Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nach zwischenzeitlicher Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Fortsetzung eines nach Art. 1 S. 1 BeschFG befristeten Arbeitsverhältnisses nach zwischenzeitlicher Kündigung (Einzelfall)

 

Normenkette

BeschFG Art. 1 S. 1; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 22.01.1990; Aktenzeichen 19 (17) Sa 747/89)

ArbG Bielefeld (Urteil vom 20.07.1989; Aktenzeichen 3 Ca 1238/89)

ArbG Bielefeld (Urteil vom 30.05.1989; Aktenzeichen 5 Ca 935/89)

ArbG Bielefeld (Urteil vom 16.03.1989; Aktenzeichen 4 Ca 29/89)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Januar 1990 – 19 (17) Sa 747/89 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses und über hiervon abhängige Lohnforderungen.

Die Beklagte beschäftigt in ihren verschiedenen Betriebsstätten in B. etwa 125 Arbeitnehmer und befaßt sich u.a. mit der Herstellung von Schulterpolstern.

Die 1967 geborene, verheiratete, aus der Türkei stammende Klägerin wurde zusammen mit drei anderen Arbeitnehmerinnen (E., T., Tü.) ab 22. Oktober 1987 befristet bis zum 16. Dezember 1988 als Produktionshelferin eingestellt. In dem schriftlichen Formulararbeitsvertrag der Parteien ist neben der Befristung eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit unter Einhaltung einer Frist von 14 Tagen vereinbart worden.

Die Klägerin und die anderen drei eingestellten Produktionshelferinnen wurden in der Schulterpolsterfertigung eingesetzt.

Aufgrund jeweils festgehaltener Arbeitsergebnisse errechnete die Beklagte durch ihren REFA-Fachmann für diese vier Arbeitnehmerinnen folgende Leistungswerte:

„Monat

E.

T.

Tü.

O.

Betrieb Gesamt

10/87

61

152

91

44

148

11/87

106

145

121

84

157

12/87

118

114

112

132

154

01/88

123

158

140

97

153.”

Nach Feststellung dieser Zahlen und einer hierauf gestützten Anhörung des Betriebsrats zur ordentlichen Kündigung der Klägerin kündigte die Beklagte mit Zustimmung des Betriebsrats das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 25. Januar 1988 zum 8. Februar 1988 schriftlich wegen „mangelhafter Arbeitsleistung”. Nachdem sich sodann der Betriebsrat nachträglich für die Klägerin eingesetzt hatte, damit diese noch eine letzte Chance erhalte, kam es am 27. Januar 1988 zu nachfolgender, von der Beklagten, der Klägerin und dem Betriebsrat unterzeichneten Regelung:

„Vereinbarung

zwischen der Friedrich W. GmbH und dem Betriebsrat, vertreten durch den Vorsitzenden Herrn Dirk K., und Frau Hatice Ö.

Betr.: Kündigung vom 25.01.88 zum 08.02.88 Es wurde heute folgendes vereinbart:

Das bisherige Arbeitsverhältnis bleibt gekündigt.

Eine Neueinstellung (Probezeit bis zum 08.05.88/kalendertägliche Kündigungsfrist und Befristung bis zum 16.12.88/14-tägiger Kündigungsfrist) erfolgt ab dem 09.02.88.

Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen soll das bisherige Arbeitsverhältnis nicht berücksichtigt werden.

Es wird betont und vereinbart, daß es sich nicht im einen Kettenarbeitsvertrag handelt.”

Am selben Tag unterzeichneten die Parteien sodann einen neuen Formulararbeitsvertrag wonach das Arbeitsverhältnis wiederum bis zum 16. Dezember 1988 befristet worden ist. In diesem Vertrag ist von Neueinstellung die Rede, des weiteren ist eine erneute Probezeit mit täglicher Kündigungsfrist und die Nichtanrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit im Streitfall vereinbart worden.

Hinsichtlich eller vier Arbeitnehmer innen erstellte der REFA-Fachmann der Beklagten, folgendes Leistungsbild aufgrund der jeweils festgehaltenen Arbeitsergebnisse:

„Leistungen

Befristete Arbeitsverträge bis 16.12.88

Monat

E.

