Beteiligte

…, Kläger und Revisionskläger

Bundesanstalt für Arbeit, 90478 Nürnberg, Regensburger Str. 104, Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I

Der Rechtsstreit betrifft die Überprüfung eines bindenden Bescheids, mit dem die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) teilweise aufgehoben und insgesamt 3.988,60 DM zurückgefordert hat.

Der 1955 geborene Kläger hat eine Lehre als Kfz-Mechaniker (1970 bis 1974) nicht abgeschlossen. Er war unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit als Spritzlackierer und zuletzt in einem Metallbetrieb als Stanzer und Lackierer von Januar 1986 bis Dezember 1989 beschäftigt. Seit dem 17. Oktober 1988 war er wegen eines Bandscheibenleidens arbeitsunfähig und bezog bis zum 15. Dezember 1989 Krankengeld. Der Arbeitgeber kündigte dem als Schwerbehinderten anerkannten Kläger mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle, weil eine Weiterbeschäftigung auf einem behindertengerechten Arbeitsplatz betrieblich nicht möglich sei.

Die BA bewilligte dem Kläger auf die Arbeitslosmeldung vom 14. Dezember 1989 Arbeitslosengeld (Alg) und erbrachte diese Leistung bis zur Erschöpfung des Anspruchs. Ein arbeitsamtsärztliches Gutachten ergab, der Kläger könne die zuletzt ausgeübten Tätigkeiten auf Dauer nicht mehr verrichten. Ab 15. Dezember 1990 bewilligte die BA dem Kläger Alhi. In seinem Antrag hat er die Frage, ob er laufende oder gelegentlich wiederkehrende Einkünfte habe, verneint.

Im Juni 1991 erfuhr die BA durch eine Anfrage der Versicherungsgesellschaft Deutscher Herold, daß der Kläger aus einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung Leistungen erhalte. Sie ermittelte, daß die Berufsunfähigkeitsrente des Klägers während des Bezugs von Alhi vierteljährlich im voraus 1.681,68 DM betrug. Nach Anhörung des Klägers hob sie die Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 15. Dezember 1990 bis 23. Februar 1991 und 9. März bis 31. Juli 1991 in Höhe von wöchentlich 129,36 DM auf und forderte für die genannten Leistungszeiträume 3.988,60 DM zurück (Bescheid vom 23. Oktober 1991).

Am 19. Mai 1992 wandte sich der Kläger über seine Prozeßbevollmächtigten an die BA und beantragte die Rücknahme des Bescheids vom 23. Oktober 1991, weil ihm weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei und die Berufsunfähigkeitsrente nicht auf die Alhi anzurechnen sei.

Diesen Antrag behandelte die BA als Zugunstenantrag, den sie mit Bescheid vom 22. Juni 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 1992 ablehnte. Sie führte aus, Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 23. Oktober 1991 seien nicht zu erkennen. Die dagegen gerichtete Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts vom 15. April 1993; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] vom 14. März 1996). Das LSG hat offengelassen, welche Norm als Grundlage für eine Zugunstenentscheidung heranzuziehen sei. Auch soweit eine Ermessensentscheidung in Betracht komme, scheitere der Antrag an dem Fehlen einer rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung als Ermessensvoraussetzung. Entscheidend sei insoweit allein, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi vorlägen, nicht dagegen, ob vertrauensschützende Vorschriften oder sonstige Verfahrensnormen beachtet worden seien. Die Berufsunfähigkeitsrente des Klägers sei auf die Alhi anzurechnen, weil es sich nicht um eine Leistung aufgrund eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit handele. Die Zusatzversicherung des Klägers beziehe sich auf das Risiko, infolge von Krankheit den bisherigen Beruf oder eine andere zumutbare Tätigkeit nicht mehr ausüben zu können. Auch wenn mit dem Eintritt dieses Risikos häufig Arbeitslosigkeit verbunden sei, handele es sich im Fall des Klägers allenfalls um eine Vorsorge, die auch für den Fall der Arbeitslosigkeit getroffen sei, die aber die Anrechenbarkeit der Leistung nicht ausschließe. Die Berufsunfähigkeitsrente sei von der Anrechenbarkeit auf die Alhi nicht ausgeschlossen, weil sich die Bemessung der Alhi nach dem Arbeitsentgelt richte, welches der Kläger in seiner letzten Beschäftigung erzielt habe.

