vorgesehen ist. Daran kann es fehlen, wenn sie selbst weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Zustimmungserklärung abzugeben hat, weil etwa – wie hier – mangels Entscheidungsbefugnis der abgebenden Dienststelle (vgl. § 82 Abs. 1 BPersVG) der Leiter der für den Bezirk der Direktion zuständigen Mittelbehörde den Beamten in diese Mittelbehörde versetzt. Die beamtenrechtliche Regelung der umfassenden Entscheidungszuständigkeit kann nicht bewirken, daß der dem Mitbestimmungstatbestand der „Versetzung” innewohnende kollektive Schutz zweck, der alle von dieser Maßnahme betroffenen Beschäftigten einbezieht, hinsichtlich der Beschäftigten der aufnehmenden (oder aber der abgebenden) Dienststelle leerläuft. Vielmehr wird der Schutzzweck bereits dadurch berührt und muß daher zur Wahrung dieses Zweckes die Mitbestimmung auf beiden Seiten auslösen, wenn die eine Maßnahme organisationsrechtlich bindende Wirkung sowohl für die abgebende als auch für die aufnehmende Dienststelle hat. Es werden dann die Personalangelegenheiten mehrerer Dienststellen in einem Akt geregelt. Das ist beispielsweise immer dann der Fall, wenn eine übergeordnete Dienststelle – wie etwa hier eine Mittelbehörde – eine Versetzung zwischen ihrer eigenen und einer nachgeordneten oder zwischen zwei nachgeordneten Dienststellen ihres Geschäftsbereichs verfügt. Auch diese Versetzungen haben eine Doppelwirkung dergestalt, daß die Ausgliederung eines Bediensteten aus dem Bereich der abgebenden und die Eingliederung in den Bereich der aufnehmenden Dienststelle aus einheitlicher Zuständigkeit heraus durch einen einheitlichen Rechtsakt verfügt wird. So bewertet dies auch das Bundesarbeitsgericht (vgl. insbesondere Beschluß vom 20. September 1990 – 1 ABR 37/90 – a.a.O.). Es stellt darauf ab, daß die Versetzung eine zwar einheitliche, aber „doppelt betriebsbezogene” Maßnahme sei; daraus folge grundsätzlich die Mitbestimmung der Betriebsräte beider von der einheitlichen Maßnahme betroffenen Betriebe.

d) Diese Doppelwirkung führt dazu, daß es sich bei der Versetzung nach der Personalvertretungsrechtlichen Natur der Sache nicht um eine Personalangelegenheit allein der abgebenden oder der aufnehmenden Stelle handelt, sondern um eine solche beider in ihrem Personalbestand betroffenen Dienststellen. Daß diese Doppelwirkung eine rechtliche – und nicht nur faktische – ist, wird im Personalvertretungsrecht besonders deutlich bei „horizontalen” Versetzungen zwischen zwei gleichberechtigten Behörden, die in Versetzungsangelegenheiten ihrer Beschäftigten jeweils eigenständige Entscheidungskompetenz besitzen: Hier macht die doppelte Rechtswirkung, weil deren einer Teil außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der entscheidenden Behörde eintritt, stets die – schriftlich oder mündlich, ausdrücklich oder stillschweigend zu erklärende – Zustimmung des Leiters der aufnehmenden Dienststelle erforderlich. Fälle dieser Art sind beispielsweise Versetzungen zwischen Behörden verschiedener Dienstherren oder verschiedener Geschäftsbereiche oder zwischen Behörden desselben Geschäftsbereichs, denen die oberste Dienstbehörde die Zuständigkeit für derartige Personalmaßnahmen übertragen hat.

e) Soweit der Senat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung in den Fällen der „horizontalen” Versetzung ein Beteiligungsrecht der Personalvertretung auch der aufnehmenden Dienststelle unabhängig von der Frage nach einem bestimmenden Einfluß anerkannt hat, wenn und soweit diese Dienststelle durch eigene Maßnahmen (z.B. Anträge, förmliche Einverständniserklärungen usw.) an der Versetzung aktiv mitgewirkt hat (vgl. Beschlüsse vom 6. November 1987 – BVerwG 6 P 2.85 – BVerwGE 78, 257 und vom 5. Dezember 1988 – BVerwG 6 P 6.86 – Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 5), hat er damit nicht nur den Personalvertretungsrecht lieh relevanten Auswirkungen auf beide Dienststellen, sondern auch und vor allem der organisationsrechtlichen Doppelwirkung der Maßnahme Rechnung getragen. Denn das Erfordernis der behördlichen Mitwirkung beruht seinerseits darauf, daß in diesen Fällen die Versetzung von Rechts wegen – wegen ihrer rechtlichen Doppelwirkung – nicht gegen den Willen der aufnehmenden Dienststelle erfolgen kann.