T.

Tü.

O.

Betrieb/Gesamt

10/87

61

152

91

44

148

11/87

106

145

121

84

157

12/87

118

114

112

132

154

01/88

123

158

140

97

153

02/88

124

153

138

118

145

03/88

112

136

135

158

147

04/88

124

129

129

137

149

05/88

110

136

138

128

139

06/88

96

154

149

144

142

07/88

90

122

114

123

08/08

101

127

114

119

130

09/88

110

139

86

130

124

10/88

87

167

133

132

130

11/88

93

168

157

128

127

Gesamt

1455

1878

1765

1665

1968

Ø Leistung

104

145

126

119

141.”

Mit ihrem Schreiben vom 8. Dezember 1988 machte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, daß der befristete Arbeitsvertrag am 16. Dezember 1988 ende und eine Verlängerung nicht vorgesehen sei. Die Klägerin hatte der Beklagten zuvor am 16. Oktober 1988 mitgeteilt, schwanger zu sein; am 12. Juni 1989 wurde sie von einer Tochter entbunden. Die Beklagte beendete die tatsächliche Beschäftigung der Klägerin am 16. Dezember 1988.

In gleicher Weise beendete die Beklagte auch den Arbeitsvertrag mit der zugleich mit der Klägerin ebenfalls zum 16. Dezember 1988 befristet eingestellten Arbeitnehmerin E. Die auf denselben Zeitpunkt befristet eingestellte Arbeitnehmerin T. wurde in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen und an ihrem bisherigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt; die gleichermaßen eingestellte Arbeitnehmerin Tü. wurde wegen ihrer guten Deutschkenntnisse in die Musterabteilung versetzt.

Mit ihrer am 4. Januar 1989 zu Protokoll erklärten Klage (4 Ca 29/89) hat die Klägerin zunächst die Zahlung von Jahressondervergütung sowie eines angeblich an sie nicht ausgezahlten Nettobetrages aus bereits verdientem Lohn begehrt; zur Begründung der Klage hat sie u.a. vorgebracht, ihr Arbeitsverhältnis sei nur wegen ihrer Schwangerschaft nicht fortgesetzt worden. Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin außergerichtlich mit ihrem Schreiben vom 8. Januar 1989 mit, sie gewähre der Klägerin mit Rücksicht auf deren soziale Lage ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Sonderzahlung, obwohl diese – unstreitig – an sich nur zu zahlen sei, wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 31. März 1989 fortbestehe, und führte darin ferner aus:

„Daß wir Sie nicht in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen habe, liegt nicht an Ihrer Schwangerschaft. Da die Schulterpolsternachfrage modisch bedingt zurückgeht, müssen wir zwangsläufig Personal abbauen bzw. kein Stammpersonal erhöhen. Aber auch in der Vergangenheit sind bei uns befristete Arbeitsverhältnisse nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz mit dem Ende der Befristung abgelaufen.

Daß Ihre Vorarbeiterin Ihnen im September '88 gesagt hat, daß Sie mit einer Festanstellung rechnen können, ist falsch. Die Vorarbeiterinnen haben keine Befugnis in Personalangelegenheiten solcher Art irgendwelche Erklärungen abzugeben. Hierzu sind nur der Abteilungsleiter, die Geschäftsleitung und das Personalbüro berechtigt.”

Mit Schriftsatz vom 23. Januar 1989 erweiterte die Klägerin diese Klage um den Antrag festzustellen, daß sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe. Nachdem die Jahressonderzuwendung gezahlt worden und der Klägerin durch die Bestätigung ihrer Bank deutlich geworden war, daß der vermißte Nettobetrag auf das Konto der Klägerin bei der Bank überwiesen worden war, hat sie das Zahlungsbegehren in diesem Verfahren zurückgenommen.

