Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerentsendung. Urlaubskasse Baugewerbe. Slowakische Republik

 

Leitsatz (redaktionell)

Arbeitgeber mit Sitz in Polen, Rumänien und der Slowakei sind verpflichtet, Beiträge für die von ihnen in die Bundesrepublik Deutschland entsandten gewerblichen Arbeitnehmer in die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft zu entrichten.

 

Normenkette

AEntG § 1; TVG §§ 5, 3; EGBGB Art. 34; SGB III § 85; BUrlG § 13 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 05.03.2001; Aktenzeichen 16 Sa 579/00)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. März 2001 – 16 Sa 579/00 – aufgehoben.

Die Klägerin wird verurteilt,

  1. dem Beklagten Auskunft auf dem hierfür vorgesehenen Formular hinsichtlich jedes einzelnen gewerblichen Arbeitnehmers, den sie seit dem 1. Januar 1999 in die Bundesrepublik entsandt hat, über

    1.1 Name, Vorname, Geburtsdatum und Heimatadresse

    1.2 Bankverbindung im Inland oder Ausland, soweit insoweit vorhanden,

    1.3 Art der Tätigkeit während der Beschäftigung in Deutschland,

    1.4 Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung in Deutschland;

  2. dem Beklagten Auskunft auf dem hierfür vorgesehenen Formular über Name, Vorname, Geburtsdatum, Beschäftigungszeit und Höhe des Bruttolohns in Deutscher Mark jedes einzelnen von der Klägerin nach Deutschland entsandten gewerblichen Arbeitnehmers für die jeweiligen Monate Januar bis Dezember 1999 sowie die Höhe des für die einzelnen vorgenannten Monate jeweils fällig gewordenen Urlaubskassenbeitrags zu erteilen;
  3. für den Fall, dass sie ihre Auskunftspflichten gem. Ziff. 1 innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, eine in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Entschädigung in Geld, mindestens jedoch 511,29 Euro;
  4. und für den Fall, dass sie ihre Auskunftspflichten gem. Ziff. 2 innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, eine Entschädigung in Höhe von 146.275,49 Euro zu zahlen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, dem Beklagten über die von ihm in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Auskunft zu erteilen und Beiträge zu leisten.

Der Kläger unterhält ein Einzelunternehmen mit Sitz in K, slowakische Republik, das sich mit Beton- und Stahlbetonarbeiten befasst. Er führt seit mindestens 1999 in Deutschland auf der Grundlage von Werkverträgen als Subunternehmer derartige Arbeiten durch. Zur Durchführung dieser Arbeiten entsendet er Arbeitnehmer aus der Slowakei zur vorübergehenden Tätigkeit nach Deutschland. Diese Arbeitnehmer sind zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen.

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den Vorschriften des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe (BRTV-Bau) iVm. den Vorschriften des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Der VTV in der Fassung vom 28. Januar 1999, in Kraft getreten am 1. Januar 1999 (VTV/1999), ist durch Änderungstarifvertrag vom 20. Dezember 1999 mit Wirkung vom 1. Januar 2000 neu gefasst (VTV/2000), der BRTV-Bau durch Änderungstarifvertrag vom selben Tag geändert worden. Beide Fassungen sowohl des BRTV-Bau, als auch des VTV wurden für allgemeinverbindlich erklärt (vgl. für den BRTV-Bau in der Fassung 1999 und den VTV/1999 die AVE vom 19. März 1999, Bundesanzeiger Nr. 64 vom 7. April 1999; für den BRTV-Bau in der Fassung 2000 und den VTV/2000 die AVE vom 14. März 2000, Bundesanzeiger Nr. 61 vom 28. März 2000).

Der Beklagte verlangt von dem Kläger die Teilnahme am Urlaubskassenverfahren in Form von Auskünften über die von ihm nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer und der Entrichtung von Beiträgen beginnend mit dem 1. Januar 1999.

Der Kläger hält die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von BRTV-Bau und VTV/1999 sowie VTV/2000 für unwirksam und ist der Auffassung, diese Tarifverträge seien rechtswidrig. Außerdem seien die Voraussetzungen einer Erstreckung nach § 1 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) nicht gegeben. Die im Gesetz bestimmte Unterwerfung ausländischer Arbeitnehmer unter die tariflichen Vorschriften verstoße zudem gegen internationale Vereinbarungen und Europarecht sowie das Grundgesetz.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass den Kläger gegenüber dem Beklagten seit dem 1. Januar 1999 keine Auskunfts- und Beitragsverpflichtungen bezüglich der von ihm in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer, die im Rahmen von Werkverträgen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt werden, treffen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat ferner in der Berufungsinstanz Widerklage erhoben mit dem Antrag,

den Kläger zu verurteilen,

2.1 dem Beklagten Auskunft auf dem hierfür vorgesehenen Formular hinsichtlich jedes einzelnen gewerblichen Arbeitnehmers, den sie seit dem 1. Januar 1999 in die Bundesrepublik entsandt hat, über

2.1.1 Name, Vorname, Geburtsdatum und Heimatadresse,

2.1.2 Bankverbindung im Inland oder Ausland, soweit insoweit vorhanden,

2.1.3 Art der Tätigkeit während der Beschäftigung in Deutschland,

2.1.4 Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung in Deutschland;

2.2 dem Beklagten Auskunft auf dem hierfür vorgesehenen Formular über Name, Vorname, Geburtsdatum, Beschäftigungszeit und Höhe des Bruttolohns in Deutscher Mark jedes einzelnen von dem Kläger nach Deutschland entsandten gewerblichen Arbeitnehmers für die jeweiligen Monate Januar bis Dezember 1999 sowie die Höhe des für die einzelnen vorgenannten Monate jeweils fällig gewordenen Urlaubskassenbeitrags

zu erteilen;

2.3 für den Fall, dass er seine Auskunftspflichten gem. Ziff. 2.1 innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, eine in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Entschädigung in Geld, mindestens jedoch 1.000,00 DM;

2.4 und für den Fall, dass er seine Auskunftspflichten gem. Ziff. 2.2 innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt, eine Entschädigung in Höhe von 286.090,00 DM

zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, es bestünden weder gegen den BRTV-Bau und die VTV/1999/2000 noch gegen ihre gesetzliche Erstreckung auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland rechtliche Bedenken. Der Kläger schulde ihm die eingeklagten Auskünfte. Die Entschädigung für den Fall der Nichterfüllung hat er – vom Zahlenwerk her unstreitig – berechnet, indem er anhand der ihm vorliegenden Meldungen des Klägers an die Arbeitsverwaltung nach § 3 AEntG die beschäftigten Arbeitnehmer festgestellt, die tarifliche Arbeitszeit und den tariflichen Mindestlohn zugrunde gelegt und vom so ermittelten Betrag 80 vH angesetzt hat.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, er sei nicht zur Erteilung von Auskünften verpflichtet, sei die Klage unzulässig und im übrigen unbegründet. Die Widerklage des Beklagten hat es abgewiesen. Beide Parteien haben die vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionen mit den bisher gestellten Sachanträgen eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Die Revision des Beklagten ist begründet.

A. Die Revision des Klägers ist teilweise unzulässig. Das betrifft die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Abweisung der Feststellungsklage als unzulässig. Hierzu finden sich in der Revisionsbegründung des Klägers keine Ausführungen. Damit ist der Kläger seiner Pflicht zur Begründung der Revision nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO aF = § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO nF nicht nachgekommen. Zur Begründung eines Rechtsmittels gehört es, dass sich der Revisionsführer nicht nur mit jedem einzelnen Anspruch, sondern auch mit allen tragenden Entscheidungsgründen der Vorinstanz hinsichtlich dieses Anspruchs auseinandersetzt (BAG 11. März 1998 – 2 AZR 497/97 – BAGE 88, 171 für die Berufung; 29. Oktober 1997 – 5 AZR 624/96 – BAGE 87, 41 mwN).

B. Soweit die Revision zulässig ist, ist sie nicht begründet. Der Kläger schuldet seit dem 1. Januar 1999 dem Beklagten Beiträge nach Maßgabe der tarifvertraglichen Bestimmungen.

