Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte – landwirtschaftliches Unternehmen – Betreiben – Verlust – Unternehmereigenschaft – Gesellschaft des bürgerlichen Rechts in Liquidation – Stillegung – Nutzung – Naturschutz – Landschaftsschutzgebiet – Landschaftspflege – Pflegemaßnahmen – Grünland – Wiese – Weide – Erhaltungsmaßnahmen – „sonstiger Verlust” der Unternehmereigenschaft – Voraussetzungen der Flächenstillegungen – Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Liquidationsbeschluß einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die den Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmens eingestellt hat und deren Zweck es ist, den Grundbesitz zu veräußern, führt weder zu einem „sonstigen Verlust der Unternehmereigenschaft” des Mitgesellschafters (§ 2 Abs 3 GAL) noch dazu, daß diesem „in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht” wird (§ 21 Abs 2 ALG).

2. Zu den Voraussetzungen unter denen nach § 21 Abs 4 § 22 ALG iVm § 1 §3 FSV Weideflächen stillgelegt sind bzw als stillgelegt gelten.

Stand: 26. März 2001

 

Normenkette

GAL § 2 Abs. 1, 3, § 2a; ALG § 11 Abs. 1 Nr. 3, § 21 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 4 Sätze 1-2, Abs. 8, § 22; FSV § 1 Abs. 1, 2 S. 1 Nrn. 1-2, Abs. 4, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 2 Nr. 1, Abs. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1

 

Beteiligte

Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen

Landwirtschaftliche Alterskasse Rheinland-Pfalz

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 22.01.1998; Aktenzeichen L 5 Lw 17/95)

SG Speyer (Entscheidung vom 07.07.1995; Aktenzeichen S 11 Lw 1/94)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. Januar 1998 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der im Jahre 1926 geborene Kläger begehrt ab 1. Juli 1993 Altersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) und ab 1. Januar 1995 Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Er hatte seit dem Jahre 1969 Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse als Mitunternehmer einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), der „G. S. GbR Gestüt Fohlenhof und Grundstücksverwaltung” entrichtet. Im September und Oktober 1993 stellte er die Anträge, ab 1. Juli 1993 das Ende seiner Beitragspflicht festzustellen und ihm Altersgeld zu gewähren: Die GbR habe zum 1. Januar 1993 ihre werbende Tätigkeit eingestellt und befinde sich seit 1. Juli 1993 in Liquidation (iL). Allein verbleibender Zweck sei die Veräußerung des Gesellschaftsvermögens. Alle Grundstücke bis auf das Gestüt Fohlenhof (10,6 ha, davon 9,5 ha Koppeln und Weiden, 7.300 qm Hof- und Gebäudeflächen sowie diverse Wald- und Wiesengrundstücke) seien verkauft oder würden nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. Die Gebäude des Gestüts stünden leer, die Flächen lägen brach. Die im Landschaftsschutzgebiet notwendigen Mäharbeiten würden, soweit zwingend erforderlich, durch Fremde gegen Überlassung des Heus getätigt.

Die Beklagte beendete die Beitragspflicht des Klägers ab 1. Januar 1993, lehnte jedoch mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. Dezember 1993, bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 1994, das Rentenbegehren ab, weil weder das Unternehmen abgegeben noch der Kläger aus der Gesellschaft ausgeschieden sei.

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat mit Urteil vom 7. Juli 1995 die Klage abgewiesen. Im Gegensatz zum Beitragsrecht setze das Leistungsrecht den dauerhaften, unumkehrbaren Verlust der Unternehmereigenschaft voraus; daran fehle es.

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 22. Januar 1998 die Berufung zurückgewiesen: Eine Abgabe iS des GAL oder auch des ALG liege nicht vor. Die Flächen seien aber auch nicht iS der Flächenstillegungsverordnung (FSV) stillgelegt. Ein „nachhaltiges Brachliegen” der Flächen sei nur dann gegeben, wenn jede landwirtschaftliche Nutzung eingestellt werde. Das sei aber nicht der Fall, denn die Flächen würden bewirtschaftet (Mähen durch Dritte) und der Aufwuchs werde fortgefahren und verwertet. Bei Brachliegen von Grünflächen sei der Aufwuchs auf den Flächen zu belassen, es sei denn, die Entfernung des Aufwuchses sei aus Gründen des Natur- oder Gewässerschutzes notwendig. Die hier in Frage stehende Nutzung sei aber nach den vorliegenden Auskünften nicht als Erhaltungsmaßnahme aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes geboten, sondern lediglich wünschenswert. Das Interesse des Klägers, wertvolles Weideland zu erhalten, sei insoweit unbeachtlich.

