Entscheidungsstichwort (Thema)

Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung eines Betriebsgrundstückes als Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB 4. Betriebsaufspaltung. Übernahme von finanzamtlichen Feststellungen

 

Leitsatz (amtlich)

Pachtzins ist sozialversicherungsrechtlich als Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB 4 zu werten, wenn die Verpachtung wirtschaftlich betrachtet als unselbständiger Teil einer selbständigen Tätigkeit anzusehen und davon nicht zu trennen ist. Indiz hierfür ist die Annahme einer sogenannten Betriebsaufspaltung seitens des Finanzamtes.

 

Orientierungssatz

Sozialversicherungsträger und Sozialgerichte haben eine Übernahme von finanzamtlichen Feststellungen dann zu prüfen, wenn der Versicherte/Steuerpflichtige gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder die steuerrechtliche Bewertung des Finanzamtes schlüssige und erhebliche Einwendungen erhebt (vgl BSG vom 9.9.1993 - 5 RJ 60/92 = BSGE 73, 77 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 9).

 

Normenkette

SGB IV § 15 S. 1 Fassung: 1976-12-23, § 18a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1; AVG § 58 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1985-07-11; RVO § 1281 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1985-07-11; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.11.1995; Aktenzeichen S 4 An 237/93)

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf eine höhere Witwerrente und ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung überzahlter Rentenbeträge.

Der Kläger war in der Zeit bis 31. Dezember 1993 mehrheitlich an der Firma B. GmbH beteiligt, Geschäftsführer dieser Gesellschaft und Eigentümer eines Grundstücks, das er als Betriebsgrundstück an die GmbH verpachtet hat. Das zuständige Finanzamt nahm hinsichtlich dieser Verpachtung bei der Gewinnermittlung eine sog Betriebsaufspaltung an und stufte die aus der Verpachtung resultierenden Einnahmen mit bindend gewordenen Steuerbescheiden als Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb ein.

Die Beklagte berücksichtigte diese Pachteinnahmen bei der dem Kläger mit Wirkung ab 17. August 1990 bewilligten Witwerrente aus der Versicherung seiner am 17. August 1990 verstorbenen Ehefrau als eigenes Erwerbseinkommen (Rentenbewilligungsbescheid vom 15. November 1990); dies führte nach der Übergangsvorschrift des § 22b Abs 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) zu § 58 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) im ersten Jahr nach dem Tod der Versicherten noch nicht zu einer Anrechnung eigenen Einkommens auf die Witwerrente. Gleichwohl erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Während des Widerspruchsverfahrens berechnete die Beklagte die Rente des Kläger zunächst mit Bescheid vom 6. Februar 1991 und mit weiterem Bescheid vom 19. März 1992 wegen Anrechnung eigenen Erwerbseinkommens mit Wirkung vom 1. Juli 1991 neu; sie führte aus, die Witwerrente ruhe ab 1. September 1991 (Ablauf des ersten Jahres nach dem Tod der Versicherten) in Höhe von 48,35 DM monatlich, dh in Höhe von 10 vH desjenigen Betrages, um den die Summe der Einkünfte des Klägers ua aus Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit (Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1990) den gesetzlich vorgesehenen Freibetrag übersteige; außerdem forderte sie in diesem Bescheid die von September 1991 bis März 1992 überzahlte Witwerrente in Höhe von 359,45 DM zurück. Mit weiterem Bescheid vom 7. August 1992 berechnete sie die Witwerrente - nunmehr ua unter Berücksichtigung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1991 - mit Wirkung vom 1. Juli 1992 neu. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1992 zurück.

Das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen und im wesentlichen ausgeführt, auf die Witwerrente anrechenbares Arbeitseinkommen sei ua der Gewinn des Klägers aus selbständiger Tätigkeit, der unter Berücksichtigung seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu ermitteln sei. Der Einwand des Klägers, seine Einnahmen aus der Verpachtung des Betriebsgrundstücks an die Firma B. GmbH seien keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sei unbegründet; es liege eine steuerliche Betriebsaufspaltung vor (Urteil vom 14. November 1995).

