Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtannahmebeschluß: keine verfassungsrechtlich erhebliche Benachteiligung nichtehelicher Lebensgemeinschaften gegenüber ehelichen Lebensgemeinschaften durch die Regelung des BAT § 52 Abs 2 Buchst e F: 1993-02-12 zum Sonderurlaub bei der Niederkunft der Partnerin

 

Orientierungssatz

1. Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen jedenfalls dann nicht vor, wenn keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung aufgeworfen werden und die Versagung der Entscheidung für den Beschwerdeführer keine besondere Belastung mit sich bringt.

2a. Durch eine Protokollnotiz zu BAT § 52 Abs 3 UAbs 2 ist klargestellt, daß eine Freistellung nach dieser Regelung auch in Fällen möglich ist, die von BAT § 52 Abs 1 (früher BAT § 52 Abs 2) nicht erfaßt werden. Auf der Grundlage geltenden Tarifrechts kann folglich eine Benachteiligung - und damit eine Verletzung der Grundrechte des unverheirateten Angestellten aus GG Art 3 Abs 1, GG Art 6 Abs 1 sowie aus GG Art 6 Abs 2 - vermieden werden. Dies schließt eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung der Rechtssache iSd BVerfGG § 93a Abs 2 Buchst a aus.

2b. Der Tarifvertrag eröffnet dem Angestellten zudem die Möglichkeit, jedenfalls eine unbezahlte Freistellung gemäß BAT § 52 Abs 3 UAbs 2 zu beanspruchen. Im Ergebnis geht es mithin nur um einen geringfügigen Verdienstausfall von wenigen Tagen bei Inanspruchnahme einer unbezahlten Freistellung. Diese Nachteile aber sind für den unverheirateten Angestellten nicht von existentieller Bedeutung. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist demnach auch nicht nach BVerfGG § 93a Abs 2 Buchst b zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt.

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 03.08.1994; Aktenzeichen 3 Ca 12223/93)

 

Tatbestand

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft unter anderem die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 52 Abs. 2 Buchstabe e Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der Fassung vom 12. Februar 1993. Die tarifliche Regelung hat folgenden Wortlaut:

(2) Der Angestellte wird vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 aus folgenden Anlässen in nachstehendem Ausmaß unter Fortzahlung der Vergütung (§ 26) von der Arbeit freigestellt:

e) bei der Niederkunft der mit dem Angestellten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehefrau zwei Arbeitstage.

1. Der Beschwerdeführer, auf dessen Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag Anwendung findet, begehrte von seinem Arbeitgeber anläßlich der Niederkunft seiner Lebensgefährtin unter Berufung auf § 52 BAT Sonderurlaub. Dies lehnte der Arbeitgeber ab. Die daraufhin erhobene Klage des Beschwerdeführers blieb vor dem Arbeitsgericht Stuttgart ohne Erfolg.

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts dient § 52 Abs. 2 Buchstabe e BAT der Auflösung oder Milderung einer Pflichtenkollision des verheirateten Angestellten. Sie trage dem Umstand Rechnung, daß den verheirateten Angestellten die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft treffe (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB). Demgegenüber stehe der nicht verheiratete Arbeitnehmer lediglich in einer sittlichen und moralischen Pflicht gegenüber seiner Lebensgefährtin (ebenso BAG, AP Nr. 3 zu § 52 BAT).

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, die tarifliche Bestimmung sowie das arbeitsgerichtliche Urteil verletze ihn in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 6 Abs. 2 GG. Der auf eheliche Lebensgemeinschaften beschränkten tariflichen Regelung des § 52 Abs. 2 Buchstabe e BAT fehle es an einem die Ungleichbehandlung nichtehelicher Lebensgemeinschaften rechtfertigenden Grund.

3. Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat jedenfalls im gegenwärtigen Zeitpunkt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung mehr, nachdem nunmehr durch eine Protokollnotiz zu § 52 Abs. 3 Unterabsatz 2 BAT klargestellt ist, daß eine Freistellung nach dieser Regelung auch in Fällen möglich ist, die von § 52 Abs. 1 BAT (früher § 52 Abs. 2) nicht erfaßt werden. Damit kann bereits auf der Grundlage geltenden Tarifrechts eine Benachteiligung, wie sie der Beschwerdeführer geltend macht, vermieden werden. Es kommt hinzu, daß die Rechtsstellung des nichtehelichen Kindes und seiner Eltern durch das am 1. Juli 1998 in Kraft tretende Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) grundlegend verstärkt werden soll und insoweit zunächst die Fachgerichte aufgerufen sind, daraus möglicherweise abzuleitende Konsequenzen für den hier in Rede stehenden Freistellungsanspruch zu bedenken.

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt. Die Nachteile der angegriffenen Regelung sind für den Beschwerdeführer nicht von existentieller Bedeutung. Der Tarifvertrag eröffnet ihm die Möglichkeit, jedenfalls eine unbezahlte Freistellung gemäß § 52 Abs. 3 Unterabsatz 2 BAT zu beanspruchen. Davon hat er auch Gebrauch gemacht. Es geht mithin im Ergebnis nur um den Verdienstausfall von zwei Tagen bei Inanspruchnahme einer unbezahlten Freistellung.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 519043

NJW 1998, 2043-2044 (red. Leitsatz und Gründe)

FamRZ 1998, 606

FamRZ 1998, 606 (red. Leitsatz und Gründe)

NZA 1998, 547

NZA 1998, 547 (red. Leitsatz und Gründe)

ZTR 1998, 280

ZTR 1998, 280 (red. Leitsatz und Gründe)

AP, 0

EzBAT BAT § 52, Nr. 27 (Leitsatz und Gründe)

ZfJ 1998, 525

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