Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslösung. holz- und kunststoffverarbeitende Industrie

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 12 Manteltarifvertrag für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Baden-Württemberg vom 30. Januar 1985 haben alle tarifunterworfenen Arbeitnehmer, die aus dem Betrieb zu auswärtigen Montage- und Reparaturarbeiten entsandt werden, einen Anspruch auf die tarifliche Auslösung. Dabei differenzieren die Tarifvertragsparteien nicht nach gelegentlichem und ständigem auswärtigen Einsatz für derartige Arbeiten. Dies ergibt sich aus einer Tarifauslegung nach Tarifwortlaut und tariflichem Gesamtzusammenhang.

2. Schon deswegen ist eine entgegenstehende praktische Tarifübung unbeachtlich. Sie kann überdies zur Tarifauslegung ohnehin nur herangezogen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung beider Tarifvertragsparteien praktiziert wird.

3. Die "Auffassung der beteiligten Berufskreise" ist kein selbständiges Kriterium der Tarifauslegung.

 

Normenkette

TVG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 09.04.1987; Aktenzeichen 4b Sa 129/86)

ArbG Heilbronn (Entscheidung vom 09.10.1986; Aktenzeichen 5 Ca 132/86)

 

Tatbestand

Der Kläger wurde bei der Beklagten am 23. Juli 1973 als Montageschreiner für das Werk in D eingestellt. Arbeitsvertraglich war vereinbart, daß der Kläger sowohl innerhalb als auch außerhalb des Betriebes eingesetzt werden konnte. Ganz überwiegend wurde er bei Montagen außerhalb des Betriebes tätig. In einer Ergänzung des Arbeitsvertrages vom 4. November 1985 vereinbarten die Parteien, daß der Kläger bei Montagen als Auslösung für Übernachtung und Verzehr 55,-- DM brutto pro Arbeitstag erhalten solle. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Baden-Württemberg in seiner jeweiligen Fassung (MTV) Anwendung.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß ihm bei auswärtigen Montagearbeiten ein Anspruch auf die tarifliche Auslösung in Höhe von 88,50 DM brutto pro Arbeitstag zustehe. Nach § 12 Ziffer 1 MTV in der Fassung vom 30. Januar 1985 sei der Montagezuschlag (Auslösung) allen Arbeitnehmern zu zahlen, die aus dem Betrieb zu Montage- und Reparaturarbeiten entsandt würden. Eine nach § 12 Ziffer 9 MTV mögliche abweichende Betriebsvereinbarung sei mit der erforderlichen Zustimmung der Tarifvertragsparteien nicht abgeschlossen worden. Demgemäß könne er für die Zeit vom 1. März 1986 bis zum 27. April 1986, während der er zu Montagearbeiten entsandt worden sei, die Differenz zwischen der tariflichen und der aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vom 4. November 1985 gezahlten Auslösung in der unstreitigen Höhe von 1.809,-- DM brutto beanspruchen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.809,-- DM

brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung

(11. Juni 1986) zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß der Kläger aus den tariflichen Bestimmungen über die Auslösung in § 12 MTV keine Ansprüche herleiten könne. Auslösung sei nach § 12 Ziffer 1 MTV nur Arbeitnehmern zu zahlen, die aus dem Betrieb zu Montage- und Reparaturarbeiten entsandt würden. Die tarifliche Regelung gelte daher nicht für Montagearbeiter, die ständig bei auswärtigen Montagen eingesetzt werden, sondern nur für solche, die gelegentlich zu Montagearbeiten entsandt würden. Montagearbeiter, die, wie der Kläger, ständig auswärtige Montagearbeiten durchführten, hätten keinen festen Arbeitsplatz im Betrieb. Demgemäß könne eine Entsendung zu Montagearbeiten im tariflichen Sinne nicht erfolgen. Diese Auslegung der tariflichen Bestimmung des § 12 Ziffer 1 MTV sei vom tarifschließenden Arbeitgeberverband in seinen Erläuterungen zum MTV stets vertreten worden. Sie folge auch aus der Tarifgeschichte. Im Manteltarifvertrag in der Fassung vom 15. Dezember 1969 seien Auslösungen "für Montage- und Reparaturarbeiten außerhalb des Betriebes" vorgesehen gewesen. Diese Regelung sei durch den Manteltarifvertrag in der Fassung vom 7. März 1978 geändert worden, um klarzustellen, daß der Auslösungsanspruch nur Gelegenheitsmonteuren, die einen festen Arbeitsplatz im Betrieb hätten, zustehen solle. Diese Regelung sei im Manteltarifvertrag in der Fassung vom 30. Januar 1985 beibehalten worden. Für Monteure, die ständig auswärtige Montagearbeiten im Bundesgebiet durchführten und für Auslandsmontagen hätten die Tarifvertragsparteien in § 12 Ziffer 9 MTV sowohl in der Fassung vom 7. März 1978 als auch in der Fassung vom 30. Januar 1985 die Möglichkeit des Abschlusses von Betriebsvereinbarungen vorgesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Beschränkung des Zinsanspruches auf Zinsen aus dem Nettobetrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, daß dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Auslösung nach § 12 des Manteltarifvertrages für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Baden-Württemberg in der unstreitigen Höhe von 1.809,-- DM brutto zusteht.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Baden-Württemberg (MTV) in seiner jeweiligen Fassung aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 TVG). Damit ist für die Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs § 12 MTV in der Fassung vom 30. Januar 1985 heranzuziehen. Diese tarifliche Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