Der Kläger hat die vom SG zugelassene (Sprung-)Revision eingelegt und eine unzutreffende Auslegung von § 18b Abs 2, § 18a Abs 2 und § 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) gerügt. Er trägt im wesentlichen vor, seine Einnahmen aus der Verpachtung des Betriebsgrundstücks seien kein Erwerbseinkommen; Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB IV sei nicht jede Art von Gewinn, sondern nur ein Gewinn, der aus einer selbständigen Tätigkeit resultiere. Daran ändere die steuerrechtliche Qualifizierung der Pachteinnahmen als "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" nichts.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. November 1995 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 19. März 1992 und vom 7. August 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 1992 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung des Ruhensbetrages bzw der Einkommensanrechnung die Einkünfte aus der Verpachtung des Betriebsgrundstückes an die Firma B. GmbH ab 1. September 1991 bis 31. Dezember 1993 nicht zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist unbegründet.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, nachdem der Kläger sein Begehren eingeschränkt hat, nur noch die gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Bescheide der Beklagten vom 19. März und 7. August 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 1992. Das SG hat insoweit die dagegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Diese Bescheide sind rechtmäßig; die Beklagte hat Einkünfte des Klägers aus Verpachtung eines Betriebsgrundstückes im streitgegenständlichen Zeitraum (1. September 1991 bis 31. Dezember 1993) zutreffend als Arbeitseinkommen auf seine Witwerrente angerechnet.

Nach dem durch § 22b AnVNG modifizierten, hier noch anwendbaren § 58 Abs 1 Satz 1 AVG (vgl § 300 Abs 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫) wird eine Witwerrente in Höhe von 40 vH desjenigen Betrages nicht gezahlt, um den das nach § 18c bis § 18e SGB IV ermittelte (eigene) Erwerbseinkommen des Witwers den Freibetrag nach § 58 Abs 1 Satz 2 AVG übersteigt. Insoweit "ruht" die Witwerrente (zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Grundgesetz ≪GG≫ vgl BSG SozR 2200 § 1281 Nr 1 mit Anm Plagemann, EWiR 1990, 501 f; SozR 3-2200 § 1281 Nr 1). Auf die Witwerrente anrechenbares Erwerbseinkommen in diesem Sinne sind Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen des Hinterbliebenen (vgl § 18a Abs 2 Satz 1 SGB IV). Was als Arbeitseinkommen anzusehen und wie dessen Höhe zu ermitteln ist, ergibt sich vorliegend aus § 15 SGB IV in seiner bis zum 31. Dezember 1994 gültig gewesenen und hier noch anwendbaren Fassung des Art 1 des Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 23. Dezember 1976 (BGBl I S 3845; neugefaßt durch Art 3 Nr 2 des Agrarsozialreformgesetzes 1995 ≪ASRG 1995≫ vom 29. Juli 1994, BGBl I S 1890 mit Wirkung vom 1. Januar 1995). Danach ist das Arbeitseinkommen der "nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit" (Satz 1). Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen (Satz 2).

§ 15 SGB IV aF enthält eine zwar weitgehende, aber keine uneingeschränkte Anknüpfung an das Einkommensteuerrecht (vgl BSG SozR 2100 § 15 Nr 10 mwN): Sozialversicherungsrechtlich beachtliche Einnahmearten sind im Zusammenhang mit der Anrechnung eigenen Einkommens auf Renten nur solche aus selbständiger Tätigkeit. Der Begriff des Arbeitseinkommens in § 15 SGB IV ist insoweit nicht deckungsgleich mit demjenigen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit iS des § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG), vielmehr umfaßt er (nur) alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten; das sind iS des Steuerrechts Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Tätigkeit sowie aus Land- und Forstwirtschaft (BSGE 57, 235, 238 = SozR 2200 § 180 Nr 19), nicht dagegen - von Ausnahmen abgesehen (dazu sogleich) - Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung oder sonstige Einkünfte iS des § 22 EStG (vgl BSGE 53, 242, 244 = SozR 2200 § 1248 Nr 36; BSGE 57, 235, 239 = SozR 2200 § 180 Nr 19 zum Kapitalverzehr). Einkünfte, die zivilrechtlich betrachtet aus Vermietung und Verpachtung resultieren, sind sozialversicherungsrechtlich (ausnahmsweise) dann als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit iS des § 15 SGB IV zu werten und damit Arbeitseinkommen, wenn die Vermietung oder Verpachtung als unselbständiger Teil der selbständigen Tätigkeit angesehen werden kann. Dies ist der Fall, wenn die Vermietung und Verpachtung wirtschaftlich gesehen von der selbständigen Tätigkeit nicht zu trennen ist, weil auch der Gewerbebetrieb mit dem verpachteten Gegenstand "wirtschaftet". Eine solche Ausnahme liegt hier vor.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat insoweit unter Hinweis auf § 20 Abs 3, § 21 Abs 3 EStG entschieden, daß Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs 1 Nr 5, § 20 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs 1 Nr 6, §§ 21, 21a EStG) und sonstige Einkünfte iS des § 22 EStG (§ 2 Abs 1 Nr 7 EStG) sozialversicherungsrechtliches Arbeitseinkommen sein können, soweit sie ihrerseits den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit zuzuordnen sind (vgl BSGE 58, 277, 280 = SozR 2100 § 15 Nr 8). Letzteres hat das BSG insbesondere für Einnahmen eines Versicherten aus Vermietung und Verpachtung von ihm gehörenden Grundstücken an eine GmbH angenommen, deren Betriebsleiter, Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Versicherte war; Arbeitseinkommen stellten diese Miet- und Pachteinnahmen nur dann nicht dar, wenn der Versicherte seine Geschäftsführertätigkeit aufgegeben und er sämtliche Geschäftsanteile, nicht aber die Grundstücke veräußert hätte. Das BSG hat weiter ausgeführt, es unterliege keinem Zweifel, daß auch die Einkünfte aus der Nutzung seiner dem Unternehmen dienenden Grundstücke als Arbeitseinkommen zu werten seien, wenn der Versicherte das Unternehmen als Einzelkaufmann betrieben oder er die Grundstücke durch Übereignung in die GmbH eingebracht hätte. Wenn er demgegenüber das Unternehmen gleichsam zum Teil als alleiniger Gesellschafter einer GmbH und zum Teil als Verpächter betreibe, rechtfertige dies keine andere Betrachtungsweise (BSGE 45, 244, 246 = SozR 2200 § 1248 Nr 19). Diese Rechtsprechung hat - worauf zurückzukommen ist - eine Parallele im Steuerrecht: Auch dort werden, sofern eine sog steuerrechtliche Betriebsaufspaltung vorliegt, Pacht- und Mieteinnahmen des Steuerpflichtigen als Einkünfte aus seinem - typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen - Gewerbebetrieb behandelt.

Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die Beklagte und das SG die Pachteinnahmen des Klägers ausgehend von der Beurteilung des Finanzamtes im Steuerbescheid als im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit innerhalb der B. GmbH zu wertendes Arbeitseinkommen angesehen haben. In diesem Zusammenhang ist es grundsätzlich Sache der Beklagten, aufgrund der ihr obliegenden Amtsermittlungspflicht (vgl § 20 Abs 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫) darzulegen, daß beim Hinterbliebenen seine Hinterbliebenenrente minderndes eigenes Erwerbseinkommen in Form von Arbeitseinkommen vorliegt. Dieser Darlegungslast genügt sie dadurch, daß sie bei der Frage, ob bestimmte Einnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder als solche aus Vermietung und Verpachtung anzusehen sind, auf die finanzamtlichen Feststellungen im Einkommensteuerbescheid zurückgreift. Dabei besteht allerdings mangels Vorliegens einer besonderen gesetzlichen Regelung keine strikte rechtliche Bindung an Entscheidungen der Finanzbehörden und der Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit iS einer Feststellungswirkung (vgl BSGE 45, 244, 245 = SozR 2200 § 1248 Nr 19; SozR 2200 § 180 Nr 30), denn es kann nicht außer acht bleiben, daß sich eine unrichtige steuerrechtliche Behandlung bestimmter Einnahmen für den Steuerpflichtigen steuerlich nicht unbedingt nachteilig auswirken muß, weil die Anwendung der einen oder der anderen Vorschrift an seiner Einkommensteuerpflicht nichts ändert und deshalb von der Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Steuerbescheid abgesehen wird. Hat der Steuerpflichtige/Versicherte den Einkommensteuerbescheid in einem solchen Fall (falsche Einordnung der Einkünfte) hingenommen, darf ihm das im Sozialversicherungsrecht nicht zwingend zum Nachteil gereichen (vgl BSG SozR 2200 § 180 Nr 30). Daraus folgt, daß im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren eine Übernahme der finanzamtlichen Feststellungen jedenfalls dann im einzelnen zu prüfen ist, dh die Sozialversicherungsträger und SGe eine eigene Beurteilung der Einkünfte vorzunehmen haben, wenn der Versicherte/Steuerpflichtige gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder die steuerrechtliche Bewertung des Finanzamtes schlüssige und erhebliche Einwendungen erhebt (vgl BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr 9 mwN). An letzterem fehlt es vorliegend.

Zwar hat sich der Kläger nach den Feststellungen des SG gegen die Übernahme der finanzamtlichen Beurteilung seiner Pachteinnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gewandt und dies damit begründet, es liege keine sog Betriebsaufspaltung vor; das SG ist diesem Vorbringen nach Einholung einer weiteren Auskunft des Finanzamtes indessen mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Rechtsinstitut der sog Betriebsaufspaltung und den Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift des § 58 AVG zu Recht nicht gefolgt.

