Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.08.1994)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. August 1994 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Regelaltersrente des am 14. August 1927 geborenen Klägers.

Im Bescheid vom 18. Oktober 1983 teilte die Beklagte dem ab dem 1. Januar 1968 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten Kläger zunächst mit, daß für ihn als Ersatzzeit die Zeit des militärischen Dienstes vom 18. September 1948 bis 31. Januar 1949 und als Ausfallzeit die Zeit der Fachschulausbildung vom 14. August 1943 bis 17. März 1944 vorgemerkt seien.

Mit weiterem Bescheid vom 30. Juni 1988 stellte die Beklagte die bis zum 31. Dezember 1981 zurückgelegten Zeiten gemäß § 104 Abs 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) verbindlich fest und wies darauf hin, daß über die Anrechnung und Bewertung der mitgeteilten Daten erst bei Feststellung einer Leistung entschieden werde. In der diesem Bescheid beigefügten Anlage ist dabei nachfolgender Versicherungsverlauf vermerkt:

14.08.43-17.03.44

8 Mon. Fachschulausbildung VK 06

01.04.44-17.09.48

54 Mon. Militärischer Dienst

18.09.48-31.01.49

4 Mon. Militärischer Dienst VK 01

01.02.49-31.05.49

220,00 DM

4 Mon. Pflichtbeiträge VK 01

01.06.49-31.12.49

440,00 DM

7 Mon. Pflichtbeiträge VK 01

01.01.50-31.12.50

906,00 DM

12 Mon. Pflichtbeiträge VK 01

01.01.51-31.08.51

861,00 DM

8 Mon. Pflichtbeiträge VK 01

01.09.51-31.12.51

1.000,00 DM

4 Mon. Pflichtbeiträge VK 02

01.01.52-31.08.52

2.030,67 DM

8 Mon. Pflichtbeiträge VK 02

01.09.52-31.12.52

1.015,33 DM

4 Mon. Pflichtbeiträge VK 02

01.01.53-28.02.53

532,00 DM

2 Mon. Pflichtbeiträge VK 02

01.03.53-31.05.53

798,00 DM

3 Mon. Pflichtbeiträge VK 02

01.06.53-31.12.53

2.232,00 DM

7 Mon. Pflichtbeiträge VK 03

01.01.54-31.12.54

4.370,00 DM

12 Mon. Pflichtbeiträge VK 03

01.01.55-31.12.55

4.790,00 DM

12 Mon. Pflichtbeiträge VK 03

01.01.56-31.01.56

430,00 DM

1 Mon. Pflichtbeitrag VK 03

01.02.56-31.12.56

5.410,00 DM

11 Mon. Pflichtbeiträge VK 04

01.01.57-30.06.57

2.880,00 DM

6 Mon. Pflichtbeiträge VK 04

01.07.57-31.12.57

3.586,60 DM

6 Mon. Pflichtbeiträge VK 04

01.01.58-30.09.58

5.030,86 DM

9 Mon. Pflichtbeiträge VK 04

01.10.58-31.12.58

2.172,45 DM

3 Mon. Pflichtbeiträge VK 04

01.01.59-31.12.59

8.719,85 DM

12 Mon. Pflichtbeiträge VK 05

01.01.60-31.03.60

2.149,00 DM

3 Mon. Pflichtbeiträge VK 05

01.04.60-31.12.60

6.600,00 DM

9 Mon. Pflichtbeiträge VK 05

01.01.61-31.12.61

10.086,35 DM

12 Mon. Pflichtbeiträge VK 05

01.01.62-31.12.62

11.400,00 DM

12 Mon. Pflichtbeiträge

Aus der ebenfalls unter dem 30. Juni 1988 erteilten Rentenauskunft ergibt sich ausgehend von einem zu diesem Zeitpunkt fiktiv angenommenen Versicherungsfall eine monatliche Rentenanwartschaft in Höhe von 934,30 DM. Die Beklagte bewertete damals die Pflichtbeitragszeiten in den ersten fünf Kalenderjahren der Versicherung (59 Monate) sowie 58 Monate Ersatzzeit und eine – mangels Erfüllung der sog Halbbelegung anzurechnende – pauschale Ausfallzeit von acht Monaten mit dem sich aus der Bewertung der vor dem 1. Januar 1965 zurückgelegten Beitragszeiten ergebenden Monatsdurchschnitt von 11,08 Werteinheiten (WE). Ausdrücklich wies sie dabei ua darauf hin, daß die Rentenanwartschaft nach den gegenwärtig geltenden Bestimmungen berechnet worden sei und sich aus künftig wirksam werdenden neuen Rechtsvorschriften möglicherweise Abweichungen ergeben könnten.

Auf den entsprechenden Antrag vom 11. März 1992 bewilligte die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 30. September 1992 ab dem 1. September 1992 Regelaltersrente in Höhe von monatlich 833,19 DM. Auf der Grundlage des mittlerweile in Kraft getretenen Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) wurden nunmehr die ersten 43 Monate mit Pflichtbeiträgen (bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres) als Ausbildungszeiten auf den Mindestwert von 0,075 Entgeltpunkten ≪EP≫ (insgesamt also 3,225 EP) angehoben und 58 Monate Ersatzzeit sowie acht Monate (nachgewiesene) Anrechnungszeit mit dem unter Einbeziehung einer Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung von Januar 1963 bis Februar 1971 ermittelten vollen Gesamtleistungswert von 0,0486 EP (insgesamt 3,2076 EP) der Berechnung zugrunde gelegt.

Hiergegen wandte sich der Kläger zunächst mit seinem am 16. Oktober 1992 bei der Beklagten eingelegten Widerspruch. Während dieses Verfahrens wurde der Zahlbetrag im Hinblick auf einen ab dem 1. September 1992 zusätzlich zu gewährenden Beitragszuschuß zur gesetzlichen Krankenversicherung mit Bescheid vom 6. November 1992 auf 885,27 DM erhöht. Im übrigen wurde die Ausgangsentscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 1993 bestätigt.