§ 12

Montageregelung

1. Arbeitnehmer, die aus dem Betrieb zu Montage- und

Reparaturarbeiten entsandt werden, erhalten zur

Abgeltung der dadurch entstehenden Mehraufwendungen

einen Montagezuschlag (Auslösung), wenn die Arbeit

mehr als 4 Stunden in Anspruch nimmt.

......

9. Abweichende Betriebsvereinbarungen bedürfen der

Zustimmung der Tarifvertragsparteien.

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß dem Kläger nach § 12 Ziffer 1 MTV in der Fassung vom 30. Januar 1985 der tarifliche Auslösungsanspruch in der unstreitigen Höhe von 88,50 DM brutto pro Arbeitstag zustehe, da er in der Zeit vom 1. März 1986 bis 27. April 1986 aus dem Betrieb für Montagearbeiten entsandt gewesen sei. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, daß der Wortlaut des § 12 Ziffer 1 MTV nicht eindeutig sei. Er sei aber dahingehend auszulegen, daß der Auslösungsanspruch allen Montagearbeitern zustehe, die am Sitz des Betriebes und nicht am auswärtigen Einsatzort eingestellt worden seien. In diesen Fällen liege eine Entsendung aus dem Betrieb sowohl dann vor, wenn der Montagearbeiter gelegentlich bei auswärtigen Montagearbeiten eingesetzt werde als auch dann, wenn er keinen festen Arbeitsplatz im Betrieb habe, sondern ständig auf auswärtigen Einsatzorten beschäftigt werde. Der Wortlaut der tariflichen Bestimmung lasse eine Beschränkung des Auslösungsanspruches auf Gelegenheitsmontagen nicht zu. Auch der Sinn und Zweck der Auslösung rechtfertige keine unterschiedliche Behandlung der ständigen Entsendung zu Montagearbeiten und der gelegentlichen Entsendung. In beiden Fällen entstünden dem Montagearbeiter die gleichen Aufwendungen, deren Abgeltung die Auslösung bezwecke. Die von der Beklagten vertretene Auffassung folge auch nicht aus der Tarifgeschichte. Die Tarifvertragsparteien hätten in Abänderung der Fassung des Manteltarifvertrages vom 15. Dezember 1969 mit der Fassung des Manteltarifvertrages vom 7.März 1978 lediglich klargestellt, daß Monteuren, die am Einsatzort eingestellt werden, keine Auslösung zustehen solle. Die Formulierungen der Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen in § 12 Ziffer 9 des Manteltarifvertrages in den Fassungen vom 7. März 1978 und vom 30. Januar 1985 zeigten zudem deutlich, daß die Tarifvertragsparteien den Auslösungsanspruch allen Montagearbeitern gewähren wollten; nur diese Regelung ergänzende bzw. von ihr abweichende Betriebsvereinbarungen seien nämlich zulässig. Eine praktikable Abgrenzung im Sinne der Auffassung der Beklagten zwischen ständigen und gelegentlichen Montagearbeiten sei außerdem nicht möglich. Die von den tariflichen Bestimmungen zuungunsten des Kläger abweichende Vereinbarung vom 4. November 1985 sei deshalb nach § 4 TVG rechtsunwirksam.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im wesentlichen zuzustimmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat die Tarifauslegung - entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung - zunächst von dem Tarifwortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mit zu berücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mit berücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhanges der Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben hingegen bei entsprechender Auswertung des Tarifwortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhanges als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfalle noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden. Dagegen ist die "Auffassung der beteiligten Berufskreise" kein selbständiges Auslegungskriterium, weil sie für sich allein über den Willen der Tarifvertragsparteien nichts aussagt und für sich genommen zum Tarifrecht keinen Bezug hat. Hingegen kann die "Auffassung der beteiligten Berufskreise" von den Tarifvertragsparteien zum Gegenstand einer tariflichen Regelung gemacht werden. Dann ist sie bereits im Rahmen des Tarifwortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhanges nach den allgemeinen Grundsätzen zu berücksichtigen (BAGE 46, 308, 313 f. = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung, seitdem ständige Senatsrechtsprechung).

