Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung einer Betriebsrente. maßgebliches Gehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Unregelmäßige und unterschiedliche Anhebung der Höchstgrenze des maßgeblichen Gehalts durch Neufassungen der Versorgungsbestimmungen;

Anrechnung der Sozialversicherungsrente unabhängig davon, zu welchem Sozialversicherungszweig und von welchem Arbeitgeber die Beiträge erbracht wurden.

Parallelfall zu 3 AZR 236/90

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Berechnung, § 5 Abs. 2; BGB §§ 157, 242, 315 Abs. 3; ZPO § 256 Abs. 1, § 308 Abs. 1 S. 1; AVG § 89 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 21.03.1990; Aktenzeichen 5 Sa 1212/89)

ArbG Köln (Urteil vom 18.08.1989; Aktenzeichen 12/9 Ca 9226/88)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. März 1990 – 5 Sa 1212/89 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Berechnung einer Betriebsrente.

Der am 1. Januar 1927 geborene Kläger ist seit dem 1. Mai 1962 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Geschäftsführer ihrer Betriebskrankenkasse gegen ein monatliches Arbeitsentgelt von über 8.000,– DM. In § 6 des Anstellungsvertrages vom 20. Dezember 1973 erteilte ihm die Beklagte folgende Versorgungszusage:

„Herrn K. wird gemäss der Pensionsordnung im C.-Konzern eine Altersversorgung zugesagt, wie sie sich nach den Richtlinien für die Pensionierung von gehobenen Angestellten errechnet.

Das Dienstalter rechnet ab 1. Mai 1962.”

Nach der (allgemeinen) Pensionsordnung wurde das Ruhegehalt mit jährlich 0,6 % des höchsten Tarifgehaltes ohne Anrechnung der Sozialversicherungsrente ermittelt. Die Bestimmungen für gehobene Angestellte vom 10. März 1972 enthielten folgende Regelungen:

„Es gilt grundsätzlich die Pensionsordnung des F.-Konzerns mit folgenden Abweichungen:

  1. Für jedes Dienstjahr werden 1,6 % des für die Pension anrechnungsfähigen Einkommens zugrundegelegt.
  2. Die Wartezeit beträgt 10 Jahre.
  3. Das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen ist das letzte Monatsgehalt (ohne Gratifikation und Zulagen) bis zur Höchstgrenze von DM 3.600,–, jedoch mindestens das höchste Tarifgehalt.
  4. Sofern und insoweit von Arbeitgeberseite die Hälfte des Beitrags zur Angestelltenversicherung getragen wurde, wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur Hälfte in Abzug gebracht.
  5. Bei der Dienstalterberechnung können mit unserer Genehmigung ausnahmsweise auch Dienstjahre vor der Tätigkeit im F. & G.-Konzern angerechnet werden. Diese Jahre werden für die Jubiläumsgeschenke nicht berücksichtigt.
  6. Wer als Angestellter im Sinne dieser Richtlinien gilt, wird jeweils von den Vorständen bzw. von den Geschäftsführungen der einzelnen Konzerngesellschaften bestimmt.”

Am 1. April 1974 wurden diese Bestimmungen mit Wirkung vom 1. Januar 1974 geändert. Nr. 3 und 4 wurden wie folgt gefaßt:

„3. Das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen ist das letzte Monatsgehalt (ohne Gratifikationen und Zulagen) bis zur Höchstgrenze von DM 4.000,–. Ergibt die Berechnung nach der Pensionsordnung des F.-Konzerns auf der Basis des höchsten Tarifgehaltes, das während des letzten Monats der Dienstzugehörigkeit zu F & G galt, eine höhere Werksrente, so wird diese gewährt. Voraussetzung für diese Werksrente ist eine Wartezeit von 15 Jahren.

4. Sofern und insoweit von Arbeitgeberseite die Hälfte des Beitrages zur Angestelltenversicherung getragen wurde, wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur Hälfte in Abzug gebracht.

Absatz 1 wird entsprechend angewendet, wenn sich der Arbeitgeber an den Prämien für eine befreiende Lebensversicherung beteiligt hat.”

Die Beklagte übersandte dem Kläger diese Neufassung der Bestimmungen mit folgendem Schreiben vom 22. November 1974:

„Wir freuen uns, Ihnen nach unserem letzten Schreiben vom 22. Dezember 1972 in dieser Angelegenheit mitteilen zu können, daß die Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten mit Wirkung vom 1. Januar 1974 weiter wesentlich verbessert wurden.