Mit seiner am 11. Februar 1993 zum Sozialgericht (SG) Frankfurt (Main) erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Von der Beklagten auf Anforderung durch das Gericht erstellte Probeberechnungen erbrachten im einzelnen folgendes Ergebnis:

  1. Rentenanwartschaft am 30. Juni 1988 - unter Zugrundelegung nur der Pflichtbeitragszeiten: 725,50 DM - ohne Zeiten des militärischen Dienstes: 725,50 DM - ohne Zeiten der Fachschulausbildung: 934,30 DM
  2. Rentenanwartschaft am 1. September 1992 - unter Zugrundelegung nur der Pflichtbeitragszeiten: 722,53 DM.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. August 1994 in vollem Umfang abgewiesen: Ein Anspruch auf Berechnung der Altersrente nach den am 31. Dezember 1991 geltenden rentenrechtlichen Vorschriften ergebe sich weder aus den Übergangsbestimmungen des SGB VI noch aus Verfassungsrecht. Der Bescheid vom 30. Juni 1988 habe in Übereinstimmung mit § 104 Abs 3 Satz 2 AVG den eindeutigen Hinweis enthalten, daß über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erst bei Feststellung einer Leistung entschieden werde. Die fehlende Rechtsverbindlichkeit der am selben Tag erteilten Rentenauskunft ergebe sich aus § 104 Abs 4 Satz 3 AVG. Unter dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art 14 Grundgesetz (GG) stünden lediglich die vom Kläger in der Zeit vom 1. Februar 1949 bis 31. Dezember 1962 geleisteten Pflichtbeiträge. Die insofern eingetretene Kürzung der Rentenanwartschaft um lediglich 3,00 DM gegenüber dem zum 30. Juni 1988 errechneten Betrag bewege sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, zumal ein Anspruch auf jährliche Rentenerhöhung ohnehin verfassungsrechtlich nicht abgesichert sei. Die Anrechnung der Fachschulausbildung des Klägers und der Zeit des militärischen Dienstes sowohl nach dem am 31. Dezember 1991 geltenden Rentenrecht als auch nach dem SGB VI beruhe nicht auf eigenen Beitragsleistungen, so daß Veränderungen in der Bewertung dieser Zeiten unerheblich seien. Auch unter Berücksichtigung eines schützenswerten Vertrauens in den Fortbestand rentenversicherungsrechtlicher Leistungsregelungen müsse der Gesetzgeber gerade in diesem Bereich in der Lage sein, Veränderungen in der Interessenlage und insbesondere der Belastbarkeit der Solidargemeinschaft aller Versicherten Rechnung zu tragen. Ein konkreter Anspruch des Klägers ergebe sich schließlich auch nicht aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG), das im wesentlichen der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers überantwortet sei.

Gegen dieses ihm am 18. November 1994 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. Dezember 1994 die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt und am 19. Dezember 1994 die Zustimmung der Beklagten hierzu übersandt. Zur Begründung des Rechtsmittels trägt er im wesentlichen vor, seine Regelaltersrente habe gemäß § 300 Abs 2 SGB VI nach den vor dem 1. Dezember 1992 geltenden Vorschriften berechnet werden müssen, weil er den erforderlichen Antrag bereits am 11. März 1992 und damit innerhalb der Dreimonatsfrist gestellt habe. Er habe im übrigen sehr wohl bereits am 31. Dezember 1991 eine Rente wegen Berufs-oder Erwerbsunfähigkeit bzw ein vorzeitiges Altersruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres bei Arbeitslosigkeit beantragen können. Diesbezügliche Ausführungen habe die Beklagte auch in ihrem Bescheid vom 30. Juni 1988 gemacht, so daß bei ihm zumindest der entsprechende Rechtsschein erweckt worden sei. Er werde nunmehr dadurch rechtswidrig benachteiligt, daß er auf die Antragstellung bezüglich einer dieser Renten verzichtet habe und stattdessen die Regelaltersrente in Anspruch genommen habe. Die Minderung seines eigentumsgeschützten Anspruchs um mittlerweile etwa 20 % sei wegen Verstoßes gegen Art 14 GG verfassungswidrig. Im übrigen verstoße die im angefochtenen Urteil unter Zugrundelegung allein der zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten durchgeführte Vergleichsberechnung, aus der sich ein Verlust von lediglich etwa 3,00 DM monatlich ergebe, auch gegen Art 3 GG. Da sämtliche Rentenempfänger von den jährlichen Anpassungen profitiert hätten, könne er hiervon nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus habe das SG die ihm zustehenden Anrechnungszeiten der Fachschulausbildung, die Pflichtbeiträge sowie die Zeiten des militärischen Dienstes und der Kindererziehung in unzulässiger Weise nicht angemessen berücksichtigt.

Der Kläger beantragt:

  1. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 23. August 1994, Az: S 4 An 306/93 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. September 1992 in Gestalt des Bescheides vom 6. November 1992 und des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 1993 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die ihm seit 1. Septem-ber 1992 bewilligte Altersruhegeldrente nach den Vorschriften des am 31. Dezember 1991 geltenden Rentenrechts zu berechnen, hilfsweise ihm eine monatliche Altersrente seit 1. September 1992 in Höhe von mindestens 934,40 DM zu bewilligen.
  2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Beklagte beantragt,

die Sprungrevision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 23. August 1994 – S 4 An 306/93 – zurückzuweisen.

Zutreffend sei das SG zu dem Ergebnis gekommen, daß auf den Anspruch des Klägers das ab dem 1. Januar 1992 geltende Rentenrecht anzuwenden und die Rentenauskunft im Schreiben vom 30. Juni 1988 ohne Bindung für die Beklagte erteilt worden ist. Die gegenüber der Auskunft vom Juni 1988 geringere Höhe der laufenden Rentenzahlung ab September 1992 beruhe im wesentlichen auf der nach zeitlichem Umfang und Höhe geringeren Bewertung der Pflichtbeitragszeiten in den ersten Jahren der Versicherung und der Neubewertung der beitragslosen Zeiten nach dem Gesamtleistungsmodell des § 71 SGB VI. Demgegenüber sei durch die Rentenformel des SGB VI nicht in die auf Pflichtbeitragszeiten beruhende Rentenanwartschaft des Klägers eingegriffen worden. Daß die Beschränkung der allein auf staatlicher Gewährleistung beruhenden Vergünstigung des bisherigen § 32 Abs 4 AVG durch § 70 Abs 3 SGB VI verfassungsrechtlich keinen Bedenken begegne, habe das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 8. Dezember 1993 (L 8 An 116/93; vom Kläger mit der Revision angegriffen im Verfahren 13/4 RA 13/94) bereits überzeugend ausgeführt. Darauf sei zur Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen. Angesichts der unstreitig korrekten Ermittlung der Rente nach dem SGB VI im angefochtenen Bescheid beziehe sich die Beklagte hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Beurteilung auch im übrigen auf die überzeugenden Entscheidungsgründe im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1994 (L 4 An 82/93) sowie ihre Revisionserwiderung hierzu in der beim Senat anhängigen Streitsache 4 RA 36/94 vom 12. August 1994.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II

Die statthafte und zulässige Revision des Klägers erweist sich als sachlich in vollem Umfang unbegründet.

