Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Ruhen. italienische Altersrente. ausländische Sozialleistung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine italienische Altersrente ist auch dann gemäß § 142 AFG iVm § 118 Abs 1 Nr 4 AFG einer deutschen Altersrente vergleichbar, wenn sie als sogenannte Pro-rata-temporis-Leistung gezahlt wird und die Wartezeit nur mit Hilfe nicht-italienischer Zeiten erfüllt war; ihre Zuerkennung führt zum vollständigen Ruhen eines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe (Fortführung von BSG vom 8.7.1993 – 7 RAr 64/92 = BSGE 73, 10ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4).

Stand: 24. Oktober 2002

 

Normenkette

AFG § 118 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1989-12-18, § 134 Abs. 4, § 142 Fassung: 1992-12-18; EWGV 1408/71 Art. 12 Abs. 2, Art. 46; SGB III § 142 Abs. 1 Nr. 4, § 202 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 11.12.1996; Aktenzeichen L 12 Ar 289/95)

SG Duisburg (Entscheidung vom 04.10.1995; Aktenzeichen S 14 Ar 57/94)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 1996 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 1/7 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt (noch) die Zahlung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 20. Dezember 1993 bis 31. März 1994.

Der 1931 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger und war zuletzt bis 30. April 1991 beschäftigt. Vom 1. Mai 1991 bis 26. Juni 1993 bezog er Arbeitslosengeld (Alg), anschließend ab 27. Juni 1993 Alhi in Höhe von 286,80 DM wöchentlich (Bescheid vom 9. Juni 1993: Bewilligung bis 31. März 1994). Nachdem der Beklagten im November 1993 von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schwaben mitgeteilt worden war, daß dem Kläger vom italienischen Rentenversicherungsträger (Istituto nationale della previdenza sociale ≪INPS≫) mit Bescheid vom 28. Juli 1993 eine Altersrente rückwirkend ab April 1991 zugebilligt worden war, stellte sie die Zahlung von Alhi ab 7. Dezember 1993 ein. Später hob sie die Bescheide über die Bewilligung von Alg mit Wirkung ab 1. Mai 1991 und von Alhi mit Wirkung ab 27. Juni 1993 in vollem Umfang auf, ohne jedoch vom Kläger Leistungen zurückzuverlangen (Bescheid vom 16. Dezember 1993; Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 1994).

Die erstinstanzlich auf die Aufhebung des Bescheids vom 16. Dezember 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Februar 1994 mit Wirkung ab 7. Dezember 1993 beschränkte Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 4. Oktober 1995; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 11. Dezember 1996). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) die Bewilligung von Alhi aufgehoben, weil der Alhi-Anspruch gemäß § 134 Abs 4 Sätze 1 und 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm §§ 118 Abs 1 Nr 4, 142 AFG wegen der vom italienischen Rentenversicherungsträger gezahlten Pro-rata-temporis-Altersrente zum Ruhen gekommen und damit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten sei.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG. Das LSG habe nicht berücksichtigt, daß die ihm (dem Kläger) zugebilligte Altersrente in Höhe von etwa 120,00 DM monatlich nach Art 44 bis 49 der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (EWGV 1408/71), berechnet worden sei. Es seien nur die in Italien zurückgelegten Zeiten, die allein für einen Anspruch auf italienische Altersrente (Mindestwartezeit von 15 Jahren) nicht genügt hätten, für die Höhe der Rente berücksichtigt worden. Dagegen seien die in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten nicht in die Berechnung der Rentenhöhe eingeflossen, und eine deutsche Altersrente erhalte er erst seit 1. Dezember 1994. Es fehle deshalb an der Vergleichbarkeit mit den in § 118 Abs 1 Nr 4 AFG genannten öffentlich-rechtlichen Bezügen. Wolle man dies anders sehen, sei Art 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGVtr) – Freizügigkeit von Wanderarbeitnehmern – verletzt. Die ihm (dem Kläger) gezahlte Altersrente dürfe den Alhi-Anspruch nicht in vollem Umfang zum Ruhen bringen; ähnliches habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) durch Urteil vom 7. Mai 1988 (BAGE 58, 260 ff) für den Fall des Zusammentreffens von Vorruhestandsgeld (Vog) und italienischer Altersrente entschieden.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Februar 1994 aufzuheben, soweit diese die Zeit vom 20. Dezember 1993 bis 31. März 1994 betreffen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und verweist auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Vergleichbarkeit der italienischen Altersrente mit den in § 118 Abs 1 Nr 4 AFG genannten öffentlich-rechtlichen Bezügen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫); das Urteil des LSG beruht, soweit es den noch streitigen Zeitraum betrifft, nicht auf einer Gesetzesverletzung.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Februar 1994 nur noch insoweit, als er die Zeit nach Bekanntgabe des Bescheids vom 16. Dezember 1993 (§§ 39 Abs 1, 37 Abs 2 SGB X) bis zum Ende des Bewilligungszeitraums betrifft (20. Dezember 1993 bis 31. März 1994).

