Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung (hier: Jahressonderzahlung und Urlaubsgeld) nach Austritt aus dem Arbeitgeberverband. Austritt aus dem Arbeitgeberverband. Nachbindung und Nachwirkung von Tarifverträgen. unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung und Beendigung der tarifvertraglichen Nachwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt der Arbeitnehmer das mit einer Änderungskündigung verbundene Angebot des bisher tarifgebundenen Arbeitgebers zur Reduzierung der bisher tariflich gewährleisteten Sonderzahlungen gemäß § 2 Satz 1 KSchG unter Vorbehalt an, kommt eine die (sich an die Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG anschließende) Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG beendende einzelvertragliche Abmachung unter der Bedingung zustande, daß sich die Änderung der Arbeitsbedingungen als sozial gerechtfertigt erweist.

 

Orientierungssatz

1. Die verlängerte Tarifgebundenheit (Nachbindung) nach einem Austritt des Arbeitgebers aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband nach § 3 Abs. 3 TVG endet mit jeder Änderung des Tarifvertrages und erfaßt auch die unveränderten Tarifregelungen.

2. Die sich bei einem Verbandsaustritt an die Nachbindung anschließende Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG kann durch eine einzelvertragliche Abmachung beendet werden. Nimmt der gekündigte Arbeitnehmer das mit einer Änderungskündigung verbundene Änderungsangebot unter Vorbehalt an, kommt eine die Nachwirkung beendende einzelvertragliche Abmachung unter der Bedingung zustande, daß sich die Änderung der Arbeitsbedingungen im nachfolgenden Kündigungsschutzprozeß als sozial gerechtfertigt erweist.

3. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift. Die Dringlichkeit eines schwerwiegenden Eingriffs in das Leistungs-/Lohngefüge, wie es die Änderungskündigung zur Durchsetzung einer erheblichen Lohnsenkung darstellt, ist deshalb nur dann begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig setzt deshalb eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft.

4. Zu den Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitsgebers für den zu fordernden Sanierungsplan im Einzelfall.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in Brauereien, Mälzereien und Bierniederlassungen in Berlin/Brandenburg (MTV-Brauereien) vom 14. Oktober 1994 §§ 13-14; BGB § 134; BetrVG § 102; KSchG § 13 Abs. 3, § 2 S. 1, § 1 Abs. 2-3; TVG § 3 Abs. 1, 3, § 4 Abs. 1, 5

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 05.01.2000; Aktenzeichen 13 Sa 2095/99)

ArbG Berlin (Urteil vom 16.06.1999; Aktenzeichen 45 Ca 1690/99)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 5. Januar 2000 – 13 Sa 2095/99 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

Der Kläger ist seit September 1987 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Versandarbeiter gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 5.043,00 DM beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten, Landesbezirk Berlin/Brandenburg (NGG). Die Beklagte war Mitglied der Tarifgemeinschaft der Brauereien von Berlin und Brandenburg. Aus dieser trat sie mit Wirkung zum 28. Februar 1997 aus.

Die Tarifgemeinschaft der Brauereien von Berlin und Brandenburg und die NGG schlossen am 14. Oktober 1994 einen einheitlichen Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in Brauereien, Mälzereien und Bierniederlassungen in Berlin/Brandenburg (MTV-Brauereien). Dieser regelte ua.:

㤠1

Geltungsbereich

4. Zeitlich: Dieser Tarifvertrag gilt ab 1. Januar 1994, soweit nicht in den Einzelbestimmungen abweichende Termine genannt werden. Er kann mit einer Frist von drei Monaten, erstmalig zum 31. Dezember 1997 schriftlich gekündigt werden.

Wird der Vertrag zu diesem Zeitpunkt nicht gekündigt, so verlängert er sich jeweils um ein weiteres Jahr.

§ 12

Zusätzliches Urlaubsgeld

Arbeitnehmer erhalten nach einer Betriebszugehörigkeit von einem Jahr ein zusätzliches Urlaubsgeld unter der Voraussetzung, daß das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht gekündigt ist. Die Betriebszugehörigkeit wird ab Eintrittstag in den Betrieb gerechnet. Das zusätzliche Urlaubsgeld beträgt in

1995

1996

1997

750,– DM

800,– DM

900,– DM

Das zusätzliche Urlaubsgeld wird zusammen mit der Entgeltzahlung für den Monat Juni ausgezahlt, …

§ 13

Jahressonderzahlung

1. Arbeitnehmer und Auszubildende haben Anspruch auf eine zusätzliche Zahlung unter der Voraussetzung, daß das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht ruht.

3. Die Auszahlung erfolgt mit dem November-Entgelt. Bei Austritt im Laufe eines Kalenderjahres besteht anteiliger Anspruch darauf.