So wird nunmehr das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen bis zur Höchstgrenze von DM 4.000,– statt bisher DM 3.600,– berücksichtigt; gleichzeitig schafft der angefügte Absatz 2 zu Ziffer 3 die neue Möglichkeit, eine auf Basis des höchsten Tarifgehaltes mit einem Satz von 0,6 % pro Dienstjahr, jedoch ohne jeden Abzug ermittelte Werksrente zu zahlen, wenn diese höher ist, als sie sich sonst nach den Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten berechnen würde. Der gleichfalls neue Absatz 2 zu Ziffer 4 regelt die formale Gleichstellung von Arbeitgeberbeiträgen für die befreiende Lebensversicherung mit denen für die gesetzliche Rentenversicherung.

Als Anlage überreichen wir Ihnen eine Ausfertigung der neu gefaßten Bestimmungen. Wir bitten Sie, den Vorgang streng vertraulich zu behandeln.”

Der Kläger äußerte sich hierzu nicht.

Am 8. November 1985 erließ die Beklagte „Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten auf der Grundlage der jeweils gültigen Pensionsordnung”, die wie folgt lauten:

  1. „Für jedes Dienstjahr werden 1,6 % des für die Pension anrechnungsfähigen Einkommens zugrunde gelegt.
  2. Die Wartezeit beträgt 10 Jahre.
  3. Das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen ist das letzte Monatsgehalt (ohne Gratifikationen und Zulagen) bis zur Höchstgrenze von DM 5.000,–.

    Ergibt die Berechnung auf der Basis des zuletzt gültigen höchsten Tarifgehaltes eine höhere Werksrente, so wird diese gewährt.

  4. Sofern und insoweit von Arbeitgeberseite die Hälfte des Beitrages zur Angestelltenversicherung getragen wurde, wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur Hälfte in Abzug gebracht.

    Absatz 1 wird entsprechend angewendet, wenn sich der Arbeitgeber an den Prämien für eine befreiende Lebensversicherung beteiligt hat.

  5. Werkrente zuzüglich Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. analog aus der befreienden Lebensversicherung dürfen jedoch 70 % des letzten Bruttoeinkommens im Pensionierungszeitpunkt nicht übersteigen.”

Dem Kläger wurden diese Bestimmungen nicht zugeleitet.

Der Kläger verlangt von der Beklagten, daß sie seine Betriebsrente nach seinem letzten Gehalt vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bemißt und die hälftige Anrechnung auf die Teile der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt, die auf die von der Beklagten mitfinanzierte Angestelltenversicherung entfallen. Er hat die Auffassung vertreten, daß die Bestimmungen vom 8. November 1985 anzuwenden seien. Als Geschäftsführer der Betriebskrankenkasse sei er leitender Angestellter im Sinne dieser Bestimmungen. Da die Beklagte die Höchstgrenze des ruhegeldfähigen Gehalts bereits dreimal in den Jahren 1972, 1974 und 1985 angehoben habe, sei sie zu weiteren Anpassungen an die Gehaltsentwicklung verpflichtet. Die zuletzt im Jahre 1985 festgesetzte Höchstgrenze von 5.000,– DM liege inzwischen unter dem höchsten Tarifgehalt von 5.441,– DM. Wenn die Höchstgrenze des ruhegeldfähigen Gehalts entsprechend den Steigerungen der Tarifgehälter seit 1965 auf etwa 400 % angehoben werde, ergebe sich nunmehr eine Höchstgrenze von 12.000,– DM. Das derzeitige Gehalt des Klägers liege erheblich darunter. Zur Anrechnung der Sozialversicherungsrente hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Anrechnungsklausel betreffe nur den Teil der Rente aus der Angestelltenversicherung, für den die Beklagte selbst die Hälfte des Beitrages erbracht habe. Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der dem Kläger einst zustehenden Betriebsrente als anrechnungsfähiges Einkommen sein letztes Monatsgehalt vor Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten zugrunde zu legen,

    hilfsweise,

    festzustellen, daß die Beklagte eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Höchstgrenze zu berücksichtigen hat;