Mit der Revision meint der Kläger, durch den Liquidationsbeschluß der GbR sei bereits eine endgültige Aufgabe der Unternehmerstellung eingetreten. Jedenfalls sei aber ab 1. Januar 1995 die Rente zu gewähren, denn in den vom LSG eingeholten Auskünften der Gemeinde und der Naturschutzbehörde könne eine (nachträgliche) „Abstimmung” (§ 3 Abs 1 Satz 2 Nr 1 FSV) mit letzterer gesehen werden. Der Begriff des Naturschutzes sei unter Heranziehung des Bundesnaturschutzgesetzes weit auszulegen. Es gehe um den Erhalt und die Nutzungsfähigkeit von Naturgütern; dazu zähle auch eine Pferdeweide mit ihren speziellen Gräsern.

Der Kläger beantragt,

die angefochtenen Urteile und Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 1993 Altersgeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie stellt heraus, daß die GbR iL jederzeit in eine werbende Gesellschaft umgewandelt werden könne; eine endgültige Aufgabe der Unternehmerstellung sei deshalb nicht erfolgt. Eine Abstimmung hinsichtlich der Mahd und der Entfernung des Aufwuchses mit der Naturschutzbehörde liege nicht vor. Von einem „nachhaltigen Brachliegen” iS der FSV könne keine Rede sein, vor allem deshalb nicht, weil der Aufwuchs nicht auf der Fläche belassen, sondern abgefahren und landwirtschaftlich genutzt werde.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.

II

Die Revision ist unbegründet.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das LSG die Berufung zu Recht zurückgewiesen.

A) Der Kläger hat ab 1. Juli 1993 keinen Anspruch auf Altersgeld nach § 2 Abs 1 GAL (idF der Bekanntmachung vom 14. September 1965 ≪BGBl I 1448≫, zuletzt geändert durch das Renten-Überleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 ≪BGBl I 1606≫) iVm § 94 Abs 2 ALG (idF des Agrarsozialreformgesetzes 1995 vom 29. Juli 1994 ≪ASRG 1995≫; BGBl I 1890). Er hat nach den Feststellungen des LSG zwar das 65. Lebensjahr vollendet (§ 2 Abs 1 Buchst a GAL) und bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres für mindestens 180 Kalendermonate Beiträge als landwirtschaftlicher Mitunternehmer entrichtet (§ 1 Abs 3 Satz 2, § 2 Abs 1 Buchst b GAL), jedoch fehlt es bisher an der dritten Anspruchsvoraussetzung, der Abgabe des Unternehmens (§ 2 Abs 1 Buchst c GAL).

Nach § 2 Abs 3 Satz 1 GAL ist Abgabe iS des § 2 Abs 1 Buchst c GAL die Übergabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens oder ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft. Erfolgt kein Wechsel des Eigentums, kann ersatzweise nach § 2 Abs 3 Satz 2 GAL die Abgabe des Unternehmens auch in anderen Vertragsformen erfolgen (zB durch Pachtvertrag), wobei allerdings neben der Schriftform eine Vertragsbindung von mindestens neun Jahren nach Vollendung des 65. Lebensjahres des Unternehmers erforderlich ist. Das landwirtschaftliche Unternehmen der GbR ist aber weder an einen anderen Landwirt vollständig übergeben worden noch ist ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft iS des GAL eingetreten. Das gilt zunächst für die GbR. Sie hat weder das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen auf Dritte übertragen noch die Fläche auf andere Art und Weise iS des § 2 Abs 3 Satz 2 GAL abgegeben. Da der Kläger als Gesellschafter der GbR Mitunternehmer des landwirtschaftlichen Unternehmens ist, kann in seiner Person ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft nur eintreten, wenn entweder die GbR das Unternehmen abgegeben hat (vgl Noell, Die Altershilfe für Landwirte, 10. Aufl 1983, S 281; GLA-Kommentar § 21 Abs 8 ALG Anm 4.3) – was nicht der Fall ist – oder wenn der Kläger aus der Gesellschaft ausscheidet (§ 2 Abs 3 Satz 4 GAL). Letzteres liegt ebenfalls nicht vor.