I. Der Kläger hat trotz der vom Beklagten erhobenen Widerklage das erforderliche besondere Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Das rechtliche Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens eines Anspruchs entfällt, wenn eine auf die Durchsetzung desselben Anspruchs gerichtete Leistungsklage erhoben wird und diese einseitig nicht mehr zurückgenommen werden kann (vgl. BGH 22. Januar 1987 – I ZR 230/85 – BGHZ 99, 340). Die von dem Kläger begehrte Feststellung fehlender Beitragspflichten deckt sich indessen nicht mit dem Inhalt der Widerklage. Diese ist auf die Erteilung von Auskünften gerichtet.

II. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger ist verpflichtet, dem Beklagten seit dem Jahr 1999 nach Maßgabe der allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Baugewerbes Beiträge zu entrichten.

Die Ansprüche des Beklagten beruhen auf den das Urlaubskassenverfahren des Baugewerbes regelnden Tarifbestimmungen des § 8 Nr. 15 BRTV-Bau iVm. §§ 55 ff. VTV/1999 und §§ 5 ff. VTV/2000. Sie sind auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nach § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 1 des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG) anzuwenden. Die Rechtsnormen eines Tarifvertrags über eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien sind unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen auf Arbeitgeber, die ihren Sitz im Ausland haben, zwingend anzuwenden. Diese liegen vor.

1. Die Anwendung des § 1 AEntG folgt aus den Regeln des internationalen Privatrechts, hier Art. 34 EGBGB.

a) Danach sind Bestimmungen des deutschen Rechts ohne Rücksicht auf das im Übrigen anzuwendende Schuldrecht (Art. 27 ff. EGBGB) maßgebend, wenn sie den Sachverhalt zwingend regeln (sog. Eingriffsnormen). Der zwingende Charakter kann sich aus der ausdrücklichen Formulierung der Vorschrift, aber auch aus ihrem Sinn und Zweck ergeben (BAG 12. Dezember 2001 – 5 AZR 255/00 – AP EGBGB n.F. Art. 30 Nr. 10 mwN).

b) § 1 AEntG enthält zwingendes Recht iSv. Art. 34 EGBGB.

aa) Bereits die amtliche Bezeichnung „Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz-AEntG)” weist daraufhin, dass der Gesetzgeber Arbeitsbedingungen bei Entsendung aus dem Ausland ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht zwingend regeln wollte. Dieser Regelungswille wird in § 1 Abs. 1 des Gesetzes konkretisiert. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung sind die Rechtsnormen allgemeinverbindlicher Tarifverträge des Baugewerbes, die die Dauer des Erholungsurlaubs, des Urlaubsentgelts oder ein zusätzliches Urlaubsgeld zum Gegenstand haben, auf die Arbeitsverhältnisse zwischen Arbeitgebern mit Sitz im Ausland und den von ihnen entsandten Arbeitnehmern „zwingend” anzuwenden. Von dieser zwingenden Anordnung wird auch das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien erfasst. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 3 AEntG. Der Beklagte ist eine auf Grund allgemeinverbindlichen Tarifvertrags errichtete gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien. Er hat nach § 8 Nr. 15 BRTV-Bau die Aufgabe, im räumlichen, betrieblichen und persönlichen Geltungsbereich des BRTV-Bau die Auszahlung der Urlaubsvergütung an die Arbeitnehmer zu sichern und zu diesem Zweck, wie in § 1 Abs. 3 AEntG verlangt, Beiträge einzuziehen und Leistungen zu gewähren.

bb) Bestätigt wird der zwingende Charakter des § 1 AEntG durch den mit der Vorschrift verfolgten Zweck. Das deutsche Tarifrecht soll sich kraft Gesetzes gegenüber dem auf die Arbeitsverhältnisse der entsandten Arbeitnehmer anzuwendenden Recht des Heimatstaates (Art. 30 EGBGB) ua. aus sozialpolitischen Gründen durchsetzen. Gespaltene Arbeitsmärkte und die sozialen Spannungen sollen vermieden werden, die sich aus unterschiedlichen Arbeitsbedingungen bei gleicher Arbeitsverpflichtung ergeben können (BT-Drucks. 13/2414 S 9; für die Novellierung des AEntG durch Art. 10 des Gesetzes vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S 3843) BT-Drucks. 14/45 S 25; so auch Ulber AÜG: Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und Arbeitnehmer-Entsendegesetz 2. Aufl. § 1 AEntG Rn. 7 mwN; Koberski/Asshoff/Hold Arbeitnehmer-Entsendegesetz 2. Aufl. § 1 AEntG Rn. 139 ff.; Hanau NJW 1996, 1369, 1370, 1372; Junker RdA 1998, 44, 45).

c) Entgegen der Auffassung der Revision wird § 1 AEntG nicht durch Vorschriften des Arbeitserlaubnisrechts verdrängt. Das gilt auch unter Berücksichtigung des deutsch – slowakischen Vereinbarung über die Beschäftigung von Arbeitnehmern slowakischer Unternehmen mit Sitz in der Slowakischen Republik zur Ausführung von Werkverträgen (Werkvertragsabkommen) vom 17. April 1996 (BGBl. II S 1030).

§ 285 Abs. 2 SGB III iVm. § 3 der Anwerbestoppausnahmeverordnung vom 17. September 1998 (BGBl. I S 2893) regeln, unter welchen Voraussetzungen entsandte Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis erhalten, wenn sie auf Grund einer derartigen zwischenstaatlichen Vereinbarung beschäftigt werden sollen. Sie ist nach § 285 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III nur zu erteilen, wenn die ausländischen Arbeitnehmer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt werden. Diese im öffentlichen Recht begründete Voraussetzung ist mit dem Regelungsgehalt des § 1 AEntG nicht vergleichbar. Stellt die Arbeitsverwaltung fest, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen beschäftigt, hat sie die Arbeitserlaubnis zu widerrufen. Das Arbeitserlaubnisrecht vermittelt dem betroffenen Arbeitnehmer damit gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf gleiche Vergütung (Kasseler Handbuch/Düwell 2. Aufl. Abschn. 4.5 Rn. 88). Arbeitsvertragliche Ansprüche richten sich vielmehr bei der Arbeitnehmerentsendung nach dem Inhalt der erstreckten allgemeinverbindlichen Tarifverträge. Dem Beklagten ist als der zuständigen Urlaubskasse das Recht auf Beitragseinzug eingeräumt, um die Ansprüche der entsandten Arbeitnehmer auf Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld in derselben Höhe wie nicht entsandten Arbeitnehmern zu sichern.

2. Die in § 1 Abs. 1 und Abs. 3 AEntG aufgestellten Voraussetzungen für die Anwendung der den Beitragseinzug regelnden tariflichen Rechtsnormen liegen vor.

a) Nach § 1 Abs. 3 iVm. § 1 Abs. 1 AEntG sind die Rechtsnormen eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags des Bauhauptgewerbes oder Baunebengewerbes iSd. §§ 1 und 2 BaubetriebeVO auch auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden, das zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags beschäftigten Arbeitnehmern besteht. Vorausgesetzt wird weiter, dass der Betrieb überwiegend Bauleistungen iSd. § 211 Abs. 1 SGB III erbringt und dass auch inländische Arbeitgeber ihren im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags beschäftigten Arbeitnehmern mindestens die am Arbeitsort geltenden tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewähren müssen. Gegenstand der tariflichen Regelung müssen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 AEntG die Dauer des Erholungsurlaubs, das Urlaubsentgelt oder ein zusätzliches Urlaubsgeld sein.

b) Die betriebsbezogenen Geltungsvoraussetzungen hat der Kläger sowohl für das Jahr 1999 als auch für das Jahr 2000 erfüllt.

aa) Der Kläger befasst sich mit Stahl- und Betonarbeiten, unterliegt damit der BaubetriebeVO. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erbringt er zeitlich überwiegend bauliche Leistungen iSd. § 211 Abs. 1 SGB III und beschäftigt auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von ihm entsandte Arbeitnehmer. Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien, die im Zusammenhang mit der Gewährung von Urlaubsansprüchen im Baugewerbe nach § 8 Nr. 15 BRTV-Bau iVm. §§ 1 ff. VTV Beiträge einzieht und Leistungen gewährt.

