Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 28.09.1994; Aktenzeichen L 6 Kg 916/93)

SG Kassel (Urteil vom 20.07.1989)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. September 1994 hinsichtlich der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides verurteilt worden ist, höheres Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 20. Juli 1989 wird auch insoweit zurückgewiesen.

Kosten des Revisions- und Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger höheres Arbeitslosengeld (Alg) zu beanspruchen hat.

Der 1947 geborene Kläger war seit Juni 1986 als Baumaschinenverkäufer beschäftigt. Nach dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag stand ihm ein monatliches Gehalt von 2.500,00 DM zuzüglich einer Verkaufsprovision von 1,5 % für Neumaschinen und eine nach Absprache zu zahlende Verkaufsprovision für Gebrauchtmaschinen zu.

Ein arbeitsgerichtlicher Streit über zusätzliche Vergütungsansprüche endete nach Einleitung des Zustimmungsverfahrens für eine ordentliche Kündigung des schwerbehinderten Klägers mit dem Abschluß eines Vergleichs zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber, ua des Inhalts, daß das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis im beiderseitigen Einverständnis mit Ablauf des 31. März 1988 endete und der Arbeitgeber an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz iHv 6.500,00 DM zahlte.

Vom 11. Oktober 1987 bis zum 25. Januar 1988 sowie vom 8. März 1988 bis zum 21. April 1988 bezog der Kläger, zuletzt unter Zugrundelegung des für den Monat Februar 1988 bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts von 2.552,00 DM, Krankengeld. Seine Ehefrau erzielte zu diesem Zeitpunkt ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 2.100,00 DM. Insgesamt verdiente sie von Januar bis Dezember 1988 30.216,00 DM brutto.

Zu Beginn des Jahres 1988 war auf der Steuerkarte des Klägers die Steuerklasse III/1 eingetragen, auf derjenigen seiner Ehefrau die Steuerklasse V/0. Am 20. Januar 1988 wurde die Zahl der Kinderfreibeträge beim Kläger ab 1. Januar 1988 auf drei geändert. Mit Wirkung vom 1. Februar 1988 erfolgte ein Steuerklassenwechsel nach Steuerklasse V/0. Bei seiner Ehefrau wurde Steuerklasse III/3 eingetragen. Am 11. März 1988 wurde beim Kläger mit Wirkung ab 1. April 1988 die Steuerklasse III/3, bei seiner Ehefrau gleichzeitig V/0 eingetragen. Am 21. Juni 1988 wurde die Steuerklasse des Klägers mit Wirkung zum 1. Juli 1988 in V/0 und die seiner Ehefrau in III/3 geändert.

Mit Wirkung zum 22. April 1988 meldete sich der Kläger am 31. März 1988 arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 13. Juni 1988 bewilligte ihm das Arbeitsamt (ArbA) ab 16. Mai 1988 wöchentlich 289,20 DM Alg für 312 Wochentage. Die Bewilligung erfolgte auf der Grundlage des Vomhundertsatzes von 68, eines wöchentlichen gerundeten Arbeitsentgelts von 670,00 DM und Zuordnung zur Leistungsgruppe A. Für die Zeit davor lehnte das ArbA den Antrag wegen der Abfindung ab (Bescheid vom 21. Juni 1988).

Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 20. Juli 1989). Auf die vom SG zugelassene Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 16. Mai 1988 ein höheres Alg nach Maßgabe der Leistungsgruppe C zu gewähren; im übrigen hat das LSG die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 28. September 1994).

