Die Arbeitnehmervertretung soll dort eingerichtet werden, wo die maßgeblichen Entscheidungen getroffen werden – "in gleicher Augenhöhe mit den Geschäftsleitungen". Deshalb sollen auch tarifvertragliche Vereinbarungen zur Errichtung von Sparten- und Filialbetriebsräten oder unternehmenseinheitlichen Betriebsräten möglich sein (Vereinbarungslösungen). Zur Schaffung dieser Grundlagen wurde § 3 BetrVG umgestaltet.

Die Vorschrift gibt in fünf Fällen den Tarifvertragsparteien ohne das frühere staatliche Genehmigungserfordernis die Möglichkeit, durch Tarifverträge das Organisationsrecht der Betriebsverfassung abzuändern. Wenn kein Tarifvertrag gilt, sind die Änderungen – mit Ausnahme der Nr. 3 – auch durch Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat möglich (§ 3 Abs. 2 BetrVG).

Nach Nr. 1 kann/können

  • in Unternehmen mit mehreren Betrieben ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet werden oder
  • mehrere Betriebe zu einem einheitlichen Betrieb zusammengefasst werden, wenn dadurch die Bildung von Betriebsräten erleichtert bzw. eine sachgerechte Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen ermöglicht wird.

Nach Nr. 2 können Spartenbetriebsräte in Unternehmen errichtet werden, die nach produkt- oder projektbezogenen Geschäftsbereichen organisiert sind und in denen die Leitung der Sparte auch in solchen Angelegenheiten entscheidet, in denen der Betriebsrat zu beteiligen ist.[1] Voraussetzung ist, dass die Spartenlösung der sachgerechten Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats dient, also nur dann, wenn die "Spartenleitung" tatsächlich die für die Arbeitnehmer relevanten Entscheidungen trifft.

Nach Nr. 3 kann eine andere Arbeitnehmervertretungsstruktur auch errichtet werden, "soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient". Es können Arbeitnehmervertretungen geschaffen werden, die nicht mehr an ihren Unternehmensträger anknüpfen, sondern sogar verschiedenen Unternehmen angehören, die noch nicht einmal in einem Konzernverbund i. S. des § 18 Abs. 1 AktG (Unterordnungskonzern) stehen müssen.

Des Weiteren können nach Nr. 4 zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Gremien (Arbeitsgemeinschaften) gebildet werden, die der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit von Arbeitnehmervertretungen dienen, so z. B. zur Förderung der Zusammenarbeit von Betriebsräten aus Unternehmen oder Konzernen einer bestimmten Region zum Erfahrungsaustausch.

Nach Nr. 5 können zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen der Arbeitnehmer bestimmter Beschäftigungsarten oder Arbeitsbereiche geschaffen werden, wenn dadurch eine zweckmäßigere Gestaltung der Zusammenarbeit des Betriebsrats mit den Arbeitnehmern ermöglicht wird.

Insbesondere durch die Errichtung von zusätzlichen Gremien des Betriebsrats nach Nr. 4 und 5 entsteht eine erhebliche weitere Kostenbelastung des Arbeitgebers (Teilnahme an Sitzungen, Reisekosten usw.).

[1] BR-Drucksache 140/01, S. 74.

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