In einem Teilvergleich hat sich die BA verpflichtet, auch die für die Zeit nach dem 31. Juli 1991 ergangenen Alhi-Bewilligungsbescheide nach dem Ergebnis dieses Prozesses zu überprüfen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 138 Abs 3 Nr 7 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und des § 11 Satz 1 Nr 3 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO). Er vertritt die Ansicht, bei der Berufsunfähigkeitsrente handele es sich um einen Fall eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit. Die im angefochtenen Urteil geforderte ausschließliche Verbindung mit der Arbeitslosigkeit entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Die vom Kläger für die private Versicherung aufgewendeten Eigenmittel hätten nicht die BA von Zahlungen entlasten sollen. Eine Unterscheidung zwischen privater und gesetzlicher Berufsunfähigkeitsrente habe der Gesetzgeber nicht getroffen.

Der Kläger beantragt,

1.

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. März 1996 und das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 15. April 1993 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 1992 aufzuheben;

2.

die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 23. Oktober 1991 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) einverstanden erklärt.

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Urteil des LSG beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung. Die Anrechnung der privaten Berufsunfähigkeitsrente des Klägers auf die Alhi für die Zeit vom 15. Dezember 1990 bis 23. Februar 1991 und vom 9. März bis 31. Juli 1991 sowie die Rückforderung von 3.988,60 DM erweisen sich nicht als rechtswidrig.

1. Zutreffend hat das LSG offengelassen, ob die BA über den Zugunstenantrag des Klägers im Wege einer Ermessensentscheidung (so bei Anwendung des § 152 Abs 1 Nr 1 AFG idF des Gesetzes zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992 [BGBl I 2044] oder des § 44 Abs 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren [SGB X]) oder aber aufgrund einer gebundenen Entscheidung (so nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X - vgl dazu: BVerwGE 87, 103 ff; sowie das Urteil des Senats vom 12. Dezember 1996 - 11 RAr 31/96 - zur Veröffentlichung vorgesehen) zu befinden hat. Voraussetzung für einen Zugunstenbescheid ist nach jeder dieser Vorschriften, daß ein nichtbegünstigender Verwaltungsakt - hier: der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 23. Oktober 1991 - rechtswidrig ist. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Dabei hat das LSG seine Prüfung nur auf die Frage erstreckt, ob dem Kläger die Alhi für den genannten Zeitraum in der zustehenden Höhe gelassen wurde, dh ob die von ihm im Leistungsantrag nicht angegebene Berufsunfähigkeitsrente zum anrechenbaren Einkommen gehört. Nicht geprüft hat das LSG, ob die Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs 2 SGB X (Vertrauensschutz) vorlagen (ebenso: Steinwedel, Kasseler Komm § 44 SGB X RdNr 32 - Stand: Oktober 1993; Schroeder-Printzen/Wiesner, SGB X, 3. Aufl 1996, § 44 RdNr 10). Ob dieser Rechtsansicht zu folgen ist, kann hier offenbleiben. Im Ergebnis ist das Vorgehen des LSG nicht zu beanstanden, denn nach seinen mit Revisionsrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen, die damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), bot der entschiedene Einzelfall keinen Anlaß, solchen Fragen nachzugehen. Zwar ist die Überprüfung bindender Verwaltungsakte nicht auf von Betroffenen vorgebrachte Einwände beschränkt. Ergeben sich aber im Einzelfall keine Anhaltspunkte für die sachliche Unrichtigkeit des bindenden Verwaltungsakts, so beschränkt sich die Entscheidung auf die vom Betroffenen vorgebrachten Einwände und läßt die Bindungswirkung im übrigen unberührt (BSGE 63, 33, 35 = SozR 1300 § 44 Nr 33; Steinwedel Kasseler Komm § 44 RdNr 34). Der Kläger hat sich zwar in dem Antragsschreiben am 19. Mai 1992 darauf berufen, ihm sei "keinerlei grobe Fahrlässigkeit und auch kein Vorsatz vorzuwerfen". Diesen pauschalen Einwand hat er im Klage- und Berufungsvorbringen, auf das er sich in der Revisionsbegründung berufen hat, weder konkretisiert noch wiederholt. Er hat auch die Feststellung des LSG, er habe die Frage nach "laufenden oder gelegentlich wiederkehrenden Einkünften" im Alhi-Antrag vom 27. November 1990 verneint, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits die Berufsunfähigkeitsrente von der Versicherungsgesellschaft Deutscher Herold bezog, nicht angegriffen. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, daß das LSG zu den Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs 2 SGB X tatsächliche Feststellungen nicht getroffen und die Überprüfung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids auf die Einwände des Klägers gegen die Anrechenbarkeit der Berufsunfähigkeitsrente begrenzt hat. Umstände, die zu einer weitergehenden Prüfung hätten Anlaß geben können, sind nicht ersichtlich.

