Beteiligte

Klägerin und Revisionsklägerin

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I

Der Rechtsstreit betrifft die Zahlung von weiterem Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 1.953, 73 DM für die Zeit vom 14. Januar bis 23. April 1987 sowie 25. Mai bis 9. September 1987.

Die 1964 geborene Klägerin bezog ab 7. Oktober 1986 Alg. Nach zwischenzeitlichen Beschäftigungen meldete sie sich am 12. Januar und 25. Mai 1987 erneut arbeitslos und beantragte Wiederbewilligung des Alg. Da sie Arbeitsbescheinigungen nicht beibrachte, kam es dazu zunächst nicht. Mit Bescheiden vom 1. September und 7. Dezember 1987 versagte die Bundesanstalt für Arbeit (BA) die Leistung wegen mangelnder Mitwirkung.

Zwischen dem 12. Januar und 20. September 1987 leistete die beigeladene Stadt Kiel - Sozialamt - der Klägerin Überbrückungshilfe als Hilfe zum Lebensunterhalt - gegen ausdrückliche Verpflichtung zur Rückzahlung - in Höhe von 2.241, 01 DM. Für die abschnittweise gewährten Darlehen meldete die Beigeladene jeweils Erstattungsansprüche bei der BA an. Da die BA der Klägerin das Alg wegen mangelnder Mitwirkung versagt hatte, forderte die Beigeladene die darlehensweise erbrachte Überbrückungshilfe zurück. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Klage an das Verwaltungsgericht [VG] Schleswig (13 A 105/89).

Nachdem die Klägerin Arbeitsbescheinigungen beigebracht hatte, hob die BA den Versagungsbescheid vom 1. September 1987 auf und "bewilligte" der Klägerin Alg vom 14. Januar bis 23. April 1987 sowie 25. Mai bis 9. September 1987 in Höhe von 114, 60 DM wöchentlich. Die zeitliche Begrenzung der Leistung beruhte auf Arbeitsaufnahme ab 24. April 1987 bzw. Erschöpfung des Anspruchs ab 10. September 1987 (Bescheid vom 24. Oktober 1990). Gleichzeitig teilte die BA mit, daß an die Klägerin 1.315, 17 DM und aufgrund der angemeldeten Erstattungsansprüche 1.953, 73 DM an die Beigeladene zu zahlen seien und nahm entsprechende Zahlungen vor (Sonderzahlungsverfügungen und Kassenanordnungen vom 24. Oktober 1990). Daraufhin erklärten die Beteiligten des Verwaltungsrechtsstreits vor dem VG Schleswig jenen Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Die Klägerin erhob Widerspruch "gegen den Bescheid vom 24. Oktober 1990, mit welchem Sie dem Erstattungsantrag des Sozialhilfeträgers der Stadt Kiel gemäß §§ 103, 104 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) stattgeben". Sie führte dazu aus, die BA habe sie vor dieser Regelung nicht angehört und auch nachprüfbare Unterlagen für die Abrechnung nicht vorgelegt. Ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen sei nicht entstanden, weil der Klägerin ein höherer Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt zugestanden habe, so daß die geleistete Sozialhilfe der Klägerin auch bei rechtzeitiger Zahlung des Alg zugestanden hätte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 1991 wies die BA den Rechtsbehelf zurück und führte dazu aus, die Beigeladene habe für die Zeiträume 12. bis 25. Januar 1987 144, 20 DM, 2. März bis 3. Mai 1987 607, 70 DM sowie 25. Mai bis 20. September 1987 Sozialhilfeleistungen in Höhe von 1.489, 11 DM erbracht. Für die deckungsgleichen Zeiträume seien insgesamt 1.953, 73 DM zu erstatten gewesen und zwar vom 14. bis 25. Januar 1987 123, 60 DM, vom 2. März bis 23. April 1987 511, 45 DM sowie vom 25. Mai bis 9. September 1987 1.318, 68 DM.