4. Die Jahressonderzahlung beträgt ab 1995 100 % eines Monatsentgeltes. Abweichend davon beträgt sie für Arbeitnehmer in den Brauereien und Bierniederlassungen, die dem bisherigen Manteltarifvertrag für Berlin-Ost und Potsdam vom 11.04.1991 bzw. dem einheitlichen Manteltarifvertrag für die neuen Bundesländer vom 22.03.1991 unterlagen,

63 % in 1994

65 % in 1995

73 % in 1996. …

…”

Am 7. Mai 1997 schlossen die Tarifvertragsparteien eine Zusatzvereinbarung zum MTV-Brauereien, die ab dem 1. Mai 1997 die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall neu regelt. Ferner bestimmt die Zusatzvereinbarung in ihrer Ziff. 4 (Laufzeit des Manteltarifvertrages):

„Der Manteltarifvertrag Berlin/Brandenburg vom 14.10.1994 wird einvernehmlich bis zum 31.12.2000 verlängert.”

Seit der Übernahme der Geschäftsanteile durch die Gesellschafter der Beklagten von der damaligen Treuhandanstalt im Jahre 1992 verringerte die Beklagte ihr Personal von etwa 151 Mitarbeitern auf derzeit 33 Arbeitnehmer. Die Beklagte erzielte im Jahre 1995 Verluste von etwa 2.873.000,00 DM, im Jahre 1996 von etwa 3.133.000,00 DM. Der im Jahr 1997 erzielte Jahresüberschuß von 2.316.496,46 DM beruhte auf einem Forderungsverzicht eines Gläubigers; die Forderung muß bei künftigen Gewinnausschüttungen wieder befriedigt werden.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K. erstellte für die Beklagte im Jahre 1997 einen Gewinn- und Verlustplan, der Personalkosten für das Jahr 1996 in Höhe von 4.196.000,00 DM auswies und Reduzierungen für die Jahre 1997 auf 4.075.000,00 DM, für das Jahr 1998 auf 3.071.000,00 DM und für das Jahr 1999 auf 2.766.000,00 DM, dh. Personalkosteneinsparungen von 1996 bis 1999 im Umfang von insgesamt 1.430.000,00 DM vorsah. Die Planungen realisierte die Beklagte ua. durch die 1997 durchgeführte Einstellung der eigenen Abfüllung von Flaschenbier. Seitdem wird das gebraute Bier durch die Brauerei Dessow abgefüllt. Die Auslieferung des Flaschenbiers erfolgt nicht mehr durch die Beklagte. Ihr Fuhrpark wurde weitgehend aufgelöst. In diesem Zusammenhang verringerte sie ihr Personal um neun Mitarbeiter. Sie löste ferner das Labor stufenweise auf, was 1998 zu einer Personalkostenreduzierung von 80.000,00 DM führte. Im Bereich der Energie- und Wasserkosten ergab sich durch die Schließung der Flaschenabfüllanlage eine Einsparung von etwa 300.000,00 DM, bei den Hilfs- und Betriebsstoffen, wie Heizöl und Benzin, von 350.000,00 DM und bei den Instandhaltungskosten von 30.000,00 DM. Die Beklagte gestaltete die Vertriebsabteilung um, verringerte ihren Bereich Expedition/Außendienst und übertrug dem verbliebenen Personal neue Aufgaben.

Auf der Basis des Gewinn- und Verlustplans der K. erarbeitete die Sozietät B. ein „Restrukturierungskonzept für die Jahre 1999 und 2000”, das der Beklagten im November 1998 vorlag. Der Entwurf wurde am 3. November 1998 mit der Geschäftsleitung der Beklagten erörtert und verabschiedet. Er stellte fest, daß die im Gewinn- und Verlustplan der K. geplanten Umsatzerlöse nicht erzielt wurden. Der Umsatzerlös für das Jahr 1998 blieb in Höhe von 13.750.000,00 DM hinter den Erwartungen von 18.027.000,00 DM zurück. Daraus errechnete sich ein Jahresfehlbetrag für 1998 von 472.000,00 DM. Der Bilanzverlust des Jahres 1997 von 1.567.918,00 DM wirkte sich für das Jahr 1998 als Bilanzverlust von 2.010.733,00 DM aus. Als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit für das Jahr 1998 stellte das Restrukturierungskonzept einen Betrag von 502.000,00 DM fest und prognostizierte für das Jahr 1999 und das Jahr 2000 Beträge in Höhe von 1.005.000,00 DM und 625.000,00 DM. Für den Personalaufwand brachte es für das Jahr 1996 4.208.000,00 DM, für das Jahr 1997 4.094.000,00 DM und für das Jahr 1998 2.843.000,00 DM in Ansatz. Dabei legte es einen Personalbestand (Vollzeitmitarbeiter) per 31. Dezember 1996 von 54 Mitarbeitern, per 31. Dezember 1997 von 43 Mitarbeitern und per 31. Dezember 1998 von 35 Mitarbeitern zugrunde.

