Mit dem 69. Tarifvertrag zur Änderung des BAT vom 25.4.1994 sowie dem 77. Änderungs-TV vom 29.10.2001 haben die Tarifvertragsparteien die Vorschriften zur Berechnung der Beschäftigungszeit bei Teilzeitkräften in wesentlichen Punkten geändert.

Seit 1.5.1994 werden Teilzeitbeschäftigungen bei Berechnung der Beschäftigungszeit grundsätzlich in vollem Umfang angerechnet. Bis zum 31.12.2001 bleiben nach dem Tarifwortlaut jedoch Zeiten einer Tätigkeit i. S. d. § 3 Buchst. n BAT a. F., also Zeiten, in denen der Angestellte nur geringfügig beschäftigt war, unberücksichtigt. Die Tarifregelung ist jedoch unwirksam (Einzelheiten siehe unten). Des Weiteren wurden in Übergangsvorschriften komplizierte Sonderregelungen zur Berechnung der Beschäftigungszeit insbesondere für die Zeit vor dem 1.5.1994 geschaffen.

Zeiten ab dem 1.1.2002

Bei Berechnung der Beschäftigungszeit werden ab 1.1.2002 Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung – auch Zeiten einer nur geringfügigen Beschäftigung – in vollem Umfang angerechnet. § 19 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT – der Ausschluss von Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung – wurde mit dem 77. Tarifvertrag zur Änderung des BAT vom 29.10.2001 ersatzlos gestrichen.

Zeiten zwischen dem 1.5.1994 und dem 31.12.2001

Nach § 19 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT (a. F.) werden bis zum 31.12.2001 in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis (§ 3n BAT) abgeleistete Zeiten bei Berechnung der Beschäftigungszeit nicht berücksichtigt. Die genannte Vorschrift wurde mit dem 77. Tarifvertrag zur Änderung des BAT vom 29.10.2001 ersatzlos gestrichen.

Dennoch sollen nach dem Tarifwortlaut vor dem 1.1.2002 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung verbrachte Zeiten bei Berechnung der Beschäftigungszeit unberücksichtigt bleiben.

 
Wichtig

Nach dem Wortlaut der – zwischenzeitlich von der Rechtsprechung für unwirksam erklärten – Übergangsvorschrift in § 4 Abs. 1 des 77. Tarifvertrags zur Änderung des BAT werden geringfügige Beschäftigungen i. S. d. § 8 SGB IV bei Berechnung der Beschäftigungszeit, der Dienstzeit, der Bewährungszeit oder der Zeit einer Tätigkeit nur berücksichtigt, soweit sie nach dem 31.12.2001 zurückgelegt worden sind.

Die Übergangsvorschrift sollte aufwendige Berechnungen für vergangene Zeiträume vermeiden und klarstellen, dass geringfügig Beschäftigte hinsichtlich der Beschäftigungs- und Dienstzeit sowie der Einordnung in das Vergütungssystem wie Neueingestellte zu behandeln sind.

 
Praxis-Tipp

Die Übergangsvorschrift zur Nichtanrechnung von vor dem 1.1.2002 liegenden Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung i. S. d. § 8 SGB IV bei der Beschäftigungszeit verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG und ist deshalb unwirksam.[1]

Das auch für tarifvertragliche Regelungen geltende Benachteiligungsverbot erfasst alle Formen der Teilzeitbeschäftigung, auch geringfügige Beschäftigungen i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV. Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung erst ab dem Inkrafttreten des 77. Änderungs-TV am 1.1.2002 als Beschäftigungszeit nach § 19 Abs. 1 BAT zu berücksichtigen.

Die Ungleichbehandlung kann – entgegen der Annahme des LAG – nicht darauf gestützt werden, dass in früheren Zeiten geringfügige Beschäftigungen dazu gedient hätten, "einer über ihren Ehemann sozial abgesicherten Hausfrau … die Möglichkeit einer auswärtigen Beschäftigung und eines Hinzuverdienstes zu eröffnen", weshalb die Anwendung des BAT auf dieses Arbeitsverhältnis nicht geboten gewesen sei. Auch die Argumentation, der geringfügig Beschäftigte sei auf die Ausübung der Tätigkeit zur Sicherung der Existenzgrundlage nicht angewiesen, kann die fehlende Anrechnung nicht begründen. Im Arbeitsverhältnis gilt nicht das Alimentationsprinzip.[2] Des Weiteren kommt die besondere steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung geringfügig Beschäftigter – die öffentlich-rechtliche und zum Teil auch arbeitsmarktpolitische Zwecke verfolgt – als Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung bei den Arbeitsbedingungen nicht in Betracht.

Fazit:

Auch Zeiten der geringfügigen Beschäftigung vor dem 1.1.2002 gelten als Beschäftigungszeit i. S. v. § 19 Abs. 1 BAT und sind z. B. bei der Berechnung der Kündigungsfrist oder Feststellung der "Unkündbarkeit" nach § 34 TVöD bzw. § 53 BAT zu berücksichtigen.

Zeiten vor dem 1.5.1994

War ein Mitarbeiter bereits vor dem 1.5.1994 in Teilzeitarbeit beschäftigt, richtet sich die Berechnung der Beschäftigungszeit nach § 19 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT in der bis 30.4.1994 geltenden Fassung. Denn nach der Übergangsvorschrift in § 4 des 69. Änderungstarifvertrags vom 25.4.1994 bleibt die vor dem 1.5.1994 erreichte Beschäftigungszeit grundsätzlich unberührt.

  • Ohne Änderung der Arbeitszeit

    Liegen Arbeitszeitänderungen nicht vor, ergeben sich keine Besonderheiten: Auch nach der früheren Regelung waren Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung – sofern diese die Grenze des § 3 Buchst. n BAT überschritten[3] – grundsätzlich in vollem Umgang anrechenbar (§ 19 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 BAT a. F.).

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