Für den geltend gemachten Anspruch (§ 123 SGG) auf eine höhere Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres auf der Basis des Bescheides und der Rentenauskunft vom 30. Juni 1988 bzw nach den bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Bestimmungen des AVG über die Anrechnung und Bewertung der Pflichtbeitragsmonate in den ersten fünf Kalenderjahren der Versicherung sowie der Ersatz- und Ausfallzeiten fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage.

A.1. Ein derartiger Anspruch kann zunächst nicht auf den von der Beklagten gemäß § 104 Abs 3 AVG erteilten Bescheid vom 30. Juni 1988 gestützt werden; dieser bezieht sich nämlich bereits seinem ausdrücklichen Wortlaut nach nicht auf die Anrechnung und Bewertung der dort festgestellten Zeiten. Ebensowenig vermag sich der Kläger auf die am selben Tag erteilte Rentenauskunft zu berufen, nach der bei einem angenommenen Versicherungsfall zu diesem Zeitpunkt und entsprechend dem damals geltenden Recht eine Rentenanwartschaft in Höhe von 934,30 DM bestanden hatte.

Die Auskunft über die Höhe der bisher erworbenen Anwartschaft auf Altersruhegeld (§ 104 Abs 4 Satz 1), auf deren Erteilung ein Versicherter, der das 55. Lebensjahr vollendet hatte, Anspruch hatte, war nicht rechtsverbindlich (Abs 4 Satz 3 aaO); ihr sollte mithin keine Bindungswirkung zukommen. Ein Bindungswille kann auch nicht ausnahmsweise dem Schreiben der Beklagten vom 30. Juni 1988 entnommen werden. Insoweit handelte es sich nicht um einen Verwaltungsakt, eine Verfügung zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (§ 31 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫). Gegenstand der Auskunft war vielmehr allein, worauf die Beklagte in ihrem Schreiben auch ausdrücklich hingewiesen hatte, eine Information über die Höhe der Rentenanwartschaft nach dem damals maßgeblichen Recht. Die Mitteilung hatte keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen; ihr fehlte nämlich – auch für jeden Dritten erkennbar – der behördliche Wille zur Selbstverpflichtung, der Regelungswille (vgl hierzu BSGE 49, 258, 260 f = SozR 2200 § 1251 Nr 75 S 195 f; BSGE 50, 294, 296 f = SozR 2200 § 1325 Nr 3 S 1 f; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl, S 177, 213, 389). Mit der Auskunft verpflichtete sich die Beklagte folglich gegenüber dem Kläger – unabhängig von gesetzlichen Änderungen – weder zur Bewilligung einer Regelaltersrente zumindest in Höhe des mitgeteilten Betrages bei Erreichen des Rentenalters noch erst recht zur Beibehaltung einzelner Berechnungsmodalitäten.

A.2. Dem Kläger steht mithin allein ein Anspruch auf die ihm mit Bescheid vom 30. September 1992 nach § 35 iVm § 50 Abs 1 Nr 1 SGB VI bewilligte Regelaltersrente ab 1. September 1992 iHv 833,19 DM zu. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit – insoweit liegen auch keine Anhaltspunkte vor –, daß die Beklagte die §§ 63 ff SGB VI – sollten sie Anwendung finden und gültig sein – zutreffend der Berechnung der Regelaltersrente zugrunde gelegt hat.

Die Bestimmungen des neuen Rechts sind gemäß § 300 Abs 1 SGB VI ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an, am 1. Januar 1992 anzuwenden (vgl im einzelnen Senatsurteil in SozR 3-2600 § 300 Nr 3). Die Ausnahmevorschrift des Abs 2 aaO steht dem nicht entgegen. Der Kläger hat nämlich für keinen denkbaren Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1992 die Wartezeit bzw die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Er hat demgemäß durch eine evtl unterlassene Antragstellung auch auf nichts „verzichtet”.

B. Die vom Kläger beanstandeten, von der Beklagten zur Rentenberechnung herangezogenen Vorschriften des SGB VI sind gültig; sie verstoßen nicht gegen das GG.

1. Eine Verletzung von Art 14 Abs 1 GG ist nicht erkennbar.

Der Gesetzgeber hat durch das Rentenreformgesetz (RRG) 1992 zwar in eine vermögenswerte Rechtsposition des Klägers eingegriffen. Gleichermaßen die Begrenzung der als Pflichtbeitragszeiten für eine (fiktive) Berufsausbildung zu berücksichtigenden Zeiten auf 48 Monate einer versicherten Beschäftigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres und die Festlegung eines Mindestwertes von 0,075 EP (entsprechend 90 vH des Durchschnittsentgelts) für deren Bewertung (§ 70 Abs 3 Satz 2 SGB VI) als auch die Ermittlung von EP für die beitragsfreien Ersatz- und Anrechnungs-(früher Ausfall-)Zeiten nach dem Modell der Gesamtleistungsbewertung (§ 71 Abs 1 SGB VI) führen nämlich zu einer deutlichen Minderung der Rentenhöhe gegenüber der nach altem Recht erworbenen Anwartschaft. Konkret bedeutet dies, daß anstelle von 2.582,16 nach altem Recht insgesamt erworbenen WE (umgerechnet 25,8216 EP) nur noch 19,5446 EP zur Anrechnung gelangen, so daß sich – zur besseren Vergleichbarkeit bezogen jeweils auf einen 1992 eingetretenen Versicherungsfall – anstelle einer monatlichen Rente von 1.100,70 DM nur noch eine solche in der bescheidmäßig festgesetzten Höhe von 833,19 DM (entsprechend einer Minderung von 24,31 vH) errechnet. Die vorgenommene Änderung in der Anrechnung und Bewertung der genannten Zeiten durch das SGB VI stellt jedoch eine zulässige Neubestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber (zu § 70 Abs 2 Satz 3 SGB VI ebenso: 13. Senat, Urteil vom 23. Mai 1995 – 13/4 RA 13/94, siehe auch Urteile des Senats vom 18. April 1996 – 4 RA 36/94, 4 RA 51/94 und 4 RA 78/94) dar.