Auf Grund einer Darlehenszusage vom 24. September 1997 gewährte die Investitionsbank Berlin der Beklagten ein Darlehen in Höhe von 2.000.000,00 DM aus dem Konsolidierungsfonds des Landes Berlin für dringende Investitionen im Produktionsbereich. Zur Sicherung dieses Darlehens übernahmen die vier Gesellschafter der Beklagten eine selbstschuldnerische Bürgschaft zu gleichen Anteilen. Ende 1998 erreichte die Beklagte bei den Banken eine Tilgungsaussetzung, wobei die Banken eine Senkung der monatlichen Personalkosten von ca. 170.000,00 DM forderten.

Die Beklagte entschloß sich, die Einsparungen bei den Personalkosten nicht durch Reduzierung des monatlichen Entgeltes, sondern durch die Kürzung des Urlaubsgeldes und der Sonderzahlung vorzunehmen.

Die Geschäftsführerin der Beklagten, der kaufmännische Leiter und ein Vertreter der Sozietät B. informierten am 20. und 26. November 1998 den Betriebsrat über die wirtschaftliche Situation, die Ertragslage, das Geschäftsergebnis und die negativen Geschäftsergebnisse der Vorjahre und erläuterten sodann die finanz- und leistungswirtschaftlichen Maßnahmen im Personal-, Produktions- und Vertriebsbereich. Sie verwiesen dabei auf den Inhalt der mit den kreditgebenden Banken geführten Konsultationen, insbesondere die Sanierung des Unternehmens im Zusammenhang mit einer Zins- bzw. Tilgungsaussetzung sowie die notwendigen Einsparungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Die Beklagte schlug ihren Mitarbeitern am 26. November 1998 unter Erläuterung ihrer finanziellen Situation den Abschluß einer Nachtragsvereinbarung mit dem Inhalt vor, die in §§ 12, 13 MTV-Brauereien vorgesehene Urlaubs- und Jahressonderzahlung fortan nur noch in Abhängigkeit zu ihrer jeweiligen finanziellen Situation zu leisten: 50 % bei mindestens 500.000,00 DM, 75 % bei mindestens 750.000,00 DM und 100 % bei mindestens 1.000.000,00 DM Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. 21 Mitarbeiter akzeptierten die Nachtragsvereinbarung. Der Kläger lehnte sie ab.

Am 9. Dezember 1998 informierte die Beklagte den Betriebsrat schriftlich über die beabsichtigte Änderungskündigung des Klägers. In der Anlage 2 zum Anhörungsschreiben verwies sie auf die dem Betriebsrat am 20. und 26. November 1998 mitgeteilten Informationen über ihre wirtschaftliche Situation, die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen und die in den letzten Jahren erzielten Geschäftsergebnisse, die Voraussetzung der künftigen Entrichtung von Jahressonderzahlung und Urlaubsgeld seien, und erläuterte das dem Kläger zu unterbreitende Änderungsangebot.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 1998 widersprach der Betriebsrat der Änderungskündigung mit der Begründung, die Zahlungen von Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung seien im einheitlichen MTV-Brauereien geregelt und verbindlich. Dieser Tarifvertrag wirke nach, solange keine neue Vereinbarung getroffen werde.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 1998, dem Kläger am 29. Dezember 1998 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Mai 1999 und bot ihm die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an. Danach soll ein Anspruch auf Urlaubsgeld bzw. Jahressonderzahlung zukünftig nur noch unter der Voraussetzung bestehen, daß die Beklagte in einem Geschäftsjahr ein positives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von mindestens 500.000,00 DM erreicht. In diesen Fällen wird im darauffolgenden Geschäftsjahr ein Urlaubsgeld und eine Jahressonderzahlung in Höhe von 50 % bei mindestens 500.000,00 DM Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, 75 % bei mindestens 750.000,00 DM Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und 100 % bei mindestens 1.000.000,00 DM Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gezahlt werden. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an.

Er hat im Rahmen seiner Änderungsschutzklage die Auffassung vertreten, die Änderungskündigung sei nicht durch betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt, auch sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Außerdem verstoße sie gegen die zumindest noch fort- bzw. nachwirkenden tarifvertraglichen Regelungen der §§ 12, 13 MTV. Die Zusatzvereinbarung zum MTV-Brauereien vom 7. Mai 1997 habe die Nachwirkung der unveränderten §§ 12, 13 MTV-Brauereien nicht berührt.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 22. Dezember 1998 sozial ungerechtfertigt ist.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Ansicht vertreten, auf Grund ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Situation sei die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt. Nachdem sie mehrere Jahre nur Verluste erwirtschaftet habe, habe ihr ohne weitere Maßnahmen zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation die Zahlungsunfähigkeit gedroht. Die Senkung der Personalkosten sei ein Teil eines umfassenden Sanierungsplans, der in allen Bereichen erhebliche Einsparungen vorsehe. Die Streichung des Urlaubsgelds und der Jahressonderzahlung bildeten einen integralen Bestandteil des Sanierungskonzepts. Bei Aufrechterhaltung der Sonderzahlungen hätte sie drei Arbeitnehmern kündigen müssen. Der Verzicht der 35 Arbeitnehmer auf das Urlaubsgeld und die Jahressonderzahlung ergebe einen jährlichen Einsparungsbetrag von 232.000,00 DM. Die Bankenvertreter hätten in zahlreichen Gesprächen eine Tilgungsaussetzung davon abhängig gemacht, daß sie Einsparungen bei den Personalkosten und vor allem bei den Sonderzahlungen vornehme. Mit dem Ausspruch der Änderungskündigung habe sie das mildeste Mittel gewählt. Die Änderungskündigung verstoße nicht gegen den MTV-Brauereien. Die Tarifbindung sei durch den Abschluß der Zusatzvereinbarung zum MTV-Brauereien vom 7. Mai 1997 beendet worden. Die vom Kläger unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung beende die Nachwirkung dieser Tarifnormen.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 22. Dezember 1998 sozial ungerechtfertigt ist. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen noch nicht feststeht, ob die Änderungskündigung der Beklagten vom 22. Dezember 1998 sozial gerechtfertigt ist.

