Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Vorschußvereinbarung - Anspruchsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 37 Abs 2 Unterabs 5 Buchst b BAT gelten Beträge, die als Krankenbezüge über den Zeitpunkt des Rentenbeginns hinaus gezahlt worden sind, als Vorschüsse auf die zustehenden Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dadurch ist abschließend bestimmt, daß der Angestellte zur Rückzahlung von Krankenbezügen verpflichtet ist, auf die er nach dieser Tarifnorm keinen Anspruch hat. Das gesetzliche Bereicherungsrecht findet daneben keine Anwendung.

2. Der in § 37 Abs 2 Unterabs 5 Buchst b letzter Satz BAT zugunsten des Arbeitgebers geregelte Anspruchsübergang erfaßt nur die Rentenansprüche des Angestellten, die in demselben Zeitraum fällig geworden sind, in dem der Arbeitgeber Beträge gezahlt hat, die als Vorschüsse gelten. Soweit die Tarifnorm sich ihrem Wortlaut nach auf Rentenansprüche bezieht, die nach Ablauf dieses Zeitraums fällig geworden sind, ist sie wegen Verstoßes gegen § 53 Abs 2 Nr 1 SGB I nichtig.

 

Normenkette

BAT § 70; BGB § 812; BAT § 37 Abs. 2; SGB I § 53 Abs. 3, 2 Nr. 1; BAT § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 12.06.1991; Aktenzeichen 3 Sa 29/91)

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 26.02.1991; Aktenzeichen 1 Ca 3408/90)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung von Krankenbezügen und einer tariflichen Zuwendung.

Der Beklagte war seit 15. September 1958 bei dem klagenden Land als Maschinenmeister und Hausmeister beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit und einzelvertraglicher Inbezugnahme die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) Anwendung. Der Beklagte war seit 15. April 1988 arbeitsunfähig erkrankt und erhielt Krankenbezüge, u.a. auch für den Zeitraum vom 1. September bis 16. Oktober 1988. Auf seinen Antrag vom 2. September 1988 hin bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) dem Beklagten mit Bescheid vom 15. März 1989 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit rückwirkend ab 1. September 1988. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit Ablauf des 31. März 1989.

Mit Schreiben vom 12. Juni 1989 wies das klagende Land den Beklagten darauf hin, daß die für die Zeit nach dem 31. August 1988 gezahlten Krankenbezüge als Vorschüsse auf die Rente gelten und die Rentenansprüche insoweit auf das klagende Land übergegangen seien. Weiter kündigte es dem Beklagten die Geltendmachung eines entsprechenden Ersatzanspruches an, sofern die Rentenversicherungsträger die überzahlten Krankenbezüge nicht vollständig erstatteten. Gegenüber der BfA bezifferte das klagende Land mit Schreiben vom 9. August 1989 den Erstattungsanspruch auf 6.927,02 DM. Der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) teilte es in einem Schreiben vom 10. August 1989 mit, daß ihr gegenüber kein Ersatzanspruch geltend gemacht werde. In einem Schreiben vom 26. September 1989 teilte die BfA dem klagenden Land mit, daß für die Zeit vom 1. September bis 16. Oktober 1988 ein Betrag von 2.765,48 DM erstattet werde. Das klagende Land forderte den Beklagten mit Schreiben vom 18. Dezember 1989 zur Zahlung des Restbetrags in Höhe von 4.161,54 DM auf, der dann auch Gegenstand der Klage wurde. Nach Verringerung des Klagebetrages in der Berufungsinstanz um 2.000,-- DM hat das klagende Land vom Beklagten noch Rückzahlung von Krankenbezügen für die Zeit vom 1. September bis 16. Oktober 1988 in Höhe von 1.901,83 DM verlangt sowie die Rückzahlung weiterer 259,71 DM für eine anteilige, auf die Monate September und Oktober entfallende Zuwendung, die es dem Beklagten nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (ZuwTV) im November 1988 gewährt hatte.

Das klagende Land hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei in Höhe dieser Beträge rechtsgrundlos bereichert, da er wegen der rückwirkenden Bewilligung der Rente ab 1. September 1988 keinen Anspruch auf Krankenbezüge mehr gehabt habe. Auch die anteilige Zuwendung habe ihm nicht zugestanden. Falls die Rentenansprüche nur bis zur Höhe der dem Beklagten für die Zeit vom 1. September bis 16. Oktober 1988 zustehenden Renten auf das Land übergangen seien, müsse der Beklagte in Höhe des Betrags, um den die bezahlten Krankenbezüge höher seien, die weiteren Rentenansprüche an das klagende Land abtreten.

