Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Zuwendung bei Teilzeitarbeit im Erziehungsurlaub

 

Leitsatz (amtlich)

Der Angestellte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe hat Anspruch auf eine Zuwendung nach dem TV-Zuwendung auch für die Monate, für die er lediglich Bezüge aus einer erziehungsgeldunschädlichen Teilzeitbeschäftigung beim Landschaftsverband erhalten hat.

Der Senat läßt unentschieden, ob die erziehungsgeldunschädliche Teilzeitarbeit während des Erziehungsurlaubs beim selben Arbeitgeber in einem rechtlich selbständigen Arbeitsverhältnis erfolgt, das neben das ruhende Hauptarbeitsverhältnis tritt, und ob für ein solches rechtlich selbständiges Teilzeitarbeitsverhältnis andere, insbesondere für den Arbeitnehmer ungünstigere Arbeitsbedingungen vereinbart werden können, als sie für das Hauptarbeitsverhältnis gelten.

 

Normenkette

BErzGG § 15 Abs. 4; Manteltarifvertrag für die Angestellten des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (MT-An) § 3h; Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (TV-Zuwendung) § 2 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 11.03.1994; Aktenzeichen 10 Sa 1296/93)

ArbG Dortmund (Urteil vom 14.10.1992; Aktenzeichen 4 Ca 4244/91)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. März 1994 – 10 Sa 1296/93 – insoweit aufgehoben, als es über den Zuwendungsanspruch der Klägerin entschieden hat.
  • Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 14. Oktober 1992 – 4 Ca 4244/91 – insoweit abgeändert, als es über den Zuwendungsanspruch der Klägerin entschieden hat.
  • Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 683,25 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 15. November 1991 zu zahlen.
  • Der Beklagte trägt insoweit die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine anteilige Zuwendung für die Monate Mai und Juni 1991.

Die Klägerin war seit 1984 als Krankenschwester beim beklagten Landschaftsverband zuletzt in dessen W… Klinik für Psychiatrie in D… beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Tarifbindung die für den beklagten Landschaftsverband abgeschlossenen Tarifverträge, u.a. der Manteltarifvertrag für Angestellte (MT-An) und der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV-Zuwendung) Anwendung.

Die Klägerin hat im April 1990 entbunden. In der Zeit vom 25. Juni 1990 bis zum 30. Juni 1991 befand sich die Klägerin im Erziehungsurlaub. Während des Erziehungsurlaubs arbeitete sie mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden als Krankenschwester in der W… Klinik für Psychiatrie in D… weiter. Für diese Teilzeitbeschäftigung hatten die Parteien am 30. Juli 1990 einen Arbeitsvertrag geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

“§ 1

Frau C.… wird für die Dauer, für die sie Erziehungsurlaub … erhält, ab 30.07.1990 … als Krankenschwester beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Ablauf des 28.07.1991.…

§ 4

Das Arbeitsverhältnis regelt sich nach den vom Landschaftsverband für seine Angestellten abgeschlossenen Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung, soweit Abs. 2 nichts anderes bestimmt.

  • Der Berechnungszeitraum für die Berechnung des Aufschlages nach § 37 Abs. 3 Unterabs. 2 MT-An rechnet frühestens ab Beginn dieses Teilzeitarbeitsverhältnisses.
  • §§ 39 – 41 MT-An finden keine Anwendung.
  • Die Tarifverträge über eine Zuwendung, über ein Urlaubsgeld, über vermögenswirksame Leistungen und über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung finden keine Anwendung.”

Die Klägerin hat seit dem 1. Juli 1991 wieder voll gearbeitet. Am 12. Februar 1992 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31. März 1992 und ist seitdem im M… H… als Krankenschwester tätig. Hier finden auf ihr Arbeitsverhältnis die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritasverband) Anwendung.

Im November 1991 zahlte der beklagte Landschaftsverband der Klägerin die tarifliche Zuwendung für das Jahr 1991, die er jedoch für die Monate Mai und Juni 1991 anteilig in Höhe von insgesamt 683,25 DM brutto kürzte.