bb) BRTV-Bau und VTV/1999 sowie VTV/2000 enthalten Regelungen für das Baugewerbe hinsichtlich des Erholungsurlaubs, des Urlaubsentgelts und eines zusätzlichen Urlaubsgeldes.

c) Die den Urlaub und den Beitragseinzug regelnden Tarifverträge sind für allgemeinverbindlich erklärt worden. Die gegen die Wirksamkeit geltend gemachten Bedenken des Klägers überzeugen nicht.

aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 TVG kann der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf Antrag einer der Tarifvertragsparteien dann für allgemeinverbindlich erklären, wenn die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 vH der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen (Nr. 1) und wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint (Nr. 2).

bb) § 5 TVG ist verfassungsgemäß (BVerfG 24. Mai 1977 – 2 BvL 11/74 – BVerfGE 44, 322). Die AVE ist im Verhältnis zu den ohne sie nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein Rechtsetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtsetzung, der seine eigenständige Grundlage in Art. 9 Abs. 3 GG hat (ständige Rechtsprechung des BVerfG seit 24. Mai 1977 – 2 BvL 11/74 – BVerfGE 44, 322). Entgegen der Ansicht der Revision entspricht die Veröffentlichung der für allgemeinverbindlich erklärten Rechtsnormen rechtsstaatlichen Anforderungen. Zwar wird nur die Allgemeinverbindlicherklärung selbst, nicht aber der Inhalt des Tarifvertrags nach § 5 Abs. 7 TVG iVm. § 11 TVG und der darauf fußenden Durchführungsverordnung (DVO) im Bundesanzeiger veröffentlicht. Das reicht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch aus (15. Juli 1980 – 1 BvR 439/79 – BVerfGE 55, 7). Soweit das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung wegen der mangelnden vollständigen Publizität Bedenken „noch” ausreichend legitimiert) geäußert hat, sind diese später nach der Neufassung der DVO nicht wiederholt worden (BVerfG 10. September 1991 – 1 BvR 561/89 –, AP TVG § 5 Nr. 27; vgl. auch BAG 22. September 1993 – 10 AZR 371/92 – BAGE 74, 226). Die Erstreckung allgemeinverbindlicher Tarifnormen auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland gebietet keine Publizitätspflicht, die über das Maß hinausgeht, das für in Deutschland ansässige Arbeitgeber gilt.

cc) Es liegt die für eine AVE nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG erforderliche Mindestzahl von Arbeitnehmern vor, die bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt sind.

(1) Ob die erforderliche Beschäftigtenzahl erreicht ist, haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen (§ 293 ZPO entsprechend), denn eine AVE ist nur wirksam, wenn die zuständige Behörde bei der AVE die durch das Gesetz gezogenen Grenzen eingehalten hat. Die allgemeine Behauptung einer Partei, die tarifgebundenen Arbeitgeber beschäftigten weniger als 50 vH der maßgeblichen Arbeitnehmergruppe, löst indessen noch keine Prüfungspflicht aus. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass der zuständige Minister die Allgemeinverbindlichkeit nur erklärt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der erste Anschein spricht deshalb für die Rechtmäßigkeit der AVE. Nur bei einem Parteivortrag, der geeignet ist, erhebliche Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 TVG aufkommen zu lassen, hat das Gericht die tatsächlichen Grundlagen einer AVE zu überprüfen (BAG 28. März 1990 – 4 AZR 536/89 – AP TVG § 5 Nr. 25 = EzA TVG § 5 Nr. 10; ArbG Kassel 18. Januar 2001 – 6 Ca 686/99 – DB 2001, 1419 ff.; Kretz Arbeitnehmer-Entsendegesetz C Rn. 32 f.).

(2) Das Vorbringen des Klägers begründet keine erheblichen Zweifel. Er macht geltend, Inhaber von Betrieben mit bis zu 49 Arbeitnehmern seien in der Regel nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Aufbauend darauf stellt er weitere Berechnungen an, auf Grund derer er annimmt, die tarifgebundenen Arbeitgeber beschäftigten nicht die Hälfte aller dem Tarifvertrag unterfallenden Arbeitnehmer. Dazu stützt er sich auf die vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie in den jährlichen Tarifsammlungen (Karthaus/Gastell Tarifsammlung für die Bauwirtschaft) mitgeteilten Daten. Das genügt nicht. Er übersieht, dass die in Bezug genommenen Daten nur das Bauhauptgewerbe und nicht auch das von der Erstreckung mitumfasste Baunebengewerbe betreffen. Im Übrigen gibt es den von dem Kläger angenommenen Erfahrungssatz, Inhaber von kleineren oder mittleren Betrieben des Baugewerbes seien nicht organisiert, nicht.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist es auch unbedenklich, dass bei der Ermittlung der Anzahl der Beschäftigten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG die ins Inland entsandten ausländischen Arbeitnehmer nicht berücksichtigt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt das Tarifvertragsgesetz und damit auch § 5 TVG nur für solche Arbeitsverhältnisse, die deutschem Arbeitsrecht unterliegen (BAG 4. Mai 1977 – 4 AZR 10/76 – BAGE 29, 138). Ausländische Arbeitgeber ohne einen im Inland unterhaltenen Betrieb werden folgerichtig nach § 1 Abs. 2 BRTV-Bau nicht vom tariflichen Geltungsbereich erfasst. Die AVE ändert daran nichts. Sie ersetzt nach § 5 Abs. 4 TVG lediglich die fehlende Tarifbindung iSv. § 3 Abs. 1 TVG. Die AVE erweitert nicht den Geltungsbereich eines Tarifvertrags (Wank in Wiedemann TVG 6. Aufl. § 5 Rn. 128).

dd) Entgegen der Revision hat das Landesarbeitsgericht auch mit Recht das erforderliche öffentliche Interesse an der AVE (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 TVG) bejaht. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat insoweit einen außerordentlich weiten Spielraum (BVerfG 24. Mai 1977 – 2 BvL 11/74 – BVerfGE 44, 322, 344; BAG 28. März 1990 – 4 AZR 536/89 – aaO; BVerwG 3. November 1988 – 7 C 115/86 – BVerwGE 80, 355). Soweit der Kläger geltend macht, für die aus dem Ausland entsandten Werkvertragsarbeitnehmer fehle es an einem öffentlichen Interesse, übersieht er, dass diese Arbeitnehmergruppe sowohl bei der Prüfung der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG als auch nach Nr. 2 nicht zu berücksichtigen ist.

d) Entgegen der Revision ist mit der Erstreckung des tariflichen Urlaubskassenverfahrens keine Ausländerdiskriminierung verbunden.

aa) Nach § 1 Abs. 1 AEntG sind die Rechtsnormen eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags nur anzuwenden, wenn und soweit „auch inländische Arbeitgeber ihren im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern mindestens die am Arbeitsort geltenden tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewähren müssen”. Dieses „Arbeitsortprinzip” dient der Vermeidung von Diskriminierung ausländischer Arbeitgeber (BT-Drucks. 13/2414 S 8). Es ist auch dann gewahrt, wenn im Inland zwar unterschiedliche Tarifbedingungen gelten, auf den Arbeitgeber mit Sitz im Ausland aber nur die „niedrigsten”, also die ihn am wenigsten belastenden Vorschriften, erstreckt werden (Koberski/Asshoff/Hold aaO § 1 AEntG Rn. 169).

bb) Nach dem BRTV-Bau war damals und ist noch heute einheitlich eine Urlaubsdauer von 30 Arbeitstagen zu gewähren (§ 8 Nr. 1.1 und Nr. 1.2 BRTV-Bau). Zwar war die Urlaubsvergütung bis zum 31. Dezember 2000 unterschiedlich geregelt, weil für Betriebe mit Sitz in den alten Ländern außer Bayern und Berlin nach § 8 Nr. 4.1 BRTV-Bau eine noch höhere Urlaubsvergütung geschuldet wurde. Diese Erhöhung traf aber Arbeitgeber mit Sitz im Ausland gerade nicht. Sie schuldeten nur die geringere Urlaubsvergütung (Koberski/Asshoff/Hold aaO § 1 AEntG Rn. 175).

