Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Diplomlehrerin für „intellektuell Geschädigte”

 

Leitsatz (redaktionell)

Fortführung der Rechtsprechung zur Eingruppierung von Sonderschullehrern mit einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von vier Jahren (BAG Urteil vom 17. Juli 1997 – 6 AZR 642/95 – n.v.; Urteil vom 21. November 1996 – 6 AZR 444/95 – AP Nr. 14 zu § 11 BAT-O; Urteil vom 8. August 1996 – 6 AZR 230/95 – AP Nr. 55 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; Urteil vom 7. August 1997 – 6 AZR 716/95 – AP Nr. 62 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

 

Normenkette

BAT §§ 22, 23 Lehrer; BAT-O § 11; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O § 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 30.07.1996; Aktenzeichen 5 Sa 308/96)

ArbG Chemnitz (Urteil vom 14.12.1995; Aktenzeichen 15 Ca 8403/95)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 30. Juli 1996 – 5 Sa 308/96 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 14. Dezember 1995 – 15 Ca 8403/95 – abgeändert:

Für die Zeit bis zum 30. Juni 1995 wird die Klage abgewiesen.

3. Für die Zeit ab 1. Juli 1995 wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist seit 1976 beim Beklagten und seinem Rechtsvorgänger als Lehrerin beschäftigt. Sie absolvierte zunächst am Institut für Heimerzieherausbildung Hohenprießnitz eine Ausbildung als Erzieherin und bestand 1976 die Fachschulabschlußprüfung, die sie berechtigte, die Berufsbezeichnung „Erzieher für Jugendheime” zu führen. 1982 legte sie als Externe am Institut für Lehrerbildung „Clara-Zetkin” in Rochlitz folgende Prüfungen ab: „Methodik des Mathematikunterrichts” und „schulpraktische Prüfung im Fach Mathematik”. Im Juli 1987 erwarb sie nach einem vierjährigen Fernstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin in der Fachrichtung der Pädagogik der intellektuell Geschädigten den Hochschulabschluß und die Berechtigung, die Berufsbezeichnung „Diplomlehrer für intellektuell Geschädigte” zu führen.

Seit 1991 ist sie Mitglied des Sächsischen Lehrerverbandes, der als Fachgewerkschaft der Tarifunion des Deutschen Beamtenbundes Mitglied der Gemeinschaft von Gewerkschaften und Verbänden des öffentlichen Dienstes (GGVöD) ist.

Mit Änderungsvertrag vom 30. August 1991 vereinbarten die Parteien u.a.:

㤠1

Alle bisherigen Regelungen des Arbeitsvertrages vom 6.10.77 einschließlich erfolgter Änderungen verlieren ihre Gültigkeit und werden durch die Regelung des BAT-O ersetzt. Dies gilt insbesondere für die Zuordnung zu einer Gehaltsgruppe, für die Zahlung von Zulagen, Zuschlägen etc. Die Regelungen des Einigungsvertrages gelten uneingeschränkt weiter.

Ist das Arbeitsverhältnis aufgrund früherer Vereinbarung befristet, verbleibt es bei der Befristung.

Auf eine noch laufende Probezeit hat dieser Änderungsvertrag keinen Einfluß.

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

§ 3

Für die Eingruppierung gilt der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die von der Anlage 1 a nicht erfaßten Angestellten, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung.

Danach ist der/die Angestellte in der Vergütungsgruppe III eingruppiert.

Seit 1992 unterrichtet die Klägerin an der Förderschule für Lernbehinderte in L. Mit Schreiben vom 17. September 1992 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß die mit Wirkung vom 1. Juli 1991 vorgenommene Eingruppierung fehlerhaft sei und ihr zutreffenderweise Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O zustehe. Mit einem weiteren Schreiben vom 1. Dezember 1992 teilte ihr der Beklagte mit, ihr stehe Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O zu. Mit Schreiben vom 22. Dezember 1992, dem Beklagten noch im gleichen Monat zugegangen, widersprach die Klägerin der Rückgruppierung.