Die dagegen gerichtete Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Ansicht vertreten, der Beigeladenen habe ein die Erfüllungfiktion des § 107 SGB X bewirkender Erstattungsanspruch nicht zugestanden. Die Hilfe zum Lebensunterhalt sei lediglich darlehensweise erbracht worden und stelle auch eine dem Alg vergleichbare Leistung nicht dar. Das Alg teile den Zweck des bei Arbeitslosigkeit zu ersetzenden Arbeitsentgelts. Dieser sei nicht auf Alimentation gerichtet, sondern Gegenleistung für geleistete Arbeit. Der Klägerin stehe aber die Klageforderung von 1.953, 73 DM nicht zu, weil sie mit der Erledigungserklärung vor dem VG die Zahlung der BA an die Beigeladene an Erfüllungs Statt angenommen habe.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 104, 107, 111 SGB X. Außerdem hält sie die entsprechende Anwendung des § 364 Abs. 1 BGB für verfehlt. Ein Erstattungsanspruch der Beigeladenen sei nicht entstanden, weil die Hilfe zum Lebensunterhalt nur darlehensweise gewährt worden sei. Auch nachträglich sei ein Erstattungsanspruch nicht durch den Verzicht der Beigeladenen auf die Rückzahlung des Darlehens entstanden. Diese Wirkung wäre im übrigen nach Ablauf der Ausschlußfrist des § 111 SGB X eingetreten. Die vorsorgliche Anmeldung von Erstattungsansprüchen für darlehensweise erbrachte Hilfe zum Lebensunterhalt sei nicht rechtmäßig. Die Klägerin habe der Zahlung der BA an die Beigeladene auch nicht mit der Erledigungserklärung vor dem VG zugestimmt. Die dahingehenden Ausführungen des LSG seien unzutreffend.

Die Klägerin beantragt,

1. die Urteile der Vorinstanzen und den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 1991 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 14. Januar bis 9. September 1987 restliches Arbeitslosengeld in Höhe von 1.953, 73 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. August 1994 zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, die Klageforderung sei durch die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X erloschen, denn der Rechtscharakter der Hilfe zum Lebensunterhalt bleibe unberührt, wenn sie darlehensweise erbracht werde. Die Berechnung der Ausschlußfrist durch die Revision sei nicht nachvollziehbar.

Auch die Beigeladene hält die Revision nicht für begründet.

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils weisen zwar insofern eine Gesetzesverletzung auf, als sie die Anwendbarkeit des § 104 SGB X und damit den Eintritt der Erfüllungsfiktion nach § 107 SGB X verkennen. Die Entscheidung selbst erweist sich jedoch als richtig,

so daß die Revision zurückzuweisen ist (§ 170 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

1. Die Klageforderung findet in den "Bewilligungsbescheiden" vom 24. Oktober 1990 keine rechtliche Grundlage. Zwar ist die in einem begünstigenden Verwaltungsakt enthaltene Regelung (§ 31 SGB X) für die Beteiligten unabhängig von den gesetzlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen verbindlich. Die zuerkannte Leistung steht dem Begünstigten zu, solange der Bescheid Bestand hat. Er ist Rechtsgrund für das Empfangen und Behaltendürfen der Leistung. Die Behörde ist an ihre Regelung gebunden, es sei denn das Gesetz ermächtigt sie (vgl. zB: § 151 Arbeitsförderungsgesetz [AFG]; §§ 45ff. SGB X), das Sozialrechtsverhältnis gegenüber dem Begünstigten abweichend zu gestalten (BSGE 47, 241, 246 = SozR 4100 § 134 Nr. 11; 61, 286, 287 = SozR 4100 § 134 Nr. 31 jeweils m.w.N.). Mit der Regelung vom 24. Oktober 1990 hat die BA der Klägerin Alg nicht in einer die Klageforderung von 1.953, 73 DM deckenden Weise bewilligt. Die als Einheit zu begreifenden Verlautbarungen der BA vom 24. Oktober 1990 ergeben vielmehr, daß sie der Klägerin 1.315, 17 DM nachzuzahlendes Alg zuerkannt hat, weil der Beigeladenen ein Erstattungsanspruch von 1.953, 73 DM zustand. In Höhe der Klageforderung hat die BA damit den Leistungsantrag der Klägerin abgelehnt. Allein diese Aussagen sind der Bindungswirkung (§ 77 SGG) fähige Regelungen (Entscheidungs- oder Verfügungssätze) des Bescheids vom 24. Oktober 1990. Auf die äußere Erscheinungsform der Verlautbarungen und ihre Verkörperung in verschiedenen Urkunden kommt es insoweit nicht an. Ein abweichendes Verständnis würde dem erkennbaren Regelungswillen der BA nicht gerecht. Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge, den wirklichen Willen der Behörde (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) erkennen kann (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr. 2). Die Widerspruchsbegründung zeigt, daß auch die Klägerin den Bescheid vom 24. Oktober 1990 im erörterten Sinne aufgefaßt hat. Sie wendet sich ausdrücklich dagegen, daß die BA mit diesem Bescheid dem Erstattungsantrag der Beigeladenen entsprochen hat. Mit den in zwei gesonderten Vordrucken mit der Überschrift "Bewilligungsbescheid" vom gleichen Tage für die Leistungszeiträume 24. Januar bis 23. April 1987 sowie 25. Mai bis 9. September 1987 ermittelten Alg-Anspruch von wöchentlich 114, 60 DM hat die BA lediglich das sogenannte Stammrecht im Sinne einer materiellen Anspruchsberechtigung ermittelt, das vom Leistungsanspruch im engeren Sinn zu unterscheiden ist (vgl. dazu die Urteile des Senats: BSG SozR 3-4100 § 134 Nr. 8 und BSG SozR 3-4100 § 100 Nr. 5 jeweils m.w.N.). Das Stammrecht ist hier nur unerläßliche Durchgangsstation (Teil des Rechenwerkes) zur Ermittlung der der Klägerin zustehenden Nachzahlung. Mithin enthalten die erwähnten "Bewilligungsbescheide" nur Begründungselemente der vorstehend herausgestellten Regelung. Allein die im Entscheidungs- oder Verfügungssatz enthaltene Aussage über eine Leistung schafft für den Begünstigten einen entsprechenden Rechtsgrund. Begründungen haben diese Wirkung auch dann nicht, wenn es sich um tragende Begründungselemente handelt (BSGE 66, 168, 175 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; BSGE 72, 207 = SozR 3-4100 § 103a Nr. 1; BSG SozR 3-4100 § 100 Nr. 5).