Zur Begründung ihrer Feststellungsklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Befristung sei wegen Verstoßes gegen das Beschäftigungsförderungsgesetz unwirksam. Sie sei neu eingestellt worden; eine zweimalige Befristung lasse das Beschäftigungsförderungsgesetz aber nicht zu. Es fehle auch an sachlich rechtfertigendem Grund für die Befristung. Die im Januar 1988 erklärte ordentliche Kündigung habe sie, die Klägerin, widerspruchslos hingenommen. Sie habe sich auch nicht an den Betriebsratsvorsitzenden gewandt, sondern der Betriebsrat sei ohne ihr Zutun auf Anregung von Arbeitskolleginnen tätig geworden und habe ihr am 27. Januar 1988 in einer Arbeitspause die fertigen Vereinbarungen zur Unterschrift vorgelegt. Die Berufung auf die Befristung sei auch rechtsmißbräuchlich, denn sie habe nach der Kündigung vom 25. Januar 1988 und dem Abschluß des neuen Arbeitsvertrages ihre Leistungen erheblich gesteigert.

Mit ihrer am 25. April 1989 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Arbeitsentgelt und Sparzulage abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 17. Dezember 1988 bis 31. März 1989 (5 Ca 935/89). Mit einer weiteren, am 14. Juni 1989 eingereichten Klage begehrt sie entsprechende Zahlungen für den Monat April 1989 (3 Ca 1238/89). Zur Begründung der Zahlungsklagen hat sie vorgebracht, infolge der Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses bestehe zwischen ihr und der Beklagten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis; die geltend gemachten Beträge schulde ihr die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.

Die Klägerin hat insgesamt beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis über den 16. Dezember 1988 hinaus unbefristet fortbesteht;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

für den Monat Dezember 1988 1.068,98 DM brutto abzüglich 317,70 DM netto nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 17. Januar 1989,

für den Monat Januar 1989 2.133,38 DM brutto abzüglich 917,80 DM netto zuzüglich einer Sparzulage von 8,40 DM nebst 4 % Zinsen aus dem sich insgesamt ergebenden Nettobetrag seit dem 17. Februar 1989,

für den Monat. März 1989 2.229,17 DM brutto abzüglich 953,10 DM netto zuzüglich einer Sparzulage von 8,40 DM nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 17. April 1989,

für den Monat April 1989 1.915,80 DM brutto abzüglich 885,20 DM netto Arbeitslosengeld zuzüglich 8,40 DM, nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 17. Mai 1989 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt.

die Klagen abzuweisen.