  2. festzustellen, daß die Beklagte nur die Hälfte desjenigen Teils der Angestelltenversicherungsrente in Abzug bringen darf, für den sie während der Tätigkeit des Klägers bei ihr die Hälfte der Beiträge erbracht hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Klage für unzulässig gehalten, weil der Kläger noch im Arbeitsverhältnis stehe und das erforderliche Feststellungsinteresse fehle. Die Klage sei aber auch unbegründet. Die Betriebsrente des Klägers sei nach den Bestimmungen vom 1. April 1974 zu berechnen. Nur bei Versorgungszusagen an neu berufene Geschäftsbereichs- und Zentralbereichsleiter sei einzelvertraglich die Anwendung der Bestimmungen vom 8. November 1985 vereinbart worden. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Höchstgrenze für das ruhegeldfähige Gehalt anzuheben. Die Bestimmungen vom 1. April 1974 hätten einen zweiten Weg für die Berechnung der Betriebsrente eröffnet. Entweder werde für jedes Dienstjahr 1,6 % des anrechnungsfähigen Einkommens bis zur Höchstgrenze von 4.000,– DM zugrunde gelegt und dafür die Sozialversicherungsrente hälftig angerechnet oder die Betriebsrente werde nach der Pensionsordnung des F.-Konzerns pro Dienstjahr nur mit 0,6 % des höchsten Tarifgehalts berechnet, aber ohne Anrechnung einer Sozialversicherungsrente. Die Anrechnungsklausel in den Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten im F.-Konzern vom 1. April 1974 erfasse alle Teile der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die irgendein Arbeitgeber mindestens zur Hälfte mitfinanziert habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der dem Kläger nach seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten zustehenden Betriebsrente als anrechnungsfähiges Einkommen das beim Ausscheiden des Klägers geltende höchste Tarifgehalt zugrunde zu legen und auch im übrigen bei der Rentenberechnung von den Bestimmungen vom 10. März 1972 auszugehen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht in vollem Umfange abgewiesen.

I. Die Klage ist zulässig.

Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, obwohl der Kläger noch bei der Beklagten beschäftigt und der Zeitpunkt seines Ausscheidens ungewiß ist. Zwischen den Parteien bestehen Meinungsverschiedenheiten über die Berechnung der Betriebsrente. Durch die Klärung dieser Streitfrage kann sich der Kläger eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage sowohl für anderweitige Vorsorgemaßnahmen als auch für die Inanspruchnahme oder Nichtinanspruchnahme vorzeitigen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung verschaffen.

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die verlangte Rentenberechnung.

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Betriebsrente nach dem letzten Monatsgehalt des Klägers vor seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten zu berechnen. Dem Kläger ist keine derartige Versorgungszusage erteilt worden. Der Dienstvertrag vom 20. Dezember 1973 verweist auf die „Richtlinien für die Pensionierung von gehobenen Angestellten”. Alle Fassungen dieser Bestimmungen ermöglichten die Berücksichtigung des letzten Monatsgehalts nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte, wie sie behauptet, die „Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten auf der Grundlage der jeweils gültigen Pensionsordnung” vom 8. November 1985 nur für Versorgungszusagen an neu berufene Geschäfts- und Zentralbereichsleiter verwandte. Auch diese Bestimmungen begrenzen das berücksichtigungsfähige Monatsgehalt, und zwar auf höchstens 5.000,– DM. Das Monatsgehalt des Klägers liegt darüber.

2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Anhebung der Höchstgrenze zu.

a) Die Parteien haben keine entsprechende Vereinbarung getroffen. Die Beklagte ist auch nicht aufgrund einer betrieblichen Übung verpflichtet, die Höchstgrenze zu ändern. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, daß ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll (vgl. BAG Urteil vom 13. November 1986 – 6 AZR 567/85 – AP Nr. 27 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 3 a der Gründe und BAGE 59, 73, 84 = AP Nr. 33 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 3 a der Gründe). Die Arbeitnehmer können nur dann auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen, wenn dessen Verhalten eine gewisse Gleichförmigkeit aufweist und den Eindruck einer Gesetzmäßigkeit erweckt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Nach Nr. 3 der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten in der Fassung vom 20. Januar 1965 belief sich die Höchstgrenze des berücksichtigungsfähigen Monatsgehaltes auf 3.000,– DM. Sie wurde erst nach 7 Jahren durch die Neufassung vom 10. März 1972 auf 3.600,– DM erhöht. Nach weiteren 2 Jahren wurden die Bestimmungen überarbeitet, durch die Neufassung vom 1. April 1974 inhaltlich verändert (u. a. Einführung eines alternativen zweiten Rechenweges) und die Höchstgrenze des berücksichtigungsfähigen Monatsgehalts auf 4.000,– DM angehoben. Selbst wenn die neue Höchstgrenze von 5.000,– DM in den Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten vom 8. November 1985 mit herangezogen würde, könnte nicht außer acht gelassen werden, daß die Höchstgrenze erst nach über 11 Jahren durch insgesamt neugefaßte Bestimmungen verändert wurde. Sowohl die zeitliche Abfolge als auch die Art. und Weise der Anhebung der Höchstgrenzen, nämlich durch vollständige, mit weiteren Änderungen verbundene Neufassungen der Bestimmungen, sprechen gegen die Annahme, der Arbeitgeber habe sich zu regelmäßigen Anhebungen der Bemessungsgrenze verpflichten wollen.