2. Mit dem dargestellten Inhalt erweist sich der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 1991 als rechtmäßig, weil der beigeladenen Stadt ein Erstattungsanspruch gegen die BA in dieser Höhe zustand. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des bewilligten Alg gilt insoweit als erfüllt (§ 107 Abs. 1 SGB X). Der Erstattungsanspruch der beigeladenen Stadt gegen die BA ergibt sich aus § 104 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB X. Danach ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne daß die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit dieser Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis hat (S 1). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (Satz 2). Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen (S 3). Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs sind im Verhältnis der beigeladenen Stadt zur BA wegen der im Jahre 1987 darlehensweise gezahlten Hilfe zum Lebensunterhalt gegeben (zu den Prüfungsschritten im einzelnen: BSGE 74, 36, 39ff. = SozR 3-1300 § 104 Nr. 8 m.w.N.).

2.1 Vorausgesetzt ist in § 104 Abs. 1 SGB X, daß es sich um gleichartige Leistungen der in Betracht kommenden Sozialleistungsträger handelt. Ein Erstattungsanspruch kann nämlich nur ausgelöst werden, wenn der erstleistende Träger eine Verpflichtung des vorrangig verpflichteten Trägers erfüllt (BSGE 57, 218,

219 = SozR 1300 § 104 Nr. 3 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist - entgegen der Ansicht des LSG und der Revision - hier erfüllt, denn die konkrete, unmittelbar auf die Leistungen selbst abstellende Betrachtungsweise (BSGE 74, 36, 41 = SozR 3-1300 § 104 Nr. 8) ergibt, daß es sich beim Alg und der Hilfe zum Lebensunterhalt um Geldleistungen handelt, die dem Lebensunterhalt der Klägerin zu dienen bestimmt sind. Dies läßt sich nicht mit der Erwägung bestreiten, das Alg habe Lohnersatzfunktion und der Lohn stelle nicht Alimentation, sondern Entgelt für geleistete Arbeit dar. Damit wird nicht auf den Zweck der Leistung (Alg) selbst abgestellt. Diese ist typischerweise darauf gerichtet, den Lebensunterhalt des Arbeitslosen zu gewährleisten, den dieser, hätte er Arbeit, aus dem Arbeitsentgelt bestreiten könnte. In anderem, aber vergleichbarem Zusammenhang (§ 134 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 AFG) hat der Senat ausgesprochen, daß Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts (gerade) nur solche mit Lohnersatzfunktion sind (BSG SozR 3-4100 § 134 Nr. 9). Es entspricht auch ständiger Praxis und unbestrittener Lehre, daß Sozialleistungen mit Lohnersatzfunktion der Hilfe zum Lebensunterhalt vergleichbare Leistungen darstellen (statt vieler: BSGE 70, 186, 194 = SozR 3-1200 § 53 Nr. 4 m.w.N.). Die Gegenansicht müßte folgerichtig annehmen, daß zwar Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen ihrer Unterhaltsfunktion geeignet wären, Ersatzansprüche des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Sozialhilfeträger zu begründen, nicht aber Leistungen an Versicherte (zB Arbeitslosengeld, Krankengeld oder Versichertenrenten), weil ihnen Lohnersatzfunktion zukomme. Ein solches Ergebnis ist im Hinblick auf den Zweck der Erstattungsansprüche, Doppelleistungen von Leistungsträgern gegenüber Leistungsberechtigten zu verhindern, unannehmbar.