A. Das Landesarbeitsgericht hat – kurz zusammengefaßt – angenommen, die betriebsbedingte Änderungskündigung sei weder sozialwidrig noch in sonstiger Weise rechtsunwirksam.

Die Änderungskündigung sei nicht schon gemäß § 134 BGB iVm. § 13 Abs. 3 KSchG, §§ 12, 13 MTV-Brauereien, § 4 TVG wegen Verstoßes gegen tarifvertragliche Regelungen rechtsunwirksam. Der MTV-Brauereien habe zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs keine zwingende Wirkung mehr zwischen den Parteien besessen. Zwar seien die §§ 12, 13 MTV seit dem Verbandsaustritt der Beklagten inhaltlich nicht geändert worden. Die Tarifbindung der Beklagten sei aber durch die Zusatzvereinbarung zum MTV-Brauereien vom 7. Mai 1997 vollständig beendet worden. Die hierin liegende teilweise Änderung des MTV-Brauereien wirke sich auch hinsichtlich der unverändert gebliebenen Bestimmungen als Beendigung der Tarifbindung iSd. § 3 Abs. 3 TVG aus. Die nach der Beendigung der Tarifbindung eingetretene Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG sei durch den Ausspruch der streitgegenständlichen Änderungskündigung und des vom Kläger unter Vorbehalt der arbeitsgerichtlichen Überprüfung angenommenen Änderungsangebots beendet worden.

Die Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten rechtfertige den Wegfall der zusätzlichen finanziellen Leistungen. Die Beklagte habe aus Kostengründen in fast allen Bereichen ihres Betriebes einschneidende Veränderungen vornehmen müssen, wie die erheblichen Personalreduzierungen der letzten Jahre zeigten. Das Änderungsangebot erscheine unter diesen Umständen nicht unbillig und unangemessen, zumal die sonstigen Entgeltbedingungen des Klägers unangetastet blieben.

Die Kündigung sei auch nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Der Betriebsrat sei von der Beklagten in den Gesprächen am 20. und 26. November 1998 ausreichend über die Gründe der personellen Maßnahme informiert worden.

B. Dem folgt der Senat nur zum Teil. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht allerdings erkannt, daß die Änderungskündigung vom 22. Dezember 1998 nicht schon nach § 134 BGB iVm. § 13 Abs. 3 KSchG, §§ 3, 4 TVG, §§ 14, 13 MTV-Brauereien unwirksam ist.

1. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bestand zwischen den Parteien keine Tarifbindung mehr.

a) Bis zum Austritt der Beklagten aus der Tarifgemeinschaft der Brauereien in Berlin und Brandenburg zum 28. Februar 1997 galt zwischen den Parteien auf Grund ihrer beiderseitigen Tarifbindung der MTV-Brauereien (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG) und dessen Regelungen über das Urlaubsgeld und die Jahressonderzahlung (§§ 12, 13 MTV-Brauereien). Auch nach dem Austritt der Beklagten aus der Tarifgemeinschaft der Brauereien in Berlin und Brandenburg blieb die Tarifgebundenheit der Beklagten nach § 3 Abs. 3 TVG bestehen. Es trat die verlängerte Tarifgebundenheit (Nachbindung) ein (BAG 4. April 2001 – 4 AZR 215/00 – AP TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 9 = EzA TVG § 3 Nr. 21).

b) Die am 7. Mai 1997 mit Wirkung zum 1. Mai 1997 vereinbarte Zusatzvereinbarung zum MTV-Brauereien hat zur Beendigung der verlängerten Tarifbindung der Beklagten an den MTV-Brauereien geführt.