Das steuerrechtliche Institut der (sog unechten) Betriebsaufspaltung beschreibt eine Rechtslage, bei der eine ihrer Art nach an sich nicht gewerbliche Betätigung einer natürlichen Person, nämlich das Vermieten oder Verpachten von Wirtschaftsgütern, verbunden mit der Ausübung von Rechten aus Anteilen an Kapitalgesellschaften zum Gewerbebetrieb iS von § 15 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 EStG wird. Voraussetzung hierfür ist, daß eine enge sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem Vermieter/Verpächter (sog Besitzunternehmen) und einer gewerblichen Betriebsgesellschaft (sog Betriebsunternehmen) besteht, so daß sich die Vermietung/Verpachtung von Wirtschaftsgütern an ein anderes Unternehmen als eine über die Verwaltung und Nutzung hinausgehende gewerbliche Tätigkeit darstellt (Schmidt, Einkommensteuergesetz, Komm, 15. Aufl 1996, § 15 Rz 800 mwN; BFHE 174, 80, 81). Ist der Tatbestand der Betriebsaufspaltung erfüllt, betreibt nicht nur die Betriebsgesellschaft, sondern auch das Besitzunternehmen einen Gewerbebetrieb iS des Einkommensteuerrechts. Der Unternehmer des Besitzunternehmens hat in diesem Fall hinsichtlich des an die Betriebsgesellschaft vermieteten/verpachteten Wirtschaftsgutes (zB eines Grundstücks) keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern gewerbliche Einkünfte (vgl im einzelnen Schmidt, aaO, Rzn 869 ff). Die personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen liegt vor, wenn eine oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrschen, daß sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen (BFHE 174, 80, 81; Schmidt, aaO, Rzn 820 ff). Die sachliche Verflechtung setzt voraus, daß der Betriebsgesellschaft materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter auf schuldrechtlicher oder dinglicher Rechtsgrundlage zur Nutzung überlassen werden und diese Wirtschaftsgüter eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebsunternehmens sind, dh sie müssen nach dem Gegenstand der Verhältnisse zur Erreichung des Betriebszweckes erforderlich sein und besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzen (Schmidt, aaO, Rz 808 mwN). Mit Urteil vom 29. Oktober 1991 (BFHE 166, 82) konkretisierte der BFH dies für Grundstücke dahingehend, daß diese dann keine wesentliche Betriebsgrundlage sind, wenn das Betriebsunternehmen jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Grundstück mieten oder kaufen könne. Mit Urteil vom 26. Mai 1993 (BFHE 171, 476) hat der BFH diese Rechtsprechung wieder aufgegeben und entschieden, daß insoweit lediglich auf die wirtschaftliche Bedeutung des Grundstücks für das Betriebsunternehmen abzustellen ist; dies sei insbesondere anzunehmen, wenn das Betriebsgrundstück in seiner Betriebsführung auf das ihm zur Nutzung überlassene Grundstück angewiesen ist, weil die Betriebsführung durch die Lage des Grundstücks bestimmt wird, oder das Grundstück auf die Bedürfnisse des Betriebes zugeschnitten ist (vor allem, wenn die aufstehenden Baulichkeiten für die Zwecke des Betriebsunternehmens hergerichtet oder gestaltet worden sind), oder das Betriebsunternehmen aus anderen innerbetrieblichen Gründen ohne ein Grundstück dieser Art den Betrieb nicht fortführen könnte; soweit nach der früheren Rechtsprechung im zuletzt genannten Fall eine wirtschaftliche Bedeutung nur dann angenommen worden sei, wenn am Grundstücksmarkt nicht jederzeit ein gleichwertiges Grundstück gemietet oder gekauft werden könne (vgl BFH, Urteile vom 29. Oktober 1991, BFHE 166, 82, 84 und vom 26. Juni 1992 - III R 91/88, BFH/NV 1993, 167; weitere Nachweise bei BFHE 171, 476, 478), sei dieser Ansicht nicht mehr zu folgen, weil sie ohne sachlichen Grund zu einer hypothetischen Betrachtung zwinge, die nichts über die allein beachtliche wirtschaftliche Bedeutung des konkret genutzten Grundstücks für das Betriebsunternehmen aussage; die Entbehrlichkeit eines Betriebsgrundstücks lasse sich nicht nach den Verhältnissen am Grundstücksmarkt beurteilen; vielmehr sei auf die (konkrete) innerbetriebliche Struktur des Betriebsunternehmens abzustellen.