Die Einstellung der Bewirtschaftung des Gestüts durch die GbR, die zur Beendigung der Versicherungspflicht geführt hatte, ersetzt nicht die Abgabe. Denn nur mit einer Abgabe nach den Kriterien des § 2 Abs 3 GAL ist die agrarpolitische Zielsetzung zu verwirklichen, die nach der Konzeption des Gesetzes mit der Altersversorgung der Landwirte untrennbar verbunden ist. Dies ist mit dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 Grundgesetz ≪GG≫), dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) sowie der Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 GG) vereinbar (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ≪BVerfG≫ vom 18. Dezember 1981 – 1 BvR 943/81 –, SozR 5850 § 2 Nr 8).

Ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft ist auch nicht aus dem Umstand abzuleiten, daß die GbR ab 1. Juli 1993 zum Zwecke der Auseinandersetzung (§ 730 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) nur noch als GbR iL auftritt und nach § 730 Abs 2 BGB lediglich für die Beendigung schwebender Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens als fortbestehend gilt. Auch in der Liquidationsphase einer GbR kann deren landwirtschaftlicher Betrieb fortgeführt werden – etwa dann, wenn damit kostengünstig das Gesellschaftsvermögen erhalten werden kann, zB durch extensive Bewirtschaftung unter Ausnutzung von Förderprogrammen, womit wenigstens ein Teil der laufenden Kosten erwirtschaftet wird. Zudem kann ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft ausgehend vom Sinn und Zweck der Abgabevoraussetzung nur dann angenommen werden, wenn er „prinzipiell endgültig” ist, dh es dem bisherigen Unternehmer verwehrt ist, alsbald die Bewirtschaftung des Unternehmens wieder aufzunehmen. Das Erfordernis ist bereits dann erfüllt, wenn vorausschauend bei den gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen keine reale Möglichkeit mehr zu erkennen ist, daß der landwirtschaftliche Unternehmer das Unternehmen fortführen wird (vgl mwN BSG, Urteil vom 22. Juni 1989, SozR 5850 § 2 Nr 15). Das trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Insbesondere kann die GbR iL, solange die endgültige Auseinandersetzung noch nicht erfolgt ist, jederzeit durch einen (auch konkludenten) Fortsetzungsbeschluß der Gesellschafter unter Aufrechterhaltung der Identität in eine werbende Gesellschaft zurückverwandelt werden (vgl Palandt/Sprau, BGB, 59. Aufl, vor § 723 BGB RdNr 2).

Schließlich ist mit dem Liquidationsbeschluß dem Gesetzeszweck des GAL, die Verkehrsfähigkeit landwirtschaftlicher Grundstücke nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Bodenverkehrsrechts durch die Bindung des Rentenanspruchs an die Abgabevoraussetzung zu fördern, noch nicht Genüge getan. Erforderlich ist der tatsächliche Eigentumswechsel oder die Erfüllung bestimmter, dem gleichgestellter Tatbestände (§ 2 Abs 3, § 2a GAL, § 21 ALG). Insbesondere kommt hier die langjährige Verpachtung in Betracht (zur auflösenden Bedingung, daß das Pachtverhältnis vorzeitig endet, wenn das Eigentum an dem Pachtland an einen Dritten übergeht, s das heutige Senatsurteil – B 10 LW 5/00 R –). Einer Abgabe steht es nach § 2a Abs 2 GAL (ab 1. Januar 1995: § 21 Abs 6 ALG) auch gleich, wenn die GbR iL für die in ihrem Eigentum stehenden Flächen eine Ermächtigung zur Landveräußerung und Landverpachtung zum ortsüblichen, angemessenen Preis erteilt; die Ermächtigung ist an die nach Landesrecht zuständige Stelle zu richten (s zur Leistungshöhe in einem solchen Fall § 4 Abs 1a GAL; § 23 Abs 7 ALG). Die entsprechenden Voraussetzungen sind beim Kläger jedoch nicht erfüllt.

Der Liquidationsbeschluß kann der Vorbereitung solcher Rechtsgeschäfte dienen, ersetzt sie aber jedenfalls nicht. Entgegen der Ansicht des Klägers läßt sich keine Parallele zu dem Sachverhalt ziehen, der dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. Juni 1989 (SozR 5850 § 2 Nr 15) zugrunde gelegen hatte. Damals hatte im Vollzug eines Liquidationsvergleichs ein landwirtschaftlicher Unternehmer als alleiniger persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft das Unternehmen einschließlich des Grundbesitzes mit notariellem Vertrag auf den Treuhänder der Vergleichsgläubiger zur Verwertung übertragen. Damit verlor er auf Dauer und unwiderruflich alle Verfügungs- und Einwirkungsbefugnisse über seinen Grundbesitz. Gleichzeitig war mit der Abwicklung des Liquidationsvergleichs die faktische Auflösung der Gesellschaft verbunden, was dem Ausscheiden aus dem Unternehmen iS des § 2 Abs 3 Satz 4 GAL gleichsteht. Solchen Zwängen unterliegt der Kläger aber nicht, denn er verfügt noch über alle Gestaltungsmöglichkeiten, die ihm das Gesellschaftsrecht eröffnet.

B) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Altersrente vom 65. Lebensjahr an nach dem am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen ALG, verkündet als Art 1 des ASRG 1995 vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890).

Neben der Vollendung des 65. Lebensjahres und der Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren ist nach § 11 Abs 1 Nr 3 ALG die Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft weiterhin Anspruchsvoraussetzung. Insoweit wurde lediglich die bisherige Rechtslage fortgeführt (Gesetzentwurf ASRG 1995, Begründung, Allgemeiner Teil, BT-Drucks 12/5700, S 65).

1) Allerdings systematisiert § 21 ALG unter Einbeziehung der bisher in § 2a GAL geregelten Sondertatbestände (Erstaufforstung, Andienung an die zuständige Stelle zur Landveräußerung und Landverpachtung) die Formen der Abgabe eines Unternehmens neu. Daraus läßt sich der geltend gemachte Rentenanspruch aber ebenfalls nicht ableiten. Nach § 21 Abs 1 ALG liegt eine Abgabe von Grundstücksflächen grundsätzlich dann vor, wenn sie mit einer Übertragung des Eigentums verbunden ist. Dem steht die langjährige Verpachtung, die langjährige Belastung mit einem Nießbrauch zugunsten Dritter sowie ein neu formulierter Auffangtatbestand gleich, der verwirklicht wird, wenn „in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist” (§ 21 Abs 2 Satz 1 Nrn 1 bis 3 ALG). Damit wird lediglich mit anderen Worten die bereits angeführte Rechtsprechung des BSG unter Einschluß weiterer Fallvarianten, zB der „Entwidmung” landwirtschaftlich genutzter Flächen (BSG Urteil vom 7. Dezember 1989, SozR 5850 § 2 Nr 16) umschrieben. Bisher noch nicht beachtete Möglichkeiten, den Liquidationsbeschluß einer GbR nach dem ALG einer Abgabe gleichzustellen, enthält die Neuregelung nicht.

2) Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Altersrente unter dem Gesichtspunkt, daß mit dem ASRG 1995 als neue Abgabeform die Stillegung landwirtschaftlich genutzter Flächen erstmals eingeführt wurde. Die GbR iL hat nach den das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG die bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht stillgelegt.

Nach § 21 Abs 4 Satz 1 ALG steht es der Abgabe (dh dem Eigentumsübergang) gleich, wenn die landwirtschaftlich genutzten Flächen stillgelegt sind; nach Satz 2 aaO gelten Flächen als stillgelegt, wenn die landwirtschaftliche Nutzung ruht und nicht die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vorliegen. § 22 ALG ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen eine Fläche als stillgelegt gilt, insbesondere auch über zulässige Pflegemaßnahmen. Dabei sind die Belange des Umwelt- und Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Raumordnung zu beachten. Auf dieser Grundlage erging die FSV vom 25. November 1994 (BGBl I 3524), mit der die Stillegungsverordnung (StillV) vom 14. Juni 1989 (BGBl I 1095) aufgehoben und hinsichtlich der Bezieher einer Produktionsaufgaberente abgelöst wurde.