Verfahrensfehler, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind, stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere war die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil gemäß §§ 143, 144 SGG in der seit 1. März 1993 geltenden Fassung mit Rücksicht auf den Gegenstandswert von über 1.000,00 DM statthaft.

In der Sache ist der angefochtene Bescheid, soweit er die Zeit ab 20. Dezember 1993 betrifft, von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung, wenn der ursprüngliche Verwaltungsakt nach neuer Sach- und Rechtslage mit dem gleichen Inhalt nicht mehr ergehen könnte (vgl nur BSG SozR 1300 § 48 Nr 22).

Die nach der Alhi-Bewilligung erfolgte Zuerkennung der Altersrente durch den INPS stellt eine wesentliche Änderung in diesem Sinne dar; denn der Alhi-Anspruch des Klägers ruhte in der streitigen Zeit gemäß § 134 Abs 4 Sätze 1 und 3 AFG (idF, die § 134 AFG durch das Gesetz zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen – AFGuaÄndG – vom 18. Dezember 1992 – BGBl I 2044 – erhalten hat) iVm § 118 Abs 1 Nr 4 (idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung – RRG 1992 – vom 18. Dezember 1989 – BGBl I 2261) und § 142 AFG (idF des AFGuaÄndG) in vollem Umfang, und zwar unabhängig davon, ob neben der Zuerkennung der Altersrente auch deren Zahlung erforderlich ist oder ob der Anspruch auf die Leistung genügt (vgl: BSGE 70, 51 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 3; BSG SozR 4100 § 118 Nr 10). Denn vorliegend jedenfalls ist eine Zahlung für den streitigen Zeitraum erfolgt. Für die Frage, ob eine wesentliche Änderung iS von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X anzunehmen ist, ist es ohne Bedeutung, ob der Anspruch auf die Sozialleistung – hier auf die Alhi – wegfällt oder nur ruht; entscheidend ist allein, daß die Alhi nicht mehr ausgezahlt werden durfte (vgl BSGE 74, 287, 291 = SozR 3-1300 § 48 Nr 33). Streitig ist ferner nur noch die Aufhebung der Alhi-Bewilligung mit Wirkung für die Zukunft, weil der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Aufhebungsbescheids die Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft iS des § 48 Abs 1 SGB X markiert (BSGE 41, 189, 190 = SozR 1300 § 48 Nr 31; BSGE 77, 253, 265 = SozR 3-8570 § 13 Nr 1; BSGE 62, 103, 105 = SozR 1300 § 48 Nr 39; BSG SozR 1300 § 48 Nr 28; BSG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 11 RAr 99/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Gemäß § 118 Abs 1 Nr 4 AFG ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt ist. Diese Ruhensregelung gilt über § 134 Abs 4 Satz 1 AFG gleichermaßen für den Alhi-Anspruch; lediglich die Anwendung des § 118 Abs 2 AFG mit seiner Privilegierung von Alg-Empfängern bei „erwerbsfreundlicher” Leistung iS des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG (vgl BSGE 73, 10, 13 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4) ist nach § 134 Abs 4 Satz 3 AFG ausgeschlossen. Nach § 142 AFG tritt die bezeichnete Ruhenswirkung auch „wegen eines vergleichbaren Anspruchs ein, den ein ausländischer Träger zuerkannt hat.”