Das klagende Land hat zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an das klagende

Land 2.161,54 DM nebst 6,8 % Zinsen hieraus

seit dem 15. März 1990 zu bezahlen,

2. hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, hinsichtlich des

Betrages von 2.161,54 DM seine Rentenansprüche

gegenüber der BfA an das klagende Land abzu-

treten.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Auffassung vertreten, das klagende Land sei nicht anspruchsberechtigt. Außerdem sei er nicht mehr bereichert, da er die erhaltenen Krankenbezüge zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs verbraucht habe, ohne an der Rechtmäßigkeit der Zahlungen zweifeln zu müssen. Schließlich habe das klagende Land die Ausschlußfrist nach § 70 BAT versäumt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des klagenden Landes zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das klagende Land die Klageansprüche weiter, während der Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat zum Teil Erfolg. Die Klage ist begründet, soweit das klagende Land die Rückzahlung der Krankenbezüge in Höhe von 1.901,83 DM fordert. Im übrigen ist sie unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch auf Rückzahlung der Krankenbezüge abgelehnt, weil dieser sich weder aus Vertrag noch aus Tarifvertrag oder dem Gesetz (§ 812 BGB) ergebe. Die Krankenbezüge hätten dem Kläger tarifrechtlich zugestanden. Der Anspruch auf Rückzahlung der anteiligen Zuwendung für die Monate September und Oktober 1988 sei bei Geltendmachung nach § 70 BAT verfallen gewesen.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann rechtlich nur teilweise gefolgt werden.

Das klagende Land hat einen Anspruch auf Rückzahlung der Krankenbezüge in Höhe von 1.901,83 DM, die es dem Beklagten für die Zeit vom 1. September 1988 bis 16. Oktober 1988 gezahlt hat. Der Anspruch des klagenden Landes auf Rückzahlung der anteiligen Zuwendung für die Monate September und Oktober 1988 ist hingegen verfallen.

1. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß der Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Krankenbezüge sich nicht aus den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung ergibt, sondern aus dem BAT.

Nach § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b BAT ist der Beklagte zur Rückzahlung der Krankenbezüge verpflichtet. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm.

Nach der genannten Bestimmung werden in einem Fall, wie dem vorliegenden, in dem der Rentenbeginn nach dem Ende der 16. Woche der Arbeitsunfähigkeit liegt, Krankenbezüge nicht gezahlt über den Zeitpunkt hinaus, von dem an der Angestellte Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält und gelten Beträge, die als Krankenbezüge über diesen Zeitpunkt hinaus gezahlt worden sind, als Vorschüsse auf die zustehenden Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dadurch tragen die Tarifvertragsparteien dem Umstand Rechnung, daß der Rentenversicherungsträger oft zu einem viele Monate zurückliegenden Zeitpunkt den Eintritt von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit anerkennt und von diesem Zeitpunkt an rückwirkend die Rente zahlt. Der arbeitsunfähige Angestellte soll in diesem Fall nicht neben dem Rentenanspruch für den Rest der in § 37 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT bestimmten Dauer den Anspruch auf Krankenbezüge behalten. Das gab Anlaß, einen Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem die Zahlung der Krankenbezüge unabhängig von den in dieser Bestimmung genannten Fristen endet (vgl. Crisolli/Tiedtke/Ramdohr, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, § 37 Erl. 19). Der Zeitpunkt, von dem an der Angestellte Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält, ist der Tag, der im Rentenbescheid als der Tag bezeichnet ist, von dem an erstmals Rente gewährt wird. Unbedeutend ist, wann der Rentenbescheid erstellt, dem Empfänger zugegangen ist oder wann der Angestellte die erste Rentenzahlung erhalten hat (Crisolli/Tiedtke/Ramdohr, aaO, § 37 Erl. 19 b; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT, Stand 1. Januar 1993, § 37 Erl. 28; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, § 37 Rz 102). Dadurch, daß die Tarifvertragsparteien die über den Rentenbeginn hinaus gezahlten Krankenbezüge als Vorschüsse auf die Rente fingiert haben, haben sie, wie auch das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, geregelt, daß diese Krankenbezüge ihre Arbeitsentgelteigenschaft verlieren (vgl. auch Crisolli/Tiedtke/Ramdohr, aaO, Erl. 23 c). Die Bezeichnung dieser Zahlungen als Vorschüsse bewirkt, wie bereits die Auslegung nach dem Tarifwortlaut ergibt, daß der Angestellte als Empfänger der Leistung zur Rückzahlung verpflichtet ist, wenn, wie hier, die tariflichen Voraussetzungen der Vorschußgewährung vorliegen.