Mit Schreiben vom 10. November 1995 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß sie ab 1. Juli 1995 nach den Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995, Teil B, Abschnitt III Nr. 8 in VergGr. IV b eingruppiert sei.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Vergütung nach VergGr. III BAT-O; sie meint, sie verfüge über eine Lehrbefähigung für Mathematik, Sport und Biologie und damit über eine Lehrbefähigung für ein weiteres Fach neben Deutsch oder Mathematik. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie könne ab dem 1. Januar 1993 Vergütung nach der VergGr. III BAT-O beanspruchen, weil sie die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 12 der Anlage 1 zur 2. Besoldungs-Übergangsverordnung (2. BesÜV) erfülle. Sie sei Sonderschullehrerin mit einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren. Daß es sich bei dem Studium um ein Fernstudium gehandelt habe, stehe einer Einstufung nach der Besoldungsgruppe A 12 nicht entgegen, da die Verordnung keine Differenzierung zwischen Fernstudium und Direktstudium vornehme. Auch für die Zeit ab dem 1. Juli 1995 könne sie Vergütung nach der VergGr. III BAT-O beanspruchen; die Anlage 1 zur 2. BesÜV gelte kraft Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG weiter.

Die Klägerin hat beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, sie ab 1. Januar 1993 nach BAT-O III einzugruppieren und entsprechend zu vergüten.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, das von der Klägerin absolvierte vierjährige Fernstudium könne nicht als für das Lehramt des Sonderschullehrers geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren berücksichtigt werden, da ein Fernstudium lediglich mit der Hälfte seiner Zeit veranschlagt werden könne. Auch für die Zeit ab 1. Juli 1995 könne die Klägerin nach den seitdem geltenden TdL-Richtlinien keine Vergütung nach VergGr. III BAT-O beanspruchen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage für den Zeitraum bis zum 30. Juni 1995 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht der Klage insgesamt stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet. Die Klägerin erfüllt im Zeitraum vom 1. Januar 1993 bis zum 30. Juni 1995 nicht die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die VergGr. III BAT-O; ob die Klägerin für die Zeit ab 1. Juli 1995 nach VergGr. III BAT-O zu vergüten ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist daher aufzuheben und die Klage hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Januar 1993 bis zum 30. Juni 1995 abzuweisen, für den anschließenden Zeitraum ab 1. Juli 1995 ist der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Vergütung der angestellten Lehrkräfte richte sich nach der Anl. 1 zur 2. BesÜV, die über den 1. Juli 1995 hinaus weiter gelte, bis der Beklagte eine landesrechtliche Besoldungsordnung für beamtete Lehrer erlassen habe. Die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 12 dieser Anlage seien im Fall der Klägerin erfüllt. Sie sei Sonderschullehrerin mit einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von vier Jahren. Daß es sich dabei um ein Fernstudium gehandelt habe, spiele keine Rolle. Eine beabsichtigte unterschiedliche Behandlung von Fernstudium und Direktstudium sei nicht deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

II.1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. III BAT-O für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 30. Juni 1995.

a) Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (BAG Urteile vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 28. September 1994 – 4 AZR 619/93 – AP Nr. 38 zu § 2 BeschFG 1985). Da es der Klägerin allein auf die Feststellung ankommt, daß der Beklagte zur Zahlung der von ihr begehrten Vergütung verpflichtet ist, hat das Landesarbeitsgericht den Antrag der Klägerin zu Recht nicht als unbestimmten Leistungsantrag, sondern als für Eingruppierungsklagen im öffentlichen Dienst zulässigen Feststellungsantrag ausgelegt. Streitgegenstand im vorliegenden Revisionsverfahren ist ausschließlich der Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der VergGr. III BAT-O; nicht aber zugleich die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O.

b) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Damit sind für die Eingruppierung der Klägerin für die Zeit bis zum 30. Juni 1995 folgende Bestimmungen anzuwenden:

a)§ 2 du Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991

3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die

als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 II fallen,

beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde.

b)Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 II BAT-O)

Nr. 1

Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –

Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).

Protokollnotiz:

Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

Nr. 3 a

Zu §§ 23 bis 25 – Eingruppierung –

Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.

Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.

c)ZweiteVerordnung über besoldungsrechtitche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl. I 8.1345)

§ 7

Besoldungsordnungen

(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung…

Anlage 1

Besoldungsgruppe A 12

Lehrer[1]

  • als Diplomlehrer im Unterricht der Klassen 5 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule –
  • als Diplomlehrer im Unterricht nach der Klasse 10 an einer allgemeinbildenden Schule oder im allgemeinbildenden Unterricht an einer beruflichen Schule –
  • als Diplomingenieurpädagoge im berufstheoretischen Unterricht an einer beruflichen Schule –

Lehrer[2]

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

Sonderschullehrer[3]

– als Sonderschulpädagoge im Unterricht an einer Sonderschule –

c) Die Klägerin ist Lehrkraft im Sinne dieser tariflichen Bestimmungen, da sie seit dem 1. Januar 1993 an einer Sonderschule des Beklagten Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebs vermittelt. Für ihre Eingruppierung ist daher nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anl. 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden.

d) Die Eingruppierung der Klägerin erfolgt gemäß § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Soweit die Tarifvertragsparteien in Nr. 3 a SR 2 II BAT-O auf die Vorschriften der 2. BesÜV verweisen, ist diese tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (BAG Urteil vom 7. August 1997 – 6 AZR 716/95 – AP Nr. 62 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O).