Vorliegend ist das Ruhen des Alhi-Anspruchs zu bejahen, weil die dem Kläger vom INPS bewilligte Altersrente einen der deutschen Altersrente vergleichbaren Anspruch darstellt; diese Rechtsfolge ergibt sich nicht aus der Anwendung des Art 12 Abs 2 EWGV 1408/71, sondern des § 142 AFG, weil Art 12 Abs 2 EWGV 1408/71 nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nur die Konkurrenz von Ansprüchen regelt, die auf dem Gemeinschaftsrecht beruhen; bei einem allein nach nationalem Recht begründeten Anspruch – hier der Alhi – greift er nicht ein (vgl: BSGE 73, 10, 11 f mwN = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 11 RAr 95/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen; BT-Drucks 12/3211, S 27 zu Nr 43). Andererseits verstößt § 142 AFG als nationale Antikumulationsvorschrift für einen allein nach nationalen Vorschriften begründeten Anspruch entgegen der Ansicht des Klägers nicht gegen den EGVtr (vgl BSGE 73, 10, 12 mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des EuGH = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Diese rechtliche Beurteilung kann ohne Vorabentscheidung des EuGH nach Art 177 Abs 3 EGVtr erfolgen, weil die Auslegung der entscheidungserheblichen Normen des Gemeinschaftsrechts durch die bisherige Rechtsprechung des EuGH bereits geklärt ist (vgl BSGE 73, 10, 12 f mwN = SozR 3-4100 § 118 Nr 4).

Der Anwendung des § 142 AFG steht weder § 242m Abs 9 AFG (idF des AFGuaÄndG) noch der Umstand entgegen, daß der erkennende Senat für vor dem 1. Januar 1993 liegende Zeiträume unter den Terminus der ähnlichen Leistungen öffentlich-rechtlicher Art iS des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG unmittelbar schon ausländische Leistungen, insbesondere die nach italienischem Recht gezahlte Altersrente, subsumiert hat (BSGE 73, 10, 13 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSG, Urteil vom 6. Mai 1994 – 7 RAr 70/92 –, unveröffentlicht). Seit Inkrafttreten des § 142 AFG am 1. Januar 1993 kann § 118 Abs 1 Nr 4 AFG mit der Bezeichnung „ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art” ausländische Leistungen nicht mehr unmittelbar erfassen; die diesbezügliche Rechtsprechung des Senats ist damit überholt.

Mit § 142 AFG hat nämlich der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des EuGH zu Art 12 Abs 2 EWGV 1408/71 reagiert (BT-Drucks 12/3211, S 27 zu Nr 43; BSG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 11 RAr 95/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) und in Anlehnung an entsprechende Regelungen im Recht der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung eine umfassende nationale Antikumulationsvorschrift für das Arbeitsförderungsrecht geschaffen (BSGE 73, 10, 15 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Damit ist eine Gleichstellung der Empfänger ausländischer Leistungen mit Empfängern deutscher Sozialleistungen bezweckt, die eine Besserstellung der Empfänger ausländischer Leistungen vermeiden soll (BSGE 73, 10, 14 f = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 11 RAr 95/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Bei Inkrafttreten des § 142 AFG war die Entscheidung des Senats vom 8. Juli 1993 (BSGE 73, 10 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4) noch nicht ergangen, die allein wegen der in § 118 Abs 1 Nr 4 AFG enthaltenen Öffnungsklausel (ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art) unter Berücksichtigung teleologischer Gesichtspunkte (Gleichheitsgrundsatz) auch ausländische Leistungen einbezogen hat (BSGE 73, 10, 13 f = SozR 3-4100 § 118 Nr 4), obwohl bei Schaffung des § 118 AFG an ausländische Leistungen nicht gedacht worden sein dürfte (BSGE 73, 10, 14 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4); mit Inkrafttreten des § 142 AFG kann dann aber § 118 Abs 1 Nr 4 AFG nicht mehr unmittelbar auf ausländische Leistungen angewandt werden. Dementsprechend enthält auch der am 1. Januar 1998 in Kraft tretende § 142 Abs 1 Nr 4 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) denselben Terminus der „ähnlichen Leistungen öffentlich-rechtlicher Art” bei der gleichzeitigen Anordnung in Abs 3, daß die Absätze 1 und 2 auch für einen vergleichbaren Anspruch auf eine andere Sozialleistung gelten sollen, den ein ausländischer Träger zuerkannt hat; den Gesetzesmaterialien ist hierzu der Hinweis zu entnehmen, die Regelung entspreche im wesentlichen dem geltenden Recht (BT-Drucks 13/4941, S 180 zu § 142). Mithin ist seit 1. Januar 1993 bei Anwendung des § 142 AFG bzw des § 142 Abs 3 SGB III zu unterscheiden, ob eine ausländische Leistung einerseits einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer Knappschaftsausgleichsleistung und ob sie andererseits mit der einer solchen Altersrente oder Knappschaftsausgleichsleistung „ähnlichen Leistung öffentlich-rechtlicher Art” vergleichbar ist.