Der TV-Zuwendung hat – soweit vorliegend von Bedeutung – folgenden Wortlaut:

“§ 1

Anspruchsvoraussetzungen

  • Der/Die Angestellte erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er/sie

    • am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und
    • seit dem 1. Oktober ununterbrochen als Angestellte/r, Arbeiter/in, Beamter/Beamtin, Richter/in, Soldat auf Zeit, Berufssoldat, Arzt/Ärztin im Praktikum, Auszubildende/r, Praktikant/in, Schüler/Schülerin in der Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Krankenpflegehilfe oder als Hebammenschülerin/Schüler in der Entbindungspflege im öffentlichen Dienst gestanden hat oder im laufenden Kalenderjahr insgesamt sechs Monate beim Landschaftsverband im Arbeitsverhältnis gestanden hat oder steht und
    • nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem/ihrem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.
  • In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und des Absatzes 3 Satz 1 letzter Halbsatz wird die Zuwendung auch gezahlt, wenn

    • der/die Angestellte in unmittelbarem Anschluß an sein/ihr Arbeitsverhältnis vom Landschaftsverband oder von einem/einer anderen Arbeitgeber/in des öffentlichen Dienstes in ein Rechtsverhältnis der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Art übernommen wird,

      Protokollnotizen:

      ….

    • Öffentlicher Dienst im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2, des Absatzes 2 Satz 1 und des Absatzes 4 Nr. 1 ist eine Beschäftigung

      • beim Bund, bei einem Land, bei einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband oder bei einem sonstigen Mitglied eines Arbeitgeberverbandes, der der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände angehört,
      • bei einem sonstigen Arbeitgeber, der den MT-An oder einen Tarifvertrag/Arbeitsvertragsrichtlinien wesentlich gleichen Inhalts anwendet…

§ 2

Höhe der Zuwendung

  • Die Zuwendung beträgt – unbeschadet des Absatzes 2 – 100 v.H. der Vergütung (§ 26 Abs. 1 und 2 MT-An) und die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen, die dem/der Angestellten für den Monat November zustand oder zugestanden hätte, wenn er/sie gearbeitet hätte.

    Für den/die Angestellte/n, dessen/deren Arbeitsverhältnis später als am 1. November begonnen hat, tritt an die Stelle des Monats November der Monat Dezember.

    Für den/die Angestellte/n, der/die unter § 1 Abs. 2 und 3 fällt und der/die im Monat November nicht im Arbeitsverhältnis gestanden hat, tritt an die Stelle des Monats November der letzte volle Kalendermonat, in dem das Arbeitsverhältnis vor dem Monat November bestanden hat.

  • Hat der/die Angestellte nicht während des ganzen Kalenderjahres Bezüge vom Landschaftsverband aus einem Rechtsverhältnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 genannten Art erhalten, vermindert sich die Zuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den er/sie keine Bezüge erhalten hat: Die Verminderung unterbleibt für die Kalendermonate, für die der/die Angestellte keine Bezüge erhalten hat wegen

    • der Ableistung von Grundwehrdienst oder Zivildienst, wenn er vor dem 1. Dezember entlassen worden ist und nach der Entlassung die Arbeit unverzüglich wieder aufgenommen hat,
    • der Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes,
    • der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bis zur Vollendung des zwölften Lebensmonats des Kindes.

§ 3

Anrechnung von Leistungen

Wird aufgrund anderer Bestimmungen … eine Weihnachtszuwendung oder im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest eine entsprechende Leistung gezahlt, so wird diese Leistung auf die Zuwendung nach diesem Tarifvertrag angerechnet. Satz 1 gilt auch für eine Zuwendung aus einer Beschäftigung während des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz.”

Der persönliche Geltungsbereich des TV-Zuwendung entspricht dem des MT-An. Insoweit heißt es in § 3 MT-An:

“§ 3

Ausnahmen vom Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt nicht für

  • Angestellte in einer nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz erziehungsgeldunschädlichen Beschäftigung während des Erziehungsurlaubs.”

Die Klägerin ist der Ansicht, der beklagte Landschaftsverband müsse für 1991 die volle Zuwendung zahlen. Sie hat beantragt,

den Landschaftsverband zu verurteilen, an sie 683,25 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 15. November 1991 zu zahlen.

