Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeit. Anspruchsnorm. Anwendungsvoraussetzungen. Versicherteneigenschaft. Wartezeit. Drei-Fünftel-Belegung. Versicherungsfall. Teilzeitarbeitsmarkt. BU-Entstehungsvoraussetzungen. Einwendung, rechtsändernde, des zumutbaren Vergleichsberufs. Einwendungsausschluß des Seltenheitsfalles. Mindestzahl Arbeitsplätze. Benennung, konkrete

 

Leitsatz (amtlich)

1. Berufsunfähig ist nicht, wer einen zumutbaren Vergleichsberuf vollschichtig verrichten kann; auf die jeweilige Arbeitsmarktlage kommt es nicht an (Fortführung von ua BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 22, 137; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41).

2. Wird der zumutbare Vergleichsberuf an mehr als 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt, liegt kein sogenannter Seltenheitsfall vor; auf die Zahl der Bewerber oder möglichen Interessenten kommt es nicht an, gleichfalls nicht darauf, ob diese Arbeitsplätze frei oder besetzt sind (Fortführung von ua BSG vom 21.2.1985 – 4 RJ 29/84 und BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137).

3. Zur Pflicht der Rentenversicherungsträger, einen Vergleichsberuf „konkret” zu benennen.

 

Normenkette

AVG § 23 (= RVO § 1246); SGB VI § 43

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 28.04.1994; Aktenzeichen L 1 An 51/93)

SG Hannover (Entscheidung vom 01.04.1993; Aktenzeichen S 1 An 122/92)

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Die im Juli 1936 geborene Klägerin, die eine 1951 begonnene Lehre als Verkäuferin abgebrochen hatte, war 1960 sowie von 1963 bis März 1989 als Verkäuferin angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt. Den letzten Arbeitsplatz verlor sie betriebsbedingt.

Ihr Leistungsvermögen ist krankheits- bzw behinderungsbedingt eingeschränkt, nämlich durch einen Bluthochdruck, eine leichte Varicosis und durch ein statischlumbalgisches Schmerzsyndrom der Halswirbeisäule und der Lendenwirbelsäule auf dem Boden degenerativer Umbauprozesse mit einer Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule. Sie kann deshalb Arbeiten im Stehen oder vorwiegend im Gehen und Stehen nur noch begrenzt ausüben. Darum ist sie als Verkäuferin nur noch halbbis untervollschichtig einsetzbar. Im übrigen kann sie leichte Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten. Diese dürfen aber nicht mit dauerndem Stehen oder Gehen oder mit häufigem Heben und Tragen von Lasten verbunden sein und sollen möglichst einen Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ermöglichen. Sie ist den Belastungen gewachsen, die mit der Arbeit als Kassiererin an Sammelkassen der Art, wie die Firma K. AG sie eingerichtet hat, verbunden sind. Hierbei können die Kassiererinnen zwischen Sitzen, Stehen und Gehen wechseln. Es handelt sich um leichte Arbeiten.

Die Klägerin verfügt über die Kenntnisse und Fähigkeiten einer gelernten Fleischereifachverkäuferin. Sie hat die fachliche Qualifikation, die im Beruf der Kassiererin der Sammelkasse anfallenden Aufgaben zu erfüllen. Verlangt werden im wesentlichen Kassieren (Bargeid, Bankschecks, Kreditkarten, Personalkäufe), Geldwechseln, Ausstellen von Rechnungen und Quittungen, Behandlung von Warenrückgaben, Behandlung von Auswahlen, Verpackungsservice, Kontrolltätigkeiten und der Informationsservice für die Kunden. Dieser Beruf ist dem der Fleischereiverkäuferin qualitativ gleichwertig. Er überfordert die Klägerin nicht. Sie bedarf bis zu seiner vollwertigen Ausübung nur einer kurzen Einweisung, die jedenfalls weniger als

[XXXXX]vor (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 82, 84, 137, 139). Bei 350 Arbeitsplätzen, welche allein von der Firma K. AG angeboten würden, könne nicht von einer „ganz geringen Zahl” gesprochen werden. Es handele sich auch nicht um sog Schonarbeitsplätze. Im übrigen komme es nicht auf das Verhältnis der Zahl der Bewerber zu der Zahl der angebotenen Arbeitsplätze an (Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG in: Großer Senat ≪GS≫ vom 10. Dezember 1976 ≪BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr. 13≫, ferner Urteil des 13. Senats vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 41/92 –, Urteile des 5. Senats vom 4. August 1981 – 5a/5 RKn 22/79 – und vom 19. Februar 1981 – 5b RJ 28/81 –).

Zur Begründung ihrer – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 23 Abs. 2 AVG (jetzt: § 43 Abs. 2 SGB VI). Das Berufungsgericht habe unzulässig auf eine Tätigkeit verwiesen, welche der Klägerin tatsächlich nicht zugänglich sei. Bei der Arbeit als Kassiererin an Sammelkassen bei der Firma K. AG handele es sich um eine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossene Tätigkeit. Dem LSG hätten hinsichtlich der Zulässigkeit dieser Verweisung Zweifel kommen müssen. Die Arbeit sei tarifvertragsmäßig nicht erfaßt. Denn die von der Firma K. AG beschriebenen Arbeitsplätze unterschieden sich von den in dem ge-nannten Tarifvertrag erfaßten Sammelkassenkassiererinnen wesentlich. Das LSG habe nur einen Arbeitgeber herangezogen, so daß die Klägerin nur eine einzige Bewerbungschance auf dem Arbeitsmarkt habe. Lehne der Arbeitgeber eine Bewerbung ab, so bleibe ihr der genannte Arbeitsmarkt verschlossen. Eine Verweisungstätigkeit sei daher bereits nicht dann in ausreichender Zahl vorhanden, wenn sie nur von einem einzelnen Arbeitgeber angeboten werde. Ferner dürfe die Klägerin nur auf den räumlichen Arbeitsmarkt verwiesen werden, der nach den Gesichtspunkten des Arbeitsförderungsrechts allen Arbeitnehmern als zumutbar angesonnen werde. Ihr sei nicht zuzumuten, umzuziehen, um sich auf dem gesamtdeutschen Arbeitsmarkt eine Arbeitsstelle zu suchen. Gemäß der Zumutbarkeitsanordnung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) könne der Umzug schon aus familiären Gründen nicht mehr gefordert werden. Sie könne nur noch auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sie auch ohne Umzug täglich von ihrer Wohnung aus in angemessener Zeit erreichen könne. Dadurch werde die Anzahl von Verweisungstätigkeiten weiter reduziert. Falls es sich bei der so ermittelten Zahl von Arbeitsplätzen überhaupt noch um eine nennenswerte Größe handele, müßten diese dann den potentiellen Bewerbern gegenübergestellt werden. Hierfür kämen alle Verkäuferinnen mit abgeschlossener Ausbildung in Frage. Das zuständige Arbeitsamt, aber auch die entsprechenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände seien imstande die Zahl der im Arbeitsamtsbezirk tätigen potentiellen Bewerber recht genau anzugeben. Erreiche die Zahl der Arbeitsplätze nicht mindestens 10 vH der potentiellen Bewerber, sei eine ernstzunehmende Chance nicht gegeben. Diese Anforderungen ergäben sich aus dem Gebot der konkreten Betrachtung des Arbeitsmarktes. Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf den Schriftsatz vom 22. August 1994 (Bl 17 bis 22 der BSG-Akte) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen von 28. April 1994 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 1. April 1993 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