Die Anwendung des § 142 AFG scheitert auch nicht an § 242m Abs 9 AFG. Danach ist § 142 AFG für Ansprüche auf Alg nicht anzuwenden, wenn der Arbeitslose innerhalb der Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage vor dem 1. Januar 1993 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat. Diese Vorschrift gilt nicht für den Alhi-, sondern ausschließlich für den Alg-Anspruch, wie sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch aus Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien und ihrer Systematik ergibt. Begründet wurde die Nichtanwendung des § 142 AFG auf Alg-Ansprüche damit, daß die Regelung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 12. Februar 1986 – 1 BvL 39/83 – (BVerfGE 72, 9) berücksichtige, wonach der Anspruch auf Alg sowie die Rechtsposition solcher Versicherter durch die Eigentumsgarantie des Art 14 Grundgesetz (GG) geschützt seien, die innerhalb der Rahmenfrist die Anwartschaftszeit erfüllt haben, wie diese sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt (BT-Drucks 12/3211, S 29 zu Nr 52 Abs 6). Anders als der Alg-Anspruch bzw die Alg-Anwartschaft unterfällt indes der Alhi-Anspruch nicht der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG (vgl nur BSGE 73, 10, 17 mwN = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Im übrigen zeigen die Regelungen in § 242m Abs 7 und 8 AFG, daß der Gesetzgeber auch formal zwischen dem Alg-Anspruch und sonstigen Lohnersatzleistungen nach dem AFG unterschieden hat. Ab 1. Januar 1993 gilt deshalb § 142 AFG für die Alhi übergangslos, und zwar auch für die Fälle der Anschluß-Alhi, bei denen der Arbeitslose vor dem 1. Januar 1993 innerhalb der Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat (im Ergebnis auch BSG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 11 RAr 95/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Die dem Kläger vom INPS gewährte Altersrente ist mit einer deutschen Altersrente iS des § 142 AFG vergleichbar. Die Frage, ob begrifflich Vergleichbarkeit eher anzunehmen ist als Ähnlichkeit, kann offenbleiben, ist auch nicht von entscheidender Bedeutung. Denn bei der Beurteilung, ob eine ausländische Leistung – hier die vom INPS gezahlte Altersrente – den in § 118 Abs 1 Nr 4 AFG genannten Altersrenten vergleichbar ist, geht es in der Sache darum, den Inhalt fremder Sozialrechtsvorschriften auf Sozialrechtsverhältnisse zu inländischen Sozialleistungsträgern zu übertragen (vgl Schuler, Das Internationale Sozialrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 1988, S 269). Die Anwendung des § 142 AFG erfordert damit eine rechtsvergleichende Qualifizierung von Funktion und Struktur der beiden Leistungsarten (Schuler, aaO, S 271 f und 464; Rheinstein, Einführung in die Rechtsvergleichung, 2. Aufl 1987, S 25 ff). Vergleichbarkeit ist dann anzunehmen, wenn die ausländischen Leistungen in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entsprechen, dh nach Motivation und Funktion gleichwertig sind (BSGE 68, 184, 186 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2; BSGE 73, 10, 16 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; vgl auch Eichenhofer, Internationales Sozialrecht, 1994, Rz 389). Da indes eine völlige Identität kaum denkbar ist, muß sich diese Beurteilung notwendigerweise auf bestimmte Eigenschaften beider Leistungsarten beschränken und andere als unwesentlich für den Vergleich ausscheiden (Mössner, AöR 99, 193, 197; Krüger in Festschrift für Kriele, 1997, 1393, 1396; Schuler, aaO, S 269). Maßgeblicher Gesichtspunkt sind die Essentialia der nationalen Norm, also deren Funktion und Struktur nach nationalem Verständnis (BSGE 68, 184, 187 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2 mwN; BSG SozR 3-2400 § 18a Nr 1; BSG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 11 RAr 95/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen; Schuler, aaO, S 269, 271 f, 464 und 831; Eichenhofer, Internationales Sozialrecht und Internationales Privatrecht, 1987, S 236 f; ders, Internationales Sozialrecht, 1994, Rz 184).