1.1. Der Kläger hatte am 31. Dezember 1991 eine vermögenswerte Rechtsposition in Form einer Anwartschaft auf Altersruhegeld nach § 25 Abs 5 AVG; diese war ihm nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts als privatnützig zugeordnet; sie diente der Sicherung seiner Existenz und beruhte auf nicht unerheblichen Beitragsleistungen; sie unterlag mithin dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG.

Gegenstand der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG sind Ansprüche und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in ihrem Gesamtbestand, wie sie sich aus dem funktionalen Zusammenwirken der verschiedenen Elemente nach der jeweiligen Gesetzeslage ergeben (vgl hierzu Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫E 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 2 ff; BVerfGE 58, 81, 109 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 10) nicht hingegen einzelne Anspruchs- bzw Berechnungselemente, wie zB die Bewertung von Anrechnungs- und Ersatzzeiten (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 58, 81, 109 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 10). Rentenversicherungsrechtliche Anwartschaften in dem og Sinne sind solche Rechtspositionen des Versicherten, die bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen, etwa der Wartezeit und des Eintritts des Versicherungs- bzw Leistungsfalls, zum Vollrecht erstarken können (vgl BVerfGE 53, 257, 289 f = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 2). Offenbleiben kann hier, welche Voraussetzungen im einzelnen vorliegen müssen, damit eine Rentenanwartschaft entsteht (vgl zu den Voraussetzungen: Urteil des Senats vom 13. Oktober 1992 – 4 RA 10/92 –; dort Anspruch auf Arbeitslosenruhegeld nach § 25 Abs 2 AVG in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung; die Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluß vom 11. August 1993 – 1 BvR 10/93 –). Denn die zurückgelegten Beitragszeiten des Klägers hatten jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des RRG 1992, zum 1. Januar 1992, eine solche Nähe zum Vollrecht erreicht, daß es zur Entstehung des Anspruchs auf Regelaltersrente lediglich noch des Erreichens der Altersgrenze bedurfte.

1.1.1. Von der Eigentumsgarantie umfaßt wurde am 31. Dezember 1991 die Anwartschaft des Klägers auf Altersruhegeld iHv etwa 1.070,– DM, wie sie sich nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden rentenrechtlichen Bestimmungen auf der Basis der aktualisierten Auskunft vom 30. Juni 1988 errechnete. Dieser Betrag beruhte – wovon auch die Beteiligten ausgehen – auf der für ihn günstigeren Anrechnung und Bewertung von 59 Pflichtbeitragsmonaten in den ersten fünf Kalenderjahren der Versicherung wie Ausfallzeiten (§ 32 Abs 4 Buchst a AVG iVm § 32 Abs 2 AVG = § 1255 Abs 4 Buchst a der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ iVm § 1255a Abs 2 RVO) mit 653,72 WE sowie der ebenfalls vorteilhafteren Bewertung der beitragsfreien Zeiten nach damaligem Recht (58 Monate Ersatzzeit wegen Militärdienstes – § 28 Abs 1 Nr 1 AVG = § 1251 Abs 1 Nr 1 RVO – mit 642,64 WE, acht Monate pauschale Ausfallzeit – Art 2 § 14 Abs 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪AnVNG≫ = Art 2 § 14 Abs 1 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪ArVNG≫ mit 88,64 WE). Diese vor dem 1. Januar 1965 liegenden Zeiten waren mit WE berücksichtigt, die sich aus dem WE-Durchschnitt aller vom 1. Januar 1954 bis 31. Dezember 1962 entrichteten Beiträge ergeben hatten. Mit diesen Regelungen wurden diejenigen Versicherten begünstigt, die – wie der Kläger – lange Zeiträume mit beitragslosen Zeiten zurückgelegt und nur während einer kurzen Zeit ihres „aktiven Versicherungslebens” Beitragsleistungen erbracht hatten. Lücken in dem Versicherungsverlauf haben nach altem Recht den errechneten Durchschnittswert nicht mehr beeinflußt; sie wirkten sich bei der Rentenberechnung und damit auf die Rentenhöhe nicht aus.

1.2. In diese Rechtsposition hat der Gesetzgeber durch die geänderte Anrechnung und Bewertung der Pflichtbeitragsmonate zu Beginn des Versicherungslebens sowie die Einführung der Gesamtleistungsbewertung für die beitragsfreien Ersatz-und Anrechnungszeiten eingegriffen.

Zunächst kommt der Kläger wegen der auf Zeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres beschränkten Fiktion des § 70 Abs 3 Satz 2 SGB VI nur noch für die ersten 43 Pflichtbeitragsmonate in den Genuß der in Satz 1 ebenda vorgesehenen Anhebung auf den Mindestwert von nunmehr noch jeweils 0,075 EP. Hiermit wird gleichzeitig ein weiterer Vorteil begrenzt, der für das bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht und die auf dieser Grundlage errechnete Rentenanwartschaft des Klägers von nicht unerheblicher Bedeutung war (und vom neuen Recht nur noch in abgeschwächter Form fortgeführt wird): indem nämlich die – meist niedrigen – Pflichtbeiträge der ersten fünf Kalenderjahre bei der Ermittlung des Monatsdurchschnitts der bis zum 31. Dezember 1964 zurückgelegten Beitragszeiten außer Betracht blieben (§ 32 Abs 4 Buchst a AVG), ergab sich nicht nur für diese selbst eine Bewertung nach dem höheren Monatsdurchschnitt der restlichen Zeiten, sondern ebenso für die Ausfall- und Ersatzzeiten, denen damit WE oberhalb des tatsächlichen Beitragsdurchschnitts zugeordnet werden. Bezogen allein auf die Bewertung der Beitragszeiten ergibt sich damit aus der Anwendung neuen Rechts für den Kläger ein Minus von 2, 1718 EP. Hinsichtlich der Berücksichtigung tatsächlich verdienten Entgelts ist demgegenüber – wie die Beklagte in der Revisionserwiderung zutreffend vorträgt – keine Änderung eingetreten.