Der Landschaftsverband hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Zuwendungsanspruch der Klägerin für das Jahr 1991 habe nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c) des TV-Zuwendung für die Monate Mai und Juni 1991 gekürzt werden müssen, weil das Kind der Klägerin mit Ablauf des 28. April 1991 bereits den 12. Lebensmonat vollendet habe. Es lägen zwei unterschiedliche Arbeitsverhältnisse vor. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis habe wegen der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub geruht. Auf das befristete, auf Teilzeit beschränkte Arbeitsverhältnis sei der Zuwendungstarifvertrag nicht anwendbar.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin hat aus dem Hauptarbeitsverhältnis, das während des Erziehungsurlaubs geruht hat, einen Anspruch auf die ungekürzte Zuwendung für das Jahr 1991. Der gegenteiligen Ansicht des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat aus den nachstehenden Gründen nicht zu folgen.

1. Die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für eine Zuwendung des § 1 TV-Zuwendung. Sie stand am 1. Dezember 1991 in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Landschaftsverband und war auch seit dem 1. Oktober 1991 ununterbrochen als Angestellte beim beklagten Landschaftsverband in einem Arbeitsverhältnis – sogar vollzeitig – beschäftigt. Das ist unter den Parteien auch nicht im Streit.

2. Nach § 2 Abs. 1 TV-Zuwendung beträgt die Zuwendung 100 % der Vergütung, die der Klägerin für den Monat November zugestanden hat.

Diese volle Zuwendung vermindert sich nach § 2 Abs. 2 TV-Zuwendung um 1/12 für jeden Kalendermonat, für den der Angestellte nicht während des ganzen Kalenderjahres Bezüge vom Landschaftsverband aus einem Arbeitsverhältnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 genannten Art erhalten hat, sofern nicht eine Kürzung aufgrund der Ausnahmebestimmungen des § 2 Abs. 2a bis c) unterbleibt.

a) Die Klägerin hat während des ganzen Kalenderjahres 1991 Bezüge vom Landschaftsverband aus einem Arbeitsverhältnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 TV-Zuwendung genannten Art erhalten. Das gilt auch für die Monate Mai und Juni 1991. In diesen beiden Monaten war die Klägerin als teilzeitbeschäftigte Krankenschwester aufgrund des Arbeitsvertrages vom 30. Juli 1990 beim beklagten Landschaftsverband tätig und hat aus diesem Teilzeitarbeitsverhältnis die vereinbarte Vergütung und damit “Bezüge” erhalten. Damit scheidet eine Kürzung der vollen Zuwendung für die Monate Mai und Juni 1991 aus.

b) Unschädlich ist es, daß diese Bezüge der Klägerin nicht aus dem während des Erziehungsurlaubs ruhenden Hauptarbeitsverhältnis zugeflossen sind, sondern Entgelt für ihre Teilzeitbeschäftigung waren. § 2 Abs. 2 TV-Zuwendung stellt allein darauf ab, daß es sich um Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 genannten Art handelt und daß diese Bezüge vom Landschaftsverband gezahlt worden sind. In § 1 Abs. 2 werden aber eine Vielzahl von möglichen Arbeitsverhältnissen genannt. Der Arbeitnehmer kann als Angestellter, Arbeiter, Arzt im Praktikum, Auszubildender oder Schüler in einem Krankenpflegeberuf beschäftigt gewesen sein. Das in § 1 Abs. 2 TV-Zuwendung genannte Rechtsverhältnis muß nicht das Rechtsverhältnis sein, in dem der Angestellte am 1. Dezember des Jahres zum Landschaftsverband stand. Um einen Anspruch auf die Zuwendung überhaupt zu begründen, genügt es, wenn der am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehende Angestellte wenigstens seit dem 1. Oktober in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auch zu einem anderen Arbeitgeber oder Dienstherrn, etwa als Berufssoldat bei der Bundesrepublik, gestanden hat.