Unschädlich ist, dass die Geltung der Urlaubsbestimmungen nach § 8 Nr. 17 BRTV-Bau bis zum 31. Dezember 2000 für Arbeitgeber mit Sitz in Berlin ausgenommen waren und noch heute in Bayern nicht anzuwenden sind. Die für diese Tarifgebiete vereinbarten Urlaubsbestimmungen sind für die Kläger nicht günstiger als die Regelungen des § 8 BRTV-Bau. Das ergibt sich für Bayern aus § 2 Nr. 1 und Nr. 2 und § 5 Nr. 1 der „Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern” und für Berlin aus § 3 Nr. 2.1 und Nr. 2.2 sowie Nr. 5.2 bis Nr. 5.4 des „Tarifvertrages zur Ergänzung des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe”.

e) Das in § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 AEntG festgelegte „Doppelbelastungsverbot” ist beachtet.

aa) § 8 Nr. 15.2 BRTV-Bau stellt sicher, dass der ausländische Arbeitgeber nicht gleichzeitig zu Beiträgen an die deutsche Urlaubskasse und zu Beträgen an eine vergleichbare Einrichtung im Staat seines Sitzes heranzogen wird. Weist der Arbeitgeber nach, im Staat seines Betriebssitzes Beiträge zu einer vergleichbaren Urlaubskasse zu entrichten, so entfallen Ansprüche des Beklagten. In der Slowakei existiert nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine vergleichbare Einrichtung.

bb) § 8 Nr. 13 BRTV-Bau gewährleistet auch die Anrechnung von Leistungen, die der ausländische Arbeitgeber zur Erfüllung des gesetzlichen, tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers bereits erbracht hat. Gewährter Urlaub ist, soweit er nicht rechnerisch auf Zeiten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses vor der Entsendung entfällt, auf den Urlaubsanspruch nach dem BRTV-Bau anzurechnen.

f) Entgegen der Auffassung des Klägers scheitert die Erstreckung der Tarifverträge nicht daran, dass im Jahr 1999 besondere tarifliche Regelungen für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und deren entsandte Arbeitnehmer galten.

aa) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG finden die dort genannten Tarifverträge „auch” auf ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seine nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer Anwendung. Mit dieser Formulierung wird keine buchstabengetreue Identität der tariflichen Normen für deutsche und ausländische Arbeitgeber verlangt (aA Fritzsche Die Vereinbarkeit des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes sowie der erfassten Tarifverträge mit höherrangigem Recht S 250). Das zeigt schon die Regelung in § 1 Abs. 3 AEntG, nach der „in den betreffenden Tarifverträgen (…) sichergestellt” sein muss, dass bestimmte Doppelbelastungen nicht eintreten. Der Gesetzgeber hat damit tarifliche Regelungen ermöglicht, die an die Besonderheiten des Auslandsbezugs anknüpfen. Die Tarifvertragsparteien dürfen lediglich keine Überschreitung der für das deutsche Baugewerbe geltenden Arbeitsbedingungen vereinbaren.

Diese Grenze haben die Tarifvertragsparteien gewahrt. § 8 Nr. 6.1 Buchst. f BRTV-Bau enthielt 1999 eine Sonderregelung für die Urlaubsabgeltung von entsandten Arbeitnehmern. §§ 55 ff. VTV/1999 enthielten Bestimmungen über das Verfahren, die allein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland betrafen. Sie begründeten im wesentlichen eine gegenüber deutschen Arbeitgebern erweiterte Meldepflicht und legten fest, dass, anders als bei deutschen Arbeitnehmern, sich sowohl der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsvergütung als auch der auf Urlaubsabgeltung gegen den Beklagten und nicht gegen den Arbeitgeber richtete. Die Tarifbestimmungen des BRTV-Bau und des VTV/1999 knüpfen damit an die Besonderheiten des Auslandsbezuges an. Sie dienen der sicheren Umsetzung der mit dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz verfolgten Zwecke.

bb) Die ausschließlich für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland vereinbarten Vorschriften sind von der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien gedeckt. Zwar lässt sich aus dem TVG keine Regelungskompetenz für Arbeitsverhältnisse herleiten, die ausländischem Arbeitsrecht unterfallen (BAG 4. Mai 1977 – 4 AZR 10/76 – aaO). Sie wird den Tarifvertragsparteien jedoch durch das AEntG selbst verliehen (dazu Wank/Börgmann NZA 2001, 177, 185). Das zeigt sich darin, dass § 1 Abs. 3 AEntG den Tarifvertragsparteien aufgibt, Regelungen über die Besonderheiten von Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug zu treffen.

3. Die allgemeinverbindlichen Urlaubsbestimmungen des BRTV-Bau und des VTV sind wirksam auf die Arbeitsverhältnisse der von dem Kläger entsandten Arbeitnehmer erstreckt.

a) Eine Einbeziehung von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland in das Urlaubskassenverfahren kommt „von vornherein nicht in Betracht, wo es aufgrund des gebotenen Günstigkeitsvergleichs in bezug auf das materielle Recht gar nicht erst zu einer Anwendung der deutschen Urlaubsvorschriften (…) kommt” (BT-Drucks. 13/2414 S 9). § 1 AEntG ist daher einschränkend auszulegen (dazu z.B. Kretz aaO C Rn. 88). Anhalte dafür, dass die von dem Kläger entsandten Arbeitnehmer besser gestellt sind als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer sind nicht ersichtlich.

b) Zweifel an der Tarifzuständigkeit der tarifvertragschließenden Parteien bestehen nicht. Der Kläger hat geltend gemacht, die tarifschließenden „Spitzenorganisationen”, nämlich die IG Bauen-Agrar-Umwelt, der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie seien satzungsgemäß nur für den Abschluß „bundesweiter Tarifverträge” zuständig. Er verkennt, dass die Tarifvertragsparteien auch danach satzungskonform gehandelt hätten. Zwar haben sie vereinbart, dass die Urlaubsbestimmungen des nach § 1 Abs. 1 BRTV-Bau räumlich für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geltenden BRTV-Bau im Land Berlin im Jahr 1999 und im Land Bayern auch im Jahr 2000 nicht anzuwenden waren. Diese Einschränkung ist jedoch im Hinblick auf die inhaltlich gleichwertigen Regelungen dieses Teilkomplexes in beiden Bundesländern erfolgt. Sie ist als bundesbezogene tarifpolitische Regelung anzusehen.

c) Die erstreckten Tarifverträge enthalten entgegen der Revision keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

aa) Allgemeinverbindliche Tarifverträge sind am Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 439/79 – aaO). Das gilt auch, soweit sie nach § 1 AEntG anzuwenden sind. Die richterliche Kontrolle ist wegen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG indessen begrenzt. Den Tarifvertragsparteien steht eine Einschätzungsprärogative zu, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Regelungsprobleme und der Regelungsfolgen geht, und ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum soweit die inhaltliche Gestaltung in Frage steht. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben (BAG 29. August 2001 – 4 AZR 352/00 – AP GG Art. 3 Nr. 291 = EzA GG Art. 3 Nr. 93). Sie haben nur zu überprüfen, ob die tariflichen Regelungen die Grenzen des Gestaltungsspielraums überschreiten. Das ist nur dann der Fall, wenn Differenzierungen vorgenommen werden, für die keine sachlich einleuchtenden Gründe vorhanden sind (BAG 2. April 1992 – 2 AZR 516/91 – AP BGB § 622 Nr. 38 = EzA BGB § 622 n.F. Nr. 43).

bb) Den ihnen danach zustehenden Gestaltungsspielraum haben die Tarifvertragsparteien nicht überschritten.