In anderen Fällen, in denen die aufnehmende Dienststelle an der Versetzung nicht aktiv mitgewirkt hatte, war die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bislang von der Auffassung geprägt, daß der Personalrat der aufnehmenden Dienststelle nur ausnahmsweise dann zu beteiligen sei, wenn diese einen „bestimmenden Einfluß” auf die Versetzung ausgeübt habe (so grundlegend Beschluß vom 26. Oktober 1962 – BVerwG 7 P 12.61 – BVerwGE 15, 90). Wie in dem angefochtenen Beschluß unter Hinweis auf die Rechtsprechung und das Schrifttum zutreffend dargelegt worden ist, hat die Formel vom „bestimmenden Einfluß” dazu geführt, daß in der Praxis eine Bandbreite von strengen und weniger strengen Anforderungen aufgestellt worden ist, die den „bestimmenden Einfluß” kennzeichnen sollen. Ob und in welcher Weise diese Anforderungen den Intentionen dieser Formel gerecht wurden, mag auf sich beruhen. Jedenfalls hat die Rechtsprechung mit und neben dieser Formel vom „bestimmenden Einfluß” nach der berechtigten Möglichkeit gesucht, die Personalvertretung der aufnehmenden Dienststelle nicht nur ausnahmsweise, sondern zumindest in den Fällen einer überwiegenden Betroffenheit der von ihr vertretenen Beschäftigten zu beteiligen. Bereits in seinem Beschluß vom 6. November 1987 – BVerwG 6 P 2.85 – BVerwGE 78, 257, 260 hat der Senat darauf hingewiesen, daß es bei dieser Formel darum ging, eine Beteiligung der für die aufnehmende Dienststelle zuständigen Personalvertretung herbeizuführen, wenn „das Schwergewicht der Maßnahme in ihrem Bereich liegt”. Letzteres aber ist ohnehin in der Mehrzahl der Fälle anzunehmen. In seinem Beschluß vom 3. Juli 1990 – BVerwG 6 P 22.87 – Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 18 hat der Senat ferner für den „Sonderfall” der Versetzung eines Lehrers von einer Gesamtschule an eine Realschule darauf abgestellt, daß die Interessenlage die Beteiligung der Personalvertretungen beider Dienststellen erfordere. Ein „bestimmender Einfluß” war dort nicht auszumachen, ebensowenig eine selbständige Mitwirkungshandlung auf Seiten der aufnehmenden Dienststelle. Ähnlich verhält es sich aber auch bei „vertikalen” Versetzungen „von unten nach oben” oder umgekehrt. Nach der nunmehr vom Senat vertretenen Rechtsauffassung ist der bisherige „Umweg” über das Kriterium des bestimmenden Einflusses bzw. über die Feststellung einer wie auch immer zum Ausdruck gebrachten behördlichen Mitwirkungshandlung nicht mehr erforderlich. Ein komplexes System von Grundsätzen und Ausnahmen erübrigt sich damit.

f) Die „doppelte Dienststellenbezogenheit” der Maßnahme führt bei „vertikalen Versetzungen” (von der nachgeordneten zur übergeordneten Dienststelle und umgekehrt) nicht etwa zu einer Konzentration der Mitbestimmung bei der Stufenvertretung. Eine derartige Bündelung der Zuständigkeit für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts mag zwar in den genannten Fällen zweckmäßig sein, ist jedoch nach geltendem Recht nicht vorgesehen. Die bei der höheren Dienststelle gebildete Stufenvertretung ist vielmehr als erstzuständige Personalvertretung immer nur ersatzweise „anstelle” des Personalrats einer bestimmten Dienststelle zu beteiligen (vgl. § 82 Abs. 1 BPersVG) und deshalb nicht dazu berufen, zentral die bei allen Dienststellen im Bereich der übergeordneten Dienststelle auftretenden personalvertretungsrechtlichen Belange erstmals geltend zu machen und dabei untereinander auszugleichen. Der Wortlaut und die systematische Stellung des § 82 Abs. 1 BPersVG lassen es insbesondere nicht zu, die Zuständigkeit des örtlichen Personalrats einer Dienststelle, die sowohl über die Versetzung entscheidet als auch gleichzeitig in ihrem Personalbestand betroffen ist, durch die Zuständigkeit der Stufenvertretung zu verdrängen. Vielmehr ist umgekehrt die Erstzuständigkeit der Stufenvertretung als bloße Ersatz Zuständigkeit für die eigentlich zuständigen örtlichen Personalvertretungen ihrerseits vom Umfang der originären Zuständigkeit der „örtlichen” Personalräte abhängig, an deren Stelle sie tätig wird (vgl. schon Beschlüsse vom 14. April 1961 – BVerwG 7 P 8.60 – BVerwGE 12, 198, 201 f., vom 18. Oktober 1963 – BVerwG 7 P 2.63 – BVerwGE 17, 43, 54 und vom 19. Dezember 1975 – BVerwG 7 P 15.74 – BVerwGE 50, 80, 82 f.; stRspr, zuletzt: Beschlüsse vom 1. Oktober 1993 – BVerwG 6 P 7.91 – PersR 1993, 557 = ZfPR 1994, 50 und vom 18. Mai 1994 – BVerwG 6 P 7.92 –). § 82 BPersVG kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs auch eine Grundregel des Inhalts nicht entnommen werden, daß bei der doppelt dienststellenbezogenen Versetzung nicht sowohl die Stufenvertretung als auch die auf derselben Verwaltungsstufe gebildete örtliche Personalvertretung beteiligt werden könnte. Eine solche Regel ist insbesondere auch zur Vermeidung von Zuständigkeitsüberschreitungen nicht geboten. Die Stufenvertretung und der auf derselben Verwaltungsstufe gebildete örtliche Personalrat nehmen jeweils andere Interessen wahr, so daß es zu wirklichen Zuständigkeitsüberschneidungen nicht kommen kann.

3. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.

 

Unterschriften

Niehues, Ernst, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Hofer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1200526

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