Die Beendigung der verlängerten Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 3 TVG tritt mit jeder Änderung eines Tarifvertrags ein. Sie erfaßt auch die unveränderten Tarifregelungen (s. jetzt BAG 7. November 2001 – 4 AZR 703/00 –; s. zuvor schon BAG 18. März 1992 – 4 AZR 339/91 – AP TVG § 3 Nr. 13 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 14; 17. Mai 2000 – 4 AZR 363/99 – BAGE 94, 360; vgl. weiter Wiedemann/Oetker TVG 6. Aufl. § 3 Rn. 70 ff.; Hanau/Kania DB 1995, 1229, 1232). Nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 3 Abs. 3 TVG muß die Nachbindung ihr Ende finden, wenn der Tarifvertrag selbst endet oder geändert wird, weil der ausgetretene Arbeitgeber auf diese Modifizierung des Tarifvertrages wegen seiner fehlenden Organisationszugehörigkeit keinen Einfluß mehr nehmen kann. Für die Frage des Fortbestehens der Tarifgebundenheit macht es keinen Unterschied, ob die Tarifvertragsparteien eine Änderung des Tarifvertrages vornehmen oder nach der Kündigung des Tarifvertrages ein inhaltlich teilweise geänderter neuer Tarifvertrag abgeschlossen wird. Die Rechtsklarheit spricht für ein Ende der Tarifgebundenheit in beiden Fällen. Die Annahme einer – teilweisen – Fortgeltung führt zu der abzulehnenden Konsequenz, daß nebeneinander einerseits eine Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 3 TVG für den unveränderten Teil des Tarifvertrages besteht und anderseits eine Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG für den von der Änderung erfaßten Teil des Tarifvertrages eintritt (vgl. schon BAG 17. Mai 2001 aaO).

Die Annahme einer die Nachbindung beendenden Änderung ist auch in der Sache umsomehr gerechtfertigt, als durch die Zusatzvereinbarung zum MTV-Brauereien nicht nur die Entgeltfortzahlung neu geregelt, sondern auch die Laufzeit des Tarifvertrages erheblich verlängert worden ist. Der MTV-Brauereien kann nunmehr erstmals zum 31. Dezember 2000 gekündigt werden statt – wie ursprünglich vereinbart – zum 31. Dezember 1997. Dadurch wurde der Tarifvertrag nicht nur punktuell und marginal neu gefaßt, sondern hat der Gesamtkontext eine erhebliche inhaltliche Änderung erfahren.

2. Die tariflichen Regelungen der §§ 12, 13 MTV-Brauereien galten auch nicht mehr kraft gesetzlicher Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG.

a) Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten die Rechtsnormen eines Tarifvertrags nach seinem Ablauf weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG schließt sich bei einem Verbandsaustritt an das Ende der verlängerten Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 3 TVG an (BAG 17. Mai 2000 aaO; 4. April 2001 – 4 AZR 215/00 – aaO; 1. August 2001 – 4 AZR 82/00 – NZA 2002, 41).

b) Die Nachwirkung hat nur eine Überbrückungsfunktion. Sie findet ihr Ende, wenn die Tarifnormen durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Das kann durch eine einzelvertragliche Abmachung erfolgen (BAG 24. November 1999 – 4 AZR 666/98 – BAGE 93, 24; 17. Mai 2000 aaO).

c) Indem der Kläger das Änderungsangebot der Beklagten unter Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung angenommen hat, ist eine solche einzelvertragliche Abmachung zwischen den Parteien unter der Bedingung zustande gekommen, daß sich die Änderung der Arbeitsbedingungen in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozeß als sozial gerechtfertigt erweisen.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Annahme eines Angebotes unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG könne deshalb nicht zu einer anderen Abmachung iSd. § 4 Abs. 5 TVG führen, weil nach dem Wortlaut der Norm allein ein wechselseitiges Einverständnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber der Nachwirkung ein Ende setzen könne und deshalb jede einseitig vom Arbeitgeber oktroyierte Änderung ausgeschlossen sei (Kempen/Zachert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 306). Die abweichenden Abmachungen müssen nicht im Wege einer konsensualen Konfliktlösung einvernehmlich zustande kommen (vgl. Löwisch/Rieble TVG § 4 Rn. 229; dieselben MünchArbR 2. Aufl. § 273 Rn. 8; Wiedemann/Wank TVG 6. Aufl. § 4 Rn. 356; ErfK-Schaub 2. Aufl. § 4 TVG Rn. 77; Hanau/Kania DB 1995, 1229, 1231; Schwab BB 1994, 781, 782). Auch die durch eine Änderungskündigung herbeigeführte Vertragsänderung erfüllt deshalb die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 TVG (s. auch schon BAG 28. Januar 1987 – 5 AZR 323/86 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 16 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 8, zu IV 1 a der Gründe). Die Änderung des Arbeitsverhältnisses kommt hier nur zustande, wenn der Arbeitnehmer sich mit den neuen Arbeitsbedingungen einverstanden erklärt. Seine Vertragsfreiheit wird lediglich dadurch eingeschränkt, daß ihn der Arbeitgeber unter den Voraussetzungen des § 2 KSchG vor die Wahl stellen kann, entweder das Änderungsangebot anzunehmen oder den Arbeitsplatz zu verlieren. Akzeptiert der Arbeitnehmer die Änderungskündigung vorbehaltlos, steht dies sowieso einem Änderungsvertrag gleich. Nimmt er das Änderungsangebot unter Vorbehalt an, liegt eine Zustimmung vor, die zur Abänderung der Arbeitsbedingungen zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist führt, sobald die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung gemäß §§ 2, 1 KSchG rechtskräftig festgestellt ist. Dann liegt gleichfalls eine übereinstimmende Vereinbarung über die geänderten Arbeitsbedingungen vor.

II. Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die mit Schreiben vom 9. Dezember 1998 eingeleitete Betriebsratsanhörung zur Änderungskündigung sei ordnungsgemäß. Die Änderungskündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

1. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Das gilt auch für die Änderungskündigung (Senat 20. März 1986 – 2 AZR 294/85 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 14 = EzA KSchG § 2 Nr. 6). Dabei sind bei der Änderungskündigung dem Betriebsrat nicht nur die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen, sondern auch das Änderungsangebot mitzuteilen (Senat 20. März 1986 aaO; 19. Mai 1993 – 2 AZR 584/92 – BAGE 73, 151).

Nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist eine Kündigung nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat vorher angehört zu haben, sondern auch dann, wenn er seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachgekommen ist (Senat 22. September 1994 – 2 AZR 31/94 – BAGE 78, 39; 17. Februar 2000 – 2 AZR 913/98 – BAGE 93, 366). Aus dem Sinn und Zweck der Anhörung folgt für den Arbeitgeber die Verpflichtung, die Gründe für seine Kündigungsabsicht derart mitzuteilen, daß er dem Betriebsrat eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalts gibt. Die Kennzeichnung des Sachverhalts muß einerseits so genau und umfassend sein, daß der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Der Arbeitgeber genügt daher der ihm obliegenden Mitteilungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, stich- oder schlagwortartig umschreibt oder lediglich ein Werturteil abgibt, ohne die für seine Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen. Da die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG aber nicht darauf abzielt, die Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung zu überprüfen, sondern sich darauf beschränkt, im Vorfeld der Kündigung auf die Willensbildung des Arbeitgebers Einfluß zu nehmen, sind an die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei der Anhörung nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungslast im Kündigungsschutzprozeß. Der Senat hat daher aus § 102 Abs. 1 BetrVG den Grundsatz der sog. subjektiven Determinierung abgeleitet, nach dem der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber ihm die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (Senat 22. September 1994 und 17. Februar 2000, beide aaO). Teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen nicht mit, weil er die Kündigung darauf nicht stützen will oder weil er sie bei seinem Kündigungsentschluß für unerheblich oder entbehrlich hält, dann ist die Anhörung zwar selbst ordnungsgemäß erfolgt. Die in objektiver Hinsicht unvollständige Unterrichtung hat lediglich „mittelbar” die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge, wenn der mitgeteilte Sachverhalt zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung nicht ausreicht, weil es dem Arbeitgeber verwehrt ist, Gründe nachzuschieben, die nicht Gegenstand der Betriebsratsanhörung waren (Senat 22. September 1994 aaO).

2. Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Betriebsrat mit dem Schreiben vom 9. Dezember 1998 und dessen Anlage 2 unter Bezugnahme auf die Gespräche vom 20. und 26. November 1998 über den aus ihrer Sicht maßgeblichen Kündigungssachverhalt und das Änderungsangebot ordnungsgemäß unterrichtet.

a) Im Anhörungsschreiben vom 9. Dezember 1998 hat die Beklagte zur Begründung der Änderungskündigung auf die Anlage 2 verwiesen. In der Anlage 2 hat sie zur Darlegung der Gründe für die Änderungskündigung auf ihre in den Gesprächen mit dem Betriebsrat vom 20. und 26. November 1998 dargestellte wirtschaftliche Situation und die bevorstehenden Sanierungsmaßnahmen Bezug genommen. Unstreitig ist, daß die Beklagte den Betriebsrat in den Gesprächen vom 20. und 26. November 1998 im einzelnen über den wirtschaftlichen Rahmen und die Sanierungsschritte sowie die beabsichtigten Einsparungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld informiert hatte. Damit hat sie die aus ihrer Sicht tragenden Umstände für die Änderungskündigung dem Betriebsrat mitgeteilt. Da es für die Mitteilung der Kündigungsgründe keiner bestimmten Form bedarf, konnte die Beklagte den Betriebsrat mündlich über die einzuleitenden Sanierungsmaßnahmen und deren Ursachen informieren.

b) Entgegen der Auffassung der Revision mußten dem Betriebsrat mit der Anlage 1 zum Schreiben vom 9. Dezember 1998 nicht der Familienstand des Klägers und seine Unterhaltspflichten mitgeteilt werden. Nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung beschränkt sich die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers auf die Gründe, die ihn aus seiner subjektiven Sicht zur Kündigung veranlassen. War nach Auffassung der Beklagten eine Sozialauswahl überhaupt nicht durchzuführen, insbesondere weil sie bei allen Mitarbeitern eine Streichung des Urlaubsgeldes und der Sonderzahlung erreichen will, konnte und brauchte sie dem Betriebsrat auch keine sozialen Auswahlgesichtspunkte mitzuteilen, weil für ihren Kündigungsentschluß diese nicht maßgeblich waren (Senat 21. September 2000 – 2 AZR 385/99 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107).