Sie hat erwidert, mit der Klägerin habe nur insgesamt ein einziges einheitliches, zum 16. Dezember 1988 befristetes Arbeitsverhältnis bestanden. Ziel des zweiten Vertrages sei gewesen, die Kündigungsfolgen zu beseitigen. Zudem müsse die dreiseitige Vereinbarung vom 27. Januar 1988 wie auch der im Vollzug dieser Vereinbarung abgeschlossene Arbeitsvertrag als außergerichtlicher Vergleich gewertet werden, so daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses unter diesem Gesichtspunkt sachlich gerechtfertigt sei. Der Betriebsratsvorsitzende sei auf Bitten der Klägerin tätig geworden und habe die Beklagte zu diesem Kompromiß bewogen. Auf alle Fälle sei jedoch die Klagebefugnis verwirkt, weil die Bestandsschutzklage erst am 27. Januar 1989 zugestellt worden sei, nachdem die Beklagte bereits am 16. Januar 1989 eine neue Arbeitnehmer in (öl) wiederum auf 18 Monate befristet für den Arbeitsplatz eingestellt habe, den vorher die Klägerin innegehabt habe. Da die Befristung wirksam sei, seien auch die Zahlungsansprüche nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat den Klagen stattgegeben. Nach Verbindung der Rechts Streitigkeiten hat das Landesarbeitsgericht die Klagen abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihr verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht nicht unbefristet fort, sondern hat infolge wirksamer Befristung mit dem 16. Dezember 1988 sein Ende gefunden. Infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehen der Klägerin die für die Zeit ab 17. Dezember 1988 geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seines Urteils im wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe ihr Feststellungsinteresse nicht verwirkt. Es fehle an den tatsächlichen Voraussetzungen für das hierfür vorausgesetzte Vertrauensmoment. Das Arbeitsverhältnis sei jedoch wirksam beendet worden. Die im Arbeitsvertrag der Parteien vereinbarte Befristung zum 16. Dezember 1988 sei gemäß Art. 1 S. 1 Satz 1 Nr. 1 BeschFG 1985 rechtlich zulässig. Die vom Arbeitgeber vorformulierte Vereinbarung vom 27. Januar 1988 regele nur scheinbar die Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses zum 8. Februar 1988 und, den Beginn eines zweiten Arbeitsverhältnisses mit dem 9. Februar 1988. Tatsächlich sei das am 22. Oktober 1987 begründete Arbeitsverhältnis über den 8. Februar 1988 hinaus bis zum Ablauf der ursprünglich vereinbarten Befristung einvernehmlich als fortbestehend angesehen worden. Diese Sicht entspreche der im Arbeitsrecht allgemein üblichen Verkehrsauffassung, die zuletzt der Gesetzgeber in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG 1985 normativ anerkannt habe. Eine bloße rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe nicht zu dessen Unterbrechung. Von besonderer Bedeutung sei im vorliegenden Fall, daß bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden sei, so daß das Arbeitsverhältnis ohne einen Tag der Unterbrechung habe fortgeführt werden können. Daß die Parteien diese lückenlose Fortführung des Arbeitsverhältnisses gewollt hätten, werde auch aus der Beibehaltung der ursprünglich vertraglich fixierten Befristung zum 16. Dezember 1988 deutlich. Zwar enthalte die Vereinbarung vom 27. Januar 1988 einzelne unwirksame Bestimmungen; hieraus folge jedoch nicht die vollständige Unwirksamkeit dieser Vereinbarung, sondern nur die Teilnichtigkeit. Seien einige Klauseln mit dem zwingenden gesetzlichen Kündigungsschutz nicht zu vereinbaren, so berühre dies die Wirksamkeit des Vertrages im übrigen gemäß § 140 BGB nicht. Für die Beklagte habe auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keine Verpflichtung bestanden, das Arbeitsverhältnis über den 16. Dezember 1988 hinaus fortzusetzen. Infolge der wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses könnten für die Zeit danach keine Entgeltansprüche entstanden sein.

II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der Prüfung in der Revision stand.

1. Die vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer vom 22. Oktober 1987 bis 16. Dezember 1988 ist gemäß Art. 1 § 1 Satz 1 Nr. 1 BeschFG 1985 wirksam. Denn die Klägerin ist neu eingestellt worden und die Befristung ist einmalig auf den im Vertrag genannten, den Rahmen von 18 Monaten nicht überschreitenden Zeitraum vorgenommen worden. Zwar könnte die Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien zum 16. Dezember 1988 nicht auf Art. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 1 BeschFG 1985 gestützt werden, wenn es sich nicht um eine einheitliche Neueinstellung ab 22. Oktober 1987 handelte, sondern die Klägerin mit Wirkung ab 9. Februar 1988 bei der Beklagten ohne hinreichenden zeitlichen Abstand erneut befristet eingestellt worden wäre (vgl. BAGE 63, 363, 370 = AP Nr. 13 zu § 1 BeschFG 1985, zu II 2 b der Gründe). Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Vielmehr besteht zwischen den Parteien ein einheitliches, von vornherein innerhalb der Höchstdauer von 18 Monaten für die Zeit vom 22. Oktober 1987 bis 16. Dezember 1988 befristetes Arbeitsverhältnis. Dies hat das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erkannt.

2. Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, zwischen den Parteien habe nur ein einheitliches, gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 1 BeschFG 1985 zulässig im Rahmen der 18-monatigen Höchstbefristungsdauer für die Zeit vom 22. Oktober 1987 bis 16. Dezember 1988 befristetes Arbeitsverhältnis bestanden.