Zur Begründung der Verurteilung hat das LSG ausgeführt, daß für die Bemessung des Alg des Klägers die Lohnsteuerklasse III und nicht die vom ArbA zugrunde gelegte Lohnsteuerklasse IV maßgeblich sei. Soweit die Höhe des Alg von der auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragenen Lohnsteuerklasse abhänge, stelle § 113 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die Grundregel für die Zuordnung zu den Leistungsgruppen nach § 111 AFG und damit für die Höhe des Alg dar. Bei dem Kläger sei danach die Lohnsteuerklasse III maßgeblich, denn diese Lohnsteuerklasse sei zu Beginn des Kalenderjahres 1988 auf seiner Lohnsteuerkarte eingetragen gewesen. Zwar habe beim Kläger und dessen Ehefrau bis zum Beginn der Arbeitslosigkeit ein zweimaliger Steuerklassenwechsel stattgefunden. Dies führe hier jedoch nicht dazu, bei der Bemessung des Alg des Klägers nunmehr die vermeintlich günstigste Steuerklassenkombination IV/IV und damit für den Kläger die Leistungsgruppe A zugrunde zu legen. Denn der vorliegende Fall sei dadurch gekennzeichnet, daß der Kläger und dessen Ehefrau mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitslosigkeit wieder zu derjenigen Steuerklassenkombination zurückgekehrt seien, die zu Beginn des Jahres 1988 maßgeblich war. Diese Rückkehr zur ursprünglichen Steuerklassenkombination mache eine Prüfung der „Richtigkeit” der eingetragenen Lohnsteuerklasse entbehrlich. § 113 Abs 2 AFG verlange von der Beklagten nicht, historisch jeden gewillkürten Steuerklassenwechsel zwischen Eheleuten im Verlauf eines Jahres auf seine steuerliche Zweckmäßigkeit hin nachzuprüfen. Ein solcher Anlaß bestehe vielmehr nur dann, wenn dieser Wechsel Bestand habe, also im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung noch vorliege. Sei dies – wie hier – nicht der Fall, sei eine „Änderung” begrifflich gar nicht eingetreten. In diesem Fall bleibe es beim Regelfall der Bemessung des Alg nach Maßgabe der zu Beginn des Jahres 1988 eingetragenen Lohnsteuerklasse.

Die Beklagte hat hiergegen die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 113 AFG. Zwar könne die nach § 113 Abs 1 AFG für die Berechnung des Alg maßgebliche, zu Jahresbeginn auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Steuerklasse durch einen Steuerklassenwechsel zwischen Eheleuten gemäß § 113 Abs 2 Satz 2 AFG entsprechend dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten abgeändert werden. Treffe das jedoch nicht zu, seien bei einem Steuerklassenwechsel der Ehegatten die Steuerklassen zugrunde zu legen, die dem Verhältnis beider Arbeitslöhne entsprächen. Vorliegend sei der Steuerklassenwechsel zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau mit Wirkung zum 1. April 1988 unzweckmäßig gewesen, weil die neu eingetragenen Steuerklassen für den Kläger und seine Ehefrau (III/V) an diesem Tag iS des § 113 Abs 2 Satz 2 AFG offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprachen. Dies folge nach den beiderseitigen Arbeitslöhnen aus der „Tabelle zur Steuerklassenwahl” für 1988. Danach seien die Steuerklassen IV/IV für den Kläger und seine Ehefrau die günstigste Steuerklassenkombination. Überdies habe das LSG den weiteren Steuerklassenwechsel mit Wirkung zum 1. Juli 1988 nicht gewürdigt. Er führe selbst nach der Rechtsauffassung des LSG zur Zuordnung des Klägers in die Leistungsgruppe A.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts abzuändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts im vollen Umfang zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für rechtens.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg.

Für Arbeitslose, die selbst oder deren Ehegatte mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben, falls beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, wie das hier der Fall ist, beträgt das Alg 68 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 111 Abs 1 Nr 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Fassung). Mehr als die 289,20 DM wöchentlich, die die Anl 2 der aufgrund der Ermächtigung des § 111 Abs 2 AFG erlassenen AFG-Leistungsverordnung 1988 (vom 3. Dezember 1987, BGBl I 2455) für das Alg nach § 111 Abs 1 Nr 1 AFG bei einem Bruttoarbeitsentgelt von 670,00 DM wöchentlich in der Leistungsgruppe A (Lohnsteuerklasse I und IV) ausweist, stünde dem Kläger nur zu, wenn das Alg nach einem höheren Arbeitsentgelt oder einer günstigeren Leistungsgruppe zu bemessen wäre. Anhaltspunkte dafür, daß ein höheres Arbeitsentgelt in Betracht kommt, sind nicht gegeben. Auch für eine Bemessung nach einer günstigeren Leistungsgruppe, von denen nur C in Betracht kommt, fehlen die erforderlichen Voraussetzungen.

Die Leistungssätze der Leistungsgruppe C, bei denen als Lohnsteuerabzug die Steuer nach der allgemeinen Lohnsteuertabelle für die Lohnsteuerklasse III ohne Kinderfreibetrag zugrunde zu legen ist, stehen nur Arbeitnehmern zu, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen ist (§ 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst c AFG). Die Lohnsteuerklasse III, die zu Beginn des Kalenderjahres 1988 und wieder ab 1. April 1988 auf der Steuerkarte des Klägers eingetragen war, ist hier jedoch nicht maßgebend; maßgebend ist vielmehr die Steuerklasse IV. Dies folgt aus § 113 Abs 2 AFG. Nach § 113 Abs 1 Satz 1 AFG ist zwar grundsätzlich die Lohnsteuerklasse maßgebend, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch auf Alg entstanden ist. Spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse sind jedoch zu berücksichtigen. Das sieht § 113 Abs 1 Sätze 2 und 3 AFG im allgemeinen und für einen Steuerklassenwechsel unter Ehegatten grundsätzlich die vorrangige Spezialvorschrift des § 113 Abs 2 AFG (idF des Gesetzes vom 16. August 1980, BGBl I 1381) vor, die indes in bestimmten Fällen (wie auch hier) anstelle der eingetragenen Steuerklasse eine für das Alg „sachgerechte” maßgebend sein läßt (Sätze 2 und 3). Diese Vorschriften des § 113 Abs 2 AFG finden hier entgegen der Ansicht des LSG Anwendung.

