2.1 Bundesrecht

Die Bundesrepublik Deutschland hat 1976 das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 24.6.1974 über den bezahlten Bildungsurlaub (BGBl. II S. 1526) ratifiziert. Die das Übereinkommen ratifizierenden Mitgliedstaaten haben danach eine Politik festzulegen und durchzuführen, die notfalls schrittweise die Gewährung von bezahltem Bildungsurlaub fördert. Allerdings ist eine Umsetzung dieser völkerrechtlichen Verpflichtung in eine abschließende bundesgesetzliche Regelung bislang nicht erfolgt. Bei den bestehenden bundesrechtlichen Vorschriften, die eine Freistellung und Entgeltfortzahlung für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen regeln, handelt es sich um Normen, die sich an andere Adressaten richten oder andere Regelungsgegenstände als den allgemeinen Bildungsurlaub für alle Arbeitnehmer zum Inhalt haben. Hierzu zählen:

  • § 37 Abs. 6 und § 37 Abs. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

    • § 37 Abs. 6 BetrVG gewährt einen kollektiven Anspruch des Betriebsrats auf bezahlte Freistellung eines Betriebsratsmitglieds für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderliche Kenntnisse vermitteln.
    • § 37 Abs. 7 BetrVG gibt jedem einzelnen Betriebsratsmitglied einen zusätzlichen, individuellen Anspruch auf bezahlte Freistellung für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes als geeignet anerkannt sind, ohne Rücksicht auf seinen konkreten Wissensstand.[1]

    Gemäß § 65 Abs. 1 BetrVG finden die §§ 37 Abs. 6 und 37 Abs. 7 BetrVG für die Jugend- und Auszubildendenvertretung entsprechende Anwendung.

  • § 54 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG)

    Die Ansprüche von Mitgliedern des Personalrats auf Freistellung von der Arbeit für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen sind in § 54 BPersVG geregelt. § 54 Abs. 1 entspricht im Wesentlichen § 37 Abs. 6 BetrVG, § 454 Abs. 2 entspricht weitestgehend § 37 Abs. 7 BetrVG.

    Gemäß § 105 Satz 1 BPersVG findet § 54 BPersVG für die Jugend- und Auszubildendenvertretung entsprechende Anwendung.

  • § 179 Abs. 4 SGB IX (= § 96 Abs. 4 SGB IX a. F.)

    § 179 Abs. 4 SGB IX bestimmt, dass Vertrauenspersonen unter Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen freigestellt werden. Voraussetzung ist, dass dort Kenntnisse vermittelt werden, die für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sind (Satz 3).

2.2 Landesrecht

Dadurch, dass der Bundesgesetzgeber das Recht der Arbeitnehmerweiterbildung bisher nicht abschließend geregelt hat, besitzen die Bundesländer die Gesetzgebungskompetenz, die Arbeitnehmerweiterbildung zu regeln (Art. 70, Art. 72 Abs. 1 und Art. 74 Nr. 12 GG).[1] Von dieser Möglichkeit haben die Bundesländer – bis auf Bayern und Sachsen – wie folgt Gebrauch gemacht:

Die vorstehend aufgeführten Gesetze – im Folgenden "Bildungsurlaubsgesetze" genannt – enthalten für Arbeitnehmer trotz etwas unterschiedlichem Regelungsgehalt jeweils einen Anspruch auf bezahlten Bildungsurlaub.

Generell wird – meist aus Unwissenheit oder um das Verhältnis zum Arbeitgeber nicht zu belasten – das Recht auf Bildungsurlaub nur von einem kleinen Teil der berechtigten Arbeitnehmer überhaupt wahrgenommen – schätzungsweise nur ca. 1 bis 2 % der Arbeitnehmer können sich für die Teilnahme an einer Weiterbildungsveranstaltung erwärmen, denn Bildung kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Bei den Arbeitgebern hält sich die Begeisterung über den "Extra-Urlaub" – ungeachtet seiner geringen Inanspruchnahme – ebenfalls in Grenzen. Einer der möglichen Gründe besteht darin, dass der Arbeitgeber die staatlich verordnete bezahlte Freistellung ablehnt, weil er auch Jahrzehnte nach Einführung der Arbeitnehmerweiterbildung d...

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