2. Durch diese Entscheidung setzt der erkennende Senat sich nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Dritten Senats. Dieser hat im Urteil vom 11. Juli 1961 (BAGE 11, 188 = AP Nr. 2 zu § 614 BGB Gehaltsvorschuß) zu einer Tarifvorschrift, die vorsah, daß bestimmte Bezüge "bis auf weiteres vorschußweise gezahlt" werden, entschieden, daß diese Regelung nicht den Rechtscharakter einer ohne Einschränkung bewirkten Leistung verändere und sie in einen Vorschuß verwandele. Eine solche Tarifnorm bedürfe vielmehr der Durchführung durch den Arbeitgeber. Wolle der Arbeitgeber die Zahlung als Vorschuß leisten, müsse er den Empfänger auf diesen Rechtscharakter und das mit dem Empfang verbundene Risiko hinweisen. Nur dadurch könne die Zahlung rechtlich zum Vorschuß werden.

Von dieser Fallgestaltung unterscheidet sich die vorliegende. Der Angestellte führt dadurch, daß er den Rentenantrag stellt, selbst die rechtliche Folge (Vorschuß) herbei, die die tarifliche Regelung an den Erfolg des Rentenantrags knüpft. Der Angestellte löst, ohne daß es auf seine Kenntnis des Tarifinhalts und eine den Rechtscharakter der Zahlung bestimmende Leistungshandlung des Arbeitgebers ankommt, durch seinen Rentenantrag die durch den Rentenbezug aufschiebend bedingte Rückzahlungspflicht aus.

3. Der Beklagte kann das klagende Land wegen der Klageforderung auch nicht an den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung verweisen mit der Begründung, der Rentenanspruch sei in Höhe der gesamten Klageforderung auf das klagende Land übergegangen.

Der Anspruchsübergang nach § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b BAT unterliegt den Beschränkungen des § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I. Zwar bestimmt die Tarifvorschrift, daß die Ansprüche des Angestellten "insoweit" auf den Arbeitgeber übergehen, als sie als "Vorschüsse" gelten. Die Tarifvertragsparteien wollten somit einen Anspruchsübergang in Höhe der gesamten Vorschüsse. Die Tarifnorm ist jedoch nur insoweit wirksam, als sie den Übergang von Rentenansprüchen anordnet, die auf die Zeit entfallen, in der Krankenbezüge über den tariflich maßgebenden Zeitpunkt hinaus gezahlt wurden. Das folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I, wonach Ansprüche auf Geldleistungen übertragen werden können zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen für eine angemessene Lebensführung gemacht worden sind. Das bedeutet, daß der tarifvertragliche Anspruchsübergang nur die für denselben Zeitraum fällig gewordenen Rentenansprüche umfaßt (vgl. Crisolli/Tiedtke/Ramdohr, aaO, Erl. 23; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, aaO, Erl. 28, S. 196.6). Demgemäß waren Beträge, die das klagende Land zwischen dem 1. September und dem 16. Oktober 1988 geleistet hat, "Vorschüsse". Auf das klagende Land übergegangen sind aber nur die für diesen Zeitraum fällig gewordenen Rentenansprüche. Dies sind der Höhe nach die 2.765,48 DM, die dem Beklagten für diese Zeit zustanden und die das klagende Land von dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten hat. Den darüber hinausgehenden Betrag kann das klagende Land von dem Beklagten verlangen. Eine einzelvertragliche Abtretung, die insoweit nach § 53 Abs. 3 SGB I möglich gewesen wäre, hat der Beklagte nicht behauptet.

4. Da die Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten aus der tariflichen Vorschußregelung folgt, kann dem klagenden Land der Wegfall der Bereicherung nicht entgegengehalten werden (vgl. BAG Urteil vom 28. Juni 1965 - 3 AZR 86/65 - AP Nr. 3 zu § 614 BGB Gehaltsvorschuß; BAG Urteil vom 25. März 1976 - 3 AZR 331/75 - AP Nr. 9 zu § 65 HGB).

5. Der Anspruch auf Rückzahlung der Krankenbezüge ist nicht nach § 70 Abs. 1 BAT verfallen.

Der Anspruch wurde frühestens mit Zustellung des Rentenbescheides an den Beklagten fällig, nicht schon mit dem Zeitpunkt des Rentenbeginns. Erst mit der Festlegung des Rentenbeginns stand die Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten fest. Das klagende Land hat seinen Rückzahlungsanspruch dem Beklagten gegenüber bereits mit Schreiben vom 12. Juni 1989 angekündigt, diesen Anspruch aber erst mit Schreiben vom 18. Dezember 1989 beziffert. Das reicht jedoch zur Wahrung der Frist aus. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 16. November 1989 - 6 AZR 114/88 - BAGE 63, 246 = AP Nr. 8 zu § 29 BAT; im Anschluß an BAG Urteil vom 19. März 1986 - 5 AZR 86/85 - BAGE 51, 308 = AP Nr. 67 zu § 1 LohnFG) tritt die Fälligkeit im Sinne einer tariflichen Ausschlußfrist nicht ohne weiteres schon mit der Entstehung des Anspruchs ein. Dem Gläubiger muß vielmehr praktisch möglich sein, seinen Anspruch geltend zu machen. Das setzt bei Zahlungsansprüchen voraus, daß der Gläubiger in der Lage ist, diese wenigstens annähernd zu beziffern. Der Gläubiger muß jedoch ohne schuldhaftes Zögern die Voraussetzungen dafür schaffen, daß er seinen Anspruch beziffern kann (vgl. Senatsurteil vom 16. November 1989, aaO). Das hat das klagende Land getan.

Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte teilte dem klagenden Land mit Schreiben vom 26. September 1989 mit, welche Rentenbeträge sie an den Beklagten gezahlt hatte. Erst nach Zugang dieses Schreibens konnte das klagende Land seinen Anspruch gegen den Beklagten beziffern. Dies ist mit Schreiben vom 18. Dezember 1989 geschehen. Damit hat das klagende Land den Anspruch gegenüber dem Beklagten fristgerecht innerhalb der Ausschlußfrist von sechs Monaten geltend gemacht.

6. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Anspruch des klagenden Landes auf Rückzahlung der für die Monate September und Oktober 1988 geleisteten anteiligen Zuwendung nach § 70 Abs. 1 BAT verfallen ist. Auch Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlter Lohnbeträge sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und unterliegen der Ausschlußfrist des § 70 BAT (BAG Urteil vom 28. Februar 1979 - 5 AZR 728/77 - AP Nr. 6 zu § 70 BAT; Urteil vom 11. Juni 1980 - 4 AZR 443/78 - AP Nr. 7 zu § 70 BAT). Spätestens mit dem Zugang des Rentenbescheides bei der Universität am 14. April 1989 konnte das klagende Land erkennen, daß es die anteilige Zuwendung zu Unrecht gewährt hatte. Von diesem Zeitpunkt an konnte es den Rückforderungsanspruch beziffern und dem Kläger gegenüber geltend machen. Dies geschah jedoch erstmals mit Schreiben vom 18. Dezember 1989, also über sechs Monate nach Fälligkeit.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß das fristgerechte Schreiben vom 12. Juni 1989 zur Geltendmachung inhaltlich nicht ausreichte. Welche Anforderungen an die Geltendmachung einer Forderung zu stellen sind, muß nach Sinn und Zweck der Ausschlußfrist beurteilt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß diese regelmäßig Klarheit und Rechtsfrieden zwischen den Arbeitsvertragsparteien schaffen soll. Daher müssen Ansprüche dem Grunde nach derart spezifiziert werden, daß der in Anspruch Genommene erkennen kann, welche Forderung erhoben wird. Erst dann wird er in die Lage versetzt, die Berechtigung der Forderung zu prüfen (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1972 - 1 AZR 427/71 - AP Nr. 50 zu § 4 TVG Ausschlußfristen). Im Schreiben vom 12. Juni 1989 wie auch in denen vom 9. und 10. August 1989 wurden jeweils nur die überzahlten Krankenbezüge genannt. So jedenfalls hat das Berufungsgericht die Schreiben ausgelegt, ohne daß dies revisionsrechtlich zu beanstanden wäre. Der Beklagte konnte somit nicht erkennen, daß das Land von ihm auch die anteilige Zuwendung zurückfordern wollte, zumal die überzahlten Krankenbezüge sich nur auf die Zeit vom 1. September bis 16. Oktober 1988 bezogen, die Zuwendung aber erst im November ausgezahlt wurde.

Der Hilfsantrag ist, soweit er sich auf Rückzahlung der anteiligen Zuwendung bezieht, aus den gleichen Gründen unbegründet, im übrigen steht er wegen des Erfolgs des Hauptantrags nicht zur Entscheidung des Senats.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Dr. Peifer Dr. Jobs Dr. Armbrüster

Stenzel Schmidt

 

Fundstellen

Haufe-Index 440714

BAGE 72, 290-297 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

BAGE, 290

BB 1994, 148

DB 1994, 1986-1987 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

BG 1994, 301-303 (red. Leitsatz 1-2 und Gründe)

EEK, I/1131 (red. Leitsatz 1-3 und Gründe)

NZA 1994, 705

NZA 1994, 705-707 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

USK, 93153 (red. Leitsatz und Gründe)

ZTR 1994, 163-165 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

AP § 37 BAT (Leitsatz 1-2 und Gründe), Nr 10

AR-Blattei, ES 1110.12 Nr 2 (Leitsatz 1-2 und Gründe)

PersV 1995, 522 (Leitsatz)

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