die Revision zurückzuweisen,

Sie meint, das Revisionsvorbringen beruhe weitgehend auf der [XXXXX] von Tatsachen, die das Berufungsgericht so nicht festgestellt habe. Nach der Rechtsprechung des BSG komme es für die Ermittlung der Verweisungstätigkeiten auf den örtlichen Arbeitsmarkt nicht an (Hinweis auf Urteile des 4. Senats des BSG vom 17. Februar 1970 – 4 RJ 305/67 – und vom 21. April 1982 4 RJ 5 81) ein Umzug innerhalb des Bundesgebietes sei zumutbar. Für die begehrte Gegenüberstellung der Zahl der potentiellen Bewerber für einen Arbeitsplatz mit der Zahl der angebotenen Arbeitsplätze gebe es keine Rechtsgrundlage (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 137 und 139). Soweit der 13. Senat im Urteil vom 12. Oktober 1993 (13 RJ 41/92) gesagt habe, es sei zu berücksichtigen, „ob auf dem Arbeitsmarkt eine große Zahl von Personen über die für bestimmte Stellen geforderten Qualifikationen verfügt”, sei dies nach den Feststellungen des LSG für den vorllegenden Fall nicht einschlägig. Die Auffassung, Verschlossenheit des Arbeitsmarktes sei anzunehmen wenn die Zahl der Arbeitsplätze nicht mindesten 10 vH der potentiellen Bewerber erreiche, sei nicht nachvollziehbar. Im übringen handele es sich bei den von der Firma K. AG geschiderten Arbeitsplätzen für Kassiererinnen an der Sammelkasse um Beschäftigungen [XXXXX] diese Firma tätigkeitstypisch seien; auch in anderen Warenhäusern oder größeren Fachgeschäften gebe es Kassenarbeitsplätze, die nach ihrem Anforderungsprofil den von der Firma K. AG eingerichteten Arbeitsplätzen entsprächen. Auch im übrigen sei dem LSG zuzustimmen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 22. September 1994 (Bl 33 bis 39 der BSG-Akten) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG mit Recht zurückgewiesen. Da sie ihren ursprünglichen Hauptantrag auf Gewährung einer Rente wegen EU vor dem LSG nicht weiterverfolgt hat, ist er durch das insoweit rechtskräftig gewordene Urteil des SG beschieden. Das Revisionsgericht hat daher nur noch über die Abweisung des (ursprünglichen Hilfs-)Antrages auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Rente wegen BU zu entscheiden. Das SG hat die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage zutreffend abgewiesen. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig; darin ist richtig festgestellt worden, daß die Klägerin kein subjektives Recht auf eine Rente wegen BU hat, aus dem monatlich Ansprüche (§ 194 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches ≪BGB≫) auf Zahlung jeweils eines bestimmten Betrages entstehen könnten. Der die Einstandspflicht der BfA begründende Tatbestand (im folgenden: haftungsbegründende Tatbestand) der BU-Versicherung ist nicht erfüllt; der Versicherungsfall der BU ist nämlich nicht eingetreten; vielmehr ist die Klägerin berufsfähig geblieben.

Das Berufungsgericht hat die für die Entscheidung des Rechtsstreits richtigen Maßstabsnormen (dazu unter A) herausgezogen und diese auch zutreffend (dazu unter B) angewandt.

A: Das LSG hat seiner Beurteilung, der haftungsbegründende Tatbestand der BU-Versicherung sei nicht erfüllt, dh der Versicherungsfall der BU liege nicht vor, das maßgebliche Recht zugrunde gelegt:

Gemäß § 23 Abs. 1 AVG, der nach § 300 Abs. 2 SGB VI für die Beurteilung der vor dem 1. Januar 1992 gelegenen streitigen Zeiträume weiterhin maßgeblich ist, hat derjenige Versicherte „Anspruch” auf Rente wegen BU gegen die BfA, der bei dieser versichert und berufsunfähig ist und zuletzt vor Eintritt der BU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat wenn die Wartezeit erfüllt ist. Dasselbe gilt gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI für die Zeiten ab 1. Januar 1992, für welche die Klägerin sinngemäß gleichfalls geltend macht, die Voraussetzungen für das subjektive Recht (sog Stammrecht auf Rente wegen BU seien (jedenfalls) seither erfüllt worden).

1. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, von deren die Anwendung dieser Haftungsnormen abhängt, liegen vor; denn die Klägerin ist (boi der BfA) „Versicherte” und hat „die Wartezeit erfüllt”:

Mit der Versicherteneigenschaft, die sie durch Beiträge aus rentenversicherter Beschäftigung enworben hat, hat sie auch die Rechtsgrundlage für ihre Mirgliedschaft zum beklagten Rentenversicherungsträger geschaffen. Dieses gliedert sich in Leistungsverhältnisse sowie – hier ohne Belang – in Beitrags- und Mitgestaltungsverhältnisse (zB Wahlen), Nach den Vorschriften über die rentenversicherungsrechtlichen Leistungsverhaltnisse (zB BU-Versicherung EU-Versicherung) Alterversicherung; Hinterbliebenenvericherung ist weitere Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der jeweiligen versicherungsrechtlichen. Anspruchsnorm daß die maßgebüche, dh die für die Rentenart spezifischen Wartezeit ggf fiktiv for Eintritt des Versicherungsfälls erführt ist. Da die Klägerin vor den streitigen Zeitraum eine Versicherungszeit von mehr als 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat, ist die Wartenzeit der BU Versicherung (§§ 50, 51 SGB VI §§ 23 Abs. 3, 27 AVG) erfüllt und die BU-Anspruchsnorm anwendbar.

Hingegen ist das LSG zu REcht nicht näher darauf eungegangen, ob die Klägerin zuletzt vor Eintritt der BU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt, also in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der BU drei Jahre Pflicht beiträge für eine solche Beschäftigung oder Tätigkeit hat § 23 Abs. 2a AVG; § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI; sog Drei-Fünftel-Belegung. Denn dieses Erfordenis ist keine versicherungsrechtlichen Anspruchsnorm sondern schränkt deren persönlichen Geltungsbereich ein. Die Einstandspflicht des Versicherungsträgers wird nicht schon dann begründet wenn der Versicherungsfall einigetreten ist hinzukommen muß daß der Versicherte in diesem Zeitpunkt zu dem Kreis der aktuell rentenversichertert Beschäftigten oder Erwerbstätigen gehört. Diese zusätzliche Voraussetzung verhindert die Entstehung des Stammrechts trotz Eintritt des Versicherungsfalls. Sie ist erst nach hinreichender Bestimmung des Zeitpunktes feststellbar, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist; erst dann kann beurteilt werden, ob der Versicherte in den letzten fünf Jahren zuvor drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat.

2. Hierauf braucht jedoch nicht näher eingegangen zu werden, weil der Versicherungsfall der BU nicht eingetreten, also der die Einstandspflicht des Versicherungsträgers begründende Tatbestand nicht erfüllt ist. Die soziale (gesetzliche) BU-Versicherung (vgl zur privaten BU-Versicherung stellvertretend: Bundesgerichtshof ≪BGH≫, NJW-RR 1996, 345 f; NJW-RR 1996, 88 ff; NJW-RR 1995, 20 f; NJW-RR 1993, 1370 f; BGHZ 119, 263 ff; jeweils mwN) gewährt Nachteilsausgleich durch Rente nur, falls der Versicherungsfall gegeben, dh, das versicherte Gut, die Berufsfähigkeit des Versicherten, durch die in dieser Versicherung abgedeckten Risiken (Krankheit, Behinderung) in einem die gesetzliche Anspruchsschwelle (mehr als hälftige Einschränkung der Berufskompetenz) überschreitenden Maße dauerhaft beeinträchtigt ist. Dies trifft – wie das LSG richtig entschieden hat – bei der Klägerin nicht zu:

a) § 23 Abs. 2 und § 43 Abs. 2 SGB VI umschreiben nur den Versicherungsfall der BU, dh den die Einstandspflicht des Rentenversicherungsträgers begründenden Tatbestand. Hiervon zu unterscheiden ist der haftungsausfüllende Tatbestand, dh der Versicherungsgegenstand, also der – abstrakt unterstellte – Verlust an Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, das in der gesetzlichen Rentenversicherung nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze versichert ist (zur Umgrenzung dieses versicherten Nachteils durch sog Hinzuverdienstgrenzen sowie Anrechnungsvorschriften, vgl §§ 34 Abs. 2, 43 Abs. 5, 44 Abs. 5, 45 Abs. 5, 89 ff, 63 SGB VI und BSGE 66, 226 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 1; zum rentenversicherungsrechtlichen „Vorteilsausgleich” BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 154; zum Sicherungsziel, dh dem angestrebten Maß des Nachteilsausgleichs, der BU-Versicherung vgl §§ 63 Abs. 4, 67 Nr. 2 SGB VI).

Nach Satz 1 (jeweils) a.a.O. ist ein Versicherter berufsunfähig (bu), wenn seine Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder Behinderung (bzw „anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte”) auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Die „Erwerbsfähigkeit” (nicht: Erwerbsmöglichkeit) des Versicherten (genauer: seine Berufsfähigkeit) muß also allein wesentlich wegen Krankheit oder Behinderung für die Dauer von mehr als 26 Wochen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 AVG, § 101 Abs. 1 SGB VI) auf weniger als die Hälfte derjenigen eines gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken sein; die verbliebene Berufsfähigkeit darf somit nur noch fur weniger als die Hälfte der entsprechenden Arbeit eines gleich qualifizierten gesunden Versicherten ausreichen.