Zu diesem Ergebnis ist das Landesarbeitsgericht aufgrund seiner Auslegung der Parteivereinbarungen vom 27. Januar 1988, nämlich der „Vereinbarung” zwischen der Klägerin, dem Betriebsrat und der Beklagten sowie des schriftlichen Arbeitsvertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten, gelangt. Hierbei handelt es sich um zusammenhängende einzelvertragliche Vereinbarungen.

a) Es gehört grundsätzlich zu den den Instänzgerichten vorbehaltenen Feststellungen, im Wege der Auslegung den Inhalt der von einer oder mehreren Parteien abgegebenen Willenserklärungen zu ermitteln. Da im vorliegenden Fall die Ermittlung des Vertragsinhaltes nicht nur anhand der Vertragstexte, sondern auch anhand der Umstände erfolgte, unter denen es zu den vertraglichen Texten gekommen ist, handelt es sich insoweit um die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen. Vom Revisionsgericht kann die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht gegen die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB selbst, gegen die Gesetze der Logik oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat. Dies ist ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. statt vieler: Senatsurteil BAGE 57, 256, 265 = AP Nr. 6 zu § 620 BGB Hochschule, zu III der Gründe; siehe auch BAGE 57, 231, 237 = AP Nr. 19 zu § 4 KSchG 1969, zu B I der Gründe). Insoweit hat das Revisionsgericht nur zu prüfen, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung einer Willenserklärung bzw. der zu einem Vertrag führenden übereinstimmenden Willenserklärungen rechtlich möglich ist, nicht aber, ob diese Auslegung auch tatsächlich allein richtig ist (vgl. BAG Urteil vom 5. Mai 1988 – 2 AZR 795/87 – AP Nr. 8 zu § 1 AÜG, m.w.N.). Solche Rechtsfehler hat die Revision indessen nicht aufgezeigt; sie liegen auch nicht vor.

b) Das Landesarbeitsgericht hat zur Auslegung der zusammenhängenden vertraglichen Vereinbarungen auf die Gesamtumstände abgestellt, unter denen sie zustande gekommen sind. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar stellt es einen revisiblen Auslegungsfehler dar, wenn das Berufungsgericht eine eindeutige Willenserklärung entgegen ihrem Wortlaut auslegt (vgl. Senatsurteil BAGE 57, 1, 7 = AP Nr. 2 zu § 53 BAT, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier aber, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht vor. Der Wortlaut der Vereinbarungen ist im vorliegenden Fall nicht eindeutig. Er bezeichnet weitgehend juristische Qualifikationen, nicht aber bloße Tatsachen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, daß die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist vereinbart worden ist, so daß das Arbeitsverhältnis ohne einen Tag der Unterbrechung fortgeführt werden konnte, ferner, daß die Parteien die lückenlose Fortführung des Arbeitsverhältnisses gewollt haben. Denn in den Vereinbarungen vom 27. Januar 1988 halten die Parteien an eben dieser, bereits im ursprünglichen schriftlichen Vertrag vereinbarten Befristung zum 16. Dezember 1988 ausdrücklich fest. Insbesondere dieser Umstand macht deutlich, daß es den Parteien nicht darauf angekommen ist, einen wirklich neuen Arbeitsvertrag zu schließen, durch den ein neues Arbeitsverhältnis begründet werden sollte, sondern daß die Parteien letztlich nur die auflösende Wirkung der ordentlichen Kündigung gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 25. Januar 1988 beseitigen wollten. Dies bringt das Landesarbeitsgericht in dem Satz zum Ausdruck, tatsächlich werde das ursprünglich begründete Arbeitsverhältnis über den 8. Februar 1988 hinaus bis zum Ablauf der ursprünglich vereinbarten Befristung einvernehmlich als fortbestehend angesehen.

Revisionsrechtlich ist unter dem Gesichtspunkt der Auslegung dieser nichttypischen Willenserklärungen auch nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht gemeint hat, mit der Verwendung des Begriffs Neueinstellung, der erneuten Vereinbarung einer Probezeit mit kalendertäglicher Kündigungsfrist und der Nichtanrechnung der bisherigen Betriebs Zugehörigkeit habe es sich nur um einen untauglichen Versuch der Beklagten gehandelt, zwingende Rechtsfolgen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses abzubedingen. Auch diese Auslegung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden, weil auch insoweit gegen Auslegungsregeln nicht verstoßen worden ist.

c) Ob die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung der Vereinbarungen vom 27. Januar 1988 die einzig mögliche gewesen ist, oder ob es auch zu einem anderen, aus der Sicht der Klägerin günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, kann dahinstehen. Denn es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, bei nichttypischen Willenserklärungen seine eigene – denkbare – Auffassung an die Stelle einer Auffassung des Landesarbeitsgerichts zu setzen, wenn dessen Vertragsauslegung rechtlich nicht zu beanstanden ist.