Nach den danach anzuwendenden Vorschriften der 2. BesÜV steht der Klägerin während des Zeitraums vom 1. Januar 1993 bis zum 30. Juni 1995 ein Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. III BAT-O, die der Besoldungsgruppe A 12 entspricht, nicht zu. Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen der Einstufung in die Besoldungsgruppe A 12.

Zwar ist die Klägerin Sonderschullehrerin, erteilt als Sonderschulpädagogin Unterricht an einer Sonderschule und hat ein für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium absolviert; dieses Hochschulstudium umfaßt jedoch nicht die geforderte Dauer von mindestens vier Studienjahren im Sinne der Fußnote 4.

Zur Auslegung der in der 2. BesÜV normierten Voraussetzungen für die Einstufung beatmeten Lehrer sind die für die Ausbildung der Lehrer in der ehemaligen DDR maßgeblichen Rechtsgrundlagen heranzuziehen, weil der Verordnungsgeber mit dem Erlaß der 2. BesÜV der Ausbildung der Lehrer und dem Schulsystem der ehemaligen DDR Rechnung tragen wollte (BAG Urteil vom 21. November 1996 – 6 AZR 444/95 – AP Nr. 14 zu § 11 BAT-O). Danach kann ein vierjähriges Fernstudium zur Erfüllung der Anforderung der Fußnote 4 zur Besoldungsgruppe A 12 nicht als ausreichend angesehen werden. Für die Ausbildung der Klägerin folgt das aus der gemeinsamen Anweisung des Ministers für Volksbildung und des Ministers für Hoch- und Fachschulwesen zur Ausbildung von Pädagogen für Einrichtungen des Sonderschulwesens vom 21. August 1979 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen Nr. 5, S. 31 – im folgenden: Anweisung 79). Nach der Anweisung 79 konnten Lehrer, die wie die Klägerin, ihre weiterführende Ausbildung auf eine abgeschlossene Fachschulausbildung aufbauten, die Ausbildung zum Diplomlehrer in einem vierjährigem Fernstudium an der Sektion Rehabilitationspädagogik und Kommunikationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin (§ 2 Abs. 2 a) oder in einem zweijährigen Direktstudium an der Sektion Erziehungswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (§ 2 Abs. 2 b) absolvieren. Daraus folgt, daß der Verordnungsgeber, wenn er ein wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren verlangt, keinen Hochschulabschluß meint, der auch durch ein zweijähriges Studium erworben werden konnte. Die für die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 12 der Anl. 1 zur 2. BesÜV geforderte wissenschaftliche Hochschulausbildung von mindestens vier Studienjahren bezieht sich also auf ein Direktstudium dieser Dauer. Über eine solche Ausbildung verfügt die Klägerin nicht. Ein Fernstudium als berufsbegleitendes Studium kann einem Direktstudium nicht gleichgestellt werden. Um das gleiche Ausbildungsziel zu erreichen, dauert ein berufsbegleitendes Fernstudium länger als ein Direktstudium (BAG Urteile vom 17. Juli 1997 – 6 AZR 642/95 – n.v.; vom 21. November 1996 – 6 AZR 444/95 – aaO; Urteil vom 8. August 1996 – 6 AZR 230/95 – AP Nr. 55 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

e) Die Klägerin erfüllte im Zeitraum bis zum 30. Juni 1995 auch nicht die Voraussetzungen der arbeitsvertraglich vereinbarten TdL-Richtlinien. In diesen war bestimmt:

E. Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis

I. Eingruppierung

a) Allgemeinbildende Schulen

Vergütungsgruppe III

1. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer, die Unterricht in den Klassen 5 bis 10) an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

2. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer, die Unterricht nach der Klasse 10 an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

3. Sonderschullehrer als Sonderschulpädagoge mit einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen

5) Hierunter fallen auch Lehrer, die bei entsprechender organisatorischer Zusammenfassung der Klassen 7 bis 10 nur in diesen Klassen Unterricht erteilen.

Zum 1. Januar 1994 wurde in der Vergütungsgruppe III eine Fallgruppe 4 mit folgendem Wortlaut aufgenommen:

4. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen.

Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Fallgruppen 3 und 4 der VergGr. III BAT-O sind nicht erfüllt, da die Klägerin nicht über ein für das Lehramt an einer Sonderschule geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren verfügt; insoweit sind die Tätigkeitsmerkmale der TdL-Richtlinien mit denen der 2. BesÜV identisch (BAG Urteil vom 7. August 1997 – 6 AZR 716/95 – AP Nr. 62 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Die Klägerin hat auch keine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung als Diplomlehrer und ein für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren nach Fallgr. 4 aufzuweisen; insoweit ist neben einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Jahren, dem das vierjährige Fernstudium der Klägerin gleichzusetzen ist, eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung als Diplomlehrer erforderlich (BAG Urteil vom 17. Juli 1997 – 6 AZR 642/95 – n.v.). Über eine solche zusätzliche Ausbildung verfügt die Klägerin, die eine Fachschulausbildung als Erzieherin für Jugendheime und eine zusätzliche Prüfung zum Mathematikunterricht absolviert hat, nicht.

2. Über den Vergütungsanspruch für die Zeit ab 1. Juli 1995 kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

Soweit die Klägerin mit ihrem auf unbestimmte Zeit als Feststellungsantrag anzusehenden Klageantrag Vergütung nach VergGr. III BAT-O ab 1. Juli 1995 begehrt, ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Zu einer abschließenden Entscheidung bedarf es weiterer Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.

a) Die aufgrund der tariflichen Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O und Nr. 3 a Unterabsatz 1 SR 2 II BAT-O für die Eingruppierung maßgebende 2. BesÜV galt gemäß Art. 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung vom 23. August 1994 (BGBl. I S. 2186) nur bis zu einer landesrechtlichen Einstufung der Lehrer mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR, längstens jedoch bis zum 1. Juli 1995. Eine landesrechtliche Regelung über die Lehrerbesoldung ist im Gegensatz zu den anderen neuen Bundesländern beim Beklagten nicht erfolgt. Die 2. BesÜV galt daher lediglich bis zum 1. Juli 1995. Da beim Beklagten seit dem 1. Juli 1995 keine beamtenrechtliche Regelung über die Einstufung von Lehrkräften besteht, sind diese – entsprechend der tariflichen Regelung in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 – nach näherer Maßgabe von Richtlinien einzugruppieren (BAG Urteil vom 7. August 1997 – 6 AZR 716/95 – aaO).

b) Maßgebend ist daher die Regelung des Beklagten mit Wirkung zum 1. Juli 1995 durch die „Richtlinien zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer” (Arbeitgeberrichtlinien) sowie die „Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) vom 22. Juni 1995” (Information des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte des Freistaates Sachsen vom 20. Oktober 1995, Amtsblatt des Sächsischen Ministeriums für Kultus Nr. 14 vom 14. November 1995, S. 347 ff.).

Soweit Abschn. C der Arbeitgeberrichtlinien Tätigkeitsmerkmale in der VergGr. III enthält, wonach „Lehrer mit einer abgeschlossenen Ausbildung als … Erzieher mit einer Lehrbefähigung für die unteren Klassen in den Fächern Deutsch oder Mathematik und einem Wahlfach mit zusätzlichen Diplomabschluß als Diplomlehrer für eine sonderpädagogische Fachrichtung” in VergGr. III eingruppiert sind, bedarf es weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts insbesondere zu der Frage, ob die Klägerin neben einer Lehrbefähigung für die unteren Klassen in den Fächern Deutsch oder Mathematik auch die Lehrbefähigung für ein Wahlfach besitzt (3. Spiegelstrich der VergGr. III); diese Frage ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin hat dies unter Bezugnahme auf die Änderungsmitteilung der Beklagten vom 10. November 1995 vorgetragen; der Beklagte hat ausdrücklich bestritten, daß die Klägerin eine Lehrbefähigung im Fach Sport oder im Fach Biologie besitze.

Eine Vergütung nach VergGr. III BAT-O ist nach den Lehrer-Richtlinien-Ost der TdL vom 22. Juni 1995 für Lehrkräfte an Sonderschulen (Abschnitt III) nicht vorgesehen.

III. Das Landesarbeitsgericht hat auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.

 

Unterschriften

Dr. Freitag, Dr. Jobs, Hauck, Bacher, Burger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1126983

[1] Mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung,

Als Eingangsamt.

[2] Mit einem abgeschlossenen ergänzenden Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrats der DDR vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 63 S. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung.
[3] Als Eingangsamt,

Mit einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren.

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