(1) Das gilt zunächst für die von den Tarifvertragsparteien vereinbarten unterschiedlichen Regelungen für Arbeitgeber mit Sitz im Inland und Arbeitgeber mit Sitz im Ausland. Soweit sie den Schutz vor Doppelbelastungen und abrechnungstechnische Besonderheiten betreffen, die an den Austritt des Arbeitnehmers aus dem Urlaubskassensystem durch Beendigung der Entsendung anknüpfen, ergibt sich der unterschiedliche Regelungsbedarf unmittelbar aus dem zu regelnden Sachverhalt. Auch die unterschiedliche Gestaltung des Meldeverfahrens und der Abrechnung der Vergütungs- und Abgeltungsansprüche im Jahre 1999 war gerechtfertigt, wie sich aus der Entstehungsgeschichte des AEntG ergibt. In seiner ursprünglichen Fassung trat das Gesetz am 1. März 1996 in Kraft (BGBl. I S 227). Nach einer vielfach vertretenen Auffassung galt § 1 AEntG idF von 1996 nicht für Arbeitgeber wie den Kläger mit Sitz in einem der mittel- und osteuropäischen Staaten (MOE – Länder), die auf Grund bilateraler Abkommen mit entsandten Arbeitnehmern Werkverträge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durchführten und zur Anwendung der in Deutschland geltenden Arbeitsbedingungen verpflichtet waren. Nach der zum 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Änderung des § 1 AEntG, die nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers auch Arbeitgeber aus den MOE – Ländern erfasst, musste sich der Beklagte erstmalig einen Überblick über die Arbeitgeber verschaffen, die als Beitragsschuldner in Betracht kamen. Schon deshalb war es nicht sachwidrig, für eine gewisse Zeit besondere Verfahrensbestimmungen für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland zu schaffen, um die Einziehung der Beiträge für das Urlaubskassenverfahren sicherzustellen.

(2) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich (entgegen ArbG Wiesbaden 7. Januar 2002 – 3 Ca 8/00 – DB 2002, 1274) auch nicht daraus, dass anknüpfend an den persönlichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 3 BRTV-Bau, § 8 BRTV-Bau das Urlaubskassenverfahren ausschließlich gewerbliche Arbeitnehmer (Arbeiter) und nicht auch Angestellte betrifft.

(2a) Es ist anerkannt, dass die Tarifvertragsparteien zwischen Arbeitern und Angestellten ua. dann unterscheiden können, wenn das der flexiblen Personalanpassung im produktiven Bereich dient und wenn tatsächlich anteilig erheblich mehr Arbeiter als Angestellte im produktiven Bereich tätig sind (BAG 2. April 1992 – 2 AZR 516/91 – AP BGB § 622 Nr. 38 = EzA BGB § 622 n.F. Nr. 43). Dabei ist unerheblich, ob eine derartige Fluktuation tatsächlich stattfindet oder ob die Tarifvertragsparteien sie lediglich ermöglichen wollen. Allein das mit dem Tarifvertrag verfolgte Ziel rechtfertigt die Differenzierung. Ebenso ist unschädlich, wenn im produktiven Bereich auch Angestellte wie hier z.B. Poliere tätig sind. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es ein Interesse der Arbeitgeber gibt, diese höher qualifizierten Arbeitnehmer als Stammbelegschaft zu halten.

(2b) Das Bundesarbeitsgericht hat dementsprechend nicht beanstandet, dass die Tarifverträge des Baugewerbes unterschiedlich lange Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte vorsehen (2. April 1992 – 2 AZR 516/91 – aaO). Den Tarifvertragsparteien ist deshalb auch unbenommen, die negativen sozialen Folgen, die für den Arbeitnehmer mit einer erhöhten Fluktuation verbunden sind, auszugleichen. Zu diesen belastenden Folgen gehört die Erschwernis, Urlaub zusammenhängend zu nehmen. Eine erhöhte Fluktuation macht die Möglichkeit kürzerer Arbeitsverhältnisse, in denen ein zusammenhängender Urlaubsanspruch nicht entsteht, eher wahrscheinlich. Dem tragen die Urlaubsbestimmungen Rechnung. Sie knüpfen den Urlaubsanspruch nicht an das Bestehen des einzelnen Arbeitsverhältnisses sondern an die Beschäftigungszeit im Baugewerbe. Das Urlaubskassenverfahren sichert die sich aus § 8 BRTV-Bau ergebenden Ansprüche (Senat 19. September 2000 – 9 AZR 504/99 – BAGE 95, 312).

(2c) Soweit sich die Urlaubsvergütung bei Arbeitern (§ 8 Nr. 4 BRTV-Bau) und Angestellten (§ 10 Nr. 5 und Nr. 6 RTV Angestellte) unterschiedlich berechnet, ergibt sich dies aus unterschiedlichen Vergütungssystemen und ist deshalb nicht zu beanstanden.

(3) Auch durch die Erstreckung dieses Systems auf Arbeiter, die von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland nach Deutschland entsandt werden, ist der Gleichheitssatz nicht verletzt. Das gilt unabhängig davon, ob diese Arbeitnehmer tatsächlich eine Fluktuation im Inland aufweisen und auf Grund des Urlaubskassensystems in die Lage versetzt werden, ihren Urlaubsanspruch bei einem Arbeitgeberwechsel „mitzunehmen”. Bezogen auf diese Arbeitnehmer ist das Urlaubskassenverfahren der Bauwirtschaft wegen der ihnen damit insgesamt zugute kommenden Vorteile gerechtfertigt.

Die Regelungen des Urlaubskassenverfahrens sind im Zusammenhang mit den materiellrechtlichen Urlaubsbestimmungen des BRTV-Bau zu sehen. Nach § 8 Nr. 1.1 dieser Vorschrift hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf 30 Arbeitstage, also sechs Wochen, Erholungsurlaub jährlich. Dieser Anspruch verbessert den internationalen Mindeststandard. Nach dem Übereinkommen Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 (BGBl. II 1975 S 746) ist eine Urlaubsdauer von drei Arbeitswochen jährlich garantiert (Art. 3 Nr. 3). Nach Art. 7 der Richtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeit vom 23. November 1993 (Abl. Nr. L 307/18) beträgt die Mindestdauer des Urlaubs vier Wochen. § 8 Nr. 4.1 BRTV-Bau begründet zusätzlich einen Anspruch auf eine erhöhte Urlaubsvergütung.

Diese Ansprüche werden nach § 8 Nr. 15.1 BRTV-Bau durch das Urlaubskassenverfahren gesichert. Das erfolgt einmal dadurch, dass mit dem Beklagten eine Institution zur Verfügung steht, die durch Eintreibung der Beiträge dafür sorgt, dass die Urlaubsansprüche auch tatsächlich gewährt werden, weil sie es für Arbeitgeber unattraktiv macht, sich ihnen zu entziehen. Das erspart es dem Arbeitnehmer weitgehend, seine Ansprüche in gerichtlichen Verfahren durchzusetzen. Insbesondere im laufenden Arbeitsverhältnis, das erfahrungsgemäß viele Arbeitnehmer davon abhält, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, gewinnt dieser Aspekt an Bedeutung. Die Ansprüche werden regelmäßig nur in Deutschland durchzusetzen sein, was ein zusätzliches Hindernis für die betroffenen Arbeitnehmer darstellt. Dieser Durchsetzungsmechanismus für Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer wird auch nicht durch behördliche Kontrollverfahren überflüssig. Es kommt hinzu, dass beim Urlaubskassenverfahren die Ansprüche des Arbeitnehmers auch dann gesichert sind, wenn sich etwa nach Abwicklung eines Insolvenzverfahrens herausstellt, dass die Forderungen beim Arbeitgeber uneinbringlich sind (dazu Senat 20. Februar 2001 – 9 AZR 661/99 – BAGE 97, 71).

d) Entgegen der Revision sind die für Arbeiter des Baugewerbes geltenden Urlaubsbestimmungen und das hieran anknüpfende Urlaubskassenverfahren mit § 13 Abs. 2 BUrlG vereinbar.