Unter diesem Blickwinkel ist die Rechtsprechung des Senats zur Anwendung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG (vgl BSGE 73, 10 ff mwN = SozR 3-4100 § 118 Nr 4) fortzuentwickeln, weil sie mit ihren Kriterien (Leistungsgewährung durch einen öffentlichen Träger, Anknüpfen der Leistung an das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze, Lohnersatz nach einer im allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption) ursprünglich nur zur Bestimmung der Ähnlichkeit zweier nationaler Leistungen ergangen ist (BSGE 71, 177 ff = SozR 4100 § 118 Nr 2) und erst später – unter Heranziehung des Art 12 Abs 2 EWGV 1408/71 – ohne Modifikation auf die ausländischen Leistungen übertragen worden ist (BSG SozR 4100 § 118 Nr 3; BSG, Urteil vom 3. November 1976 – 7 RAr 115/75 –, DBlR Nr 2135a zu § 118 AFG; Urteil vom 3. November 1976 – 7 RAr 2/76 –, unveröffentlicht; Hohnerlein, SGb 1995, 191 f), bevor sie schließlich ausländische Leistungen als unmittelbar von § 118 Abs 1 Nr 4 AFG erfaßt angesehen hat (BSGE 73, 10 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSG, Urteil vom 6. Mai 1994 – 7 RAr 70/92 –, unveröffentlicht). Die strukturelle und funktionale Ähnlichkeit zweier nationaler Leistungen ist indes ungleich leichter festzustellen. So kann etwa der Gesichtspunkt der zu vermeidenden Doppelbelastung des Sozialversicherungssystems (BSGE 73, 10, 13 mwN = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSG SozR 4100 § 118 Nr 9 mwN; BSG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 11 RAr 95/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) von vornherein für die Vergleichbarkeit einer ausländischen Leistung mit einer nationalen Leistung keine Bedeutung gewinnen; gleichwohl muß vermieden werden, daß die Bezieher ausländischer gegenüber denjenigen nationaler Leistungen bessergestellt werden.

Auszugehen ist deshalb bei der Prüfung der Vergleichbarkeit der dem Kläger gezahlten Altersrente mit einer deutschen Altersrente vom Ziel des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG: Personen, die Altersruhegeld (jetzt Altersrente) aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Knappschaftsausgleichsleistung bzw Erwerbsunfähigkeitsrente nach deutschem Recht beziehen, müssen als aus dem Erwerbsleben ausgeschieden gelten (BT-Drucks V/2291, S 57). Der Gesetzgeber ging mithin typisierend davon aus, daß Altersruhegeldempfänger (jetzt Altersrentenempfänger) versicherungsmäßig versorgt sind und der Arbeitsvermittlung regelmäßig nicht mehr zur Verfügung stehen (vgl BT-Drucks V/2291, S 82 zu § 108 Nr 3). Das AFG verfolgte damit ein vom Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) abweichendes Konzept einer Risikoabgrenzung: Zum einen sollten Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, gänzlich von Ansprüchen auf Alg und Alhi ausgeschlossen werden (BT-Drucks V/2291, S 57); zum anderen sollten diesen allein aufgrund des Alters aus dem Leistungsbezug ausscheidenden Arbeitnehmern (§ 100 Abs 2 AFG) diejenigen gleichgestellt werden, die Altersruhegeld (jetzt Altersrente) schon vor Vollendung des Regelalters von 65 Jahren in Anspruch nehmen und damit typischerweise dokumentieren, daß sie aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind.