Nach § 23 Abs. 2 Satz 2 AVG, § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI umfaßt der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Berufsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der Desonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Berufsfähigkeit iS der sozialen (gesetzlichen) BU-Versicherung ist also das Vermögen des Versicherten, dh die ihm zu Gebote stehende Fähigkeit, seine durch Ausbildung oder bisherige Berufstätigkeit erworbene berufliche Qualification (Berufskompetenz) im (inländischen) Arbeitsleben zur Erzielung [XXXXX] eingesetzen; ihr Verlust ist versicherungsrechtlich nur [XXXXX] chert betätigt, dh in einer rentenversicherten Beschäftigungen oder Erwerbstätigkeit eingesetzt wurde; damit ist sie der Versichertengemeinschaft infolge der im Regelfall gemäß der Berufskompetenz jeweils höheren Beiträge aus versichertem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugute gekommen. Die Minderung der Berufs fähigkeit muß ausschließlich auf Beeinträchtigungen durch Krankheit oder Behinderung beruhen. Die Haftung des Versicherungsträgers einen Nachteilsausgleichs durch Rente zu gewähren, setz voraus daß das gesundheitliche Vermögen des Versicherten bei keinem Beruf, der seiner geschützen Berätskompetenz entspricht (dh ihn also fachlich-qualitativ weder über noch unterfordern dafür ausreicht, ihn (zeitlich und inhaltlich) wenigstens hälftig auszuüben). In der Rentenversicherung ist hingegen nicht versichert die Grfahr keinen geeigneten Arbeitsplatz zu erhatten; versichertes Gut ist also nicht die Erwerbsmöglichkeit und auch die Vermittelbarkeit auf die einem zumutbaren Arbeitsplatz.

Die Klägerin kann – wie das LSG bindend festgestellt hat – ihren bisherigen Beruf als Fleischereifachverkäuferin noch halb- bis untervollschichtig verrichten. Nach dem Gesetz wäre sie daher allein schon deswegen nicht bu, sondern berufsfähig. Zu Recht hat das LSG hierauf nicht abgestellt; denn § 23 AVG und § 43 SGB VI sind insoweit durch sog Richterrecht und durch ein dieses legalisierendes sowie zugleich begrenzendes Gesetz (§ 53 Abs. 1 Satz 2 AVG, § 102 Abs. 2 SGB VI) verdrängt worden:

b) Der GS des BSG hat nämlich (BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr. 13) die vorgenannten gesetzlichen Vorgaben zum Teil abgeändert. Diese Rechtsprechung bezieht sich nur auf Versicherte, die gesundheitsbedingt in einem zumutbaren Beruf nicht mehr vollschichtig einsetzbar, also nur zur Teilzeitarbeit fähig sind. Für diesen Personenkreis hat der GS den Versicherungsschutz der gesetzlichen Rentenversicherung durch einen weiteren Versicherungsfall, nämlich dadurch ergänzt, daß er für Risiken, die der Erwerbsmöglichkeit der Versicherten ua aus der jeweiligen Arbeitsmarktlage drohen, und die gesetzlich in der Arbeitslosenversicherung abgesichert sind, auch einen haftungsbegründenden Tatbestand in der gesetzlichen Rentenversicherung geschaffen, also einen neuen Versicherungsfall der (Teilzeit-)Arbeitsmarktrente in die Rentenversicherung eingefügt hat:

Der GS hat neben das gesetzlich (§§ 23, 24 AVG, §§ 43, 44 SGB VI) versicherte Gut der Berufsfähigkeit (Erwerbsfähigkeit) dasjenige der Berufsmöglichkeit (Erwerbsmöglichkeit) gestellt; ferner hat er die gesetzlich versicherten Risiken der Krankheit und Behinderung um dasjenige der Unvermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt im jeweiligen Antragszeitraum (sog jeweilige Arbeitsmarktlage) ergänzt; schließlich hat er die Anspruchsschwelle dadurch gesenkt, daß sie auch schon dann überschritten sein kann, wenn der Versicherte einen zumutbaren Beruf zwar mehr als hälftig, aber in zeitlicher Hinsicht nur untervollschichtig verrichten kann; die Anspruchsschwelle ist überschritten, falls dem Versicherten binnen eines Jahres kein geeigneter und freier (Teilzeit-)Arbeitsplatz in einem zumutbaren Beruf angeboten wird; dann ist eine Arbeitsmarktrente in der Form und (im übrigen) nach den Regeln einer „EU”- oder „BU”-Rente zu bewilligen.

Die Volksvertretung hat die Auswirkungen dieser Rechtsprechung des GS des BSG in einem Gesetz aufgegriffen und zugleich dadurch begrenzt, daß Rechte und Ansprüche, deren Entstehung im vorgenannten Sinn auch von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängt, also nicht nur auf Krankheit oder Behinderung, dh. auf den Gesundheitszustand des Versicherten beruht, grundsätzlich nur zu einer „Rente auf Zeit” (als „EU”-Rente oder „BU”-Rente) führen können (§ 53 Abs. 1 Satz 2 AVG § 102 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI; vgl. zur Entstehungsgeschichte dieser Art der Arbeitsmarktrente auf Zeit BSG SozR 3-2200 § 1276 Nr. 3).

c) Die Grundsätze der Rechtsprechung des GS und damit der Arbeitsmarktrente auf Zeit greifen aber hier nicht ein. Das LSG hat nähmlich in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandener Weise dazu unter Bl. festgestellt, die Klägerin sei gesundheitlich fähig, einen anderen ihr zumutbaren Beruf vollschichtig zu verrichten.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (seit Urteil vom 21. September 1977) – SozR 2200 § 1246 Nr. 22, stellvertretend SozR 2200 § 1246 Nr. 137 BSGE 66 226 = SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 1, 2, 41; vgl. ferner BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 139 ≪5. Senat≫ und Urteil vom 14. September 1996 5 RJ 50 94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, sowie SozR 2200 § 1246 Nr. 75 ≪1 Senat≫ ist die vom GS (a.a.O.) erlassene und in den Vorschriften über Zeitrente wegen der jeweiligen Arbeitsmarktlage begrenzte Regelung auf andere Bereiche der sozialen BU-Versicherung als Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übertragbar. Nach dem hier, dh. bei vollschichtig Einsetzbaren allein maßgeblichen Gesetz (§§ 23, 24 AVG, §§ 43, 44 SGB VI) st berufsfähig immer vom gesundheitlich in der Lage ist einen fachlich-qualitativ zumutbaren Beruf vollschichtig zu verrichten; auf die jeweiligen Arbeitsmarktlage kommt es nicht an (dazu unter B). Insbesondere ist rechtlich unerheblich, ob die Arbeitsplätze an denen qualitativ gleichwertige Vergleichsberufe (sog. Verweisungsberufe ausgeübt werden, frei oder besetzt sind). Maßgeblich ist nicht nur, ob der Versicherte allein wegen Krankheit oder Behinderung nicht mehr fähig ist, seinen bisherigen Beruf auszuüben, sondern auch, ob er das Vermögen hat, einen bestimmten qualitativ gleichwertigen und im Arbeitsleben wirklich vorhandenen Beruf vollschichtig und vollwertig zu verrichten (kein Phantasieberuf). Außerdem kann im Einzelfall erheblich werden, ob der Versicherte, der zwar den typischen fachlichen Anforderungen des „sozial zumutbaren” (qualitativ gleichwertigen) Verweisungsberufs sowie den damit verbundenen üblichen Belastungen vollschichtig und vollwertig genügen kann, gleichwohl auf den Arbeitsplätzen an denen dieser Beruf regelmäßig ausgeübt wird, ausnahmsweise nicht einsetzbar ist. Dies kann sofern das Verfahrensergebnis hierzu Anlaß gibt, im Einzelfall zu prüfen sein wenn der Versicherte gesundheitsbedingt den mit der Berufsausübung verbundenen sonstigen (Anreiseerfordernissen oder betrieblichen) Arbeitsbedingungen nicht genügen kann (siehe die Katalogfälle des Senats in SozR 2200 § 1246 Nr. 137, S 436, 440 dort Spiegelstriche 1 und 2; „Unüblichkeitsfälle”) oder wenn die im Vergleichsberuf vorhandenen Arbeitsplätze nicht arbeitsmarktgängig („zugänglich”) sind („Seltenheitsfälle”), weil sie betriebsintern besetzt (Katalogfälle des Senats, a.a.O., Spiegelstriche 4 bis 6) oder aus anderen Gründen nur selten auf dem Arbeitsmarkt angeboten werden (Katalogfälle des Senats, a.a.O., Spiegelstriche 3 und 7).