§ 2 Abs. 2 TV-Zuwendung läßt es allerdings nicht genügen, daß der Angestellte überhaupt Bezüge aus einem solchen Dienstverhältnis im öffentlichen Dienst erhalten hat. Nach dieser Vorschrift scheidet eine Kürzung der Zuwendung nur aus, wenn der Angestellte Bezüge gerade vom Landschaftsverband aus einem Arbeitsverhältnis erhalten hat. Gleichwohl folgt aus der Inbezugnahme von § 1 Abs. 1 Nr. 2 TV-Zuwendung, daß diese Bezüge nicht aus dem Arbeitsverhältnis kommen müssen, in dem der Angestellte am 1. Dezember steht, sondern es genügt, daß der Angestellte Bezüge vom Landschaftsverband aus irgendeinem Arbeitsverhältnis erhalten hat. Dann genügt es aber auch, wenn diese Bezüge aus einem Teilzeitarbeitsverhältnis gezahlt worden sind, in dem der Angestellte während des Erziehungsurlaubs gearbeitet hat. Bezüge in Höhe eines vollen Monatsbetrages für eine Vollzeitbeschäftigung verlangt § 2 Abs. 2 TV-Zuwendung nicht.

3. Dieser Wertung steht nicht entgegen, daß der TV-Zuwendung nach § 3h MT-An auf Angestellte in einer nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz erziehungsgeldunschädlichen Beschäftigung während des Erziehungsurlaubs keine Anwendung findet. Diese Bestimmung gilt nicht für das während des Erziehungsurlaubs ruhende Hauptarbeitsverhältnis, aus dem der Anspruch der Klägerin auf die volle Zuwendung nach dem Gesagten begründet ist.

Die Tarifvertragsparteien gehen offensichtlich davon aus, daß der Angestellte, der während des Erziehungsurlaubs eine erziehungsgeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung beim Landschaftsverband ausübt, dies in einem gesonderten Arbeitsverhältnis tut, das neben das ruhende Hauptarbeitsverhältnis tritt. Nur auf dieses als rechtlich selbständig gewertete Teilzeitarbeitsverhältnis soll der MT-An und damit auch der TV-Zuwendung keine Anwendung finden.

Diese Sicht der Tarifvertragsparteien wird bestätigt durch die Regelung in § 3 TV-Zuwendung, wonach eine Zuwendung aus einer Beschäftigung während des Erziehungsurlaubs, wenn sie denn gewährt wird, auf die Zuwendung nach dem TV-Zuwendung aus dem ruhenden Hauptarbeitsverhältnis anzurechnen ist, mag auch ein Anspruch auf eine Zuwendung aus dem Teilzeitarbeitsverhältnis selten sein, nachdem der TV-Zuwendung auf dieses Teilzeitarbeitsverhältnis gerade keine Anwendung finden soll.

Auch die Parteien haben mit ihrem Arbeitsvertrag vom 30. Juli 1990 offensichtlich ein neues rechtlich selbständiges Arbeitsverhältnis begründen wollen, für das sie andere Vereinbarungen getroffen haben, als sie für das ruhende Hauptarbeitsverhältnis galten.

Wollte man annehmen, durch § 3h MT-An werde die Anwendung dieses Tarifvertrages und des TV-Zuwendung auf das während des Erziehungsurlaubs ruhende Hauptarbeitsverhältnis immer schon dann und insoweit ausgeschlossen, als der Arbeitnehmer während des Erziehungsurlaubs in einer erziehungsgeldunschädlichen Teilzeitbeschäftigung weiterarbeitet, würde dies im Ergebnis bedeuten, daß Arbeitnehmer, die im Erziehungsurlaub eine Teilzeitbeschäftigung ausüben, insoweit überhaupt keinen Anspruch auf eine Zuwendung aus dem Hauptarbeitsverhältnis haben, während dieser Anspruch allen Arbeitnehmern erhalten bliebe, die sich zwar auch im Erziehungsurlaub befinden, aber keine Teilzeittätigkeit ausüben. Ein solches Ergebnis ließe sich unter keinem Gesichtspunkt rechtfertigen und kann daher auch deswegen von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt sein.