a) Es mangelt an einer „Stillegung”. Der Begriff „stillgelegt” in § 21 Abs 4 Satz 1 ALG wird durch § 1 Abs 1 FSV ausgefüllt. Hiernach ist eine landwirtschaftlich genutzte Fläche nur stillgelegt, wenn jede landwirtschaftliche Nutzung und jeder Anbau von Kulturpflanzen nicht nur vorübergehend eingestellt wird (nachhaltiges Brachlegen). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) werden die knapp 10 ha Wiesen- und Weideflächen aber regelmäßig von einem Dritten gemäht, der das Mähgut für eigene Zwecke verwendet. Damit findet, jedenfalls objektiv und aus der Sicht des Dritten, eine landwirtschaftliche Nutzung der Flächen statt. Aber auch aus der Sicht der GbR sollen die Flächen nicht brachliegen. Im Gegenteil, die Mahd soll nach dem eigenen Vortrag des Klägers dazu dienen, der „Verunkrautung und Versteppung” und der „Überführung in Brachland” vorzubeugen, damit Qualität und Verkehrswert der Weiden für eine Nutzung durch anspruchsvolle Pferderassen erhalten bleibt. Selbst wenn – wozu weder Feststellungen noch Beteiligtenvorbringen vorliegen – die Mahd nur einmal im Jahr und zudem zu einem für die Qualität des Heus ungünstigen Zeitpunkt erfolgte sowie dessen Wert nicht größer wäre als der Arbeitsaufwand zu seiner Gewinnung, würde die landwirtschaftliche Nutzung nicht ruhen, weil selbst die Bewirtschaftung von Geringstland iS des Bewertungsgesetzes oder die extensive Nutzung von Grünland nach § 1 Abs 4 FSV nicht einer Stillegung gleichzusetzen sind.

b) Die fraglichen Flächen können auch nicht iS des § 21 Abs 4 Satz 2 ALG iVm § 1 Abs 2 FSV als stillgelegt gelten. Nach Satz 1 der letztgenannten Vorschrift gilt als Stillegung einer landwirtschaftlich genutzten Fläche die Nutzung zu nichtlandwirtschaftlichen Zwecken, insbesondere zu Zwecken des Naturschutzes und der Landschaftspflege, wenn

  1. die landwirtschaftliche Nutzung ruht, indem die Fläche insbesondere nicht zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse genutzt wird und
  2. bei der Verwendung für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege neben den Verpflichtungen nach § 3 Abs 2 die besonderen Verpflichtungen erfüllt werden, die den Zielen des Naturschutzes und der Landespflege dienen und die gegenüber der nach Landesrecht hierfür zuständigen Behörde übernommen worden sind.

Nach Satz 2 aaO gilt es nicht als landwirtschaftliche Nutzung, wenn auf der stillgelegten Fläche Tätigkeiten verrichtet werden, die auf öffentlich-rechtlichen Pflichten, insbesondere nach Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft, nach § 3 oder nach Landesrecht, beruhen.

Bereits die Verordnungsermächtigung des § 22 ALG zeigt den Zielkonflikt auf, den es mit § 1 Abs 2 und § 3 FSV zu lösen galt. Einerseits sollte sichergestellt werden, daß die landwirtschaftliche Nutzung auch tatsächlich ruht, andererseits sollten zulässige Pflegemaßnahmen unter Beachtung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Raumordnung nicht ausgeschlossen sein. Es konnte auf die Erfahrungen mit der Vorgängerregelung, der StillV vom 14. Juni 1989 (BGBl I 1095) zurückgegriffen werden. Die StillV umschrieb in ihrem § 1 Abs 2 in enger Anlehnung an die Grundsätze, wie sie im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” für diesen Bereich zwischen Bund und Ländern abgestimmt worden sind (Begründung zu § 1 Abs 2 StillV, BR-Drucks 209/89 vom 20. April 1989, S 4), die Rechte und Pflichten des Leistungsempfängers, der Flächen brachlegt. Diese Regelungen führt mit unerheblichen Änderungen § 3 FSV fort. Auch ein Bundesgesetz hat den Katalog weitgehend übernommen (vgl § 2 Abs 3 und 4 des für die Durchführung der Verordnung ≪EWG≫ Nr 797/85 erlassenen Flächenstillegungsgesetzes 1991 ≪StillG 1991≫ vom 22. Juli 1991, BGBl I 1582).