Nach § 13 Abs. 2 BUrlG kann von den an sich unabdingbaren Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes im „Baugewerbe oder sonstigen Wirtschaftszweige(n), in denen als Folge häufigen Ortswechsels der von den Betrieben zu leistenden Arbeit Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer als einem Jahr in erheblichem Umfange üblich sind” durch Tarifvertrag abgewichen werden, „soweit dies zur Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer erforderlich ist”. Ob ebenso wie früher heute noch im Baugewerbe in erheblichem Umfange Arbeitsverhältnisse von kürzerer Dauer tatsächlich geschlossen werden, ist unerheblich. Diese Voraussetzung gilt nur für „sonstige Wirtschaftszweige”. Für die Zulässigkeit abweichender Urlaubsbestimmungen im Baugewerbe genügt es, wenn sie sicherstellen, dass im Falle kurzer Arbeitsverhältnisse zusammenhängend Urlaub gewährt werden kann. Das trifft bei dem tarifvertraglichen Urlaubskassenverfahren des Baugewerbes zu (vgl. Senat 19. September 2000 – 9 AZR 504/99 – aaO).

e) Die Erstreckung der das Urlaubskassenverfahren betreffenden tariflichen Rechtsnormen auf das Rechtsverhältnis des Beklagten zu dem Kläger verstößt auch nicht gegen Völker- oder Europarecht.

aa) Entgegen der Revision gehen die Regelungen des AEntG dem deutsch-slowakischen Werkvertragsabkommen vor. Denn das Werkvertragsabkommen ist nur ein Verwaltungsabkommen iSv. Art. 59 Abs. 2 GG, das ohne Beteiligung des parlamentarischen Gesetzgebers zustande gekommen ist. Es kann daher die innerstaatliche Gesetzgebung nicht einschränken (vgl. Streinz in Sachs 2. Aufl. GG Art. 59 Rn. 63; aA zum Rangverhältnis der bilateralen Abkommen zu AEntG Reim Auf dem Weg nach Europa S 167).

bb) Sie widerspricht nicht dem Europäischen Gemeinschaftsrecht.

(1) Die Bestimmungen der Art. 49 und 50 EG über die Dienstleistungsfreiheit betreffen den „freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedsstaaten”. Als Arbeitgeber mit Sitz in einem Land, das nicht Mitglied der EU ist, wird der Kläger hiervon nicht erfasst (vgl. Reim aaO S 71).

(2) Die EG Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG vom 16. Dezember 1996 Abl. EG 1997 L 18/1) gilt nach Art. 1 Abs. 1 nur für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedsstaat. Sie führt in den Erwägungsgründen unter Ziff. 20 aus, einzelstaatliche Rechtsvorschriften, die den Zugang von Dienstleistungserbringern aus Drittländern betreffen, blieben „unberührt”. Die Mitgliedsstaaten sind damit frei in der Entscheidung, ob und welche Maßnahmen sie für Drittländer treffen.

(3) Aus dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Slowakischen Republik andererseits vom 7. Oktober 1994 (Assoziationsabkommen) kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Das Assoziationsabkommen ist ein Beitrittsabkommen iSd. Art. 310 EG. Bestimmungen in Beitrittsabkommen begründen nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (29. Januar 2002 – C-162/00NZA 2002, 377 ff.) nur dann unmittelbare Rechte, sofern ihre Durchführung nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängt. Diese Voraussetzung erfüllt das Beitrittsabkommen nicht. Die in Titel IV Kapitel I und Kapitel III enthaltenen Regelungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und den Dienstleistungsverkehr hängen von weiteren Umsetzungsakten des Assoziationsrates ab (Art. 104 ff. Assoziationsabkommen). Solche sind bisher nicht getroffen.

Soweit Art. 38 Abs. 1, 2. Spiegelstrich des Assoziationsabkommens slowakischen Arbeitnehmern Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt, gilt dies ausdrücklich nicht für Arbeitnehmer, die unter bilaterale Abkommen iSv. Art. 42 fallen, sofern diese Abkommen nichts anderes bestimmen. Damit sind alle Arbeitnehmer ausgeschlossen, für die das deutsch – slowakische Werkvertragsabkommen gilt. Denn dieses regelt nur den Zugang zum Arbeitsmarkt im Rahmen einer Entsendung zur Durchführung von Werkverträgen und gewährt keinen darüber hinausgehenden Zugang zum Arbeitsmarkt (Art. 1 Abs. 1 Werkvertragsabkommen). Nach Art. 42 Abs. 1, 1. Spiegelstrich des Assoziationsabkommens sollen zwar die Erleichterungen, die für den Zugang zur Beschäftigung für slowakische Arbeitnehmer im Rahmen der von den Mitgliedsstaaten abgeschlossenen bilateralen Abkommen mit der Slowakei bestehen, beibehalten und nach Möglichkeit verbessert werden. Dies gilt nach dem Eingangssatz dieses Absatzes aber nur vorbehaltlich der Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates. Schon wegen dieses Vorbehalts geht das AEntG dem deutsch-slowakischen Werkvertragsabkommen vor.

(4) Eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorabentscheidung nach Art. 234 Abs. 2 EG ist nicht geboten. Eine Anrufungspflicht bestünde nur, soweit sich eine ungeklärte Auslegungsfrage stellte (EuGH 6. Oktober 1982 – C-283/81 – AP EWG-Vertrag Art. 177 Nr. 11). Dies ist nicht der Fall.

f) Die Erstreckung verstößt auch nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG.

aa) § 1 AEntG greift nicht unzulässig in die negative Koalitionsfreiheit des Klägers ein.

Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit schützt nicht nur für jedermann und für alle Berufe das Recht, sich zu Koalitionen zusammenzuschließen, sondern auch das Recht des Einzelnen, einer Koalition fernzubleiben (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74 – BVerfGE 55, 7). Das Bundesverfassungsgericht hat dazu festgestellt, dass die Heranziehung zu Beitrags- und Auskunftspflichten für gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes mit der negativen Koalitionsfreiheit vereinbar ist (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74 – BVerfGE 55, 7; vgl. auch 18. Juli 2000 – 1 BvR 948/00 – AP AEntG § 1 Nr. 4 = EzA GG Art. 9 Nr. 69).

Für die Erstreckung solcher Tarifnormen durch das AEntG gilt nichts anderes. Die Betroffenen werden nicht „Zwangsmitglied” der tarifschließenden Arbeitgebervereinigung. Der durch die Beitragspflicht möglicherweise mittelbar ausgeübte Druck zum Beitritt, um die mit einer Mitgliedschaft verbundenen anderen Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu können, ist als nur gering belastend hinzunehmen.

bb) Die Tarifautonomie des Klägers ist nicht verletzt.

In den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG fallen der Bestand und die Betätigung der Koalitionen zum Zweck der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Zur Tarifautonomie gehört insbesondere auch der Abschluß von Tarifverträgen (BVerfG 10. Januar 1995 – 1 BvF 1/90 – BVerfGE 92, 26). Durch die in § 1 AEntG angeordnete Geltung der allgemeinverbindlichen Tarifnormen werden sonstige tarifvertragliche Vereinbarungen in dem gesetzlich bestimmten Umfang verdrängt. Das folgt für Bauarbeitgeber mit Sitz im Ausland aus § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG und für inländische Bauarbeitgeber aus § 1 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 AEntG. Diese Bestimmungen ergänzen die Regelung über die zwingende Wirkung allgemeinverbindlicher Tarifverträge (§ 5 Abs. 4 TVG). Die allgemeinverbindlichen Rechtsnormen sind nach dem Gesetzeswortlaut ausnahmslos anzuwenden. Sie können nicht zuungunsten der Arbeitnehmer durch andere Tarifverträge „ausgehebelt” werden. Die Besonderheit dieser Regelung ist, dass es den Arbeitgebern des Baugewerbes mit Sitz im Ausland, die Bauarbeiter nach Deutschland entsenden, ebenso wie vergleichbaren deutschen Bauarbeitgebern nicht möglich ist, durch den Abschluß speziellerer Tarifverträge die Wirkung der Erstreckung nach dem AEntG auszuschließen.

Dieser Eingriff in die Tarifautonomie ist vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt. Durch eine gesetzliche Regelung kann in die Tarifautonomie jedenfalls dann eingegriffen werden, wenn der Gesetzgeber den Schutz anderer mit Verfassungsrang ausgestatteter Gemeinwohlbelange bezweckt und wenn der Eingriff den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (BVerfG 3. April 2001 – 1 BvL 32/97 – BverfGE 103, 293). Ebenso enthält das Sozialstaatsprinzip eine Legitimationsgrundlage für gesetzgeberische Eingriffe (BVerfG 7. Februar 1990 – 1 BvR 26/84 – BVerfGE 81, 242, 255; Senat 22. Januar 2002 – 9 AZR 601/00 – AP BUrlG § 11 Nr. 55 = EzA BUrlG § 13 Nr. 58; BAG 26. September 2001 – 5 AZR 539/00 – BAGE 99, 112).