Nach § 113 Abs 2 Satz 1 AFG werden bei einem Steuerklassenwechsel die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen von dem Tag an berücksichtigt, an dem die Änderung wirksam wird. Steuerklassenwechsel ist jedes Auswechseln der für verheiratete Arbeitnehmer, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, gemäß § 38b Satz 2 Nrn 3 bis 5 EStG vorgesehenen Steuerklassen (BSGE 61, 45, 49 = SozR 4100 § 113 Nr 5). Hiernach ist jeder die Alg-Bezugszeit erfassende Steuerklassenwechsel nach näherer Bestimmung des § 113 Abs 2 AFG maßgebend, und zwar entgegen der Auffassung des LSG auch dann, wenn die Eheleute – wie hier ab 1. April 1988 – bei einem erneuten Steuerklassenwechsel zu der Lohnsteuerklassenkombination zurückkehren, die sie schon zu Beginn des Kalenderjahres hatten, in dem der Anspruch entstanden ist. Für seine gegenteilige Auffassung kann sich das LSG weder auf den Gesetzestext noch auf den Zweck des § 113 AFG berufen. Die Vorschrift insgesamt soll bewirken, daß der Arbeitslose Alg nach Maßgabe der Steuerklasse erhält, die er haben würde, wenn er in Arbeit wäre (BSG SozR 4100 § 113 Nr 7). Im Hinblick darauf, daß ein Steuerklassenwechsel steuerlich tunlich sein kann, wenn sich die tatsächlichen Arbeitseinkommen der Eheleute verändern und die Wahl der Steuerklassenkombination den Eheleuten freisteht, soll § 113 Abs 2 AFG einerseits zwar ermöglichen, daß der Arbeitslose bei einem Steuerklassenwechsel hinsichtlich des Alg keinen unangemessenen Nachteil erleidet, andererseits aber auch verhindern, daß der Arbeitslose die Höhe des Alg durch einen Steuerklassenwechsel zu seinem Vorteil beeinflußt (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nrn 3 und 6). Entscheidend ist stets, ob der Steuerklassenwechsel auch ohne den Lohnausfall tunlich gewesen wäre (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 3). Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb die anläßlich jeden relevanten Steuerklassenwechsels vom Gesetz vorgesehenen Überprüfung der gewählten Steuerklassenkombination nach Maßgabe des § 113 Abs 2 Sätze 2 und 3 AFG sich erübrigen soll, wenn die Eheleute zu einer früheren Steuerklassenkombination zurückkehren.

Weil der Kläger und seine Ehefrau einen erneuten Steuerklassenwechsel zum 1. April 1988 vorgenommen haben und der Kläger nach Maßgabe des von ihm nicht angefochtenen Urteils des LSG Alg erst ab 16. Mai 1988 beanspruchen kann, hat zwar der Steuerklassenwechsel zum 1. Februar 1988 für die Höhe des Alg keine Bedeutung, aber der zum 1. April 1988 und der zum 1. Juli 1988, den das LSG gänzlich unberücksichtigt gelassen hat, wie die Revision zu Recht rügt.

Die aufgrund des Steuerklassenwechsels zum 1. April 1988 vom Kläger übernommene Steuerklasse III führt nicht dazu, daß ihm Alg nach der der Steuerklasse III entsprechenden Leistungsgruppe C zu zahlen ist, wie aus § 113 Abs 2 Sätze 2 und 3 AFG folgt. § 113 Abs 2 Satz 2 AFG sieht nämlich vor, daß für die Höhe des Alg die dem Verhältnis der Arbeitslöhne entsprechenden Lohnsteuerklassen maßgebend sind, wenn die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen an dem Tage, an dem die Änderung wirksam wird (vgl dazu BSG SozR 4100 § 113 Nr 7), offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entspricht. Letzteres ist hier der Fall mit der Folge, daß anstelle der für den Kläger ab 1. April 1988 eingetragenen Steuerklasse III für das Alg die Steuerklasse IV maßgebend ist.