Daß die vorgenannte Typisierung der entscheidende Grund für das Ruhen des Alg-Anspruchs nach § 118 Abs 1 Nr 4 AFG ist, wird durch die späteren Gesetzesänderungen bestätigt. So wurde mit dem 21. Rentenanpassungsgesetz vom 25. Juli 1978 (BGBl I 1089) dem § 118 Abs 1 Satz 1 AFG neben einem Satz 2 ein Satz 3 angefügt; danach sollte ua der Anspruch auf Alg nur bis zur Höhe der zuerkannten Leistung ruhen, wenn diese Leistung auch während einer Beschäftigung und ohne Rücksicht auf die Höhe des Arbeitsentgelts gewährt wird. Begründet wurde diese Regelung, die nunmehr in § 118 Abs 2 Nr 2 Buchst b AFG enthalten ist, damit, es werde sichergestellt, daß der Arbeitslose, der noch nicht aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei, insgesamt mindestens eine Leistung in Höhe des Alg erhalte (BT-Drucks 8/1734, S 37 zu § 7 Nr 2). Gemäß § 134 Abs 2 Satz 3 AFG (jetzt § 134 Abs 4 Satz 3 AFG) sollte diese Privilegierung jedoch nicht für die Alhi-Empfänger gelten, weil es sich bei der Alhi im Gegensatz zur Versicherungsleistung des Alg um eine nachrangige Sozialleistung, ausgerichtet an die Bedürftigkeitskriterien, handele (BT-Drucks 8/1734, S 37 zu § 7 Nr 3; BSGE 73, 10, 14 und 19 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). Der Sinn der ursprünglichen Regelung, nämlich beim Bezug von Altersruhegeld typisierend ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und fehlende Verfügbarkeit zu unterstellen, wurde durch die bezeichnete Privilegierung geradezu unterstrichen. Dies gilt um so mehr, als die Vorschrift nicht einmal ihren Hauptanwendungsfall, die Altersruhegelder (jetzt Altersrenten) erfaßte und erfaßt, weil diese nur gewährt wurden bzw werden, wenn die Hinzuverdienstgrenzen (vgl § 34 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – ≪SGB VI≫) nicht überschritten werden (vgl hierzu Düe in Niesel, AFG, 2. Aufl 1997, Rz 30 zu § 118).

Das RRG 1992 schuf dann mit § 118 Abs 2 Nr 2 Buchst a AFG sogar eine Sonderregelung für den Fall der im SGB VI normierten Teilaltersrente (§ 42 SGB VI). Abweichend von Abs 1 soll der Alg-Anspruch erst mit Ablauf des dritten Kalendermonats nach Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg ruhen, wenn dem Arbeitslosen für die letzten sechs Monate einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung eine Teilrente oder eine ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt ist. Auch diese Regelung bestätigt das gewonnene Ergebnis: Selbst beim Bezug einer Teilrente gilt der Grundsatz des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG; denn Abs 2 Nr 2 Buchst a setzt gerade voraus, daß auch eine Teilrente ruhensbegründend ist (Düe in Niesel, aaO, Rz 21 zu § 118). Nicht zuletzt greifen die am 1. Januar 1998 in Kraft tretenden §§ 142 Abs 1 Nr 4 und Abs 2 Nr 2, 202 Abs 2 SGB III die bisherigen §§ 118 Abs 1 Nr 4 iVm Abs 2 Nr 2, 134 Abs 4, Sätze 1 und 3 AFG ohne inhaltliche Änderung auf (vgl BT-Drucks 13/4941, S 180 zu § 142 und S 190 zu § 200).

All diese Vorschriften des AFG und des SGB III stellen sich erkennbar als Normen zur Abgrenzung bestimmter sozialrechtlicher Risikobereiche dar. Alhi-Empfänger und Bezieher einer „nichterwerbsfreundlichen” Altersrente sind bei Bedürftigkeit zusätzlich auf Sozialhilfe angewiesen, die zumindest das Existenzminimum sichert (vgl BSGE 73, 10, 19 = SozR 3-4100 § 118 Nr 4). In Fortführung dieser Konzeption wurde dem § 134 AFG durch das Gesetz zur Reform des Rechts der Alhi vom 24. Juni 1996 (BGBl I 878) ein Abs 3c eingefügt, wonach das Arbeitsamt den Arbeitslosen, der in absehbarer Zeit die Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente wegen Alters voraussichtlich erfüllt, auffordern soll, diese Rente innerhalb eines Monats zu beantragen; dies gilt nur für diejenigen Altersrenten nicht, die vor dem für den Versicherten maßgebenden Rentenalter in Anspruch genommen werden können (vgl hierzu Kärcher in Niesel, aaO, Rz 88 bis 92 zu § 134).