Es kann dahingestellt bleiben, ob allein nach § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 FSV iVm der hierzu geltenden Ausnahmeregelung des Satzes 2 aaO die hier fragliche Nutzung der Weiden rentenunschädlich wäre. Denn die – kumulativ zu erfüllenden – Voraussetzungen des Satzes 1 Nr 2 aaO liegen nicht vor. In § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 FSV wird, wie aufgezeigt, neben der Erfüllung der Verpflichtungen nach § 3 Abs 2 FSV (der wiederum auf die allerdings nur entsprechende Anwendung des in § 3 Abs 1 FSV aufgestellten Katalogs verweist) die Erfüllung der besonderen Verpflichtungen vorausgesetzt, die den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen und die gegenüber der nach Landesrecht hierfür zuständigen Behörde übernommen worden sind. Zumindest daran fehlt es jedoch. Denn weder ist eine Verpflichtung iS des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 FSV gegenüber einer nach Landesrecht für die genannten Bereiche zuständigen Behörde übernommen worden noch liegt überhaupt eine Entscheidung dieser Behörde iS des § 1 Abs 2 Satz 1 FSV vor. Als eine solche Entscheidung können die dem LSG erteilten Auskünfte der Gemeinde- und der Kreisverwaltung nicht gewertet werden.

c) Schließlich kann auch der Regelung des § 3 FSV nicht entnommen werden, daß die regelmäßige Mahd und die Abfuhr des Heus für den Rentenanspruch des Klägers unschädlich sind. Im Gegenteil ist nach § 3 Abs 1 Nr 5 FSV der Empfänger einer Rente aus der Alterssicherung der Landwirte, der eine Fläche nach § 1 Abs 1 FSV stillegt (dies gilt nach § 3 Abs 2 FSV für Fälle des § 1 Abs 2 FSV entsprechend), ua verpflichtet, „den Aufwuchs der Flächen dort zu belassen”. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die wirtschaftliche Nutzung des Aufwuchses zu verhindern und sicherzustellen, daß jederzeit kontrollierbar die landwirtschaftliche Nutzung auch tatsächlich ruht. Allerdings läßt § 3 Abs 1 Satz 2 Nr 1 FSV bei der Brachlegung von Grünland eine Ausnahme zu, wenn Schnitt und Entfernung des Aufwuchses aus Gründen des Natur- oder Gewässerschutzes nach Abstimmung mit der nach Landesrecht für Natur- oder Gewässerschutz zuständigen Stelle notwendig sind. Weder der Schnitt noch die Entfernung des Aufwuchses sind aber nach der Auskunft der unteren Naturschutzbehörde notwendig, sei es nach Bundes- oder nach Landesrecht (s § 11 Bundesnaturschutzgesetz, §§ 8 und 9 Landespflegegesetz des Landes Rheinland-Pfalz ≪LPflG≫ idF vom 5. Februar 1979, GVBl S 36, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Juni 1994, GVBl S 280). Im übrigen muß die Abstimmung mit der Naturschutzbehörde stattgefunden haben, ehe entgegen § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 5 FSV die Mahd durchgeführt und das Mähgut entfernt wird. Bei einem anderen Ablauf wird der Zweck der Regelung unterlaufen.