2. Die teilweise Aufhebung der Alhi-Bewilligung und die Rückforderung mit Bescheid vom 23. Oktober 1991 erweisen sich nicht als rechtswidrig. Anspruch auf Alhi hat nur, wer ua bedürftig ist (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG). Bedürftig im Sinne dieser Vorschrift ist ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht (§ 137 Abs 1 AFG). Diese Regelung legt die Subsidiarität der Alhi gegenüber anderen Einkommensquellen grundsätzlich fest. Der Berücksichtigung von Einkommen ist deshalb - vorbehaltlich konkreter gesetzlicher Regelungen - nicht mit dem allgemeinen Einwand zu begegnen, ein Einkommen beruhe auf eigener Vorsorge des Arbeitslosen und dürfe nicht dazu dienen, den Bundeshaushalt (§ 188 AFG) zu entlasten.

2.1 Als Einkommen gelten alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert nach Abzug von Steuern, Sozialaufwendungen und Werbungskosten (§ 138 Abs 2 AFG). Diesen Merkmalen entspricht auch die private Berufsunfähigkeitsrente, die der Kläger im Bezugszeitraum der Alhi erhalten hat. Die Rente, die der Kläger nach dem Schreiben der Versicherungsgesellschaft Deutscher Herold vom 1. August 1991 "vierteljährlich im voraus" erhalten hat, war zu berücksichtigen, weil nach § 138 Abs 1 Nr 1 AFG auch Leistungen, die der Arbeitslose von Dritten "erhält oder beanspruchen kann" zum Einkommen zählen. Anhaltspunkte für Abzüge, die nach § 138 Abs 2 Satz 2 AFG zu berücksichtigen sind, bestehen nicht und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal von "Einkommen" gegenüber Vermögen ist der Zufluß der Beträge innerhalb des Bewilligungszeitraums von Alhi (st Rspr, vgl BSGE 72, 248, 249 = SozR 3-4100 § 137 Nr 4 mwN). Auf eine Identität der Zahlungszeiträume wiederkehrender Leistungen kommt es indes nicht an, denn die Legaldefinition des § 138 Abs 2 Satz 1 AFG stellt in der hier anzuwendenden wie in der jetzt geltenden Fassung des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 2353) Einnahmen neben Leistungsansprüche gegen Dritte, ohne daß es auf deren Realisierung im Bezugszeitraum ankommt (vgl Niesel/Kärcher, AFG, 1995, § 138 RdNr 22; Gagel/Ebsen, Komm AFG, § 138 RdNr 61). Würde die Berufsunfähigkeitsrente, die vierteljährlich im voraus gezahlt wird, nur in dem Zahlungszeitraum der Alhi berücksichtigt, in dem sie dem Kläger zufließt, so wäre die Anwendung der unterschiedlichen Anrechnungsmaßstäbe für Einkommen (§ 138 AFG; § 11 Alhi-VO) und Vermögen (§ 137 Abs 2 AFG; §§ 6 ff Alhi-VO) von der Zufälligkeit der Zahlungsweise wiederkehrender Leistungen abhängig. Damit würde die praktische Durchführung des Gesetzes ohne sachlichen Grund erschwert. Wiederkehrende Leistungen sind in dem Zeitraum, für den sie bestimmt sind, auf die Alhi als Einkommen anzurechnen (so auch Gagel/Ebsen Kasseler Komm RdNr 162 ff). Dem steht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die ausdrücklich gegenüber der dahingehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Sozialhilfe den eigenständigen Einkommensbegriff der Alhi hervorhebt, nicht entgegen. Die Ausführungen des BSG betreffen nicht wiederkehrende Leistungen, sondern die einmalige Schenkung einer hohen Summe und die sich daraus ergebenden Zinserträge (BSGE 41, 187, 188 = SozR § 137 Nr 1). Soweit das BSG mit der Berücksichtigung wiederkehrender Leistungen bei der Bedürftigkeitsprüfung befaßt war (zB: Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung: BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 1; monatlich zufließende Einnahmen aus unselbständiger Tätigkeit: BSG SozR 4100 § 138 Nr 2; beamtenrechtlicher Unterhaltsbeitrag: BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 2), hat es eine Identität der Zahlungszeiträume nicht gefordert, sondern die Umrechnung der monatlich zufließenden Leistungen auf wöchentliche Anrechnungsbeträge gebilligt.

