Die Frage der Beteiligung der Personalvertretung im Rahmen von Rufbereitschaft wurde zunächst durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) für Betriebsräte anders beurteilt als durch die Verwaltungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht für Personalräte.

Nach der Rechtsprechung des BAG, das für das Betriebsverfassungsrecht und das Recht der Betriebsräte zuständig ist, unterliegt die Anordnung von Rufbereitschaft der Mitbestimmung des Betriebsrats (§ 87 I Nr. 2 und 3 BetrVG).[1] Die Arbeits- und Landesarbeitsgerichte haben regelmäßig entsprechend entschieden.[2]

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), zuständig für das Personalvertretungsrecht und das Recht der Personalräte, hat dagegen bislang stets die Meinung vertreten, dass die Anordnung von Rufbereitschaft nicht der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt. Rufbereitschaft ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Arbeitszeit. Anders als Bereitschaftsdienstzeit und Arbeitsbereitschaft bzw. Bereitschaftszeit zählt die Rufbereitschaft begrifflich nicht zur Arbeitszeit, sondern zur Ruhezeit nach § 5 ArbZG. Ordnet der Arbeitgeber Rufbereitschaft an, wäre das folglich und logisch konsequent keine Arbeitszeitanordnung. Demnach sind nach Auffassung des BVerwG die Mitbestimmungsrechte des Personalrats hinsichtlich der Arbeitszeit (z. B. Art. 75 IV Nr. 1 BayPVG) nicht betroffen.[3]

Mit Beschluss vom 4.9.2012[4] hat das BVerwG seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Diese neue, grundlegende Entscheidung führt nun zu einem Gleichklang hinsichtlich der Mitbestimmungstatbestände im Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht. Hiernach gilt nun für die Beteiligung der Personalvertretung Folgendes: Die Anordnung von Rufbereitschaft unterliegt der (erzwingbaren) Mitbestimmung der Personalvertretung, in Bayern z. B. nach Art. 74 IV Nr. 1 BayPVG, wonach der Personalrat mitzubestimmen hat über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (die übrigen Personalvertretungsgesetze der Länder und des Bundes beinhalten i. d. R. entsprechende Bestimmungen). Werden Zeiten von Rufbereitschaft festgelegt, so berührt das die Interessen der Beschäftigten in vergleichbarer Weise wie die Festlegung der Arbeitszeiten. Ist ein Beschäftigter zur Rufbereitschaft verpflichtet, ist er hierdurch in der Gestaltung seiner Freizeit beschränkt. Er muss ständig erreichbar sein. Tariflich ist die Rufbereitschaft deshalb auch als Sonderform der Arbeit gekennzeichnet. Nach § 6 Abs. 5 TVöD sind Beschäftigte u. a. zur Leistung von Wechselschicht- und Schichtarbeit sowie zu Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet. Es ist schwer nachvollziehbar, warum hier in allen Fällen, außer bei Anordnung von Rufbereitschaft, eine Mitbestimmungspflicht der Personalvertretung bestehen soll. Auch wenn Rufbereitschaft keine Arbeitszeit im Sinne des gesetzlichen Arbeitszeitbegriffs ist, so ist sie qualitativ doch etwas anderes als reine Ruhezeit. Dies rechtfertigt nach Ansicht des BVerwG die Tatsache, zumindest die Anordnung dieser Sonderform von Arbeit einer Überwachung durch die Personalvertretung zuzuführen.

Aus der vorgenannten aktuellen Entscheidung des BVerwG zur Mitbestimmungspflicht bei Anordnung von Rufbereitschaft ergibt sich allerdings nicht, dass ein entsprechendes Beteiligungsrecht der Personalvertretung auch bei der Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft, mithin bei den einzelnen Arbeitseinsätzen besteht. Mitbestimmungspflichtig ist "nur" die Anordnung von Rufbereitschaft bzw. die Aufstellung von Rufbereitschaftsplänen. Der Abruf zum Arbeitseinsatz innerhalb der Rufbereitschaft bleibt mitbestimmungsfrei.

[2] Siehe z. B. LAG Hamm, Beschluss v. 22.8.2008, 10 TaBVGa 117/08.
[3] Siehe dazu BVerwG, Beschluss v. 26.4.1988 und BVerwG, Beschluss v. 2.9.1988.
[4] BVerwG, Beschluss v. 4.9.2012, 6 P 10.11.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge