Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariflicher Urlaubsanspruch. Öffentlicher Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Arbeitnehmer nach § 53 Abs 1 Unterabs 2 MTB II den Urlaub bis zum 30. April des auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres angetreten und erkrankt er nach diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig, hindert das nicht den Verfall des Urlaubsanspruchs für die wegen der Krankheit nicht anzurechnenden Urlaubstage.

 

Normenkette

BUrlG §§ 13, 9; Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) i.d.F. des 38. Änderungstarifvertrags §§ 52-53

 

Verfahrensgang

LAG Nürnberg (Urteil vom 22.06.1988; Aktenzeichen 3 Sa 143/88)

ArbG Weiden (Urteil vom 28.01.1988; Aktenzeichen 3 Ca 450/87)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 22. Juni 1988 – 3 Sa 143/88 – aufgehoben.
  • Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden i.d.OPf. vom 28. Januar 1988 – 3 Ca 450/87 – abgeändert:

    Die Klage wird abgewiesen.

  • Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit 1. September 1979 als Elektriker bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft Organisationszugehörigkeit der Parteien der Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) in der jeweils maßgeblichen Fassung anzuwenden. § 52 MTB II i. d. F. des 38. Änderungstarifvertrags vom 9. Januar 1987 enthält u. a. folgende Regelung:

“ … § 52

Anrechnungsvorschriften

  • Erkrankt der Arbeiter während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Krankheitstage, an denen der Arbeiter arbeitsunfähig war, auf den Urlaub nicht angerechnet. Der Arbeiter hat sich jedoch nach planmäßigem Ablauf seines Urlaubs oder, falls die Krankheit länger dauert, nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zunächst dem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen. Der Antritt des restlichen Urlaubs wird dann erneut festgesetzt.
  • …”

In § 53 MTB II ist bestimmt:

“ … § 53

Erfüllung des Urlaubsanspruchs

  • Der Urlaub ist spätestens bis zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten.

    Kann der Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht angetreten werden, ist er bis zum 30. April des folgenden Urlaubsjahres anzutreten. Kann der Urlaub aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen, wegen Arbeitsunfähigkeit oder wegen der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz nicht bis zum 30. April angetreten werden, ist er bis zum 30. Juni anzutreten. War ein innerhalb des Urlaubsjahres für dieses Urlaubsjahr festgelegter Urlaub auf Veranlassung des Arbeitgebers in die Zeit nach dem 31. Dezember des Urlaubsjahres verlegt worden und konnte er wegen Arbeitsunfähigkeit nicht nach Satz 2 bis zum 30. Juni angetreten werden, ist er bis zum 30. September anzutreten.

  • …”

Mit Ablauf des 31. Dezember 1986 hatte der Kläger noch einen Resturlaubsanspruch von 13 Arbeitstagen. Diesen Urlaub setzte die Dienststelle des Klägers auf dessen Antrag mit Beginn vom 21. April bis zum 8. Mai 1987 fest. Der Kläger hat den Urlaub angetreten, ist jedoch am 4. Mai 1987 bis zum 31. Mai 1987 arbeitsunfähig erkrankt.

Am 26. Juni 1987 beantragte der Kläger bei der Beklagten schriftlich ohne Erfolg für die Zeit vom 29. Juni bis 3. Juli 1987 die Gewährung von fünf Urlaubstagen, die er infolge Krankheit nicht hatte nehmen können.

Mit seiner am 23. November 1987 zugestellten Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für das Jahr 1986 fünf weitere Urlaubstage als Ersatzurlaub zu gewähren. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht entgegen den Erwägungen der Vorinstanzen kein Urlaubsanspruch aus dem Jahre 1986 zu.

I. Das Arbeitsgericht, dem das Landesarbeitsgericht nach § 543 ZPO sich im Tatbestand und in der Begründung voll angeschlossen hat (vgl. dazu BAGE 33, 229 = AP Nr. 2 zu § 543 ZPO 1977), hat angenommen, der infolge der Krankheit nicht verwirklichte Urlaub von fünf Arbeitstagen sei dem Kläger über den 30. April 1987 hinaus erhalten geblieben, weil § 53 Abs. 1 MTB II keine auf den Antritt des Urlaubs zum 30. April des Folgejahres beschränkte Verfallfrist enthalte. Diese sei vielmehr insoweit gelockert, als bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeiters ein Antritt des Urlaubs auch noch bis zum 30. Juni zulässig sein solle.

II. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Mit ihr werden die in § 53 Abs. 1 Unterabs. 2 MTB II enthaltenen unterschiedlichen Befristungen nicht hinreichend auseinandergehalten.

Der (Rest-) Urlaub des Klägers, den er wegen seiner Erkrankung vom 4. Mai bis einschließlich 8. Mai 1987 nicht hat nehmen können, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen erloschen.

1. Mit dem Ablauf des Jahres 1986 hatte der Kläger gegen die Beklagte noch einen Resturlaubsanspruch von 13 Arbeitstagen, der nach § 53 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 MTB II bis zum 30. April 1987 anzutreten war. Dem ist der Kläger durch den für ihn auf den 21. April 1987 festgelegten Urlaubsantritt nachgekommen. Nach § 52 Abs. 3 Satz 1 MTB II werden zwar durch ärztliches Zeugnis nachgewiesene Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubs erkrankt ist. Dies kann aber für den Arbeitnehmer nur von Bedeutung sein, wenn die für den Urlaubsanspruch maßgebliche Befristung noch nicht erreicht ist. Als Befristungsende ist in § 53 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 MTB II der 30. April bestimmt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muß der Urlaub aus dem Vorjahr, der bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht angetreten werden konnte, angetreten werden. Das war für die dem Kläger wegen seiner Krankheit nicht anrechenbaren Urlaubstage nicht mehr möglich, weil er erst nach dem 30. April erkrankt ist.

2. Die in § 53 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 MTB II für den auf das Folgejahr übertragenen Urlaub weiter vorgesehene Befristung auf den 30. Juni kommt für den Urlaubsanspruch des Klägers nicht in Betracht, weil der Kläger nicht wegen seiner Arbeitsunfähigkeit den Urlaub bis zum 30. April 1987 nicht hat antreten können, sondern erst nach diesem Zeitpunkt erkrankt ist. Eine Möglichkeit, auch solche Urlaubsansprüche in einem weiteren befristeten Zeitraum nachzugewähren, ist im Tarifvertrag nicht vorgesehen.

 

Unterschriften

Michels-Holl, Dr. Leinemann, Dr. Peifer, Dr. Gaber, Mache

 

Fundstellen

Haufe-Index 841073

RdA 1990, 318

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