Insofern gilt bei wiederkehrenden Leistungen im Bereich der Alhi nichts anderes als für die Sozialhilfe. Beiden Bereichen ist gemeinsam, daß Sozialleistungen nur zu erbringen sind, wenn Bedürftigen für den Lebensunterhalt erforderliche Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen (§§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3, 137 Abs 1 AFG; § 2 BSHG). Dem entspricht die Anrechnung von Einkommen wie Vermögen in beiden Leistungsbereichen (§ 138 AFG iVm §§ 6 ff und 11 Alhi-VO; §§ 76 ff und 87 ff BSHG), die nach jeweils unterschiedlichen Maßstäben vorzunehmen sind. Deshalb kann die Zuordnung des für den Lebensunterhalt Verwertbaren zum Einkommen oder Vermögen für die Anrechnung nach Grund oder Höhe entscheidungserheblich sein. Im Sozialhilferecht wird Einkommen, das nicht in dem dort maßgebenden monatlichen Zahlungszeitraum erbracht wird, aufgeteilt und mit monatlichen Teilbeträgen als Einkommen berücksichtigt (BVerwGE 44, 167, 170, 172; Knopp/Fichtner, BSHG, 7. Aufl 1992, § 76 RdNr 4). Eine entsprechende Verteilung von wiederkehrenden Einkünften auf den für die Alhi maßgebenden Zahlungszeitraum (§§ 134 Abs 4 Satz 1; 114 AFG) ist unbedenklich, weil den Vorschriften der § 134 ff AFG; § 6 ff Alhi-VO Anhaltspunkte nicht zu entnehmen sind, die solchem Vorgehen entgegenstehen. Das entspricht im übrigen der Verwaltungspraxis der BA.

2.2 Ausnahmen von der Anrechenbarkeit von Einkommen sieht das Gesetz in dem Katalog des § 138 Abs 3 AFG vor. Keiner der Tatbestände ist hier einschlägig. Sie beruhen - mit Ausnahme des § 138 Abs 3 Nrn 4 und 10 AFG - im wesentlichen auf der Überlegung, daß die im Katalog aufgezählten Leistungen dazu bestimmt sind, Sonderbedarf des Arbeitslosen zu decken. Ihre Anrechnung auf die Alhi schlösse die bestimmungsgemäße Verwendung aus, weil sie anstelle der Alhi zur Deckung des normalen Lebensunterhalts dienen müßten (BSG SozR 4100 § 138 Nr 5). Zutreffend hat das LSG lediglich die Anwendbarkeit des § 138 Abs 3 Nr 7 AFG geprüft. Die übrigen Tatbestände kommen für den hier zu beurteilenden Sachverhalt offensichtlich nicht in Betracht. Nach der Regelung des § 138 Abs 3 Nr 7 AFG gelten Unterstützungen aufgrund eigener Vorsorge für den Fall der Arbeitslosigkeit und Zuwendungen, die die freie Wohlfahrtspflege oder ein Dritter zur Ergänzung der Alhi gewährt, ohne dazu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein, nicht als Einkommen. Dieser Ausnahmetatbestand erfaßt nicht die Berufsunfähigkeitsrente, die der Kläger aufgrund einer Zusatzvereinbarung zu einer Lebensversicherung abgeschlossen hat. Nach den Feststellungen des LSG, die die Revision nicht angegriffen hat, steht die Berufsunfähigkeitsrente dem Versicherten nach den Versicherungsbedingungen zu, wenn er seinen Beruf oder eine andere seiner bisherigen Lebensstellung entsprechende Beschäftigung krankheitsbedingt nicht mehr ausüben kann. Die Leistung wird unter diesen Voraussetzungen unabhängig von einer Arbeitslosigkeit erbracht. Andererseits wäre Arbeitslosigkeit allein nicht geeignet, den Versicherungsanspruch auszulösen. Nach dem in den Versicherungsbedingungen beschriebenen Risiko handelt es sich also nicht um eigene Vorsorge des Klägers für den Fall der Arbeitslosigkeit. Mit Recht hat das LSG die Möglichkeit, daß das in der privaten Versicherung gedeckte Risiko mitursächlich für die Arbeitslosigkeit des Klägers gewesen sein könnte, nicht für erheblich gehalten.

2.3 Die Anrechenbarkeit der Berufsunfähigkeitsrente ist auch nicht nach § 138 Abs 4 AFG iVm § 11 Satz 1 Nr 3 Alhi-VO vom 7. August 1974 (BGBl I 1929) ausgeschlossen oder begrenzt. Nach dieser Vorschrift gilt ua die Rente wegen Berufsunfähigkeit bis zur Höhe des Unterschieds zwischen der Alhi nach § 136 AFG und der Alhi, die dem Arbeitslosen hiernach zustehen würde, wenn sein Arbeitsentgelt nicht wegen Berufsunfähigkeit, verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit oder Verrichtung einer wirtschaftlich nicht gleichwertigen Arbeit gemindert wäre, nicht als Einkommen. Ob diese Regelung auf private Berufsunfähigkeitsrenten anzuwenden ist, kann dahinstehen. Die Anrechenbarkeit ist hier nicht ausgeschlossen oder begrenzt, weil der Bemessung der Alhi nach den Feststellungen des LSG das Arbeitsentgelt zugrunde gelegen hat, das auch das zuvor bezogene Alg bestimmt hat. Dieses beruht auf der beitragspflichtigen Beschäftigung des Klägers als Stanzer und Lackierer in der Metallindustrie, die er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Wie das BSG bereits entschieden hat, soll die Regelung Härten vermeiden, die sich daraus ergeben, daß ein Arbeitsloser wegen der Einschränkung seines gesundheitlichen Leistungsvermögens nur ein gemindertes Arbeitsentgelt hat erzielen können, welches die Bemessung der Leistung wegen Arbeitslosigkeit bestimmt. Aus diesem Grunde hat das BSG Minderentgelte, die nicht unmittelbar durch eine Berufsunfähigkeit herbeigeführt worden sind, sondern auf Teilzeitarbeit beruhten, obwohl eine vollschichtige Beschäftigung dem Arbeitslosen gesundheitlich möglich gewesen wäre, für diese Regelung unerheblich gehalten (BSG Urteil vom 12. Mai 1982 - 7 RAr 7/81 - DBlR 2781a). Die Berufsunfähigkeitsrente des Klägers ist in vollem Umfang anrechenbar, weil die Alhi nach dem im bisherigen Beruf, der für die Feststellung der Berufsunfähigkeit maßgebend war, erzielten Arbeitsentgelt bemessen und gerade nicht wegen eingeschränkter gesundheitlicher Leistungsfähigkeit "herabbemessen" worden ist.

3. Die Aufhebung und Rückforderung von Alhi ist auch nach Umfang und Höhe nicht zu beanstanden. Sie bezieht sich auf die Zeiträume vom 15. Dezember 1990 bis 23. Februar 1991 und 9. März bis 31. Juli 1991, in denen der Kläger Alhi und Berufsunfähigkeitsrente bezogen hat. Ungenau sind allerdings die Feststellungen des LSG zur Höhe der Berufsunfähigkeitsrente. Der angebliche monatliche Zahlbetrag von 539,00 DM ergibt sich nicht aus dem Schreiben der Versicherungsgesellschaft Deutscher Herold vom 24. Juni 1991, das überhaupt keine Angaben über die Höhe der Rentenleistung enthält. Das LSG kann diese Angabe nur dem Schreiben vom 1. August 1991 entnommen haben, in dem dieser Betrag für den Zahlungszeitraum Januar 1990 angegeben ist. Der vom LSG festgestellte Anrechnungsbetrag von 129,36 DM ergibt sich aus dem im Zahlungszeitraum der Alhi bezogenen Rentenbetrag von 1.681,68 DM vierteljährlich (1681,68 : 13 = 129,36), den die Versicherungsgesellschaft Deutscher Herold ebenfalls in dem Schreiben vom 1. August 1991 mitgeteilt hat.

Da das angefochtene Urteil nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht, ist die Revision zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

BSGE, 297

NWB 1997, 1450

Breith. 1997, 971

SozSi 1997, 439

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