Unerheblich ist, ob dem Versicherten im jeweiligen Antragszeitraum ein geeigneter, freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, wieviele Bewerber der absoluten Zahl der vorhandenen Arbeitsplätze gegenüberstehen oder ob die Arbeitsplätze vom Versicherten ohne Umzug täglich in angemessener Zeit erreicht werden können. Diese – arbeitslosenversicherungsrechtlich uU belangvollen Umstände – haben für die Anspruchsschwelle des Versicherungsfalls der BU keine Bedeutung, weil diese Sparte der gesetzlichen Rentenversicherung den Versicherten nur vor den Nachteilen schützt, die ihm daraus entstehen können, daß die Berufsfähigkeit allein wesentlich durch Krankheit oder Behinderung herabgesetzt wird.

Das Zweite Gesetz zur Änderung des SGB VI (2. SGB VI-ÄndG) vom 2. Mai 1996 (BGBl I 659 vom 7. Mai 1996) hat diese Rechtsprechung jetzt durch Einfügung von § 43 Abs. 2 Satz 3 (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI) und von § 302b Abs. 3 SGB VI – auch für alle noch nicht bindend beschiedenen Anträge auf Bewilligung einer BU-Rente – klarstellend verbindlich festgeschrieben und einer weiteren richterlichen „Rechtsfortbildung” entzogen; dort heißt es: „berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen”.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat das LSG zwar richtigerweise die Entstehung eines subjektiven Rechts auf Rente nicht schon deshalb verneint, weil die Klägerin noch halb- bis untervollschichtig in ihrem bisherigen Beruf als Fleischereifachverkäuferin arbeiten kann. Es hat aber zutreffend erkannt, daß die Klägerin jedenfalls deswegen berufsfähig ist, weil sie gesundheitlich imstande ist, den ihr zumutbaren Beruf der Kassiererin an einer Sammelkasse vollschichtig zu verrichten.

B: Das Berufungsgericht hat § 23 Abs. 2 AVG und § 43 Abs. 2 SGB VI auch richtig angewandt.

Vor dem Hintergrund der oben unter A, umrissenen Rechtslage ist bei iS von § 23 AVG und § 43 SGB VI nur der Versicherte, dessen fachliches oder gesundheitliches Leistungsvermögen allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung dauerhaft, dh für mehr als 26 Wochen, derart herabgesunken, ist daß er seinen rentenversicherten bisherigen Beruf (sog. Hauptberuf nicht mehr vollwertig und vollschichtig ausüben kann. Nach der rechtlichen Struktur des Versicherungsfalls der BU handelt es sich insoweit anders als beim Versicherungsfall der EU um die im eigentlichen rechtsdogmatischen. Sind rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen hierfür trägt der Versicherte die Darlegungs sowie die objektive Beweislast.

Liegen die genannten Voraussetzungen – wie bei der Klägerin – vom ist die von Amts wegen zu beachtende materiell-rechtliche rechtshindernde Einwendung zu prüfen, ob der Versicherte fähig ist einen Vergleichsberuf der seinem bisherigen Beruf qualitativ gleichwertig ist, noch vollwertig und [XXXXX] hierfür obliegt dem Versicherungsträger sowohl die Darlegungs- [XXXXX] die objektive Beweislast. Kann der Versicherte der typischen Aufgaben eines zumutbaren Vorweisungsberufs (fachliches Anforderungs[XXXXX] dieser Anforderungen üblicherweise verbundenen gesundheitlichen Belastungen (gesundheitliches Belastungsprofil) genügen, ist er grundsätzlich nicht [XXXXX].

Ausnahmsweise, dh dann, wenn das Verfahrensergebnis dazu drängt ist sodann das – vom Senat in den og „Katalogfällen” (Unüblichkeit [XXXXX] abschließend zusammengefaßte (SozR 3-2200 § 1246 Nr. 4 [XXXXX] Amt wegen zu beachtende Gegenrecht iS eines materiell-rechtlichen Einwendungsausschlusses zu prüfen und zu fragen, ob der Versicherte im Vergleichsberuf sonstigen Belastungen, die sich aufgrund allgemeiner, dh nicht vor den berufstypischen fachlichen Anforderungen abhängiger Arbeitsbedingungen üblicherweise ergeben gesundheitlich gewachsen ist oder ob der Vergleichsberuf im genannten Sinn arbeitsmarktgängig ist; hierfür trägt der Versicherte die Darlegungs- und objektive Beweislast. Greift dieser Einwendungsausschluß, ist der geprüfte Vergleichsberuf ungeeignet, die Entstehung des subjektiven Rechts auf Rente wegen [XXXXX] zu verhindern. Er hindert jedoch nicht, auf einen anderen Vergleichsberuf zurückzugrefen; dies gilt in den Unüblichkeitsfällen auch für Vergleichsberufe aus demselben Ausschnitt der Arbeitswelt („Tätigkeitsfeld”), soweit der Beruf auch an arbeitsmarktgängigen Arbeitsplätzen ausgeübt wird, deren Arbeitsbedingungen der Versicherte gewachsen ist.

Der Senat weist darauf hin, daß die Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit auch bei der Prüfung von Entscheidungen der BfA über die Ablehnung der Bewilligung eines Rechts auf Rente wegen BU jeweils nach dem Stand des Verfahrensergebnisses, das sie in freier Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) zu beurteilen haben, entscheiden müssen, ob die vorgenannten rechtsbegründenden, rechtshindernden und einwendungsausschließenden Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Das Gebot zur Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 103 Halbsatz 1 SGG), verpflichtet sie nicht dazu, Beweise „ins Blaue hinein” oder Ausforschungsbeweise zu erheben. Die Tatsacheninstanzen dürfen und müssen auch in „BU(EU)-Streitigkeiten” Beweise nur über solche Tatsachen erheben, die entscheidungserheblich und (noch) beweisbedürftig sind (siehe auch unten zu 2.b bb).

Nach den für das BSG verbindlichen (§§ 163, 164 Abs. 2 Satz 3 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden, daß es die Einwendung des zumutbaren Vergleichsberufs als durchgreifend und deshalb die Klägerin für berufsfähig erachtet hat. Es hat hierbei die Voraussetzungen des Versicherungsfalls der BU ordnungsgemäß geklärt:

Das LSG hat das Ausmaß der krankheits- und behinderungsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin und damit ihr sog Restleistungsvermögen festgestellt (dazu unter 1.); es hat einen Vergleichsberuf (sog Verweisungsberuf) hinreichend konkret benannt (dazu unter 2.), dessen qualitative Gleichwertigkeit mit dem sog bisherigen Beruf bejaht („soziale Zumutbarkeit”, „kein unzumutbarer sozialer Abstieg”; dazu unter 3.) und festgestellt, daß die Berufskompetenz der Klägerin ausreicht, den Vergleichsberuf vollwertig zu verrichten, dh seinem fachlich-qualitativen Anforderungsprofil gerecht zu werden (dazu unter 4.); sodann hat es das Restleistungsvermögen der Klägerin mit dem Belastungsprofil, dh den üblicherweise mit den fachlichen Anforderungen des Vergleichsberufs verbun denen gesundheitlichen Belastungen, verglichen und geklärt, daß sie diesen vollschichtig genügen kann (dazu unter 5.); ferner hat es zutreffend verneint, eil; sog Katalogfall des Senats (siehe oben) liege vor, und deshalb den Einwendungsauschluß nicht als gegeben erachtet (dazu unter 6.).

Die tatsächlichen Feststellungen des LSG sind von der Klägerin mit keinen zulässigen oder begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden, insoweit wird von einer Begründung abgesehen (§ 170 Abs. 3 Satz 1 SGG).

Die Rechtsanwendung des LSG auf den festgestellten Sachverhalt ist nicht zu beanstanden.

1. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Leistungsfähigkeit der Klägerin, also das Zusammenwirken ihrer geistigen, seelischer und körperlichen Funktionen im Vergleich zu einer – worauf es ankommt – gleichaltrigen gesunden Versicherten herabgesetzt ist. Ferner sind die festgestellten Funktionseinschrenkungen dauerhaft, dh sie bestehen mehr als 26 Wochen. Sie beruhen auch allein wesentlich auf Krankheiten oder Behinderungen der Versicherten. Nach Feststellung des LSG schränken die Krankheiten die Leistungsfähigkeit der Klägerin derart ein, daß sie nur körperlich leichte Arbeiten verrichten kann, bei denen sie nicht dauernd stehen oder gehen oder häufig Lasten heben und tragen muß. Anhaltspunkte derer, das Berufungsgericht könnte im Blick auf die notwendige allem wesentliche Ursächlichkeit von Krankheit oder Behinderung für die BU den Rechtsbegriff der allein wesentlichen Bedingung verkannt haben, liegen nicht vor.

Geklärt würde auch, daß die Krankheiten bzw Behinderungen der Klägerin sie nicht von vornherein und schlechthin, also unabhängig von dem Belastungsprofil eines bestimmten Berufes („abstrakt”) dazu zwingen ihre Restleistungsvermögen täglich nur weniger als acht Stunden zu Erwerbszwecken nutzen zu können.

Zu Recht hat aber das LSG die Berufsfähigkeit der Klägerin nicht schon aus diesem Grunde bejaht. Zwar zieht die sog. abstrakte Betrachtungsweise der Berufsfähigkeit nur den Gesundheitszustand des Versicherten in Betracht so zutreffend der GS des BSG in BSGE 30, 167, 179). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (sog. konkrete Betrachtungsweise kommt es jedoch für die oben umschriebene Berufsfähigkeit auf das Vermögen (nicht die Möglichkeit des Versicherten an im inländischen Arbeitsleben Entgelt/Einkommen erzielen zu können. Deshalb ist seine gesundheitliche und fachliche Fähigkeit hierzu am typischen Anforderungs- und üblichen Belastungsprofil von Berufen zu messen für die im inländischen Arbeitsleben Arbeitsplätze vorhanden sind (keine Phantasieberufe) und die – wovon im Regelfall auszugehen ist – arbeitsmarktgängig (zugänglich) sind, also über den Arbeitsmarkt angeboten, besetzt und wiederbesetzt werden.

Ob die Klägerin also in einem bestimmten, ihr qualitativ zumutbaren Beruf in den für diesen üblichen Zeiten einer vollen Schicht vollwertig arbeiten kann, ist – wie das LSG beachtet hat – durch Vergleich ihrer Berufskompetenz und ihres Restleistungsvermögens mit dem Anforderungs- und Belastungsprofil des konkreten Vergleichsberufs zu klären, hier also der Kassiererin an einer Sammelkasse.

2. Das LSG hat den Vergleichsberuf (Verweisungsberuf) einer Kassiererin an einer Sammelkasse der von der Firma K. AG eingerichteten Art hinreichend „konkret” benannt:

a) Das LSG hat sich in diesem Zusammenhang richtigerweise zunächst der Frage zugewandt, welche Berufskompetenz die Klägerin durch Ausbildung und/oder rentenversicherte Beschäftigung (Erwerbstätigkeit) erworben hat. Es hat festgestellt, sie verfüge in vollem Umfang über die Kenntnisse und Fähigkeit einer gelernten Fleischereifachverkäuferin. Es hat ferner zu Recht geprüft, ob sie diesen bisherigen Beruf noch vollschichtig verrichten kann. Mit der Feststellung, dies sei nur halbbis untervollschichtig möglich, war aber aus den bereits genannten Rechtsgründen die Entstehung des Rechts auf Rente nicht abzulehnen.

b) Das Gesetz verpflichtet den Rentenversicherungsträger, das sog Restleistungsvermögen des Versicherten „allen Tätigkeiten” gegenüberzustellen, die dessen versicherter Berufskompetenz und seinem Restleistungsvermögen „entsprechen”. Das sind aber (unter den mehr als 40.000 Berufen in der inländischen Arbeitswelt) nur diejenigen Berufe, die in der Arbeitswelt wirklich vorkommen (vorhanden sind) und den Versicherten mit ihren für sie typischen fachlichqualitativen Anforderungen, dh mit ihrem Anforderungsprofil, fachlich weder übernoch unterfordern und ihn gesundheitlich nicht überfordern.

aa) Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, daß die Prüfung des Eintritts von BU stets erfordert, einen bestimmten Verweisungsberuf (Vergleichsberuf) zu benennen, den es in der Arbeitswelt wirklich gibt. Hierzu hat es festgestellt, daß der Beruf der Kassiererin an einer Sammelkasse wenigstens an 350 Arbeitsplätzen im inland ausgeübt wird, also kein Phantasieberuf ist. Nicht verkannt wurde hierbei, daß in der EU Versicherung der Verweisungsberuf immer „koonkret” zu behnenn ist, denn die Prüfung seiner qualitativen Gleichwertigkeit mit dem bisherigen Beruf und der fachlichen und gesundheitlichen Über- oder Unterforderung des Versicherten durch den Vergleichsberuf setzt voraus, daß dessen Anforderungs- und Belastungsprofil hinreichend genau bekannt ist.

Die einzige Ausnahme vom Erfordernis der „konkreten” Benennung eines Vergleichsberufs bildet die Fallgruppe, daß dem Versicherten fachlich qualitativ sog. ungelernte Tätigkeiten (erforderliche Einarbeitungs- oder Einweisungszeit bis zu drei Monaten) und jedenfalls leichte körperliche, seelische und geistige Belastungen zumutbar sind. Denn der entscheidende gemeinsame Faktor der angelernten Berufe, die es im übrigen an hunderttausenden Arbeitsplätzen im inländischen Erwerbsleben gibt, ist, daß sie gerade kein (fachlich-qualitatives Anforderungsprofil haben, das besondere Anforderungen an Kenntnisse, fachliche Fähigkeiten. Ausbildung und Berufserfahrung stellt, ist der Versicherte qualitativ im vollem Umfang auf diesem Sektor der Arbeitswelt verweisbar und vollschichtig jedenfalls zu leichter Arbeit fähig, kann das Erfordernis der Benennung eines konkreten (ungelernten) Vergleichsberufs sich nur daraus ergeben, daß besondere gesundheitliche Beeinträchtigungen sogar noch die Fähigkeit einschränken leichte ungelernte Arbeiteten vollschichtig zu verrichten (ständige Rechtsprechung) vgl. dazu BSG SozR § 2200 § 1246 Nr. 41; Urteil vom 14. September 1995 – 5 RJ 50 94 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Hierauf ist nicht weiter einzugehen, weil das LSG die Klägerin auf einen ungelernten Beruf nicht verwiesen hat.

bb) Der Vergleichsberuf der Kassiererin an einer Sammelkasse der von der Firma K. AG eingerichteten Art wurde hinreichend deutlich beschrieben.

Die materiell-rechtlich gebotene Prüfung der Voraussetzungen der rechtshindern den Einwendung des zumutbaren Verweisungsberufs erfordert einen konkreten Vergleich der Berufskompetenz und des Restleistungsvermögens des Versicherten mit dem Anforderungs- und Belastungsprofil eines bestimmten, in der inländischen Arbeitswelt wirklich vorhandenen Vergleichsberufs. In der Begründung zur Verwaltungsentscheidung wie in den Entscheidungsgründen der Gerichtsentscheidungen muß daher hinreichend verdeutlicht werden, welcher Vergleichs [XXXXX] welchem Anforderungs- und Belastungsprofil dem bisherigen Beruf und dem Restleistungsvermögen des Versicherten gegenübergestellt worden ist. Dies hat das Berufungsgericht beachtet.