b) Der Kläger kann von der Beklagten keine Erhöhung der Höchstgrenze nach billigem Ermessen verlangen. § 315 Abs. 3 BGB ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht anwendbar. § 315 Abs. 3 BGB setzt voraus, daß eine Leistungspflicht dem Grunde nach besteht, ihre nähere Ausgestaltung aber einem Vertragspartner überlassen bleibt. Die Beklagte hat sich weder in der Pensionsordnung und den Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten noch durch ausdrückliche Vereinbarung oder betriebliche Übung zu einer Erhöhung der Höchstgrenze verpflichtet, auch nicht zu einer Erhöhung nach billigem Ermessen.

c) Der Kläger kann sich zur Begründung seines Anpassungsbegehrens auch nicht auf das Urteil des Senats vom 18. Dezember 1975 (– 3 AZR 58/75 – AP Nr. 170 zu § 242 BGB Ruhegehalt) berufen. Im damaligen Fall hatte der Arbeitgeber zunächst im Zweijahresrhythmus die Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente der Einkommensentwicklung angepaßt und durch gleichförmiges Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

d) Eine gesetzliche Anpassungspflicht besteht nicht. Sie läßt sich nicht aus § 16 BetrAVG herleiten. Diese Vorschrift schreibt nur die Anpassung von laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor, nicht dagegen von Anwartschaften (vgl. BAG Urteil vom 15. September 1977 – 3 AZR 654/76 – BAGE 29, 294 = AP Nr. 5 zu § 16 BetrAVG).

3. Im vorliegenden Fall ist nicht darüber zu entscheiden, ob der Berechnung der Betriebsrente mindestens das höchste Tarifgehalt zugrunde zu legen ist, das bei Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses gelten wird. Das erstinstanzliche Urteil, das eine derartige Feststellung enthielt, ist vom Berufungsgericht zu Recht aufgehoben worden. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Der Hauptantrag Klägers beschränkt sich auf die Frage, ob Berechnungsgrundlage für seine Betriebsrente das letzte Monatsgehalt ist, das ihm bei seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten zusteht. Mit dem Hilfsantrag erstrebt der Kläger eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Anhebung der Höchstgrenze für das ruhegeldfähige Gehalt und damit ein Gestaltungsurteil gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Die Feststellung, daß eine bestimmte Mindestgrenze vereinbart sei, ist im Vergleich dazu nicht weniger, sondern etwas anderes. Der in den Parallelprozessen gestellte weitere Hilfsantrag fehlt im vorliegenden Fall. Die Klageanträge lassen sich auch nicht weit auslegen. In der Berufungsverhandlung hat der Kläger auf ausdrückliches Befragen des Gerichts klargestellt, daß er „eine über das im Klageantrag zu 1) definierte Klageziel hinausgehende Beurteilung der Rentenformel, wie sie vom Arbeitsgericht vorgenommen worden ist, nicht begehrt” (S. 23 Abs. 3 des Berufungsurteils).