Aus § 3 Abs 1 Satz 2 Nr 1 FSV ergibt sich freilich nicht, daß nach § 3 Abs 1 Satz 1 Nr 5 FSV der Empfänger einer Rente, der eine Fläche stillegt, auch den Schnitt zu unterlassen hat. Geboten ist lediglich, „den Aufwuchs der Flächen dort zu belassen”, womit zwar der Abtransport (von dort) und eine Verwertung in jeglicher Form untersagt, es jedoch durchaus erlaubt ist, die Flächen zu mähen, das Mähgut sichtbar am Rande zu deponieren und verrotten zu lassen, damit die Stillegung kontrolliert werden kann. Es wird nicht gefordert, den Aufwuchs „breitflächig” auf der Fläche zu belassen (so aber § 17 Abs 4 Flächenzahlungs-Verordnung vom 6. Januar 2000, BGBl I 15). Diese Auslegung deckt sich mit den Zielen des Natur- und Landschaftsschutzes, sie ist sinnvoll (Auskunft der Gemeinde Haßloch) und wünschenswert (Auskunft der Unteren Naturschutzbehörde), denn ohne die Mahd würde sich Strauchbewuchs einstellen, bestimmte Gras- und Kräuterpflanzen würden verdrängt und letztlich Grünland in einen Gehölzbestand umgewandelt. Die regelmäßige Mahd beugt einem Eingreifen der Landespflegebehörde nach den §§ 8 und 9 LPflG vor. Ein entsprechendes Vorgehen könnte im übrigen auch dem Interesse der GbR iL dienen. Wenn die Flächen gemäht werden und das Mähgut am Rand der Flächen deponiert würden, könnten die standorttypischen Gräser einer Pferdeweide erhalten bleiben; der befürchtete Verlust des Substanzwertes der Grundstücke, der enteignenden Charakter haben bzw gegen das Übermaßverbot verstoßen könnte, träte dann nicht ein. Die in der gutachterlichen Stellungnahme der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt Speyer vom 12. Dezember 1996 geäußerten Befürchtungen gelten nur für den Fall, daß die Weidefläche zwar gemäht wird, aber der Aufwuchs auf der Fläche breitflächig liegen bleibt oder gemulcht wird. Ähnlich hat das Verwaltungsgericht (VG) Gießen, zwar nicht zur FSV, jedoch zu einer gleichlautenden Förderrichtlinie argumentiert (Urteil vom 20. März 1998, Az 10 E 1638/96 (4), RdL 1999, 75 ff). Auch der Gesamtverband der Landwirtschaftlichen Alterskassen vertritt keine abweichende Meinung (GLA-Kommentar, § 22 ALG 2.7). Die GbR iL hatte es deshalb seit Januar 1995 in der Hand, die Voraussetzungen für das Altersgeld des Klägers zu erfüllen, notfalls unter Inkaufnahme der Kosten, die für das Mähen und Deponieren am Rande der Flächen anfallen.

d) Die Voraussetzungen, welche die Gesamtregelung der §§ 21 und 22 ALG iVm der FSV an eine Flächenstillegung stellt, sind verfassungsrechtlich mit Blick auf die Art 2, 3, 12 und 14 GG nicht zu beanstanden. Zwar setzt der Rentenanspruch des Klägers aus seiner Sicht unwirtschaftliche Aufwendungen voraus: Will er die mögliche Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen als Pferdeweide sichern, muß – gegen Bezahlung – gemäht und das Mähgut deponiert werden, obwohl der gleiche Effekt kostenlos erreicht werden könnte, wenn einem Dritten das Mähgut zur Verwertung überlassen würde. Letzteres ist aber eine landwirtschaftliche Nutzung, die der Stillegung der Flächen und damit dem Rentenanspruch entgegensteht. Diese Abgrenzung ist durch die FSV gemäß der Ermächtigungsnorm und im Einklang mit dem GG vorgenommen worden. Abgesehen von der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Bindung des Rentenanspruchs an die „Abgabe” – dies ist bereits durch die angeführte Rechtsprechung des BVerfG überprüft – werden durch die neue Abgabeform der Flächenstillegung keine weiteren unverhältnismäßigen, sachlich nicht gerechtfertigten, unzumutbaren oder die allgemeine Handlungsfreiheit verletzenden Einschränkungen normiert. Im Gegenteil, die Härten, die mit der bisherigen strikten Bindung der Rente an den Eigentumsübergang oder die Abgabeformen des § 2 Abs 3 Satz 2 GAL verbunden waren, werden abgemildert. Landwirte, die keine Käufer oder Pächter vor allem für die Restflächen finden, können nunmehr die Rentenvoraussetzungen auch dann erfüllen, wenn sie diese Flächen stillegen; der Senat kann offen lassen, ob eine derartige Stillegung nicht sogar noch durch Programme der Europäischen Union, des Bundes oder der Länder gefördert werden könnte, womit uU sogar weitere Einkünfte erzielt würden. Eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung ergibt sich schließlich nicht daraus, daß die Nutzung der Weiden in der hier fraglichen Form aus dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes als „sinnvoll” oder „wünschenswert” erscheint. Denn landschaftspflegerisch sinnvoll oder wünschenswert kann auch eine unstreitig landwirtschaftliche Nutzung (hier: etwa, wie früher, als Pferdeweide) sein; eine solche kann aber nicht schon aus diesem Grunde rentenunschädlich sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 557836

DStR 2001, 1580

FA 2001, 192

SozR 3-5868 § 21, Nr. 3

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