Daneben hat das RRG insbesondere durch die Einführung der Gesamtleistungsbewertung – bei hier in unverändertem Umfang zu berücksichtigenden rentenerheblichen Zeiten (167 Monate Beitragszeit, 58 Monate Ersatzzeit, acht Monate – nachgewiesene – Anrechnungszeit) – diejenigen Versicherten hinsichtlich der Bewertung der beitragsfreien Ersatz- und Anrechnungszeiten gegenüber dem zuvor geltenden Recht schlechter gestellt, die – wie der Kläger – Lücken im Versicherungsverlauf hatten. Hieraus resultiert mit 4,1052 EP auch der wesentliche Verlust, den der Kläger hinzunehmen hat. Dies ergibt sich im einzelnen aus folgendem:

Nach den Bestimmungen des SGB VI werden die beitragsfreien Zeiten mit dem Durchschnittswert an EP bewertet, der sich aus der Gesamtleistung aller im belegungsfähigen Zeitraum entrichteten Beiträge ergibt (§ 72 Abs 1 SGB VI); diesen Zeiten wird ein Wert in Form von durchschnittlichen EP zugeordnet, der sich aus rentenrechtlichen Zeiten mit eigenem Wert sowie aus der Anzahl der gesamten belegungsfähigen Monate (Gesamtzeitraum ab dem 16. Lebensjahr bis einen Monat vor Beginn der Altersrente abzgl nicht belegungsfähiger Monate) errechnet (§§ 71 ff SGB VI). Die Summe an EP aus Beitragszeiten wird mithin zur Errechnung des Durchschnittswertes nicht durch die Anzahl der Kalendermonate, in denen Pflichtbeiträge entrichtet worden waren, geteilt, sondern durch die Anzahl der og belegungsfähigen Monate (§ 72 SGB VI). Die echten Lücken fließen somit in den Divisor der Durchschnittsbewertung ein. Hierdurch senkt sich der den beitragsfreien Zeiten zugrundezulegende EP-Durchschnitt. Im Fall des Klägers wirkt sich in diesem Zusammenhang besonders schwerwiegend aus, daß er zuletzt für Dezember 1962 einen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Trotz zusätzlicher Anrechnung von 6,125 EP für die Berücksichtigungszeit von Januar 1963 bis Februar 1971 sind damit für die Grundbewertung insgesamt nur 22,462 EP zu berücksichtigen. Diesem Wert stehen bei einem belegungsfähigen Gesamtzeitraum von 589 Monaten nach Abzug der beitragsfreien Zeiten (66 Monate) und einer Pauschalzeit von 61 Monaten (§ 263 Abs 2 SGB VI) insgesamt 462 belegungsfähige Monate als Divisor gegenüber, so daß sich als Durchschnittswert 0,0486 EP ergeben. Berücksichtigt man mit dem so ermittelten vollen Gesamtleistungswert 58 Monate Ersatzzeit und – im Rahmen der Mindestbewertung (§§ 74, 263 Abs 3, 4 SGB VI) – acht Monate Anrechnungszeit, ergibt sich für die anzurechnenden beitragsfreien Zeiten ein Gesamtwert von 3,2076 EP (gegenüber umgerechnet 7,3128 EP nach altem Recht).

1.3. Die Modifikation der Anwartschaft auf Regelaltersrente durch Neubestimmung der Anspruchselemente ist eine zulässige Änderung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber, da der Eingriff im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit liegt. Die Belange der Allgemeinheit überwiegen. Das Interesse des Klägers an einer für seine Lebensplanung – auch in Bezug auf seine Alterssicherung – erforderlichen Verläßlichkeit und Berechenbarkeit des Rentenversicherungsrechts tritt insoweit zurück.

1.3.1. Für die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers sind Eigenart und Funktion des Eigentumsobjekts von maßgeblicher Bedeutung; dies führt zu einer gewissen Stufung des Schutzes (vgl hierzu BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17; BVerfGE 58, 81, 112 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 10 f; BVerfGE 53, 257, 292 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4). Je höher der einem Anspruch zugrundeliegende Anteil eigener Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug hervor (BVerfGE 53, 257, 292 f = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4); insoweit sind der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers enge Grenzen gezogen; sie ist um so weiter je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Ordnung steht. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß Rentenansprüche und Rentenanwartschaften in einem ausgeprägten sozialen Bezug stehen; sie sind Bestandteil eines Leistungssystems, dem eine besonders bedeutsame soziale Funktion zukommt. Die Berechtigung des einzelnen Versicherten ist eingefügt in einen Gesamtzusammenhang, der auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft (solidarische Daseinsvorsorge) und des sog Generationenvertrages beruht. Denn zu einem wesentlichen Teil bringt die im Berufsleben stehende Generation durch Beiträge die Mittel für die Erfüllung der Ansprüche der älteren Generation auf; dafür verspricht ihr der Staat einen vergleichbaren Versicherungsschutz nach Maßgabe des jeweiligen Rentenrechts; die im Berufsleben stehende Generation erwartet mithin letztlich, daß der Staat mit Hilfe der Beiträge der folgenden Generation dieses Versprechen erfüllen kann und wird. Hierauf beruht im wesentlichen der Gesichtspunkt der sog Gesamtäquivalenz von Leistung und Gegenleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der soziale Bezug wird ferner darin deutlich, daß Leistungen der Rentenversicherung ua für beitragsfreie Zeiten durch staatliche Zuschüsse, also aus Mitteln der Allgemeinheit, finanziert werden.

Regelungen, die dazu dienen die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen, sind im Hinblick auf den og ausgeprägten sozialen Bezug grundsätzlich im Rahmen von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zulässig. Er ermöglicht mithin eine Beschränkung der Rentenansprüche und -anwartschaften zum Zwecke des Allgemeinwohls, erfordert dabei jedoch die Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (so BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 f; BVerfGE 58, 81, 120 f = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 18). Das Wohl der Allgemeinheit ist somit sowohl Grund als auch die Grenze einer Beschränkung des Eigentums (vgl BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64). Der Gesetzgeber hat die Pflicht, das Gemeinwohlinteresse und das Interesse des Inhabers der Rechtsposition in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu bringen, gegeneinander abzuwägen und einen gerechten Ausgleich der Belange beizuführen.