Dieses sich aus der Begründungspflicht ergebende Gebot der „konkreten” Benennung soll hauptsächlich den Versicherten in die Lage versetzen, die Einwendung des Versicherungsträgers, er könne einen entsprechenden Vergleichsberuf verrichten, zu überprüfen, sich ggf davon zu überzeugen oder sie mit Sachgründen anzufechten. Deshalb ist der Rentenversicherungsträger Adressat dieses Benennungsgebots, wenn er den Rentenantrag mit der Begründung ablehnt, der Versicherte sei fähig, einen zumutbaren Vergleichsberuf auszuüben. Der Leistungsträger ist im Rahmen seiner verwaltungsverfahrensrechtlichen Begründungspflicht gehalten, bei Erlaß des Ablehnungsbescheides (nach § 35 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 iVm § 41 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫), spätestens des Widerspruchsbescheides (nach § 85 Abs. 3 Satz 1 Regelung 2 SGG iVm § 41 Abs. 2 SGB X), den von ihm für zumutbar erachteten Verweisungsberuf im nachgenannten Sinn „konkret” zu benennen; im nachfolgenden Rechtsstreit trifft ihn – wie ausgeführt – die (nach § 103 Halbsatz 2 SGG durchsetzbare) Darlegungs- und die objektive Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich das Vorhandensein eines Vergleichsberufs in der Arbeitswelt sowie dessen (fachlich-qualitatives) Anforderungs- und sein (gesundheitliches) Belastungsprofil ergeben (vgl BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8). Hingegen sind die zur Neutralität verpflichteten Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit nicht berechtigt oder verpflichtet, von Amts wegen Beweise zu erheben, wenn sich weder aus dem Beteiligtenvorbringen noch aus der Aktenlage oder aus Gerichts- oder Allgemeinkunde konkrete Anhaltspunkte dafür aufdrängen, ein bestimmter Vergleichsberuf könne dem Versicherten „sozial”, fachlich und gesundheitlich zumutbar sein.

Dem LSG ist darin beizupflichten, daß die BfA jedenfalls in der Berufungsinstanz ihrer Darlegungslast genügt hat. Sie hat vorgetragen, die Klägerin könne als Kassiererin an einer Sammelkasse eines Kaufhauses arbeiten, und hat das Anforderungs- und Belastungsprofil dieses Berufes sowie die Tatsachen geschildert, aus denen sie die „Entsprechung”, also die Vergleichbarkeit der Berufe herleitete. Dies hat das LSG überprüft. Diese Benennung des Vergleichsberufs durch die Beklagte und das LSG genügt:

Maßstab für die im Einzelfall erforderliche Bestimmtheit der Tatsachen gehör über den Vergleichsberuf ist, ob sie dafür ausreichen, daß der versucherte erkennen kann, welches in der Arbeitswelt vorhandenen Vergleichsberuf der Versicherungsträger für zumutbar erachtet. Es muß deutlich werden, prägenden Aufgaben, welche typischer Anforderungen an die berufliche Vorbridung, an die Berufserfahrung, an sonstige Kenntnisse sowie an fachliche Fähigkeiten der Beruf stellt und welche Belastungen üblicherweise mit den typischen Aufgaben verbunden sind; die Beanspruchung der Leistungsfähigkeit durch die berufstypisch üblichen Arbeitsbedingungen ggf. einschließlich besonderer Arbeitszeiten und Einsatz von technischen Mitteln muß abschätzbar werden; außerdem müssen ggf. weitere Tatsachen (zB tarifvertragliche Einstufung), bekannt werden, wenn der Vergleichsberuf (ua) deswegen als der Berufskompetenz des Versicherten qualitativ „entsprechend” (gleichwertig erachtet wird. Nur bei hinreichende konkreter Benennung des Vergleichsberufs kann der Versicherte substantiiert darlegen und durch thematisch spezifizierte Beweisanträge den sog. Negativbeweis dafür antreten, daß dieser ihn fachlich-qualitativ über- oder unterfordert oder gesundheitlich überfordert oder die Voraussetzungen des Einwendungsausschlusses Katalogfall vorliegen. Deshalb reicht für eine konkrete Benennung die Angabe großer Verrichtungen die aus stets muß das typische berufsbildungs[XXXXX] und das damit verbundene Belastungsprofil [XXXXX] allerdings sogar gelegentlich die bloße Bezeichnung eines Berufs [XXXXX] dessen Existenz und typischer Gegenstand allgemeinkundig, den Beteiligten geläufig oder jedenfalls im allgemeinen Verkehr bekannt oder staatlich geregelt ist. Das von der Begründungspflicht geforderte Maß an tatsächlichen Angaben über den Verweisungsberuf hängt somit von den Umständen des Einzelfalles ab. [XXXXX] BSG SozR 1500 § 136 Nr. 10).

Das LSG hat ausgeführt, der jedenfalls in Kaufhäusern des Firma K. 350 Arbeitsplätzen vorkommende Beruf der Kassierer an einer Sammelkasse stelle bestimmte umschriebene Aufgaben, die körperlich [XXXXX] selnder Körperhaltung ausgeführt werden könnten, er werde wie der Beruf einer gelernten Verkäuferin bezahlt. Damit hat das Berufungsgericht aller heir zu [XXXXX] den Anforderungen an eine konkrete Benennung der Verwertungstätigkeit [XXXXX] und zugleich die benannten Tatsachen mit bindenden Wirkung für das Revisionsgericht festgestellt.

3. Dem LSG ist auch darin beizupflichten, daß der benannte Vergleichsberuf einer Kassiererin an einer Sammelkasse, der Klägerin zugemutet werden kann; denn er ist ihrem bisherigen Beruf als Fleischereifachverkäuferin der Art nach fachlichqualitativ gleichwertig, dh, er entspricht ihm nach seinem qualitativen Wert, ist ihr deshalb „sozial zumutbar” und bedeutete für sie, falls sie ihn ergriffe, keinen „unzumutbaren sozialen Abstieg”:

a) Nach den gesetzlichen (§ 23 Abs. 2 Satz 2 AVG, § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) Vorgaben für den Vergleich des qualitativen Wertes des bisherigen Berufs mit dem des Verweisungsberufs kommt es darauf an, ob der Vergleichsberuf Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, die denjenigen gleichwertig sind, denen der Versicherte in seinem bisherigen Beruf genügen mußte. Für die vergleichende Bewertung schreibt das Gesetz zwingend vor, Ähnlichkeit, Dauer und Umfang der Ausbildung sowie die besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit des Versicherten zu berücksichtigen.

Diese durch Parlamentsgesetz angeordneten Vergleichskriterien können ohne Verstoß gegen die Gesetzesbindung der rechtsprechenden Gewalt (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht durch richterlich entwickelte Hilfskriterien zurückgedrängt oder gar ersetzt werden (vgl ua SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41). Allerdings schließt die Berücksichtigungspflicht nicht aus, Hilfskriterien ergänzend hinzuzuziehen, wenn dies zur Beurteilung der fachlich-qualitativen Gleichwertigkeit erforderlich ist. Das Gesetz selbst hat im übrigen die Gleichwertigkeit einer Vergleichstätigkeit mit dem bisherigen Beruf, also deren „soziale Zumutbarkeit”, abschließend nur für den Fall festgesetzt, daß der Versicherte für den Vergleichsberuf durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden ist. In allen anderen Fällen kommt es grundsätzlich auf einen bewertenden Vergleich im Einzelfall, dh auf eine wertende Gesamtschau der Kenntnisse und Fähigkeit an, die vom jeweiligen Versicherten in seinem bisherigen Beruf betätigt worden sind, und derjenigen, die der Vergleichsberuf typischerweise erfordert.

Zur praktischen Ausführung dieser rechtlichen Vorgaben und zur Vermeidung einer rechtlich nicht zu rechtfertigenden unterschiedlichen Anwendung ua des § 23 Abs. 2 Satz 2 AVG (= § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO) bei Berufen mit gleicher Qualität (SozR 2200 § 1246 Nr. 137) ist das sog Mehrstufenschema entwickelt worden, das inzwischen auf sechs Hauptstufen begrenzt ist. Die Stufen sind nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umtang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht nach Entlohnung oder Prestige geordnet. Dieses sog Mehrstufenschema soll (gemäß Art. 1 Abs. 3 iVm Art. 3 Abs. 1 GG) eine sachgerechte Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte und eine sachgerichte Differenzierung unterschiedlicher Gegebenheiten durch die Rechtsprechung (und die Rentenversicherungsträger) erleichtern. Deshalb ist es gerade nicnt „schematisch” zu handhaben; es läßt durchaus zu, Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen (so auch der 5. Senat, Beschluß vom 12. August 1988 – 54a BJ 333/87), die dann aber in den Entscheidungsgründen hinreichend kenntlich zu machen sind.

b) Das LSG hat dieses „Mehrstufenschema” im Ergebnis zutreffend angewandt:

Es kann dahingestellt bleiben, ob seine tatsächlichen Feststellungen für die Einstufung des bisherigen Berufs der Klägerin in die dritte Stufe ausreichen. Diese wäre angezeigt, wenn die Versicherte als Fleichereifachverkäuferin einen Beruf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren ausgeübt hätte. Hierauf ist nicht weiter einzugehen, weil die Tatsachenfeststellungen ausreichend zu erkennen, daß der bisherige Beruf der Klägerin keinesfalls in die vierte Stufe des „Schemas” (Angestellte mit Vorgesetztenfunktion spezifisch qualifizierte Angestellte) und mindestens in die zweite Stufe (angelernte Angestellte mit Ausbildungszeit von drei Monaten bis zwei Jahren) einzuordnen ist. Für die Beurteilung der qualitativen Gleichwertigkeit beider Berufe kommt es im übrigen nicht darauf an, ob die Versicherte die für die vollwertige Ausübung des bisherigen Berufs erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Weg der für den Regelfall vorgeschriebenen oder üblichen Ausbildung oder auf sonstige Weise erworben hat. Das LSG hat bindend festgestellt, daß die Klägerin als Fleischereifachverkäuferin vollwertig gearbeitet und die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten gehabt hat.