4. Der Kläger kann nicht verlangen, daß die Beklagte nur den Teil der Rente aus der Angestelltenversicherung anrechnet, der von ihr mitfinanziert wurde. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht es für unerheblich angesehen, ob die Beklagte selbst oder ein früherer Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge leistete.

a) Nach Nr. 4 der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten vom 1. April 1974 wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur Hälfte in Abzug gebracht, sofern und insoweit von Arbeitgeberseite die Hälfte des Beitrages getragen wurde. Mit dem Begriff „Arbeitgeberseite” hat die Beklagte die Anrechnungsklausel weit gefaßt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Anrechnung entgegen dem Wortlaut nur die von der Beklagten selbst mitfinanzierten Rententeile aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfassen sollte. Im Gegenteil: Die Beklagte bezeichnete sich selbst weder in der Pensionsordnung noch in anderen Regelungen als „Arbeitgeberseite”, sondern sprach von der „Fa.” oder vom „F.-Konzern” (vgl. Nr. 5 Satz 1 der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten vom 10. März 1972 und vom 1. April 1974 sowie I A 1 Satz 1 der Pensionsordnung). Diese weite Anrechnungsklausel war schon vor Erlaß des Betriebsrentengesetzes gebräuchlich und ist durch § 5 Abs. 2 BetrAVG gebilligt worden.

b) Die Anrechnungsklausel in Nr. 4 Satz 1 der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten vom 1. April 1974 verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

aa) Die Anrechnungsvorschrift unterscheidet nicht danach, ob der Angestellte bei früheren Arbeitgebern in der Arbeiter- oder Angestelltenrentenversicherung versichert war. Daran ändert nichts, daß Nr. 4 Satz 1 der Bestimmungen nur die „Beiträge zur Angestelltenversicherung” ausdrücklich erwähnt. Die Anrechnungsvorschrift gilt nach der Überschrift des Regelungswerkes ausschließlich für Angestellte. Sie erhalten eine Rente aus der Angestelltenversicherung. Selbst wenn sie früher in anderen Zweigen der Rentenversicherung versichert waren, hat die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nach § 89 Abs. 2 AVG eine Gesamtleistung zu berechnen und festzustellen. Das sozialversicherungsrechtliche Rentenverfahren läßt es verständlich erscheinen, daß die Anrechnungsklausel die übrigen Zweige der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ausdrücklich erwähnt. Im übrigen ist bei der Auslegung nicht nur der Wortlaut des ersten Halbsatzes, sondern auch der des zweiten Halbsatzes der Anrechnungsklausel zu berücksichtigen. Nach dem zweiten Halbsatz wird „die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung” in Abzug gebracht, ohne Beschränkung auf die Angestelltenrentenversicherung. Die weite Auslegung entspricht zudem dem üblichen Zweck derartiger Anrechnungsklauseln, den auf Leistungen irgendeines Arbeitgebers beruhenden Teil der Rente anzurechnen und lediglich den auf Eigenleistungen des Arbeitnehmers beruhenden Teil der Rente auszuklammern.

bb) Der Kläger meint, die Anrechnungsvorschrift verstoße deshalb gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil er durch die Berücksichtigung früherer rentenversicherungspflichtiger Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern schlechter gestellt sei als ein Arbeitnehmer, der genau solange bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei wie er, aber zuvor nicht schon durch Beiträge anderer Arbeitgeber ein Anrecht auf eine gesetzliche Rente erworben habe.

Die Anrechnungsklausel der Beklagten ist nach § 5 Abs. 2 BetrAVG zulässig. Für den Schutz vorzeitig ausscheidender Arbeitnehmer sorgt § 2 BetrAVG. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer nach dem Betriebsrentengesetz Rechtsnachteile erleiden. Jedenfalls verlangt Art. 3 Abs. 1 GG keine weitergehende Gleichbehandlung als die mit dem Betriebsrentengesetz erreichte. Es ist nicht sachwidrig, Arbeitnehmer, die bis zum Versorgungsfall betriebstreu sind, teilweise besser zu stellen als vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer.

Ebensowenig ist es zu beanstanden, daß sich das Versorgungssystem der Beklagten am Versorgungsbedarf ausrichtet (BAG Urteil vom 17. Mai 1988 – 3 AZR 400/86 – AP Nr. 27 zu § 5 BetrAVG, zu 4 a der Gründe). Es ist nicht willkürlich, wenn die Arbeitnehmer eine höhere Betriebsrente erhalten, die in früheren Arbeitsverhältnissen keine oder nur geringere Versorgungsanwartschaften erwerben konnten (vgl. BAG Urteil vom 20. November 1990 – 3 AZR 31/90 –, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu II 2 c der Gründe).

 

Unterschriften

Dr. Heither, Dr. Wittek, Kremhelmer, Zieglwalner, Großmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951801

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