1.3.2. Legitimierende Gründe für die Änderung der Bewertung sowohl der beitragsfreien Zeiten als auch der ersten fünf Jahre mit Pflichtbeitragszeiten durch das RRG 1992 waren einmal die Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung sowie zum anderen die Stärkung des og Äquivalenzprinzips. Beide Gründe liegen im öffentlichen Interesse; sie rechtfertigen den Eingriff, da sie der Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung dienen (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 5). Wie sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs im einzelnen ergibt (vgl BT-Drucks 11/4121 S 135 ff), hatten der steigende Belastungsquotient, das ungünstige Zahlenverhältnis zwischen Rentnern und Beitragszahlern infolge der steigenden Lebenserwartung einerseits und der sinkenden Geburtenzahl andererseits, das spätere Eintrittsalter in das Erwerbsleben sowie eine deutliche Vorverlagerung des Rentenbeginns zu erheblichen finanziellen Belastungen der gesetzlichen Rentenversicherung geführt. Nach den Ausführungen im Regierungsentwurf (aaO) hätte sich – nach dem damaligen Erkenntnisstand des Gesetzgebers und seiner damaligen Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung – der Beitragssatz ohne die Reform bis zum Jahre 2000 auf 22 vH und bis zum Jahre 2010 auf 24,5 vH erhöht. Die im Rahmen eines Gesamtpaketes vorgesehenen Maßnahmen, zu denen ua die Erhöhung des Bundeszuschusses, die Veränderung des Beitragssatzes, eine Rentenanpassung auf der Grundlage der Bruttolöhne des Vorjahres und einer am Versicherungsprinzip orientierten Neuordnung der beitragsfreien Zeiten unter Wegfall der sog Halbbelegung (§ 36 Abs 3 AVG) als Voraussetzungen der Anrechnung von Ausfallzeiten sowie eine Neubewertung insbesondere der ersten vier Pflichtbeitragsjahre vor Vollendung des 25. Lebensjahres (anstelle zuvor der mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate in den ersten fünf Kalenderjahren) zählten, sollten zur finanziellen Entlastung der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen. Zugleich wurde das sog Äquivalenzprinzip in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Einführung der Gesamtleistungsbewertung betont und – auch im Hinblick auf den Wegfall der Halbbelegung – eine größere Beitragsgerechtigkeit herbeigeführt (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 70, 101, 113 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 65). Das Prinzip der Solidarität der abhängig beschäftigten Pflichtversicherten wurde also gestärkt, indem die Versicherten, die während ihres gesamten Erwerbs- und Versicherungslebens der Gemeinschaft durch Entrichtung einkommensbezogener Pflichtbeiträge solidarisch verbunden gewesen waren und damit auch Schwankungen in den Leistungen des gesetzlichen Versicherungssystems nicht ausweichen konnten (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 75, 78, 103 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 465; BT-Drucks 11/4124 S 138), durch die Gesamtleistungsbewertung begünstigt wurden. Gleichzeitig wurden damit die Privilegien derjenigen abgebaut, die der Versichertengemeinschaft nur für kurze Zeit aktiv angehört hatten und mithin Lücken im Versicherungsverlauf aufwiesen; allein deren Anwartschaften wurden gekürzt. Insgesamt gesehen wurden somit die beitragsfreien Zeiten, die vom Gesetzgeber als ausgleichswürdig angesehen worden waren, lediglich in ein angemessenes und ausgewogenes Verhältnis zur Dauer der aktiven Versicherungszeit und zu den geleisteten Beiträgen gebracht. Ferner berücksichtigte die Änderung der Bewertung der ersten Pflichtbeitragsjahre durch Einführung von Mindestwerten zugunsten der Versichertengemeinschaft – pauschalierend – die Tatsache, daß in den ersten Jahren einer versicherungspflichtigen Tätigkeit in der Regel das erzielte Entgelt nicht dem Durchschnittseinkommen aus der gesamten Versicherungszeit entspricht, sondern niedriger liegt.

1.3.3. Die mithin im öffentlichen Interesse liegenden Gesetzänderungen waren unter dem Gesichtspunkt des Sparzieles und einer Betonung des Versicherungsprinzips geeignet und auch erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, daß jede Strukturveränderung bei den Neuzugängen einsetzen muß, damit der Erfolg der Entlastung sich sogleich und sodann in den folgenden Jahren immer stärker auswirkt (vgl BT-Drucks 11/4124 S 146). Es ist nicht erkennbar, daß die angestrebten Einsparungen mit weniger eingreifenden Mitteln hätten erreicht werden können. Im übrigen liegt es in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob und auf welche Weise er Einsparungen vornimmt (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 76, 220, 241 = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 14 f).

1.3.4. Obgleich die neuen Regelungen den Kläger erheblich belasten und in seinem Fall zu einer Renten- bzw Anwartschaftskürzung von etwa 24 vH geführt haben, sind sie gemessen an der Bedeutung des gesetzlichen Zieles, einer möglichst rasch greifenden Verbesserung der Finanzlage verbunden mit einer Stärkung des Äquivalenzprinzips, verhältnismäßig und auch zumutbar. Dies gilt für die Bewertung sowohl der Ersatzzeiten als auch der Anrechnungszeit und der Bewertung – hier – der ersten 43 Monate mit Pflichtbeiträgen gemäß § 70 Abs 3 Satz 2 SGB VI.

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, daß sich die Maßnahmen des RRG-Gesetzgebers, soweit sie den hier in Frage stehenden Bereich betreffen, keineswegs allein als Eingriff in bestehende Rechtspositionen darstellen. Exemplarisch ist insofern darauf hinzuweisen, daß etwa der Übergang von den Pflichtbeitragsmonaten in den ersten fünf Kalenderjahren seit Eintritt in die Versicherung (§ 32 Abs 4 AVG) zu den ersten 48 Pflichtbeitragsmonaten vor Vollendung des 25. Lebensjahres (§ 70 Abs 3 Satz 2 SGB VI) zugunsten der Versicherten die Berücksichtigung von Lücken vermeidet. Darüber hinaus besteht – bei Nachweis der Voraussetzungen und für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 auf Antrag (§ 256 Abs 1 SGB VI) – zusätzlich die Möglichkeit der Höherbewertung auch für später zurückgelegte Ausbildungszeiten (vgl Niesel in Kasseler Kommentar,

Stand: Oktober 1991, § 70 SGB VI RdNr 25). Ebenso ist durch die Streichung vor allem der Anrechnungsvoraussetzungen für Ausfall-/Anrechnungszeiten eine vielfach kritisierte und in ihren Auswirkungen oftmals als willkürlich empfundene Regelung (Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, BT-Drucks 11/4142, S 140) beseitigt worden. Daß diese Vorteile dem Kläger in seiner konkreten Situation nicht zugute kommen, ist für die notwendige Beurteilung der Auswirkungen des neuen Rechts in ihrer Gesamtheit ohne Belang.