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, der von ihm beschriebene Beruf der Kassiererin an einer Sammelkasse sei dem der Fleischereifachverkäuferin fachlich-qualitativ gleichwertig. Das ist grundsätzlich bei allen Vergleichsberufen der Fall, die nach dem „Schema” in die gleiche oder in die nächstniedrigere Stufe einzuordnen sind. Das LSG hat den Vergleichsberuf zumindest der zweiten Stufe des „Schemas” zugeordnet. Dies ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

Die Vorinstanz hat ihre Bewertung auf die bindend festgestellte (Hilfs-)Tatsache gestützt, daß im Lohn- und Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel Niedersachsen für die Vergleichstätigkeit eine Lohngruppe für gelernte Angestellte einschlägig ist. Da auf der Hand liegt, daß die nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Vergleichskriterien bezüglich der beiden hier zu vergleichenden Berufe keine abschließende Bewertung zulassen, durfte das Berufungsgericht auf das richterrechtlich anerkannte Hilfskriterium der tarifvertraglichen Klassifizierung einer Tätigkeit innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrages zurückgreifen. Diese abstrakte Qualitätsbeurteilung ist von der nur für die Einstufung des bisherigen Berufs uU bedeutsamen weiteren Hilfstatsache der individuellen arbeitsvertraglichen Einstufung in die Lohngruppen eines Tarifvertrages strikt zu unterscheiden; sie hat indizielle, dh hilfstatsächliche Bedeutung (ständige Rechtsprechung des Senats: ua SozR 2200 § 1246 Nr. 149; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41), soweit sie nicht im Widerspruch zu staatlichen Ausbildungs- und Berufsordnungen steht. Dies rechtfertigt sich daraus, daß die Tarifpartner im Regelfall die im Vergleich zu den Amtswaltern der Rentenversicherungsträger und zu den Richtern der Sozialgerichtsbarkeit größere Sachkunde und Sachnähe haben; diese „Indizwirkung” der tarifvertraglichen Bewertung der Qualität eines Berufes entfällt, soweit die Tarifpartner sich bei der Ausgestaltung der Tarifgruppen erkennbar an qualitätsfremden Kriterien orientiert haben. Hierfür ergeben sich aus den Feststellungen des LSG keine Anhaltspunkte. Andererseits sind die Tatsacheninstanzen rechtlich nicht gehindert, trotz einer tarifvertraglichen Eingruppierung eines (bisherigen oder Vergleichs-)Berufs für die Beurteilung der fachlich-qualitativen Gleichwertigkeit zweier Berufe im Einzelfall speziellere und deswegen häufig geeignetere Beweismittel (Arbeitgeberauskünfte, Sachverständige) heranzuziehen (§ 103 SGG).

Auch der Vergleichsberuf ist somit mindestens der zweiten, uU der dritten Stufe des „Mehrstufenschemas” zuzuordnen. Falls der bisherige Beruf der dritten Stufe angehört, sind anerkanntermaßen die Vergleichsberufe der dritten und der zweiten Stufe fachlich-qualitativ gleichwertig („sozial zumutbar”); war der bisherige Beruf (dem oberen Bereich) der zweiten Stufe zuzuordnen, sind gleichwertig die Vergleichsberufe der zweiten und (jedenfalls hier) diejenigen der ersten Stufe, die nicht nur ganz einfache Arbeiten umfassen.

4. Fachlich-qualitativ gleichwertig („sozial zumutbar”) sind aber auch alle höherstufigen Vergleichsberufe, soweit der Versicherte durch sie nicht fachlich überfordert wird. Dies ist dann nicht der Fall, wenn er dafür eine Einarbeits- oder Einweisungszeit von höchstens bis zu drei Monaten benötigte. Das LSG hat hierzu festgestellt, eine Fleischereifachverkäuferin bedürfte bis zur vollwertigen Ausübung des Berufs der Kassiererin an einer Sammelkasse nur einer kurzen Einweisung, die jedenfalls weniger als drei Monate dauern würde.

Ferner hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Klägerin sei nach ihrer Berufskompetenz den Aufgaben des Berufs der Kassiererin an einer Sammelkasse gewachsen. Diese tatsächliche Feststellung beruht auf dem gebotenen Vergleich ihrer Berufskompetenz mit dem Anforderungsprofil der Kassiererinnentätigkeit. Rechtsfehler hierbei sind weder dargetan noch ersichtlich.

Die Klägerin wird also durch den Vergleichsberuf fachlich weder über- noch unterfordert. Auf dieser Grundlage ist dem LSG beizupflichten, daß der Vergleichsberuf dem bisherigen Beruf der Klägerin fachlich-qualitativ gleichwertig ihr also „sozial zumutbar” ist.

5. Rechtsfehlerfrei ist auch die tatsächliche Feststellung getroffen worden, das Restleistungsvermögen der Klägerin reiche aus, den üblichen gesundheitlichen Belastungen aus den Aufgaben der Kassiererin vollschichtig zu genügen. Sie beruht auf dem gebotenen Vergleich zwischen den krankheits- bzw behinderungsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit (dazu oder unter B.) der Klägerin und den festgestellten gesundheitlichen Belastungen, die regelmäßig mit dem Kassieren, Geldwechseln, Ausstellen von Rechnungen und Quittungen, der Behandlung von Warenrückgaben und von Auswahlen, dem Verpackungsservice, den Kontrolltätigkeiten und dem Informationsservice für Kunden verbunden sind. Dies sind leichte Arbeiten, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten, die im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werden können. Die Folgerung aus diesen bindend festgestellten Tatsachen, daß nämlich die Belastungen „den Kräften” der Klägerin „entsprechen”, ist nicht zu beanstanden.

6. Der Rechtsauffassung der Revision ist entgegenzutreten das Berufungsgericht habe fehlerhaft einen sog Katalogfall (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 S 440 und oben A.2.C.) iS eines Seitenheitsfalles (bildersprachlich: einen „verschlossenen Arbeitsmarkt”) verkannt, also zu Unrecht den Einwendungsausschluß gegen die Einwendungs des zumutbaren Vergleichsberufs nicht durchgreifen lassen:

a) Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG liegt kein „Unüblichkeitsfall” vor. Es besteht kein Anhalt, die Klägerin könne gesundheitlich gehindert sein, solchen Arbeitsbedingungen zu genügen, die zwar mit den typischen fachlichen Aufgaben des Vergleichsberufs üblicherweise nicht verbunden, jedoch an den Arbeitsplätzen, an denen dieser Beruf verrichtet wird, generell anzutreffen sind.

b) Nach den Feststellungen des LSG liegt auch kein „Seltenheitsfall” vor; denn der Beruf der Kassiererin an einer Sammelkasse ist arbeitsmarktgängig („zugänglich”).

Von Arbeitsmarktgängigkeit („Zugänglichkeit”) ist bei in abhängiger Beschäftigung ausgeübten Berufen, die es in der Arbeitswelt gibt, die also „vorhanden” sind, grundsätzlich und im Regelfall auszugehen. Ausnahmsweise kann dies anders sein, wenn die Arbeitsplätze, an denen dieser Beruf verrichtet wird, generell nur an Betriebsangehörige vergeben werden, somit als Eingangsstelle für Betriebsfremde nicht zur Verfügung stehen, oder wenn sie nur in ganz geringer Zahl vorkommen, dh so selten über den Arbeitsmarkt angeboten, besetzt und wiederbesetzt werden, daß sie praktisch dort nicht vorkommen und deswegen als Vergleichsberufe ausscheiden, weil die verbliebene Fähigkeit des Versicherten, in einen seiner Berufskompetenz entsprechenden Beruf erwerbswirtschaftlich tätig zu sein, an ihnen mangels konkret feststellbarer Nachfrage nicht gemessen werden kann; bildhaft gesprochen: weil der Versicherte praktisch keine – nicht einmal „eine wenn auch schlechte – Chance” hätte, in dem (an sich) zumutbaren Verweisungsberuf unterzukommen.