Auch der Umstand, daß der Sozialhilfeträger die Hilfe zum Lebensunterhalt als Überbrückungshilfe darlehensweise gewährt hat, schließt die Vergleichbarkeit mit dem Alg nicht aus. Die Pflicht der leistungsberechtigten Klägerin, das Darlehen zurückzugewähren, stützt die Gegenansicht nicht. Begründet zuschußweise gezahlte Hilfe zum Lebensunterhalt einen Erstattungsanspruch gegen die BA, so muß dies erst recht für darlehensweise geleistete Überbrückungshilfe gelten. Die Erstattung stellt sich dabei als eine mögliche Erscheinungsform der Rückzahlung des Darlehens dar. Soweit nämlich die BA dem Sozialhilfeträger die Überbrückungshilfe aus dem Anspruch der Klägerin auf Alg erstattet, wird diese von ihrer Darlehensschuld gegenüber dem Sozialhilfeträger frei (Rechtsgedanke des § 267 Abs. 1 BGB).

Die BA hat bei der Erstattung der Überbrückungshilfe an die beigeladene Stadt auch die zeitliche Kongruenz der zu vergleichenden Leistungen beachtet. Sie hat nur Alg für Zeiträume in die Erstattung einbezogen, soweit es für Zeiträume zu leisten war, in denen die Klägerin Überbrückungshilfe bezogen hat. Aus dem Widerspruchsbescheid ergibt sich, daß die BA nur deckungsgleiche Zeiträume bei der Feststellung des erstattungsfähigen Betrages berücksichtigt hat. Dagegen erhebt die Klägerin auch keine Einwände.

2.2 Die beigeladene Stadt hat die Überbrückungshilfe auch rechtmäßig geleistet (BSGE 74, 36, 42 = SozR 3-1300 § 104 Nr. 8 m.w.N.). Die Klägerin befand sich bis zur Nachzahlung des ihr ab 14. Januar 1987 zustehenden Alg im Oktober 1990 nicht in der Lage, ihren notwendigen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu beschaffen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz [BSHG]). Wegen der zu erwartenden Bewilligung von Alg war davon auszugehen, daß der Klägerin Hilfe zum Lebensunterhalt voraussichtlich nur für kurze Dauer zu gewähren sei. Unter dieser Voraussetzung ermächtigt § 15b Satz 1 BSHG Sozialhilfeträger, Geldleistungen als Darlehen zu gewähren. Dabei ist die Wahl öffentlich-rechtlicher Verträge als Handlungsform nicht zu beanstanden (§§ 53ff. SGB X). Die Überbrückungshilfe in Darlehensform steht nach § 15b Satz 1 BSHG im Ermessen des Leistungsträgers. Die Mitteilung von Ermessenserwägungen erübrigt sich bei der gewählten Handlungsform eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Die Schriftform (§ 56 SGB X) ist gewahrt.