Im übrigen darf die Verhältnismäßigkeit eines gesetzlichen Eingriffs in eigentumsrechtlich geschützte Positionen grundsätzlich nicht nach seinen Auswirkungen in Extremfällen bemessen werden (s BVerfG in SozR 2200 § 1255a Nr 17 S 16 = BVerfGE 58, 81 ff, 117). Der Versicherungsverlauf des Klägers, der Jahrzehnte vor Eintritt des Versicherungsfalls seinen letzten Beitrag entrichtet hat und auf seinen Antrag hin ab 1968 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, ist daher gerade nicht geeignet, die maßgeblichen typischen (BVerfG aaO) Auswirkungen der einschlägigen Berechnungsvorschriften des SGB VI zu dokumentieren. Auszugehen ist vielmehr vom Leitbild eines „erfüllten Versicherungslebens”, in dem die rentenrechtlich nicht relevanten Zeiten die Ausnahme darstellen.

Geht man unter Zugrundelegung dieses Gesichtspunkts fiktiv davon aus, daß der Kläger innerhalb des für die Gesamtleistungsbewertung maßgeblichen Zeitraums zumindest in denjenigen Monaten, die bisher in keiner Weise als rentenrechtlich bedeutsam der Berechnung zugrundegelegt worden sind (197 Monate), Beiträge wenigstens für einen Durchschnittsverdienst entrichtet hätte, ergäben sich allein deshalb zusätzliche 16,4167 EP. Der – wiederum jeweils auf einen 1992 eingetretenen Versicherungsfall bezogene – angenommene Rentenanspruch beliefe sich dann unter Berücksichtigung der nach altem Recht erworbenen (und in EP umgerechneten) WE auf etwa 1.800,– DM und nach dem SGB VI auf ca 1.630,– DM. Der sich unter diesen Umständen aus der Anwendung der neuen Berechnungsvorschriften noch ergebende Verlust in einer Größenordnung von unter 10 vH bewegt sich in einem Bereich, der nach der Rechtsprechung des BVerfG (aaO) bei gesetzgeberischen Maßnahmen zur Konsolidierung des Systems hinzunehmen ist. Das Ergebnis verdeutlicht darüber hinaus, daß sich die Größenordnung des vom Kläger insgesamt hinzunehmenden Eingriffs in seine nach altem Recht erworbene Rentenanwartschaft zum ganz überwiegenden Teil aus dem von ihm selbst herbeigeführten Abbruch seiner Versicherungsbiographie erklärt. Demgegenüber werden Versicherte mit annähernd normalem Versicherungsverlauf ohne größere Lücken mit zunehmender Versicherungsdauer jedenfalls nicht deutlich schlechter gestellt. Eine derartige typisierende Regelung entspricht damit dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit.

Darüber hinaus ist die neue Regelung für den Kläger auch zumutbar. Dies gilt einmal unter Berücksichtigung seines individuellen Versicherungslebens (su). Zum anderen kann ein Pflichtversicherter, der der gesetzlichen Rentenversicherung beitritt, im Hinblick auf die Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems nicht erwarten und darf mithin auch nicht darauf vertrauen, daß bei einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, die zu Einbußen der Einnahmen der Versichertengemeinschaft führen, die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen während seines gesamten Versicherungslebens bis zum Eintritt des Leistungsfalls unverändert fortbestehen; der Versicherte muß sowohl was die Chancen als auch die Risiken anbelangt mit Änderungen der Vorschriften rechnen (vgl hierzu BVerfGE 58, 81, 122 f, 132 = SozR 2200 § 1555a Nr 7 S 19, 25; BVerfGE 64, 87, 105 = SozR 5121 Art 1 § 1 Nr 1 S 7).

1.3.4.1. Entgegen der Auffassung des Klägers werden die Ersatzzeiten weder gleichheitswidrig noch für die Betroffenen unzumutbar in die Gesamtleistungsbewertung miteinbezogen. Die og Gesichtspunkte für die Gesamtleistungsbewertung bei beitragsfreien Anrechnungs- und Ersatzzeiten erfordern insoweit keine unterschiedliche Beurteilung.

Die Anrechnungszeiten beruhen – da ohne eigene Beitragsleistung erworben -überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind somit Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge (so BVerfGE 58, 81, 112 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12). Sie sind zwar Bestandteil der Rente – bzw der Rentenanwartschaft – und unterliegen damit dem Bestandsschutz des Art 14 Abs 1 GG; vom Gesetzgeber als ein Element des sozialen Ausgleichs für die mit der Ausbildung für den einzelnen verbundene Minderung der sozialen Sicherheit gedacht (vgl BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 13), liegt es jedoch in seinem besonders weiten Gestaltungsspielraum, ob er diesen Ausgleich weitergewähren oder bei einer angespannten finanziellen Lage kürzen will.

Ersatzzeiten sind zwar ebenfalls ein Element des sozialen Ausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl hierzu Michaelis, Handbuch der Rentenversicherung, S 697). Sie sind jedoch zugleich Ausdruck der Verantwortung des Staates entweder für eine von ihm veranlaßte hoheitliche Maßnahme und/oder deren Folgen (§ 250 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGB VI), oder für staatliches Unrecht (§ 250 Abs 1 Nrn 3, 4 und 6 SGB VI) oder für das Einstehen der Bundesrepublik Deutschland für fremdes Unrecht (§ 250 Abs 1 Nr 5 SGB VI). Durch die Anerkennung dieser Zeiten hat sich die Bundesrepublik Deutschland dem Grunde nach verpflichtet, den in den genannten Zeiten rentenversicherungsrechtlich entstandenen Schaden auszugleichen, die Betroffenen also so zu stellen, wie sie stehen würden, wenn der die Einstandsverpflichtung auslösende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫), wenn der Betroffene also während dieser Zeiten der Versicherungsgemeinschaft angehört hätte. Das Ausmaß dieses Schadens kann sich mithin im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung – pauschalierend – wie bei allen anderen Versicherten nur am gesamten Versicherungsleben orientieren, so daß die entgangenen Beitragszeiten auch nur in diesem Umfang im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung wie bei allen anderen Versicherten zu berücksichtigen sind.