Das LSG hat geklärt, daß die 350 Arbeitsplätze bei der Firma K. AG nicht den Betriebsangehörigen vorbehalten, insbesondere keine „Schonarbeitsplätze” sind, also nicht nur betriebsintern vergeben werden,

Der vom LSG beschriebene Vergleichsberuf wird ferner nicht nur an Arbeitsplätzen ausgeübt, die nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dies ist bei in einem Tarifvertrag erfaßten Berufen grundsätzlich auszuschließen, wie das LSG richtig gesehen und sich insoweit zutreffend auf das Urteil des 5. Senats des BSG vom 8. September 1982 (5b RJ 28/81, S 5) bezogen hat. In besonderen Fällen kann aber das Verfahrensergebnis nahelegen, daß der Beruf trotz seiner tarifvertraglichen Erfassung nur in einer ganz geringen Zahl von Arbeitsplätzen vorkommt.

Das LSG hat auch dies nicht verkannt. Es kann allerdings dahingestellt bleiben, ob – wie die Revision meint – ein „besonderer Fall” bereits deswegen anzunehmen sein könnte, weil die 350 Arbeitsplätze nur von einer Arbeitgeberin vorgehalten werden. Denn diese Zahl an Arbeitsplätzen ist – wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat – nicht (erst recht nicht nur ganz) gering.

Grundsätzlich liegt es in der Kompetenz der Tatsacheninstanz, in eigener Beweiswürdigung zu entscheiden, ob die Zahl der Arbeitsplätze in einem zumutbaren Verweisungsberuf so unbedeutend ist, daß davon ausgegangen werden muß, das Restleistungsvermögen des Versicherten werde seiner. An nach arbeitsmarktgängig nicht mehr nachgefragt (Senatsurteil vom 21. Februar 1985 – 4 RJ 29,84 – S 7ff, 10, dort: „Beurteilungsspielraum”). Der Senat hält hieran und ebenso an dem Grundsatz fest, daß es keine für alle Vergleichsberufe gleiche absolute „Mindestzahl” von Arbeitsplätzen gibt, die als „ganz geringe Zahl” zu qualifizieren ist:

Der 5. Senat hat im Urteil vom 4. August 1981 (5a/5 RKn 22/79) 60 Arbeitsplätze – seien sie besetzt oder nicht – als noch nicht völlig unbeachtlich qualifiziert und hinzugefügt, dies könne auch für eine geringere Zähl gelten, wenn die Zahl der für die Tätigkeiten befähigten Bewerber relativ begrenzt sei. Im gleichen Sinne hat der 5. Senat im Urteil vom 8. September 1982 (5b RJ 28/81) entschieden, daß 100 festgestellte Einsatzstellen ausreichten. Der eirkennende Senat hat im og Urteil vom 21. Februar 1985 50 Arbeitsplätze [XXXXX] m Großraum Stuttgart, allerdings – ohne Zahlenangaben – „hochgerechnet auf das (damalige) Bundesgebiet”, als ausreichend erachtet und wiederholt, die Zahl der Arbeitsplätze könne um so geringer sein, je weniger Versicherte die Anforderungen erfüllten. Hier und im Senatsurteil vom 25. Juni 1986 (SozR 2200 § 1246 Nr. 137), in dem 185 (wohl besetzte) einschlägige Arbeitsplätze im Bereich mehrerer Länder an sich als ausreichend erachtet wurden, ist betont worden, auf eine Gegenüberstellung der absoluten Zahl der vorhandenen Arbeitsstellen und der Bewerber bzw möglichen Interessenten komme es nicht an; seien die Arbeitsplätze zahlenmäßig festgestellt, seien zusätzliche Ermittlungen zur Zahl der Bewerber. Interessenten nicht erforderlich. Der Senat hat sich im og Urteil vom 21. Februar 1985 durch Bezugnahme auf das og Urteil des 5. Senats vom 8. Septomber 1982 auch dessen Auffassung zu eigen gemacht, daß der 5. Senat in seinem Urteil vom 14. März 1968 (SozR Nr. 22 zu § 46 RKG) 300 Arbeitsplätze nur deshalb nicht als ausreichend erachtet hatte, weil es sich um innerbetrieblich geschaffene Schonarbeitsplätze für „Betriebsuntaugliche” gehandelt habe; diese sind nämlich von vornherein nicht arbeitsmarktgängig („zugänglich”), so daß – bildhaft gesprochen – „der Arbeitsmarkt verschlossen” ist, also – was in der Rechtsprechung des 4. Senats gleichbedeutend ist – „kein Arbeitsmarkt besteht”, weil schon der Art nach keine Nachfrage nach den Fähigkeiten vorhanden ist, die der Versicherte mit seinem Restleistungsvermögen anbieten könnte.

Im vorliegenden Fall ist das LSG schon deswegen zu Recht nicht näher darauf eingegangen, wie niedrig die „Mindestzahl” der Arbeitsplätze für den Vergleichsberuf der Kassiererin an einer Sammelkasse der von der Firma K. AG eingerichteten Art sein müßte, um „ganz gering”, „nicht ins Gewicht fallend”, „nicht nennenswert” oder „unbedeutend” zu sein. Einer Beweiswürdigung hierzu bedurfte es schon deshalb nicht, weil – woran der Senat festhält – eine Anzahl von mehr als 300 Arbeitsplätzen in einem Vergleichsberuf von vornherein nicht ganz gering sein kann. Denn eine derart große Zahl reicht stets aus, das Ausmaß der krankheits- bzw behinderungsbedingten Minderung der Berufsfähigkeit (also das Überschreiten der Anspruchsschwelle) an einer im Arbeitsleben wirklich nachgefragten Berufskompetenz und Belastbarkeit zu prüfen, bildlich gesprochen, dem Versicherten „eine – wenn auch vielleicht schlechte – Chance” zu geben, im Vergleichsberuf erwerbswirtschaftlich tätig zu sein.

Das LSG hat – entgegen der Revision – richtig gesehen, daß es nicht darauf ankommt, ob diese 350 Arbeitsplätze frei oder (auch im Antragszeitraum oder voraussichtlich auf die Dauer von mehr als einem Jahr) besetzt sind; denn die Risiken, die für die Erwerbsmöglichkeit des Versicherten auf dem sog Arbeitsmarkt, also im Wechselspiel von Angebot und Nachfrage einschließlich des Risikos der Unvermittelbarkeit bestehen, sind (anders als bei der Teilzeitarbeitsmarktrente auf Zeit in der Form der BU-Rente ≪oder EU-Rente≫) in der Arbeitslosenversicherung abgesichert, die kein Bestandteil der Rentenversicherung, nicht einmal der Sozialversicherung iS des Sozialgesetzbuches ist (siehe oben A.2.c.).

Der Revision kann auch darin nicht gefolgt werden, es dürften nur Vergleichsberufe herangezogen werden, die in hinreichender Verhältniszahl zu potentiellen Bewerberin auf dem nach Arbeitsförderungsrecht abzugrenzenden räumlichen Arbeitsmarkt vorhanden seien. Da die gesetzliche BU-Rente (wie auch die EU-Rente) bei vollschichtig Einsetzbaren nicht deren Nachteile aus Einschränkungen ihrer Erwerbsmöglichkeit wegen Unvermittelbarkeit, sondern die Nachteile allein aus krankheits- oder behinderungsbedingtem Herabsinken der Berufs-/Erwerbsfähigkeit ausgleichen soll, wird – anders als die Revision meint – niemandem ein Umzug im ganzen Bundesgebiet zugemutet. Es wird lediglich anhand im Arbeitsleben wirklich vorkommender und damit regelmäßig arbeitsmarktgängiger Vergleichsberufe geprüft, ob das Ausmaß der krankheits- oder behinderungsbedingten Einschränkung der Berufskompetenz des Versicherten so groß ist, daß die Ansoruchsschwelle des Versicherungsfalls überschritten und die Versichertengemeinschaft grundsätzlich gehalten ist, Nachteilsausgleich durch Rente zu gewähren. Dies ist bei der berufsfähigen Klägerin nicht der Fall.

Nach alledem war die Revision der Klägerin gegen das zutreffende Urteil des LSG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1113615

BSGE, 207

SozSi 1998, 66

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