Ist der entscheidende Gesichtspunkt für das Ruhen des Alhi-Anspruchs bei Bezug einer nationalen Altersrente, daß typisierend ein Ausscheiden des Rentenempfängers aus dem Erwerbsleben unterstellt wird, so gilt dies in gleicher Weise für den Empfänger einer italienischen Altersrente, und zwar gleichgültig, ob es sich um eine allein nach nationalen italienischen Vorschriften berechnete bzw erworbene Altersrente, oder um eine Pro-rata-temporis-Altersrente nach der EWGV 1408/71 handelt (vgl zur Pro-rata-temporis-Altersrente nach italienischem Recht bereits das Senatsurteil vom 3. November 1976 – 7 RAr 115/75 –, DBlR Nr 2135a zu § 118 AFG). Bei dem notwendigen Vergleich zwischen der nationalen Altersrente und der vom INPS gezahlten Altersrente hat der Senat von den bindenden Feststellungen des LSG zum ausländischen Recht auszugehen (vgl nur BSGE 68, 184, 187 f = SozR 3-2400 § 18a Nr 2; BSG SozR 3-2400 § 18a Nr 1; BSG, Urteil vom 29. April 1997 – 8 RKn 6/96 – mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Insoweit hat das LSG nur die Feststellung getroffen, es gelte rentenrechtlich dieselbe Rechtslage wie die, die dem Senatsurteil vom 8. Juli 1993 (BSGE 73, 10 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4) zugrunde lag, weil das italienische Rentenreformgesetz (vgl hierzu Hohnerlein, ZIAS 1994, 146 ff) die Rente des Klägers, die schon vor Inkrafttreten dieser Rentenreform am 1. Januar 1993 eingesetzt habe, nicht berührt habe. Bereits in der bezeichneten Entscheidung hat der Senat indes dargelegt, daß die nach italienischem Recht gezahlte Altersrente einen Bezug öffentlich-rechtlicher Art darstellt und strukturell und konzeptionell typische Merkmale aufweist wie die deutsche Altersrente. Gerade diese strukturelle und konzeptionelle Gleichheit (Bezug erst ab dem 60. Lebensjahr – Regelalter –, Lohnersatzcharakter, Leistungsberechnung nach Entgelt- und Zeitfaktor) läßt typisierend den Schluß darauf zu, daß auch der Bezieher einer italienischen Altersrente – ob in Form einer nationalen oder einer supranationalen Leistung – aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist; daß der Bezug einer italienischen Altersrente vor 1993 die vorherige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht voraussetzte, ist dabei nicht von Belang (vgl aber zur Rechtslage ab 1. Januar 1993: Hohnerlein, ZIAS 1994, 146, 156; dieselbe, SGb 1995, 191, 194). Entgegen der Ansicht des Klägers (vgl auch die Kritik an der Rechtsprechung des Senats von Hohnerlein, SGb 1995, 191 ff) tritt damit die Frage in den Hintergrund, ob die als Lohnersatzleistung gedachte, vom INPS gezahlte Altersrente – auch die Pro-rata-temporis-Leistung – tatsächlich geeignet ist, den Lebensunterhalt sicherzustellen. Es bedarf außerdem keiner Prüfung, weshalb der Kläger vorliegend nicht die Mindestrente nach italienischem Recht bezieht (vgl hierzu Hohnerlein, SGb 1995, 191, 194).

Dem Argument des Klägers, die italienische Pro-rata-temporis-Altersrente könne nicht zum vollständigen Ruhen der Alhi führen, weil sie nicht das gesamte Erwerbsleben widerspiegele, sondern sich auf die in Italien zurückgelegten Zeiten einer Erwerbstätigkeit beschränke, kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil andernfalls die Bezieher einer nach rein nationalem italienischen Recht berechneten Altersrente benachteiligt würden, wenn sie die Pro-rata-temporis-Leistung nur deshalb nicht erhalten, weil die ausschließlich aus nationalen Zeiten berechnete Rente bei ihnen höher ist (Art 46 EWGV 1408/71). Nichts anderes würde für die Empfänger einer deutschen Pro-rata-temporis-Altersrente, die unmittelbar § 118 Abs 1 Nr 4 AFG unterfielen, bzw für die Bezieher einer kleinen deutschen Rente gelten, die sich daneben eine Absicherung für das Alter im wesentlichen auf privater Basis geschaffen haben. Schließlich spricht für die gewonnene Auslegung der Umstand, daß der Gesetzgeber die bestehenden Regelungen des AFG in Kenntnis der Entscheidungen des Senats vom 8. Juli 1993 (BSGE 73, 10 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4) und 6. Mai 1994 (7 RAr 70/92, unveröffentlicht) und somit der supranationalen und zwischenstaatlichen Situation in das SGB III übernommen hat und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen hat, die Vorschriften des SGB III enthielten keine inhaltliche Änderung.