Der Gesetzgeber hat mit dem AEntG hier – wie bereits unter B. II 1 b bb dargelegt – erreichen wollen, gespaltene Arbeitsmärkte und soziale Spannungen zu vermeiden, die sich für Arbeitnehmer aus unterschiedlichen Arbeitsbedingungen trotz gleicher Arbeitsleistungspflicht ergeben können. Das sind Belange, die dem Gemeinwohl dienen und zugleich einem Schutzauftrag entsprechen, der aus dem Sozialstaatsprinzip ableitbar ist (vgl. BVerfG 27. April 1999 – 1 BvR 2203/93 – BVerfGE 100, 271). Das vom Gesetzgeber gewählte Mittel der Erstreckung allgemeinverbindlicher Tarifnormen ist zur Erreichung dieser gesetzgeberischen Ziele geeignet. Der Eingriff in die Tarifautonomie ist verhältnismäßig. Andere in Betracht kommende Mittel, wie die Regelung der Arbeitsbedingungen durch Gesetz oder Verordnung, würden noch stärker in die Tarifautonomie eingreifen. Demgegenüber ist die in § 1 AEntG angeordnete Erstreckung ein weniger einschneidendes Mittel. Sie betrifft nur einen Teil der tarifvertraglich regelbaren Arbeitsbedingungen. Es verbleibt ein praktisch bedeutsamer Rest, der anderweitig tariflich geregelt werden kann.

Unerheblich ist, dass sich die Erstreckungswirkung der Tarifnormen direkt aus dem Gesetz ergibt und anders als bei dem Verfahren der AVE ohne Beteiligung der Tarifvertragsparteien zustande kommt. Der Gesetzgeber ist frei, die geeignete Rechtsform auszuwählen, auf Grund derer er die Erstreckung der Allgemeinverbindlichkeit vornimmt (BVerfG 18. Juli 2000 – 1 BvR 948/00 – AP AEntG § 1 Nr. 4 = EzA GG Art. 9 Nr. 69). Auch unter Berücksichtigung des Demokratieprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) bestehen dagegen keine Bedenken. Diese Auswirkungen waren bei der Verabschiedung des AEntG erkennbar.

g) Die Erstreckung der allgemeinverbindlichen Tarifverträge ist mit der Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.

aa) Der Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln. Er ist verletzt, wenn sich die Anordnung derselben Rechtsfolge auf unterschiedliche Sachverhalte auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (BVerfG 4. April 2001 – 2 BvL 7/98 – BVerfGE 103, 310). Das ist hier nicht der Fall.

bb) Durch § 1 AEntG werden allen Bauarbeitgebern, die in der Bundesrepublik Deutschland tätig sein wollen, zulässiger Weise gleiche Mindeststandards hinsichtlich Entgelt und Urlaub auferlegt. Nicht zu beanstanden ist auch, dass sich der Anwendungsbereich des AEntG im Wesentlichen auf die Baubranche beschränkt. Der Gesetzgeber des AEntG konnte wegen der Besonderheiten bei der Erbringung von baulichen Leistungen davon ausgehen, dass andernfalls die im Baugewerbe üblicherweise durch allgemeinverbindliche Tarifverträge geregelten Arbeitsbedingungen einem besonderen Druck ausgesetzt wären (aA MünchArbR/Löwisch/Rieble 2. Aufl. § 268 Rn. 115).

cc) Ohne Erfolg rügt der Kläger, er werde gegenüber inländischen Arbeitgebern durch die Fiktion des § 1 Abs. 4 AEntG diskriminiert.

(1) Nach § 1 Abs. 4 AEntG „gelten die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb”. Damit wird ua. erreicht, dass dem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland der Einwand verschlossen ist, er unterhalte einen „Mischbetrieb” und unterfalle deshalb nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau, weil er unter Berücksichtigung der am Heimatstandort beschäftigten Arbeitnehmer zeitlich nicht überwiegend bauliche Leistungen erbringe.

(2) Ob § 1 Abs. 4 AEntG gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, bedarf keiner Entscheidung. Der Kläger hat nämlich nicht geltend gemacht, er unterhalte einen Mischbetrieb und unterfalle deshalb nicht dem betrieblichen Geltungsbereich der Bau-Tarifverträge.

(3) Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH (25. Oktober 2001 – C-493/99 – EuGHE I 2001, 8178 zu § 1 AÜG) wird § 1 Abs. 4 AEntG als gemeinschaftswidrige Beschränkung der freien Dienstleistung angesehen und für Mischbetriebe die allgemeine Regelung nach § 1 Abs. 1 AEntG angewendet (ErfK/Schlachter 3. Aufl. § 1 AEntG Rn. 16). Für den Streitfall ist das indes ohne Bedeutung.

(dd) Die weitere von der Revision geltend gemachte Ungleichbehandlung, der Kläger könne nach seinem nationalen Recht gezwungen sein, für einen Entsendezeitraum Urlaubsleistungen zu erbringen, für die er zwar Beiträge an den Beklagten zu leisten habe, ohne entsprechende Ansprüche gegen den Beklagten zu haben, kann bei bestimmungsgemäßer Anwendung der erstreckten Tarifverträge nicht eintreten.

Im Jahre 1999 konnten Probleme entstehen, weil das tarifliche Urlaubskassenverfahren nur gegen die Urlaubskasse gerichtete Ansprüche des Arbeitnehmers vorsah. Soweit das ausländische Recht möglicherweise Leistungen der Urlaubskasse nicht als Leistungen mit befreiender Wirkung für den Arbeitgeber anerkannte, entstanden möglicherweise Urlaubsabgeltungsansprüche. Da die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft insbesondere die Aufgabe hat, die Auszahlung der Urlaubsvergütung zu sichern (§ 8 Nr. 15.1 Satz 1 BRTV-Bau) wäre es mit ihrer von den Tarifvertragsparteien bestimmten Aufgabe unvereinbar, Beiträge einzuziehen, ohne dass Leistungen erfolgten. Die Kasse durfte deshalb Leistungen an die Arbeitnehmer nur insoweit erbringen, als diese die nach dem ausländischen Recht erforderlichen und möglichen Mitwirkungshandlungen erbrachten, um den Arbeitgeber von seiner Leistungspflicht zu befreien. War das nach ausländischem Recht nicht möglich, entstand kein Auszahlungsanspruch des Arbeitnehmers. Nach den allgemein für Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland geltenden Regeln wäre in derartigen Fällen das vom Arbeitgeber Geleistete zu erstatten.

Seit dem Jahr 2000 hat sich dieses Problem entschärft. Nunmehr hat ein Arbeitgeber, soweit er den auf den Entsendezeitraum entfallenden Urlaub gewährt, einen Erstattungsanspruch gegen die Kasse (§ 13 VTV/2000). Dieser ist unabhängig davon, wann der Urlaub gewährt wird, soweit die Verfallsfrist des § 8 Nr. 7 BRTV-Bau eingehalten ist. Schwierigkeiten können nur noch auftreten, wenn der entsendende Arbeitgeber nach dem Recht des Entsendestaates verpflichtet ist, trotz weiter bestehenden Arbeitsverhältnisses seinen Arbeitnehmern eine Urlaubsabgeltung innerhalb von drei Monaten ab der Beendigung des Entsendezeitraums zu zahlen.

In diesem Falle liegen die Abgeltungsvoraussetzungen nach § 8 Nr. 6.1 Buchst. f BRTV-Bau noch nicht vor, weil ein Urlaubsabgeltungsanspruch gegen den Beklagten erst entsteht, wenn bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer drei Monate nicht mehr dem Tarifvertrag unterfällt. Dieser Fall ist dadurch zu lösen, dass eine derartige Urlaubsabgeltung ebenso wie Vergütung für gewährten Urlaub zu behandeln ist. Steht dem Arbeitnehmer kein Abgeltungsanspruch gegen den Beklagten zu, erhält der Arbeitgeber einen Erstattungsanspruch. Umgekehrt kann bei dreimonatigem Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses ein Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Beklagten entstehen, ohne dass die von diesem gewährte Leistung den Arbeitgeber von der Gewährung des Urlaubs und der Zahlung der Urlaubsvergütung nach dem Recht des Entsendestaates befreit. Diese Situation ist so zu lösen, wie im Jahre 1999.

Ob die dazu erforderlichen Feststellungen für den Beklagten möglicherweise mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden sind, ist unerheblich. Der Aufwand ist Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, die Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und deren in das Inland entsandten gewerblichen Arbeitnehmer in das tarifvertragliche Urlaubskassenverfahren mit einzubeziehen.