3. Ebenso zu Unrecht meint die Revision, entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts sei die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf des Arbeitsverhältnisses zum 16. Dezember 1988 rechtsmißbräuchlich. Auch insoweit enthält das Urteil des Landesarbeitsgerichts keinen Rechtsfehler.

a) Zutreffend stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, ein Verstoß gegen Treu und Glauben setze zumindest voraus, daß der Arbeitgeber durch sein Verhalten bei dem Arbeitnehmer während der Dauer des Zeitvertrages objektiv den Vertrauenstatbestand gesetzt hat, sein Arbeitsverhältnis werde nach Fristablauf fortgesetzt, und der Arbeitgeber sich gleichwohl auf den Fristablauf stützt (vgl. BAG Urteil vom 16. März 1989 – 2 AZR 325/88 – AP Nr. 8 zu § 1 BeschFG 1985, zu II 3 c der Gründe).

b) Diese Voraussetzungen liegen, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht vor. Zum einen hat die Klägerin selbst nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur behauptet, eine der Vorarbeiterinnen habe sich gegenüber der Klägerin zufrieden mit den Leistungen geäußert. Bereits der Inhalt der – von der Beklagten bestrittenen – Äußerung der Vorarbeiterin genügt aber nicht, um zu erkennen, es verstoße gegen § 242 BGB, wenn sich die Beklagte auf die vereinbarte Befristung beruft. Zudem hat die Beklagte – wie das Landesarbeitsgericht ungerügt festgestellt hat – unwidersprochen vorgetragen. Vorarbeiterinnen seien in ihrem Betrieb nicht für die Inaussichtstellung einer Weiterbeschäftigung zuständig. Bereits dies schließt aus, auch nur insoweit die Voraussetzungen des § 242 BGB als erfüllt anzusehen.

4. Ebensowenig ist es von Rechts wegen zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht zu der Würdigung gelangt ist, es gebe keinen objektiven Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte gezielt die Fortsetzung der Beschäftigung wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Schwangerschaft der Klägerin abgelehnt habe. Auch die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision müssen ohne Erfolg bleiben. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Verfahrensrügen erhebt, sind sie unzulässig, weil im einzelnen nicht die Schriftsätze bzw. Stellen in Schriftsätzen bezeichnet werden, in denen die Tatsachenbehauptungen bzw. deren Bestreiten zu finden sein sollen, die vom Landesarbeitsgericht angeblich zu Unrecht übergangen worden seien. Gemäß § 565 a ZPO wird insoweit von einer näheren Begründung abgesehen. Der bloße Eintritt der Schwangerschaft während des befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Unwirksamkeit der Befristung nicht zur Folge (vgl. BAG GS in BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

5. Sonstige Umstände, aus denen folgen könnte, daß die Befristung des Arbeitsvertrags der Parteien zum 16. Dezember 1988 unwirksam sein könnte, liegen nicht vor.

6. Der Klägerin stehen, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, die geltend gemachten Lohnforderungen nicht zu. Sie sind für die Zeit vom 17. Dezember 1988 bis 30. April 1989 erhoben worden. Gemäß § 611 BGB setzt das Bestehen einer Forderung auf Zahlung von Arbeitsentgelt voraus, daß zwischen den Parteien für den Lohnzeitraum überhaupt ein Arbeitsvertrag besteht. Daran fehlt es hier, denn das Arbeitsverhältnis der Parteien ist infolge wirksamer Befristung mit dem 16. Dezember 1988 ausgelaufen.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Steckhan, Richter Kremhelmer hat Urlaub. Dr. Steckhan, Schliemann, Dr. Sponer, Schmalz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1074057

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