Entgegen der Auffassung von Scheel (SGb 1993 Seite 112 ff) kommt dem Gesichtspunkt, daß Ersatzzeiten wegen Kriegsdienstes und Kriegsgefangenschaft anders zu bewerten sind als sonstige beitragsfreie Zeiten, weil nur diese Versicherten in dem entsprechenden Zeitraum Aufgaben für die Allgemeinheit wahrgenommen hätten, keine entscheidende Bedeutung zu. Der Gesetzgeber ist bei der Schätzung des Schadens von dem Durchschnittsentgelt bezogen auf das gesamte Versicherungsleben ausgegangen und hat dies als rentenversicherungsrechtlichen Schaden zugrunde gelegt. Im Rahmen einer zulässigen Typisierung und Pauschalierung hat er damit wiederum auf den Durchschnittsrentenbezieher abgestellt, der auf diese Weise einen an seinem gesamten Versicherungs- und Erwerbsleben orientierten Schadensausgleich erhält.

Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht darauf abgestellt werden, daß Bestandsrentner noch in den Genuß der – hier – günstigeren Bewertung der Ersatzzeiten gelangt sind, während für Neuzugänge diese Regelung nicht mehr gilt. Ein derartiger Vergleich ist unzulässig, weil diese Personengruppen im Rahmen eines Rentenanspruchs nicht vergleichbar sind. Zwar haben beide Gruppen von Versicherten Kriegsdienst geleistet. Vergleichspaare können jedoch nur die Bezieher von Renten mit – jeweils – Ersatzzeiten sein. Für die Verschiedenbehandlung der Rentenbezieher vor und nach dem 1. Januar 1992 liegt ein sachlicher Grund vor.

Er ist begründet in der ab 1. Januar 1992 geltenden Strukturänderung des Rentenversicherungsrechts. Daß lediglich die Neuzugänge davon betroffen sind, ist Folge der Stichtagsregelung.

1.4. Der für die Änderung der Rentenberechnungsvorschriften maßgebende Stichtag, das Inkrafttreten des RRG zum 1. Januar 1992, verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die Stichtagsregelung hatte zwar zur Folge, daß Altersrenten der Versicherten, die zu diesem Zeitpunkt bereits Rentenleistungen erhielten, weiterhin nach altem Recht berechnet wurden, während für Versicherte, bei denen der Versicherungsfall des Alters später eingetreten ist, die Gesamtleistungsbewertung galt. Das ist jedoch das Ergebnis der vom Gesetzgeber gewählten Stichtagsregelung. Härten, die jeder derartigen Regelung innewohnen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung eines Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunkts orientiert am gegebenen Sachverhalt und damit sachlich vertretbar ist (vgl hierzu BVerfGE 58, 81, 126 f = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 22). Aus den og Gründen, einer erforderlichen, möglichst rasch greifenden Verbesserung der finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung, konnte der Gesetzgeber den Bestandsrenten den Vorzug vor dem Schutz der Rentenanwartschaften geben (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 75, 78, 106 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 467 f). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Umstellung auf eine neue und andere Bewertung von versicherungsrechtlich relevanten Zeiten für ältere Menschen, wie den Kläger, einschneidender und damit belastender ist als für jüngere Menschen, die sich zeitlich besser auf das neue Recht einstellen können (vgl hierzu entsprechend BVerfG SozR 5750 Art 2 § 18 Nr 1 S 3).

1.5. Entgegen der Ansicht des Klägers war es aus Gründen des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich nicht geboten, Übergangsvorschriften für die durch die Gesamtleistungsbewertung Betroffenen mit erheblichen Lücken im Versicherungsverlauf vorzusehen. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hat für vermögenswerte Güter im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG eine eigene Ausprägung erfahren (vgl BVerfGE 58, 81, 120 f = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 17 f; BVerfGE 71, 1, 111 = SozR 5120 Art 2 § 2 Nr 1 S 2; BVerfGE 76, 220, 244 f = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 16 f). Denn eine wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie ist es, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützten Güter zu gewähren und das Vertrauen auf das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Bei einer Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit kommt dem Gedanken des Vertrauensschutzes – unabhängig von den og Gründen – hier bereits deshalb keine überwiegende Bedeutung zu, weil die sich erheblich verschlechternde finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung rasch greifende Maßnahmen erforderte (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 69, 272, 313 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 134). Eine Übergangsregelung in der Art, daß die Gesamtleistungsbewertung bei rentennahen Jahrgängen etwa auszusetzen wäre, hätte den (Gesamt-)Konsolidierungseffekt gefährdet, unabhängig davon, daß selbst bei einem weiteren Zuwarten – von beispielsweise fünf Jahren – auch die sodann davon betroffene Altersgruppe nicht in der Lage gewesen wäre, ohne erheblichen finanziellen Aufwand für einen Ausgleich Sorge zu tragen. Sollte die neue Regelung also überhaupt ihr Ziel in absehbarer Zeit erreichen, so mußten die Regelungen möglichst umgehend umgesetzt werden. Dabei ist es im Hinblick auf das angestrebte Ziel unerheblich, wenn der Gesetzgeber in Einzelfällen (vgl ua § 263 Abs 5 SGB VI, § 252 Abs 1 Satz 1 SGB VI) eine schonende Übergangsregelung getroffen hat.

2. Die ab 1. Januar 1992 geltenden Vorschriften über die Bewertung der beitragsfreien Zeiten sowie der ersten vier Jahre mit Pflichtbeitragszeiten verstoßen auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG). Zwar begründet das Sozialstaatsprinzip die Pflicht des Staates, für eine gerechte soziale Ordnung Sorge zu tragen; die Erfüllung dieser Verpflichtung obliegt jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. Selbst wenn durch eine Regelung im Einzelfall Unbilligkeiten auftreten, ist das Sozialstaatsgebot nicht verletzt; denn es dient nicht der Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinender Einzelregelungen (vgl hierzu BVerfGE 66, 234, 247 f = SozR 2200 § 1255a Nr 11 S 36; BVerfGE 69, 272, 314 f = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 135 f).

Nach alledem hat die Beklagte zur Berechnung der Regelaltersrente des Klägers zu Recht die ab 1. Januar 1992 geltenden Bestimmungen des SGB VI, also auch diejenigen ua über die Bewertung der beitragsfreien Zeiten angewandt. Das SG hat damit zutreffend einen Anspruch des Klägers auf eine höhere Rente verneint. Die Revision des Klägers ist mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173757

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