Ob die vom Arbeitnehmer ausgewählte Weiterbildungsveranstaltung den jeweiligen gesetzlichen Leitvorgaben entspricht und damit für eine Bildungsfreistellung in Betracht kommt, ist vielfach Gegenstand von arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen, da es sich bei Zielen wie "berufliche Weiterbildung" oder "politische Weiterbildung" (vgl. § 1 Abs. 2 AWBG) um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt[1], die nicht durch einen fest umrissenen Sachverhalt ausgefüllt werden, sondern der Rechtsanwendung im Einzelfall bedürfen. Die behördliche Anerkennung der vom Arbeitnehmer ausgewählten Weiterbildungsveranstaltung als Bildungsfreistellungsmaßnahme schließt es nicht aus, dass vom Arbeitgeber in einem gerichtlichen Verfahren die thematisch umstrittene Bildungsveranstaltung hinsichtlich ihrer inhaltlichen Geeignetheit überprüft werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Anerkennungsbescheiden nach den Bildungsurlaubsgesetzen der Länder Nordrhein-Westfalen[2], Hessen[3] und der Freien und Hansestadt Hamburg[4] ist die Anerkennung einer Bildungsveranstaltung durch die zuständige Behörde nur ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal. Sie ersetzt nicht die verfassungsrechtlich gebotene Rechtskontrolle des Inhalts der Bildungsveranstaltung durch ein Gericht.[5] Die Anerkennung begründet deshalb keine tatsächliche Vermutung, dass die Bildungsveranstaltung den im jeweiligen Landesgesetz genannten Zwecken der Weiterbildung dient.[6]

In der Praxis sorgen vor allem Sprachkurse für Streit. So diente ein Schwedisch-Sprachkurs, für den ein als Ingenieur beschäftigter Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Bildungsurlaub nach dem AWBG geltend gemacht hatte, nach Auffassung des BAG nicht der beruflichen Weiterbildung i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 AWBG, da ein hinreichender Bezug der vermittelten Kenntnisse über schwedische Sprache, Gesellschaft und Kultur zur Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht erkennbar war.[7] Das BAG hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass ein hinreichender Bezug zur beruflichen Tätigkeit eine Kontinuität in der Verwendung der Sprache in der beruflichen Tätigkeit erfordert. In einer weiteren Entscheidung zum AWBG hat das BAG verlangt, dass bei dem Erwerb von Sprachkenntnissen als berufliche Weiterbildung die Sprachkenntnisse für den ausgeübten Beruf einen objektiv nachvollziehbaren oder fördernden Bezug ausweisen müssen. Dagegen genüge es nicht, dass Sprachkenntnisse allgemein als sogenannte Schlüsselqualifikation angesehen würden.[8]

In einem Urteil zum Hamburgischen Bildungsurlaubsgesetz[9], welches im Gegensatz zu § 1 Abs. 2 AWBG NW a. F. als Zweck der beruflichen Weiterbildung ausdrücklich auch die Förderung der beruflichen Mobilität der Arbeitnehmer anerkennt, hat das BAG darauf hingewiesen, dass ein Sprachkurs die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, wenn der Arbeitnehmer die vermittelten Kenntnisse zwar nicht für seine gegenwärtige Arbeitsaufgabe benötige, der Arbeitgeber aber grundsätzlich Wert auf Arbeitnehmer mit Sprachkenntnissen lege und entsprechende Tätigkeitsbereiche bestünden. In dem entschiedenen Fall kam das BAG zu dem Ergebnis, dass der von einer Bankkaufrau besuchte Sprachkurs "Spanisch-Mittelstufe" ihrer beruflichen Weiterbildung i. S. d. Hamburgischen Weiterbildungsgesetzes diente. Bei einem Flugbegleiter, der für die Sprachkurse "Spanisch für Anfänger I und II" Bildungsurlaub nach dem AWbG NW verlangte, hat das BAG entschieden[10], dass die Sprachkurse berufliche Arbeitnehmerweiterbildung i. S. v. § 1 Abs. 1 bis 3 AWbG NW seien; die Nützlichkeit von Kenntnissen der spanischen Sprache in der Tätigkeit als Flugbegleiter werde durch das Übergewicht der englischen Sprache im internationalen Flugverkehr nicht ausgeschlossen.

Dagegen hat das BAG in einer weiteren Entscheidung zum Hamburgischen Weiterbildungsgesetz[11] einem Spanisch-Intensivkurs für Anfänger in Cancun/Mexiko, für den ein Organisations-Programmierer Anspruch auf bezahlte Freistellung haben wollte, die Anerkennung versagt. Das BAG hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass über die gegenwärtige Arbeitsaufgabe hinaus lediglich die gegenwärtigen und künftigen Arbeitsmöglichkeiten in anderen Betrieben des Unternehmens oder Konzerns einzubeziehen seien. Der Arbeitgeber sei indessen nicht verpflichtet, einem Arbeitnehmer berufliche Zusatzqualifikationen zu verschaffen, die – wie im vorliegenden Fall – ausschließlich für einen Stellenwechsel zu einem anderen Arbeitgeber nützlich seien.

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