Im Hinblick auf diese Rechtsprechung war dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungs- und sinngemäß auch im Verfahren vor dem SG nicht zu folgen. Nach seinem Vortrag hat die Voraussetzung einer sachlichen Verflechtung für eine Betriebsaufspaltung von Anfang an nicht vorgelegen, weil ein bebautes Grundstück nur dann als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen sei, wenn der Betrieb so von dem Grundstück abhängig ist, daß dieser nicht in gleicher Weise an einem anderen Ort fortgeführt werden könne; das von ihm verpachtete Betriebsgrundstück sei für die B. GmbH indessen austauschbar, da durch Anmieten oder Kauf ein für die Belange der GmbH geeignetes gleichwertiges Grundstück jederzeit am Markt beschafft werden könnte. Insoweit konnte nicht unberücksichtigt bleiben, daß der BFH mit Urteil vom 26. Mai 1993 (BFHE 171, 476) den Rechtssatz aufgestellt hat, daß eine sachliche Verflechtung nicht bereits dadurch ausgeschlossen wird, daß das Betriebsunternehmen jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Grundstück mieten oder kaufen könnte. Selbst wenn das Vorbringen des Klägers (das verpachtete Betriebsgrundstück sei für die B. GmbH jederzeit austauschbar) also in der Sache zutreffend gewesen wäre, hätte dies nach den in BFHE 171, 476 aufgestellten und letztlich maßgeblichen Kriterien nicht zwingend zum Ausschluß einer sachlichen Verflechtung geführt; sonstige, gegen eine sachliche Verflechtung sprechende Umstände hat das SG nicht festgestellt. Soweit der Kläger vor dem SG im übrigen vorgetragen hat, es könne nicht sein, daß er nur deshalb Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele, weil er derzeit kein Ersatzgrundstück zur Verpachtung an sein Betriebsunternehmen beschaffen könne, steht dies der Annahme einer sachlichen Verflechtung erst recht nicht entgegen. Vielmehr läge bei Richtigkeit dieses tatsächlichen Vorbringens ein Sachverhalt vor, der selbst nach der mittlerweile aufgegebenen Rechtsprechung des BFH nicht gegen, sondern gerade für die Annahme einer sachlichen Verflechtung spräche. Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, ob das zuletzt genannte Vorbringen des Klägers (tatsächlich oder nur scheinbar) im Widerspruch zu seiner Behauptung stand, das Grundstück sei für die Firma B. GmbH austauschbar, da durch Anmieten oder Kauf am Markt jederzeit ein für die Belange gleichwertiges Grundstück beschafft werden könne.

Nach den bindenden Feststellungen des SG (vgl § 163 SGG) hat der Kläger somit weder im Verwaltungs- noch im Verfahren vor dem SG einen Sachverhalt aufgezeigt, der auf eine Unrichtigkeit der steuerrechtlichen Beurteilung seiner Pachteinnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb hindeuten oder einer Übernahme der finanzamtlichen Beurteilung sonst entgegenstehen könnte. Ebensowenig ist dargetan, daß der Kläger im streitigen Zeitraum nicht (mehr) aktiv an den Geschäften und der Betriebsführung der GmbH teilgenommen hat oder er insoweit keiner mit persönlichem Einsatz verbundenen Tätigkeit mehr nachgegangen ist.

Nach allem ist es nicht zu beanstanden, daß die Beklagte und das SG die Pachteinnahmen des Klägers als durch persönlichen Einsatz erzielte, mit seiner selbständigen Tätigkeit wirtschaftlich verbundene und davon nicht zu trennende Einkünfte angesehen und sie somit als eigenes Erwerbseinkommen iS des § 18a Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGB IV gewertet haben. Die Beklagte war daher auch berechtigt, ihren ursprünglichen Rentenbewilligungsbescheid vom 15. November 1990, mit dem noch keine Kürzung des Rentenauszahlungsbetrages wegen anzurechnenden Einkommens vorgenommen worden war, nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X (iVm § 18a Abs 2 Nr 1, § 18b Abs 2 SGB IV) mit Wirkung ab 1. September 1991 insoweit aufzuheben, als der tatsächliche Zahlbetrag den dem Kläger (nach Kürzung) zustehenden Zahlbetrag überstieg; sie hat damit zu Recht auch die bis 31. März 1992 entstandene Überzahlung nach § 50 SGB X in Höhe von 359,45 DM zurückgefordert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1173758

DStR 1998, 218

SozR 3-2400 § 15, Nr.4

SozSi 1998, 238

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