Eine neu eingetragene Lohnsteuerkombination entspricht dann dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten, wenn sie den geringsten gemeinsamen Lohnsteuerabzug zur Folge hat (vgl BSG aaO). Das läßt sich am einfachsten anhand der jährlich vom Bundesministerium für Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder neu herausgegebenen Tabellen zur Lohnsteuerklassenwahl beurteilen (vgl für 1988 DBl BA RdErl 120/87 vom 30. Oktober 1987 bzw Gagel, AFG, Stand Dezember 1994, § 113 Anh 2).

Zwar erzielte der Kläger am 1. April 1988 kein Arbeitseinkommen, sondern Krankengeld. Ein Ausfall des Arbeitslohns, der den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung wie Krankengeld begründet, bleibt indes bei der Beurteilung des Verhältnisses der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten außer Betracht (§ 113 Abs 2 Satz 3 AFG). Dem Arbeitsentgelt der Ehefrau ist daher der zuletzt vor dem Ausfall des Arbeitslohnes erzielte monatliche Arbeitslohn des Klägers gegenüberzustellen (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 3; SozR 3-4100 § 113 Nr 1). Ob dieser 2.552,00 DM betrug, die die Krankenkasse der Krankengeldberechnung zugrunde gelegt hat, oder ca 2.900,00 DM, die der späteren Alg-Bewilligung zugrunde liegen, kann dahingestellt bleiben. Denn ausweislich der Tabelle zur Lohnsteuerklassenwahl 1988 ist – unabhängig von der Zahl der Kinderfreibeträge – bei einem Einkommen von 2.550,00 DM die Steuerklassenkombination III/V nicht zweckmäßig, wenn der monatliche Verdienst des anderen Ehegatten 1.364,00 DM übersteigt. Wird von einem monatlichen Arbeitseinkommen des Klägers von 2.900,00 DM ausgegangen, erhöht sich der Grenzbetrag auf 1.706,00 DM. Bei einem festgestellten Bruttoverdienst der Ehefrau zu diesem Zeitpunkt von jedenfalls 2.100,00 DM monatlich liegt es, gleichgültig welchen Verdienst des Klägers man zugrunde legt, auf der Hand, daß diese Kombination offensichtlich unzweckmäßig ist. Einer näheren Bestimmung des „Offensichtlichen” bedarf es deshalb nicht. Nach § 113 Abs 2 Satz 2 AFG folgt daraus, daß das ArbA bei dieser Sachlage als „richtige” Steuerklassenkombination die Steuerklassen IV/IV zugrunde zu legen hatte. Das ist geschehen und hat gem § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst a AFG die Leistung nach der Leistungsgruppe A zur Folge.

Für die Zeit ab 1. Juli 1988, für die der Kläger die Steuerklasse V und die Ehefrau III übernommen hat, gilt nichts anderes. Ob dieser dritte Steuerklassenwechsel steuerrechtlich zulässig war, ist unerheblich; maßgebend ist der Steuerklassenwechsel als solcher, er hat für die Beklagte Tatbestandswirkung (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 9). Auch die – angesichts der Arbeitslosigkeit des Klägers steuerlich sinnvolle – neue Steuerklassenkombination entspricht nach Maßgabe des § 112 Abs 2 Sätze 2 und 3 AFG nicht den „Verhältnissen der monatlichen Arbeitslöhne”, sondern weiterhin nur die Kombination IV/IV. Soweit der Kläger betroffen ist, ist wiederum von 2.552,00 DM bzw von 2.900,00 DM auszugehen. Auch wenn das LSG Feststellungen dazu, welchen Arbeitslohn die Ehefrau am 1. Juli 1988 bezogen hat, ausdrücklich nicht getroffen hat, ist eine abschließende Entscheidung möglich. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß die Ehefrau am 1. Juli 1988 deutlich weniger als die 2.100,00 DM erzielte, die sie nach den Feststellungen des LSG am 1. April 1988 verdient hat. Das LSG hat nämlich festgestellt, daß die Ehefrau des Klägers 1988 durchgehend von Januar bis Dezember einen Arbeitslohn von insgesamt 30.216,00 DM erzielte, also selbst bei 14 Gehältern mehr als 2.100,00 DM oder durchschnittlich monatlich 2.518,00 DM. Als Folge ergibt sich, daß auch ab 1. Juli 1988 für das Alg des Klägers die Steuerklasse IV maßgebend bleibt, so daß ihm nach wie vor nicht höhere Bezüge als solche nach der Leistungsgruppe A zustanden, die er erhalten hat.

Nach alledem mußte die Revision der Beklagten Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1172799

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