2.3 Die beigeladene Stadt hat die Überbrückungshilfe auch als nachrangig verpflichteter Leistungsträger erbracht. Die Nachrangigkeit der Beigeladenen ergibt sich nicht allein aus dem in § 2 Abs. 2 BSHG geregelten Vorrang der Träger anderer Sozialleistungen, zu denen auch die BA als Träger als Arbeitslosenversicherung gehört, gegenüber dem Träger der Sozialhilfe. Aus der Definition des § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X ergibt sich, daß eine nachrangige Verpflichtung des Sozialleistungsträgers im Rahmen des § 104 SGB X nur besteht, soweit der Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung des anderen Leistungsträgers nicht verpflichtet gewesen wäre (BSGE 70, 186, 194ff. = SozR 3-1200 § 53 Nr. 4; BSGE 74, 36, 42 = SozR 3-1300 § 104 Nr. 8). Auch diese Voraussetzung ist hier gegeben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Versagung des Alg rechtmäßig war. Der Erstattungsanspruch soll Doppelleistungen von Sozialleistungsträgern an Leistungsberechtigte ausschließen. Wird eine Versagung von Leistungen nachträglich aufgehoben und über den materiellen Anspruch erneut entschieden (§ 67 SGB I), so muß - bei Vorliegen der Voraussetzungen im übrigen - ein Erstattungsanspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers auf die Nachzahlung in gleicher Weise gegeben sein, als hätte der vorrangig verpflichtete Leistungsträger seine Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt.

Ein anderes Ergebnis läßt sich auch nicht aus § 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X herleiten, mit dem das Gesetz das Nachrangverhältnis weiter konkretisiert. Mit der Behauptung, die Beigeladene sei auch bei rechtzeitiger Zahlung des Alg zur Hilfe zum Lebensunterhalt verpflichtet gewesen, kann die Klägerin nicht durchdringen. Sie verkennt, daß Gegenstand der Erstattung nicht hypothetische Ansprüche auf Sozialhilfe, sondern tatsächlich erbrachte Leistungen des Sozialhilfeträgers sind. Soweit die Klägerin Hilfe zum Lebensunterhalt in Anspruch genommen hat, unterlag diese der Erstattung durch die BA als vorrangig verpflichtetem Leistungsträger. Ob die Klägerin zur Inanspruchnahme weitergehender Hilfe zum Lebensunterhalt berechtigt gewesen wäre, ist für die Erstattung tatsächlich erbrachter Leistungen ohne Belang.

2.4 Auch die weiteren Voraussetzungen für die Erfüllung des Ersatzanspruchs liegen vor. Die BA hat das Alg nicht bereits in Unkenntnis der Leistung der beigeladenen Stadt gezahlt gehabt. Die Ausschlußfrist des § 111 SGB X hat die Beigeladene gewahrt. Die Einwände der Revision beruhen auf nicht zutreffenden Überlegungen zur Entstehung des Erstattungsanspruchs. Im übrigen kommt es für den Eintritt der Erfüllungsfiktion auf die Wahrung der Ausschlußfrist nicht an (BSG SozR 3-2400 § 26 Nr. 5; BSG Urteil vom 8. Juli 1986 - 4a RJ 33/85 USK 86122).

3. Die Anhörungspflicht gegenüber der Klägerin (§ 24 Abs. 1 SGB X) wird durch das Vorgehen der BA nicht verletzt. Dies setzt eine Rechtsposition (eingeräumter Rechtskreis; rechtlicher Status) der Klägerin voraus (vgl. dazu: BSGE 68, 42, 44f. = SozR 3-4100 § 139a Nr. 1; BVerwGE 66, 184, 186). Daran fehlt es, weil ihr eine Leistung noch nicht zuerkannt war, die Verwaltungsentscheidung also in der Ablehnung eines Leistungsantrags bestand. Eine solche Lage ist insbesondere dann gegeben, wenn - wie hier - dem Antragsteller die Leistung bereits wegen mangelnder Mitwirkung versagt war und die Entscheidung über die Leistung nunmehr im Ermessen der Behörde stand (§ 67 SGB I). Vor ablehnenden Verwaltungsakten hat der Gesetzgeber bewußt von einer Anhörungspflicht abgesehen (BT-Drucks 7/868 S. 28). Eine abweichende Regelung wäre für den Betroffenen auch wenig hilfreich, weil sie allenfalls zur Aufhebung des Ablehnungsbescheids, nicht aber zur Zuerkennung der Leistung führen könnte (BSGE 68, 42, 46 = SozR 3-4100 § 139a Nr. 1).

Die Revision der Klägerin erweist sich damit als unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.11 RAr 87/94

BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518401

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