III. Die Revision erweist sich jedoch im Hinblick auf die Rüge der fehlenden sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung gemäß § 2 Satz 1 KSchG, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG als begründet.

1. Für eine betriebsbedingte Änderungskündigung nach § 2 Satz 1 KSchG müssen hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3 KSchG vorliegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt vom 1. Juli 1999 – 2 AZR 826/98 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 53 = EzA KSchG § 2 Nr. 35; 22. November 2000 – 2 AZR 547/99 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 52 = EzA KSchG § 2 Nr. 40) ist bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung zunächst das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG es bedingen und ob sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkanntswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß.

a) Die Unrentabilität des Betriebes kann einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages entgegenstehen und ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen sein, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stillegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind (vgl. Senat 26. Januar 1995 – 2 AZR 371/94 – BAGE 79, 159; 20. August 1998 – 2 AZR 84/98 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 50 = EzA KSchG § 2 Nr. 31; 12. November 1998 – 2 AZR 91/98 – BAGE 90, 182; 1. Juli 1998 – 2 AZR 826/98 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 53 = EzA KSchG § 2 Nr. 35; KR-Rost 5. Aufl. § 2 Rn. 107 a). Eine betriebsbedingte Änderungskündigung, die eine aus wirtschaftlichen Gründen sonst erforderlich werdende Beendigungskündigung vermeidet, ist danach grundsätzlich zulässig. Sie ist oft das einzige dem Arbeitgeber zur Verfügung stehende Mittel. So kommt etwa bei einem durch die hohe Vergütung wirtschaftlich für den Betrieb nicht mehr tragbaren Arbeitnehmer nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine Beendigungs-, sondern nur eine Änderungskündigung in Betracht. Das bedeutet allerdings nicht, daß die dringenden betrieblichen Erfordernisse schon im Zeitpunkt der Kündigung einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb dergestalt entgegenstehen müssen, daß der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung warten muß, bis sein Ruin unmittelbar bevorsteht. Prüfungsmaßstab ist, ob die schlechte Geschäftslage einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegensteht (zuletzt Senat 1. Juli 1999 aaO).

b) Stets müssen die betrieblichen Erfordernisse dringend sein. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, wenn er die vereinbarte Vergütung reduziert (Senat 26. Januar 1995 und 1. Juli 1999 aaO). Grundsätzlich sind einmal geschlossene Verträge einzuhalten. Es ist allgemein anerkannt, daß Geldmangel den Schuldner nicht entlastet. Die Dringlichkeit eines schwerwiegenden Eingriffs in das Leistungs-/Lohngefüge, wie es die Änderungskündigung zur Durchsetzung einer erheblichen Lohnsenkung darstellt, ist deshalb nur dann begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig setzt deshalb eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft (BAG 20. August 1998 und 1. Juli 1999 aaO). Vom Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang zu verlangen, daß er die Finanzlage des Betriebes, den Anteil der Personalkosten, die Auswirkung der erstrebten Kostensenkungen für den Betrieb und für die Arbeitnehmer darstellt und ferner darlegt, warum andere Maßnahme nicht in Betracht kommen (KR-Rost aaO § 2 Rn. 107 c).

2. Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs hält die Annahme des Berufungsgerichts, die Änderungen der Arbeitsbedingungen des Klägers seien sozial gerechtfertigt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Beklagte hat bisher ein dringendes betriebliches Erfordernis zum Ausspruch ihrer Änderungskündigung nicht schlüssig dargetan. Insbesondere ist aus ihrem bisherigen Vorbringen nicht hinreichend ersichtlich, daß Beendigungskündigungen oder die Stillegung des Betriebes erforderlich werden würden, wenn es nicht zu einer Kürzung des Urlaubsgeldes und der Jahressonderzahlungen bei allen Mitarbeitern gekommen wäre.

