Nach § 34 Abs. 3 Satz 1 TVöD werden als Beschäftigungszeit auch Zeiten in einem früheren Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber angerechnet. Das Arbeitsverhältnis muss nicht "ununterbrochen" bestanden haben.

 
Hinweis

Wird ein Mitarbeiter, der bereits zu einem früheren Zeitpunkt z. B. in einem befristeten Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stand, nach einer Unterbrechung erneut eingestellt, so ist auch die Zeit im früheren Arbeitsverhältnis Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TVöD.

Im Gegensatz zu der bis 30.9.2005 im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes gültigen Regelung ist dabei unerheblich, aus welchem Grund (Befristung, Auflösungsvertrag, Kündigung) der Mitarbeiter aus dem früheren Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.

Die Zeit der Unterbrechung als solche zählt grundsätzlich nicht als Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 1 TVöD (näher unten). Ggf. erfolgt jedoch eine Anrechnung der zwischen dem früheren und dem heutigen Arbeitsverhältnis liegenden Zeit nach § 34 Abs. 3 Satz 3 oder 4 wegen Wechsel von einem anderen TVöD-Arbeitgeber oder Wechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes (näher hierzu unten Ziffer 2.2).

Liegt ein früheres Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber vor, so ist nicht erforderlich, dass der TVöD bzw. bis 30.9.2005 der BAT/BAT-O oder der entsprechende Arbeitertarifvertrag auf dieses Beschäftigungsverhältnis tatsächlich angewendet wurde. Nach einer Entscheidung des BAG[1] zum BAT ist ein früheres Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber grundsätzlich auch dann auf die Beschäftigungszeit anzurechnen, wenn dieses Arbeitsverhältnis aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrags ausgenommen war.

 
Praxis-Beispiel

Eine Mitarbeiterin war im Jahr 2011 zunächst befristet für die Dauer von zwei Monaten als Aushilfe im Rahmen einer sozialversicherungsfreien kurzfristigen Beschäftigung angestellt. Einige Monate nach ihrem Ausscheiden wird eine Stelle im selben Unternehmen/in derselben Einrichtung frei, und die Mitarbeiterin erhält einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Der Tarifvertrag findet nach § 1 Abs. 2 Buchst. m TVöD keine Anwendung auf kurzfristig im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV beschäftigte Arbeitnehmer. Dennoch ist die Dauer der sozialversicherungsfreien Beschäftigung – als "in einem Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber" verbrachte Zeit – auf die Beschäftigungszeit anzurechnen.

Die Zeit der Unterbrechung rechnet nicht als Beschäftigungszeit.

Streitig ist dies lediglich für den Fall der Wiedereinstellung einer Mitarbeiterin, die ihr Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 MuSchG während der Schwangerschaft bzw. während der Schutzfrist nach der Entbindung ohne Einhaltung einer Frist zum Ende der Schutzfrist gekündigt hat und innerhalb eines Jahrs nach der Entbindung in ihrem bisherigen Betrieb wieder eingestellt wird. In diesem Fall gilt das Arbeitsverhältnis für die Berechnung der Beschäftigungszeit "als nicht unterbrochen", vorausgesetzt, die Mitarbeiterin war nicht in der Zwischenzeit bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt (§ 10 Abs. 2 MuSchG). Ob dabei auch die Unterbrechungszeit als Beschäftigungszeit zu werten ist, ist strittig.[2] Teilweise wird mit Hinweis auf den Wortlaut der Vorschrift – das Arbeitsverhältnis gelte "als nicht unterbrochen" – vertreten, auch die Zeit der Unterbrechung zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen sei als Beschäftigungszeit anzuerkennen.[3] Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Norm soll lediglich eine Verschlechterung der Rechtsposition der Mutter verhindern, nicht jedoch vorher noch nicht bestehende Rechte – wie z. B. die Erfüllung der Wartezeit für den allgemeinen Kündigungsschutz – durch die Unterbrechungszeit begründen.[4] Auch wenn die Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 3 TVöD nicht für die Berechnung der Wartezeit nach KSchG maßgebend ist (näher oben, Ziffer 1), gelten die letztgenannten Erwägungen in gleicher Weise für die Festsetzung der Beschäftigungszeit im TVöD, die beispielsweise maßgebend ist für die Dauer der Kündigungsfrist und – im Tarifgebiet West – den Ausschluss der ordentlichen Kündigung sowie den Anspruch auf Krankengeldzuschuss.

Somit kommt der Vorschrift in § 10 Abs. 2 MuSchG bei Geltung des TVöD keine praktische Bedeutung zu: Die Zeit bei demselben Arbeitgeber wird – auch wenn das Arbeitsverhältnis unterbrochen ist – in einem späteren Arbeitsverhältnis bereits aufgrund der tariflichen Regelung in § 34 Abs. 3 Satz 1 als Beschäftigungszeit berücksichtigt.

[2] Vgl. zum Meinungsstreit: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 10 MuSchG, Rdn. 5 mit zahlreichen Nachweisen.
[3] So z. B. Sponer/Steinherr/Matiaske u. a., TVöD-Kommentar, § 34 Rn. 156, wonach "das frühere Arbeitsverhältnis sowie die Zeit der Unterbrechung auf die Beschäftigungszeit anzurechnen" sei; Breier/Dassau/Kiefer u. a., TVöD-Kommentar, § 34 Rn. 53.
[4] So zutreffend: Schlachter in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 10 MuSchG, Rdn. 5.

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