Regelt somit § 3h MT-An den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages und des TV-Zuwendung nur für das als rechtlich selbständig gewertete Teilzeitarbeitsverhältnis während des Erziehungsurlaubs, so kann aus dieser Bestimmung für einen Anspruch auf die Zuwendung aus dem Hauptarbeitsverhältnis nichts hergeleitet werden. Insbesondere kann aus dieser Bestimmung über den Geltungsbereich des Tarifvertrages allein nicht hergeleitet werden, die Tarifvertragsparteien hätten damit auch bestimmen wollen, daß Bezüge aus dem Teilzeitarbeitsverhältnis während des Erziehungsurlaubs keine Bezüge im Sinne von § 2 Abs. 2 TV-Zuwendung sein sollen.

4. Der Senat braucht vorliegend nicht zu entscheiden, ob eine erziehungsgeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungsurlaubs aufgrund eines rechtlich selbständigen Arbeitsverhältnisses erfolgt oder erfolgen kann, das neben das ruhende Hauptarbeitsverhältnis tritt, und ob für dieses Teilzeitarbeitsverhältnis andere, insbesondere für den Arbeitnehmer ungünstigere Arbeitsbedingungen vereinbart werden können, als diejenigen, die für das ruhende Hauptarbeitsverhältnis gelten. Dafür mag viel sprechen. Im Schrifttum wird allerdings die Ansicht vertreten, daß bei einer Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungsurlaubs lediglich eine Modifizierung des Hauptarbeitsverhältnisses hinsichtlich der Arbeitszeit erfolge, der Arbeitnehmer also im Hauptarbeitsverhältnis weiterbeschäftigt werde, das während dieser Teilzeitbeschäftigung nicht ruhe (MünchArbR/Heenen, § 222 Rz 4; Ramrath, DB 1987, 1785, 1786). Sollte diese Ansicht zutreffend sein, hätte die Klägerin auch während ihrer Teilzeitbeschäftigung Bezüge schon aus dem Hauptarbeitsverhältnis erhalten, so daß erst recht eine Kürzung der Zuwendung für die Monate Mai und Juni 1991 ausgeschlossen wäre.

5. Der Anspruch der Klägerin auf die Zuwendung für das Jahr 1991 überhaupt und damit auch für die Monate Mai und Juni 1991 entfällt auch nicht deswegen, weil sie zum 31. März 1992 auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis zum beklagten Landschaftsverband ausgeschieden ist. Nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 TV-Zuwendung wird trotz dieser Kündigung die Zuwendung gezahlt, wenn der Angestellte im unmittelbaren Anschluß an sein Arbeitsverhältnis von einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes in ein Angestelltenverhältnis übernommen wird. Nach der Protokollnotiz zu dieser Bestimmung ist öffentlicher Dienst i.S. von § 2 Abs. 4 Nr. 1 auch eine Beschäftigung bei einem sonstigen Arbeitgeber, der den MT-An oder einen Tarifvertrag/Arbeitsvertragsrichtlinien wesentlich gleichen Inhalts anwendet. Das ist beim M… in H…, bei dem die Klägerin seit dem 1. April 1992 beschäftigt, der Fall. Unstreitig finden auf dieses Arbeitsverhältnis die AVR-Caritasverband Anwendung. Diese Arbeitsvertragsrichtlinien haben aber einen wesentlich gleichen Inhalt wie der BAT und damit auch der MT-An. Auch die Regelungen über die Zahlung einer Zuwendung gleichen sich weitgehend, wie dem Senat aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten bekannt ist. Der beklagte Landschaftsverband hat daher auch im Laufe des Verfahrens nicht geltend gemacht, daß die Klägerin die erhaltene gekürzte Zuwendung noch zurückzahlen müsse.

Nach allem war zu erkennen wie geschehen. Die Tenorierung der Entscheidung berücksichtigt, daß der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld für das Jahr 1991, über den das Landesarbeitsgericht auch entschieden hatte, noch vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts anhängig ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Hauck, Böck, Thiel, Gnade

 

Fundstellen

Haufe-Index 870819

NZA 1996, 151

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