C. Die Revision des Beklagten ist zulässig und begründet.

I. Die von Amts wegen in der Revision zu prüfenden Prozessfortsetzungsvoraussetzungen liegen vor.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts war entgegen der Auffassung des Klägers zulässig. Die Berufung ist das nach § 64 Abs. 1 ArbGG statthafte Rechtsmittel gegen Urteile der Arbeitsgerichte. Der Wert des Beschwerdegegenstandes von 800,00 DM in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung des § 64 Abs. 2 b ArbGG war erreicht. Durch das klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war rechtskraftfähig zu Lasten des Beklagten festgestellt, dass er gegen den Kläger keinen Anspruch auf Auskünfte und Entrichtung von Beiträgen nach Maßgabe des im Jahr 1999 geltenden Tarifrechts habe. Diese Beschwer ist nicht deshalb beseitigt, weil nach Behauptung des Klägers sämtliche Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche der entsandten Arbeitnehmer für das Jahr 1999 erledigt bzw. von ihm ordnungsgemäß abgegolten seien und der VTV mit Wirkung zum 1. Januar 2000 durch den Änderungstarifvertrag vom 20. Dezember 1999 geändert worden ist. Diese Begründung betrifft das materielle Recht und nicht die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Anderes ist der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Mai 1989 (– 4 AZR 80/89 – BAGE 62, 44) nicht zu entnehmen. Die Entscheidung betrifft nicht die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, sondern die Zulässigkeit einer Feststellungsklage.

II. Die Revision des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Landesarbeitsgericht hat den unter 2.2 gestellten Widerklageantrag als unzulässig beurteilt. Die Erhebung der Widerklage erst in der Berufungsinstanz sei nicht sachdienlich, weil ein Urteil über die begehrten Auskünfte keinen Rechtsfrieden zwischen den Parteien herstelle. Die Höhe der vom Kläger geschuldeten Beiträge bliebe weiter im Streit. Erteile der Kläger die verlangten Auskünfte, spräche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Beklagte diese gerichtlich geltend machen werde. Das gelte auch dann, wenn die Kläger die verlangten Auskünfte nicht erteile und der Kläger deshalb nach § 61 Abs. 2 ArbGG verurteilt werde. Dieser Entschädigungsbetrag sei nicht identisch mit dem Anspruch auf Beitrag. Der Beklagte bleibe tarifvertraglich zu dessen Einziehung verpflichtet.

Dem stimmt der Senat nicht zu.

a) Nach § 530 Abs. 1 ZPO aF (= § 533 ZPO nF) ist die Erhebung einer Widerklage im Berufungsverfahren nur zuzulassen, wenn der Gegner einwilligt – das ist hier nicht der Fall – oder wenn das Gericht die Geltendmachung des mit ihr verfolgten Anspruches in dem anhängigen Verfahren für sachdienlich hält. Die Entscheidung über die Zulassung ist im Wesentlichen eine auch das Revisionsgericht bindende Ermessensentscheidung des Berufungsgerichts (BGH 24. Oktober 1984 – VIII ZR 140/83 – WM 1985, 144). Eine vom Berufungsgericht zu Unrecht nicht zugelassene Widerklage kann das Revisionsgericht aber ua. als zugelassen behandeln, wenn das Berufungsgericht den Begriff sachdienlich verkannt hat. Bei Entscheidungsreife kann es dann selbst eine Sachentscheidung treffen (BGH 23. November 1960 – V ZR 102/59 – BGHZ 33, 398; Zöller/Gummer ZPO 22. Aufl. § 530 Rn. 6).

Die Sachdienlichkeit beurteilt sich vorrangig nach dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Im Allgemeinen fehlt sie, wenn in der Berufungsinstanz ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt wird, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann. Dagegen ist Sachdienlichkeit zu bejahen, wenn die Widerklage zwar bereits in erster Instanz hätte erhoben werden können, durch deren Zulassung in der Berufungsinstanz aber ein neuer Prozess vermieden wird (vgl. zur Zulassung der Klageänderung in der Berufungsinstanz BAG 26. Februar 1986 – 7 AZR 503/84 – nv.).

b) Diese Voraussetzungen lagen vor. Es kommt nicht darauf an, ob die vom Beklagten begehrte Sachentscheidung dazu führt, dass der Kläger im Fall seiner Verurteilung anstandslos Auskunft erteilt, und ob er zusätzlich die von ihm geschuldeten Beiträge entrichtet. Die Beiträge sind nicht Gegenstand der Widerklage, sondern die Auskunft über die Lohnhöhe. Über diesen Anspruch kann abschließend entschieden und damit der Rechtsfriede hergestellt werden. Im Ergebnis hat das Landesarbeitsgericht geprüft, ob der Beklagte ein rechtlich geschütztes Interesse an der von ihm erhobenen Leistungsklage hat.

2. Die Revision des Beklagten ist begründet. Der Kläger ist verpflichtet, ihm die verlangten Auskünfte zu erteilen. Das kann der Senat selbst entscheiden. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht ist nicht erforderlich. Die Parteien haben abschließend vorgetragen.

a) Die Begründetheit der Revision des Beklagten hinsichtlich der verlangten Auskünfte ergibt sich aus den Gründen, die zur Zurückweisung der Revision des Klägers führen. Für den Anspruch des Beklagten auf Auskunft gelten keine anderen Erwägungen als für den Anspruch auf Beitragsentrichtung. Die im Einzelnen in den Klageanträgen aufgelisteten Daten hat der Kläger nach § 59 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 VTV/1999, § 5 Abs. 2 und § 6 VTV/2000 zu erteilen. Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht (Senat 25. Juni 2002 – 9 AZR 405/00 – zVv.).

b) Die für den Fall der Nichterteilung der Auskünfte verlangte Entschädigung nach Maßgabe der Widerklageanträge zu 2.3 und 2.4 rechtfertigt sich aus § 61 Abs. 2 ArbGG.

aa) Nach § 61 Abs. 2 ArbGG kann auf Antrag des Klägers der Beklagte zugleich mit der Verurteilung zur Vornahme einer Handlung zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt werden für den Fall, dass der Beklagte die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vornimmt. Handlung iSd. Vorschrift ist auch die Erteilung einer Auskunft (vgl. BAG 4. Oktober 1989 – 4 AZR 396/89 – BAGE 63, 91). Maßgebend für die Festsetzung der Entschädigung, die entsprechend § 287 ZPO vorzunehmen ist, ist der Schaden, den der Kläger unter Würdigung aller Umstände voraussichtlich dadurch erleidet, dass die Auskunft nicht erteilt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Schaden an dem Interesse des Auskunftsberechtigten an der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung zu messen. Im Regelfall kann der Beklagte bei Auskunftsklagen nach dem Verfahrenstarifvertrag 80 vH der geschätzten Beitragsschuld beanspruchen (grundlegend BAG 6. Mai 1987 – 4 AZR 641/86 – AP ArbGG 1979 § 61 Nr. 7 = EzA ArbGG 1979 § 61 Nr. 15).

bb) Die vom Beklagten veranschlagte Entschädigung ist danach angemessen.

(1) Das gilt zunächst für den Ansatz von 1.000,00 DM (= 511,29 Euro) für die Meldung der personenbezogenen Daten der entsandten Arbeitnehmer, die den mehr technischen Teil des Meldeverfahrens betreffen.

(2) Die im Klageantrag zu 2.4 genannte Entschädigungssumme von 286.090,00 DM entspricht nach dem Vorbringen des Beklagten 80 vH der geschätzten Beiträge. Der Schätzung liegen die Meldungen des Klägers nach § 3 AEntG an die Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitnehmerzahl/Arbeitsort), die Mindeststundenlöhne und eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 39 Stunden zugrunde. Danach ergibt sich für das Jahr 1999 ein Mindestgesamtbruttolohn von 2.509.595,59 DM; die Entschädigung beträgt hiervon 14,25 vH abzüglich 20 vH. Der Kläger ist dem Rechenwerk nicht entgegen getreten.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Düwell, Zwanziger, Reinecke, Kranzusch, Ott

 

Fundstellen

Haufe-Index 1480166

IPRspr. 2002, 59

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