Der Entscheidung über das vollständige Ruhen des Alhi-Anspruchs steht nicht das vom Kläger angeführte Urteil des BAG zum Verhältnis von tariflichem Vog und italienischer Altersrente vom 7. Mai 1988 (BAGE 58, 260 ff) entgegen; das BAG selbst betont vielmehr die unterschiedliche Funktion des § 118 AFG und der tariflichen Regelung über das Vog. Die Entscheidung des Senats weicht auch nicht vom Urteil des 11. Senats vom 24. Juli 1997 (11 RAr 95/96, zur Veröffentlichung vorgesehen) ab, das sich mit der Vergleichbarkeit einer niederländischen WAO-Rente mit der deutschen EU-Rente befaßt. Der 11. Senat ist nach den für ihn verbindlichen Feststellungen zum ausländischen Recht davon ausgegangen, daß die niederländische Rente funktional und strukturell nicht der deutschen EU-Rente entsprach, sondern sich eher an einer Erwerbsminderung nach Art der deutschen Unfallversicherung orientiere. Damit entfiel die Möglichkeit, von einer gleichartigen Struktur und Funktion typisierend auf ein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bzw auf eine fehlende Verfügbarkeit zu schließen, wie der 11. Senat folgerichtig ausgeführt hat. Denkbar war dann allenfalls, eine Vergleichbarkeit mit Rücksicht darauf anzunehmen, daß die strukturell und funktional unterschiedliche niederländische Rente zumindest das Ziel einer vollen Absicherung verfolgte. Ohne sich hierzu eine abschließende Meinung zu bilden, hat der 11. Senat eine Vergleichbarkeit jedenfalls mit Rücksicht darauf abgelehnt, daß wegen einer Pro-Ratisierung der Leistung ohnedies nicht die Vollrente, sondern nur eine solche von 22,93 % gewährt werde; das so gewonnene Ergebnis widerspricht nach ausdrücklichem Hinweis des 11. Senats nicht den Urteilen des erkennenden Senats zur italienischen Altersrente (auch zur Pro-rata-temporis-Leistung).

Ein dem Kläger günstigeres Ergebnis kann schließlich nicht aus dem sog sozialrechtlichen Herstellungsanspruch abgeleitet werden, weil der Kläger über mögliche Folgen eines Rentenantrags bzw über die Möglichkeit eines Verzichts (vgl hierzu BSGE 70, 51, 53 = SozR 3-4100 § 118 Nr 3) nicht belehrt worden wäre. Insoweit kann offenbleiben, ob das italienische Rentenrecht überhaupt einen Verzicht zuläßt und ein solcher gegenüber der Beklagten wirksam wäre. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ermöglicht nämlich nur eine Beseitigung des eingetretenen Nachteils durch eine rechtmäßige Amtshandlung (vgl nur: BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4 mwN; BVerwG NJW 1997, 2966, 2967 mwN). Der Kläger kann also mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nur so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn alles ordnungsgemäß gelaufen wäre. Abgesehen davon, daß es fraglich ist, ob für die Beklagte überhaupt ein Beratungsbedarf erkennbar und eine fehlende Beratung kausal war für den Bezug der italienischen Altersrente, ermöglicht der sozialrechtliche Herstellungsanspruch keinesfalls den gleichzeitigen Bezug von Alhi und Altersrente. Diese Rechtsfolge würde gerade gegen die gesetzlichen Regelungen der §§ 118 Abs 1 Nr 4, 134 Abs 4 Sätze 1 und 3, 142 AFG verstoßen. Über einen Amtshaftungsanspruch hat der Senat nicht zu befinden (§ 17 Abs 2 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz).

Daß die den Alhi-Anspruch betreffenden Vorschriften über dessen Ruhen bei Bezug einer italienischen Altersrente verfassungsgemäß sind, hat der Senat bereits ausführlich in seiner Entscheidung vom 8. Juli 1993 (BSGE 73, 10, 17 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4) dargelegt. Diese Entscheidung betraf zwar noch die unmittelbare Anwendung des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG auf eine italienische Altersrente unter dem Gesichtspunkt der Ähnlichkeit der ausländischen Leistung; nichts anderes gilt indes für die jetzige Regelung des § 142 AFG im Hinblick auf die Vergleichbarkeit der italienischen Altersrente mit der deutschen Altersrente.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, daß die Beklagte dem Klageanliegen in der mündlichen Verhandlung teilweise nachgekommen ist.

 

Fundstellen

BSGE 81, 134

BSGE, 134

ZAP 1998, 256

NZS 1998, 348

SozR 3-4100 § 142, Nr.2

SozSi 1998, 398

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