Zwar hat die Beklagte bereits ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen, um den vorhandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu begegnen. Dabei sind vor allem die durchgeführten Stillegungsmaßnahmen, die eingetretene Personalreduzierung von 151 Arbeitnehmern im Jahr 1992 auf 33 Mitarbeiter Ende 1998 und die eigenen Sanierungsbeiträge ihrer Gesellschafter durch Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft sowie das Einverständnis der Banken zur Tilgungsaussetzung zu nennen. Aus diesen Maßnahmen einerseits und den bisherigen Darstellungen der Beklagten zum Restrukturierungskonzept der Sozietät B. andererseits ergibt sich jedoch noch nicht schlüssig, daß in dem für die Beurteilung maßgeblichen Kündigungszeitpunkt die geplante Entgeltreduzierung zur Sanierung des Betriebs notwendig war. Das Restrukturierungskonzept sieht eine Senkung der Personalkosten für Ende 1998 auf 2.843.000,00 DM (jährlich) vor. Demgegenüber sah der Gewinn- und Verlustplan der Wirtschaftsprüfergesellschaft K. für das Jahr 1998 noch einen Personalkostenaufwand von 3.071.000,00 DM vor. Ob und warum diese Zahlen korrigiert worden sind bzw. werden mußten, hat die Beklagte bisher nicht dargelegt. Ferner hat sie nicht erläutert, welchen Personalkostenaufwand die Planungen für das Jahr 1999 vorgesehen haben. Gleiches gilt für die Frage, ob sie den Eckwert aus dem Gewinn- und Verlustplan der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K. für das Jahr 1999 zugrundelegen will, der hier eine Summe von 2.766.000,00 DM vorsah. Es kommt vor allem hinzu, daß das Restrukturierungskonzept der Sozietät B. den Personalkostenaufwand auf der Basis von 35 Mitarbeitern berechnet. Insoweit fehlt ein näherer Sachvortrag, warum das Ziel nicht schon deshalb erreicht worden ist, weil bei der Beklagten zum Kündigungszeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist unstreitig nur noch 33 Mitarbeiter beschäftigt waren. Das gilt umsomehr, als die Beklagte selbst vorgetragen hat, bei Aufrechterhaltung der Sonderzahlungen hätte sie drei Mitarbeitern kündigen müssen. Hatte sich die Mitarbeiterzahl aber schon zum Kündigungszeitpunkt im Verhältnis zum Restrukturierungskonzept um zwei verringert, so ist – ohne nähere Erläuterung – nicht erkennbar, warum und in welcher Höhe bei den Personalkosten noch ein Einsparungsbetrag in der behaupteten Höhe vorlag. Es fehlt zum einen eine detaillierte Darstellung zum konkreten Personalkostenaufwand zum Kündigungszeitpunkt (Ist-Zustand) und zum anderen ein detaillierter Vortrag zur zukünftigen Entwicklung des Personals und des Personalkostenaufwands.

3. Ob die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist, läßt sich mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Restrukturierungsplan der Beklagten und der tatsächlichen Personal- und Personalkostenentwicklung nicht abschließend beurteilen. Die Sache ist daher – auch aus Gründen rechtlichen Gehörs – zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, § 565 Abs. 1 ZPO.

Das Landesarbeitsgericht hat die Diskrepanz zwischen dem Restrukturierungsplan, der auf der Basis von 35 Arbeitnehmern die Personalkostenentwicklung plant, und der Beschäftigung von lediglich noch 33 Arbeitnehmern zum Kündigungszeitpunkt nicht berücksichtigt. Es wird aufzuklären haben, welche Auswirkungen diese Differenz auf die Personalkostenentwicklung hat und ob trotz des Wegfalls von zwei Arbeitsplätzen ein weiterer Beitrag zur Reduzierung der Personalkosten zum Erhalt von Arbeitsplätzen noch notwendig war. Dabei wird es ggf. auch zu prüfen haben, ob neben der Kürzung der Jahressonderzahlung auch eine Kürzung des Urlaubsgeldes erforderlich war und nicht bereits ein Maßnahmenteil nach dem Restrukturierungsplan ausreichte. Zu beachten ist insoweit auch, welchen konkreten Sachverhalt und welche konkreten Zahlen die Beklagte dem Betriebsrat mitgeteilt hat und ob die weiteren Erläuterungen deshalb für die Beurteilung des Kündigungssachverhalts überhaupt verwendbar sind. Ferner wird der Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben sein, ob und welche konkreten Vorgaben die kreditgebenden Banken ihr gemacht haben. Unabhängig vom Vorliegen eines Gesamtsanierungskonzepts kann ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Abänderung der bisherigen Arbeitsbedingungen unter Umständen auch dann gegeben sein, wenn die Gewährung oder Verlängerung bestimmter Kreditverträge durch den Kreditgeber von Einsparungen zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einer bestimmten Art und Weise abhängig gemacht werden (BAG 11. Oktober 1989 – 2 AZR 375/88 – RzK I 7 h Nr. 9). Der bloße allgemeine Hinweis der kreditgewährenden Bank nach einer rentableren Betriebsführung genügt allein jedoch nicht.

 

Unterschriften

Rost, Bröhl, Eylert, Bensinger, Pitsch

 

Fundstellen

Haufe-Index 742906

BAGE, 167

BB 2002, 1914

DB 2002, 2169

BuW 2002, 836

ARST 2002, 210

ARST 2002, 236

EWiR 2002, 819

FA 2002, 286

NZA 2002, 750

SAE 2002, 204

ZTR 2002, 374

AP, 0

EzA-SD 2002, 13

EzA

PERSONAL 2002, 50

AUR 2002, 276

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