Nach dem Wortlaut der tariflichen Bestimmung des § 12 Ziffer 1 MTV erhalten alle Arbeitnehmer, die aus dem Betrieb zu Montage- und Reparaturarbeiten entsandt werden, zur Abgeltung der dadurch entstehenden Mehraufwendungen einen Montagezuschlag (Auslösung). Die Tarifvertragsparteien stellen damit allein auf die Entsendung aus dem Betrieb zu Montage- und Reparaturarbeiten ab. Eine Entsendung aus dem Betrieb liegt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis des Montagearbeiters am Betriebssitz begründet wurde und er entsprechend den Weisungen des Arbeitgebers außerhalb des Betriebes Montage- und Reparaturarbeiten zu erbringen hat.

Diese Voraussetzungen lagen beim Kläger im Anspruchszeitraum unstreitig vor. Nach seinem Arbeitsvertrag war der Kläger ausdrücklich für das Werk der Beklagten in D mit der Maßgabe eingestellt worden, daß er auch außerhalb des Betriebes eingesetzt werden konnte. Ein entsprechender Einsatz zu Montagearbeiten erfolgte in der Zeit vom 1. März 1986 bis zum 27. April 1986, so daß der vom Kläger geltend gemachte Auslösungsanspruch nach § 12 Ziffer 1 MTV begründet ist.

Im Wortlaut der tariflichen Bestimmung des § 12 Ziffer 1 MTV kommt entgegen der Auffassung der Beklagten hingegen nicht zum Ausdruck, daß der Auslösungsanspruch nur bei einer "gelegentlichen" Entsendung aus dem Betrieb entsteht, während Montagearbeiter, die ständig an auswärtigen Montageorten eingesetzt werden, keine Auslösung erhalten sollen. Auch für eine entsprechende Differenzierung der Anspruchsvoraussetzungen danach, ob der Montagearbeiter einen festen Arbeitsplatz im Betrieb hat oder nicht, bietet der Tarifwortlaut keinerlei Anhaltspunkte. Gegenteilig weist vielmehr schon die Überschrift des § 12 MTV (Montageregelung) aus, daß die tarifliche Bestimmung grundsätzlich für alle Montagearbeiter gilt und die einzelnen in § 12 MTV geregelten Ansprüche nur von den jeweiligen tariflichen Voraussetzungen abhängig sind. Eine Beschränkung der Regelung des § 12 MTV auf die "gelegentliche" Ausführung von Montagearbeiten ist mithin nicht erkennbar.

Diese Auslegung ergibt sich auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, der neben dem Tarifwortlaut gleichermaßen zu berücksichtigen ist (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß eine Auslösungsregelung für Montagearbeiter, die ständig an Montageorten außerhalb des Betriebes eingesetzt werden, nur in einer Betriebsvereinbarung nach § 12 Ziffer 9 MTV, die der Zustimmung der Tarifvertragsparteien bedürfe, getroffen werden könne. Damit verkennt sie den tariflichen Gesamtzusammenhang. Die tarifliche Bestimmung des § 12 Ziffer 1 MTV gilt vielmehr für alle Arbeitnehmer, die aus dem Betrieb zu Montage- und Reparaturarbeiten entsandt werden. Nur die Möglichkeit einer Abweichung von dieser Regelung eröffnen die Tarifvertragsparteien in § 12 Ziffer 9 MTV, indem sie eine entsprechende Betriebsvereinbarung mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien gestalten. Eine solche abweichende Betriebsvereinbarung könnte auch eine Herabsetzung des Auslösungssatzes von 88,50 DM brutto pro Arbeitstag bei sogenannten Dauermontagen zum Inhalt haben. Zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, daß eine entsprechende Betriebsvereinbarung nicht abgeschlossen wurde. Damit gilt ohne Einschränkung die tarifliche Regelung nach § 12 Ziffer 1 MTV auch für Dauermontagen.

Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht ferner aus, daß diese Auslegung nach dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung geboten ist. Derjenige Montagearbeiter, der gelegentlich zu Montagearbeiten entsandt wird, hat keine andersartigen oder höheren durch die Entsendung entstehenden Mehraufwendungen als derjenige, der ständig auswärts eingesetzt wird. Da die Auslösung zur Abgeltung dieser Mehraufwendungen dient, rechtfertigt ihr Sinn und Zweck keine unterschiedliche Behandlung von Gelegenheits- und Dauermontagen.

Diese Tarifauslegung führt auch allein zu einer vernünftigen, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung, sodaß ihr nach der Rechtsprechung des Senats auch deshalb der Vorrang einzuräumen ist (BAGE 42, 244 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II). Montagearbeiten werden in der Regel nicht im Betrieb, sondern an Einsatzorten außerhalb des Betriebes durchgeführt. Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - für Montagearbeiten ausdrücklich eingestellt werden, werden demgemäß in der Regel keinen festen Arbeitsplatz im Betrieb haben, sondern ihre Arbeitsleistung an wechselnden, auswärtigen Montagestellen erbringen. Damit muß auch bei der Tarifauslegung davon ausgegangen werden, daß die Tarifvertragsparteien diese für Montagearbeiten typische Fallgestaltung regeln und nicht nur eine "gelegentliche" Entsendung zu Montagearbeiten erfassen wollten. Zutreffend weist das Landesarbeitsgericht ferner darauf hin, daß eine Abgrenzung zwischen gelegentlichem und ständigem Montageeinsatz zudem auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stoßen würde.

Da eine Auslegung der tariflichen Bestimmung des § 12 MTV nach dem Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang zu einem eindeutigen Ergebnis führt, kommt es auf die von der Beklagten herangezogene Tarifgeschichte nicht an (BAGE 46, 308, 314 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht mit Recht ausgeführt, daß aus der Änderung der Formulierung der tariflichen Voraussetzungen, die im Manteltarifvertrag in der Fassung vom 15. Dezember 1969 einen Auslösungsanspruch "für Montage- und Reparaturarbeiten außerhalb des Betriebes" vorsahen und die nunmehr in der Fassung vom 7. März 1978 und in der Fassung vom 30. Januar 1985 daran anknüpfen, ob "ein Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu Montage- und Reparaturarbeiten entsandt wird", nicht hinreichend zum Ausdruck kommt, daß die Tarifvertragsparteien mit der Neufassung Dauermontagen nicht mehr erfassen wollten.

Eine entsprechende Tarifübung, die in Kenntnis und mit Billigung beider Tarifvertragsparteien (vgl. BAGE 40, 67, 72 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifliche Übung m.w.N.) praktiziert worden wäre, hat die Beklagte selbst nicht behauptet. Wenn sie auf die Erläuterungen zu § 12 MTV durch den tarifschließenden Arbeitgeberverband verweist und damit die "Auffassung der beteiligten Berufskreise" anführt, handelt es sich zum einen um kein selbständiges Auslegungskriterium (BAGE 46, 308, 314 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung) und zum anderen nur um die einseitige Erklärung einer Tarifvertragspartei, die aber weder im Tarifwortlaut noch im tariflichen Gesamtzusammenhang hinreichend Ausdruck gefunden hat.

Da die arbeitsvertraglich mit dem Kläger vereinbarte Auslösung in Höhe von 55,-- DM brutto pro Arbeitstag ungünstiger ist als die tarifliche Regelung mit 88,50 DM brutto pro Arbeitstag, steht dem Kläger der geltend gemachte Differenzbetrag zu (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 TVG).

Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Dr. Feller Dr. Etzel Dr. Freitag

Schaible Hauk

 

Fundstellen

NZA 1988, 319-320 (LT1-3)

RdA 1988, 127

AP § 1 TVG Auslösung (LT1-3), Nr 18

AR-Blattei, Auswärtszulage (Auslösung) Entsch 10 (LT1)

AR-Blattei, ES 1550.9 Nr 66 (LT1-3)

AR-Blattei, ES 360 Nr 10 (LT1)

AR-Blattei, Tarifvertrag IX Entsch 66 (LT1-3)

EzA § 1 TVG Auslegung, Nr 18 (LT1-3)

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